Dienstag
26. Juni 1928
Unterhaltung und Wissen
Der Brief eines Verurteilten.
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Bon Fr. Koch.
Der 1. Staatsanwalt Dr. S. Rotschi war vier Jahre Don 1923 bis 1927 Oberdirektor der größten tschechoslowakischen Strafanstalt Born und läßt jezt einen Band Novellen: Auf der Spur der Ge rechtigkeit Wahrnehmungen und Erwägungen aus der triminalisti. schen Pragis" erscheinen.
Ich war ein zwanzigjähriger Photographengehilfe und ein armer Mensch. Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich mich cus meiner Armut und meinem Elend befreien könnte. Daß Reich tum darin besteht, über recht viel Geld zu verfügen, darüber belehrte mich das tägliche Leben. Und da ich zu photographieren und zu zeichnen verstand, kam mir eines Tages der Gedanke, daß ich mir allein Geld machen könnte.
Ich richtete mir also die nötigen Sachen ein, um Banknoten fabrizieren zu können und versuchte es, aber man tam mir darauf, ind ich wurde den Gerichten übergeben. Ich wußte, daß ich etwas Unerlaubtes tat, aber ich beurteilte meine Handlungsweise von dem Standpunkte aus, ob ich jemandem dadurch einen Schaden zufügte. 11nd da ich damals dachte, daß sich der Staat auch nach seinem Be lieben Banknoten erzeugen fönne und ich keinerlei Ahnung von der rolfswirtschaftlichen Bedeutung der Zahlungsmittel und ihrem notmendigen Schute hatte, war ich der Meinung, daß ich dadurch niemanden schädige, wenn ich ein bißchen Papiergeld nachahme.
Erst in der Untersuchungshaft wurde mir die Sache ganz flar, und ich bekam die Gewißheit, daß ich etwas Strafbares begangen hatte. Doch der Richter befaßte sich damit, die Beweisführung gegen mich fertigzustellen, er erfundigte sich ausführlich nach den Mitteln und die Art, wie ich die Durchführung meines Planes vorbereitet hatte, und ehe ich ihm meine Meinung auseinandersetzen konnte, mar ich schon im Besitze der Anklageschrift, und bald danach stand ich bereits vor den Geschworenen.
Es war mein einziger Wunsch, den Geschworenen zu erklären, mie ich zu meiner Tat durch eine, ich möchte sagen geradezu findliche Anschauung gedrängt wurde. Doch mein Verteidiger, den mir das Gericht beistellte, sagte mir von allem Anfang an: Sprechen Sie nichts Ueberflüssiges, antworten Sie nur furz auf alle Fragen und nichts mehr. Ich war bestürzt und erwartete gespannt, was jetzt tommen sollte.
Mein Anwalt vertrat von Anfang an den Standpunkt, daß ich schuldlos fei. Er sprach schöne Worte über mich, die mich mit einer Art Stolz erfüllten. Er sprach lobend über meine fünstlerischen Talente, er behauptete, daß ich deshalb Banknoten nachgeahmt hätte, I'm in der graphischen Kunst Routine zu bekommen. Ins andere Extrem verfiel der Staatsanwalt. Wenn mein Verteidiger etwas zu meinen Gunsten vorbrachte, das für mich ein fleines Plus ergab, so widerlegte er dies wieder so, daß für mich daraus ein ungeheures Minus wurde. Führte der eine der beiden für mich einen Zeugen an, um meine Schuld oder Unschuld zu beweisen, dann machte der
ondere gegen ihn Einwände, um in den Augen der Geschworenen
feine Glaubwürdigkeit herabzusetzen.
Wahrheit und Unwahrheit wurden zu Dolchen, die miteinander um das Recht stritten, das abseits lag und zu dem man nicht durchdringen konnte. Diese Dolche aber waren Kniffe, Pfiffe und hohle, mit Pathos vorgebrachte Reden.
Anfänglich war ich ganz betroffen von der Art, wie bei Gericht das Recht erkämpft wurde, dann aber begann ich auch wieder an mich zu denken. Der Umstand, daß mein Berteidiger hier öffentlich meine Unschuld verteidigte, nötigte mir den Gedanken auf, daß es erlaubt sei, die Tat zu leugnen, und wirkte auf mein Gewissen ein. Sch fam allmählich zur Ueberzeugung, daß meine Tat nicht strafbar sei. Und als ich schließlich doch verurteilt wurde, hatte ich ein Gefühl des Unrechts, und ich empfand einen Haß gegen die Gerichte.
Es dauerte eine hübsch lange Zeit, ehe ich im Kerker wieder zu flaren Gedanken fam. Weshalb muß eine solche Art, das Recht zu erfämpfen, vor Gericht existieren? Weshalb müssen hier zwei Parteien mit solchen Mitteