Harriman fündigt den Ruffen.
Die Zschiaturi Manganerzfonzeffion aufgelöst.
Eine der wichtigsten und größten Ondustriefonzeffionen, die Sowjetryßland an das ausländische Privatkapital vergeben hat, ist mit einem großen Verlust für den amerikanischen Finanzier Harri man zum Erlöschen gekommen. Es handelt sich um die Tschiaturi Gruben in Südrußland, die Manganerze fördern, früher einmal in deutschen Händen waren, von Rußland in der Form einer Kon zession an Harriman verpachtet murben und jetzt wieder an Sowjet. rußland zurüdfallen. Om Konzeffionsvertrage mar Harriman die Verpflichtung zu großen Kapitafinvestitionen und besonders zu fostspieligen Bahnbauten auferlegt worden. Harriman verpflichtete fich außerdem zu einer großen laufenden Abgabe an Sowjetrußland, Auf der anderen Seite enthielt der Vertrag für Sowjetrußland keinerlei Risiko und insbesondere hatte Rußland die da Freiheit, andere Manganerzportommen in Konkurrenz mit der Tschiaturifonzeffion auszubeuten.
Diese Freiheit hat zusammen mit der Entwicklung des Man ganerzmarttes, der durch Ueberproduktion einen Preissturz non 20 Broz. erfuhr, die Konzeffion für Harriman entwertet. Die Kaltulation Harrimans war falsch. Er hatte einseitig fefte laufende Verpflichtungen übernommen, ohne die Entwicklung des Marktes zu berücksichtigen.
Für Sowjetrußland und auch für Harriman entstehen mit der Kündigung der Konzeffion fchwierige Fragen. Harriman hat zwar rund 30 Millionen Mart in die Konzession hineingesteckt, die den Wert der Anlagen für Sowjetrußland erhöht haben. Harriman fordert jetzt Entschädigungen, nachdem er die Kongeffion zurückgegeben hat. Für das fapitalarme Rußland entsteht das Broblem, ab es die Konzeffion in ftaatlicher Regie meiter. führt, wozu das Geld wahrscheinlich fehlt, ober ob es einen neuen Ronzeffionär findet. Harriman hat nach Meldungen des Dft. Expreß auch mit deutschen Interessenten zu rechnen, weil die deutsche Distontogesellschaft und die Gelsenkirchener Bergmerts 2.-G. Borbefizer der Tichiaturigruben maren und Harriman mit diesen ein Abkommen über eine Ertragsbeteiligung geschlossen hatte. Die Liquidation der Tschiaturifonzession wird also noch weittragende Folgen für alle Beteiligten haben.
Die Tariffähigkeit der Anwaltschaft. Leipziger Zagung des Deutschen Anwaltvereins .
Die Frage der Tariffähigkeit der deutschen An= waltschaft ftand auf der Tagesordnung der zweitägigen Sigung der Vertreterversammlung des Deutschen Anwaltvereins , die am Sonnabend und Sonntag in Leipzig stattfand. Man beriet dort ein neues Statut, dessen Inhalt in zwei Bunften allgemeineres Intereffe hat, nämlich in der Frage der Tariffähigkeit des Anwaltvereins und feines Sizes.
Die fozialgefinnten Rechtsanwälte, für die auch Genosse Gustan A. G. Goldschmidte Berlin fprach, drängten auf Annahme von Statutenbestimmungen, die den Deutschen Anwaltverein als solchen den Abschluß eines Tarifvertrages ermöglichen sollten. Leiber er hielt ein entsprechender Antrag nur etwa 20 sen ungefähr 120 Stimmen. Wahrlich kein Ruhmesblatt für die deutsche Anmaltschaft!
Andererseits bildeten auch die sterren Ablehner jeder Tarifverfragsmöglichkeit nur eine fleine Minderheit. Die Mehrheit befchlog, in die Statuten Bestimmungen aufzunehmen, nach meichen es den örtlichen Bezirksgruppen des Deutschen Anwaltvereins menigstens gestattet ist, Tarifperträge abzuschließen.
In der Frage hes Sizes bes Deutschen Anwaltnereins wünschten die fortgeschrittenen Glemente der Anwaltschaft den Siz des Vereins, der jest in Leipzig ist, nach Berlin zu nerlegen, um ihn von den reaktionär- pirtenden Zusammenhängen mit dem Reichsgericht zu lösen. Für diesen Antrag tret auch der Genosse Dr. Kurt Rosenfeld ein. Ein großer Teil der Anwaltschaft fürchtete aber geradezu den Berliner Geist und zeigte bei der Ber sprechung des Antrags auf Berlegung des Sizes eine erschreckende
Rückständigkeit.
Schließlich drohte das ganze Statut an der Frage zu scheitern: Berlin oder Leipzig . Beder die Statuten mit dem Siz Berlin , noch) die mit dem Siz Lipzig erhielten die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Schließlich gelangte ein Kommiffionsantrag zur Annahme, nach welchem eine nach vier Jahren( 1) zusammentretende Bertreterversammlung das Recht haben foll, mit einfacher Mehrheit den fünftigen Sig des Vereins zu bestimmen,
Hoffentlich ringt sich bis dahin auch der Gebante in der Anmaltschaft burch, daß der Deutsche Anwaltverein als solcher tariffähig
fein muß
Der Zusammenschluß in Suhl . Sozialdemokratische Stadtverordnetenmehrheit, die Kommunisten haben nichts mehr zu bedeuten.
Der Uebertritt der linken Kommuniften zu der Sozialdemokratie ist bei der letzten Stadtnerordnetenjigung zum ersten Male in Erscheinung getreten. Ett tommunistische Stadtverordnete und drei kommunistische Magistratsmitglieder find jetzt zur Sozialdemokratischen Partei hinauzuzählen, so deß in der Sigung fünf zehn fozialdemokratische Stadtverordnete elf Bürgerlichen und einem Kommunist en gegenfiberstanden. Vor Beginn der Beratungen wurde durch die sozialdemokratische Fraktion eine Erklärung abgegeben. in der es heißt: ,, So manches hätte anders sein fönnen, wenn wir im Suhler Stadtparlament eine einheitliche und gefchloffene proletarische Frattion gebildet hätten. Der Zusammenschluß, wie er heute in der Stadtpergronetenperfommfung feitens der beiden Fraktionen erfolgt, muß sich auswirken im Infereffe der Gubler marftätigen Bepälfarung. Ban diesem Ge sichtspunkt aus getragen, betrachten mir den heutigen Zusammen. fchluß als einen Markstein in der Suhler Arbeiterbewegung."
In der barauffolgenden Abstimmung über ben fat, der übrigens die Urbeitarſchaft in feiner Weise beloftet. blieb ber& ammunist der einzige, der mit ne in stimmte. Aus welchem Grunde bleibt unerfindlich, da es sich feineswegs um eine prinzipielle Ablehnung das Ciata bandelt. In Soundberg& B., mo ein Kommunist zweiter Bürgermeister ist, stimmten die Kommunisten sogar einem Etat zu, der eine steuerliche Mehrbelastung der Ar beiter vorsieht. Auch in Gotha bemiffigten sie den Notetat.
Der Berjaffungsausschuß des Landtags wird sich am nächsten Donnerstag fonftituieren und den Gesezentpurf über die Bereini gung von Waldeck mit Preußen und die Flaggenfrage vorberaten.
Deutschnationale Pleite. Ueber das Vermögen der deutschnationalen„ Westdeutschen Morgenpost", Zeitungsgesellschaft m. b. 5., wurde wie uns aus Bochum gemeldet wird das Konturs perfahren eröffnet,
d
Der rififofreie Oberfinanzrat.
Der deutschnationale Reichstagsabg. Oberfinanzrat Bang trat auf der Zagung des Bundes für Nationalwirtschaft für 261affung aller sozialenSoußgefeße ein, da diese dem marristischen 3dol des risikolosen Menschen" zuftrebten.
Beamten
Pension
Reichstags
Diäten
Bang: Schön bleibt stets ein Rififo, Denn ich lebe sowieso!"
Es gärt auch in der Arbeiterschaft.
Schwere Wirtschaftskrise als Folge der Regierungsmißwirtschaft.
Butareft, im Juni.( Eigenbericht.)
Nicht nur im Inland, sondern auch im Auslande bat der Ausgang des Kongreffes von Alba Julia enttäuscht. Es hat zu viele gegeben, die von dem Aufmarsch der Bauern eine vollständige Umwälzung erwartet haben, und es mag zu dieser Erwartung die Art der Aufmachung des Kongreff: s beigetragen haben, obwohl sich die Erfahrenen sagen mußte, daß man Revolutionen nicht zu festgesetzten Zeitpunkten machen fönne. Deswegen wäre es aber doch falsch, diefen Massenaufmärschen die wirkliche Wirkung zu verjagen. Im Gegenteil war der Kongreß mit den gleichzeitig ftalt gefundenen Massenpersammlungen ber
Ausbrud einer ungeheuren Erregung.
schon damals find insbesondere die Bergarbeiter aufgefallen. Und es ist dies natürlich fein Bufall, denn immer waren es noch die Arbeiter, melche bei allen repplutionären Bewegungen vorangegan gen sind. Die Bergarbeiter im Schiltale, das ist im ehemaligen ungarischen Teile Rumäniens , mofften ursprünglich nur eine Delegation nach Alba Julia entfenden. Als ihnen dies von der Bergwertsverwaltung verwehrt murde. da entschlossen fie sich; in Massen hinzugehen. Hinzugehen ist zu wenig gesagt, denn sie haben gleich in den ersten Eisenbahnstationer ganze 3üge besetzt und sie nach Alba Julia gelenkt. Dort haben sie allerdings, und dies nicht zuletzt infolge der Agitationen einiger übereifriger nationalzaro nistischer Agitatoren und auch kommunistischer, ihre überspannten Erwartungen enttäuscht gesehen. Ihnen war versprochen worden, daß Alba Julia ihnen nicht nur politische Freiheiten, sondern auch eine bebeute de Berkürzung der Arbeitszeit bringen werde. Ihnen wurden nun, um sie überhaupt von Alba Julia fortzubringen, Eisenbahnzüge nach Haus bereitgestellt, aber dort angekommen, hat sich die Erregung noch lange nicht gelegt gehabt. Während die Gemertshaftem fich barum bemühten, nannten Agitatoren ihr Augenmert mur darauf gerichtet, eine daß ihre Mitglieder wieder zur Arbeit gehen, haben die früher geallgemeine Unruhe zu erhalten, und fo bauerte es benn viele Tage, ohne daß die Arbeiter die Arbeit wieder aufnahmen. Sie stellten statt beffen an die Bergwerfspermaltung eine ganze Reihe von Forderungen, die zum Teil mit dem unmittelbaren Arbeitsver hältnis wenig Gemeinsames hatten. Balb da, balb bort tam es selbst mach wieder aufgenommeter Arbeit zu Streifs. Am 10. Mai mwaren einige Agitatoren verhaftet werden, daraufhin haben sich etwa 1500 Bergarbeiter in Lonia verjammeft, um die Berbafeten mit Gewalt zu befreien. Diese wurden ent. haftet. Inamischen brochen neue Unruhen in upeni aus, und es dauerte bort der Streif bis zum 23. Mai, 2m 28. Mai wurden neverdings Berhaftungen vorgenommen. Dies mal fammelten sich etwa 1000 Bergarbeite: in Betoschreni. Man hat den Einbrud, als ob besonders hier, dem Zentrum der Bergmertsindustrie,
068 Ladipißel am Worke
waren. Am 2benh tam mifitär hin. Daraufhin brach erst recht der Streif aus. Die Arbeiter wurden nunmehr mobilisiert, fie leisteten jedoch der Berordnung nicht Folge und wurden jegt an der Arbeitsstelle mobilisiert. Es folgten Berhaftungen und selbstverständlich auch Zusammenstöße. Mit diesen Methoden murbe der Streif am 30. Mai gebrochen. Daraufhin begann er in Buttan. Hier fam es zu Zusammenstößen mit dem Militär, sieben Personen, darunter zwei Frauen, wurden dur Gewehrschüsse permundet, überdies eine größere Anzahl durch Bajonetttiche. 3ahlreiche Arbeiter muzben verhaftet und geprügelt. 3m gangen find hier etwa 300 Personen verhaftet worden, son denen der größere Teil dem Kriegsgericht von Hermannstadt übergeben wurden. Daraufbin brach auch hier am 2. Suni der Streit zusammen. Um 4. Juni segannen in rninossa Plünderungen. Auch hier wurde dari unter der Wirkung de: Armee bie Arbeit wieder aufgenommen.
Diese Borfälle sind hier etwas ausführlicher geschilder worden, weil sie bezeichnend sind für die Erregung und die Stimmmung in Rumänien . Sie beweisen am besten, daß es feineswegs so ruhig ausschaut, wie es äußerlich feinen mag. Und es darf auch nicht mundernehmen, denn das System der öffentlichen Diebstähle und Gewalttaten hat ungeahnte Folgen im wirtschaftlichen Leben. Tag um Tag fast liest man nicht mir von irgendeinem Millionendiebftahl oder einer Millionenuntershlagnug in öffentlichen Dienften, fonders and von großen Ronturjen. Die nach
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dem Kriege sich rasch entwickelnde Industrie beginnt ihre Be triebe zu schließen, nicht nur, weil das Betriebstapital jo teuer ist 24 Pro3. 3injen find noch heute die Regel!-, sondern megen der gesamten Wirtschaftspolitit der Liberalen, die auf den Bucher ihrer Banken zugeschnitten ist. Es erweist sich auch, daß die 3ollpolitik der Industrie mehr geschadet als genügt hat, denn es sind parifitäre Betriebe entstanden, die unter dem Schuße der Zollmauern mit peralteten Maschinen und ohne genügendes Rapital arbeiteten, nunmehr aber nicht nur der Konturrenz des Auslandes nicht standhalten fönnen, sondern auch infolge der allgemeinen Ber armung des Inlandsmarties ihre Produktion nicht aufrechterhalten fönnen. Der Zusammenbruch der Wirtschaft äußert sich auch in be deutend verminderten Steuereingängen. Nimm man dazu die machsende Teuerung, dann ist der
Jusammenbruch der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik flor. Im fegten Augenblic mersuchen dis giberalen allerdings no einiges zu retten, indem sie die Frachtgebühren und die Exportzölle herablezen. Es ist aber zu spät, denn es gibt nunmehr sehr menig zu verfrachten oder auszuführen.
Da persuchen nun die Liberalen, sich gegenüber diesen wirtfchaftlichen Schmierigkeiten und der allgemeinen politischen Unzufriedenheit zu halten, indem sie im Auslande eine Anleihe zu Stabilisierungszmeden aufnehmen wollen. Der wahre 3wed ist wohl der, daß sie vor ihrem unvermeidlichen Abgange noh das Geschäft der Stabilisierung mahen wollen. Es soll dadurch die wirtschaftliche Macht der ihnen gehörigen Staatsbanf gestärkt werden, und sie wollen auf die Art sich auch der entscheidenden Einfluß auf die Führung der politischen Geschäfte für die Zeit sichern, da sie in der Opposition sein werden; denn sie wissen es mohl, daß
legten Endes die Banten die Macht haben. Inzwischen aber wächst der Unwille von Tag zu Tag, tionen der Oppofition zustandegebracht haben, daß nämlich eine die Atmosphäre ist geladen, und das ist es, was die bisherigen 21affentliche Meinung gefchaffen worden ist. Um diese tann man nicht mehr herum kommen. Es beginnt die wirtschaftliche Umwandlung Rumäniens sich auch potuitsch umzulegen, und es ist wohl nur eine Frage kurzer Zeit, daß auf irgendeine Beise sich der neue Geist auch politisch ausdrüden wird. Mit dem Tode des König Ferdinand hat in Wahrbeit auch der Niedergang der Bratianu Dynastie geschlagen, dem muß das Ausland Rechnung tragen, indem es sich von jeher Berbindung mit ihr fernhält.
Dem Andenken Plechanows. Eine Gedentfeier bei den russischen Sozialdempfraten.
Der Klub der russischen Sozialdemokraten in Berlin gedachte im engen Kreise des Begründers der ruffischen Sozialdemokratie, Blechanom, der vor zehn Jahren burch eine schwere Krankheit allzu früh von seinem Bebenswert geirannt worden ist. Genosse Garwy sprach von der politischen Bedeutung Blechanows in der Entwicklung der ruffischen Sozialdemokratie. Genoffe Nikolajemiti schilderte feine Rolle als Revolutionär. Er war gewissermaßen das legte Glied innerhalb der revolutionären Intelligenz Rußlands . Er brachte ihr den Margismus, den er nicht allein auf Grund seiner theoretischen Studien und seiner Erfahrungen aus der mefteurppätigen Arbeiterbewegung fannte, fondern auch aus seiner propagandistischen Tätig telt innerhalb der illegalen russischen Arbeiterzirkel. Hier hatte er in fich dan Badan bereitet, der ihn für die Aufnahme der marristifchen been empfänglich gemacht hatte. Genasse Dan würdigte schließlich den verstorbenen Führer des russischen Goizalismus als Menschen. Er fannte ihn somohl als Freund wie auch als prinzipiellen Gegner. So liebevoll und hingebend er als ersterer war, so unversöhnlich in ber legteren Eigenschaft. Er vernichtete pen Gegner nicht allein als Politifer, sondern auch als Menschen, Bei er eine ungeeinem ausgesprochenen fühlen Intellektualismus mies heure Leidenschaftlichkeit im politischen Kampfe auf. Das bildete das Grundwesen seiner Persönlichkeit.
Die drei Gedenfreden pon Mittkämpfern, die Plechanow qus der nächsten Nähe beobachtet haben, konnten trotz der Fülle der Grinnerungen nur in ganz geringem Maße den Reichtum dieser muchtigen Bersönlichkeit ausschöpfen,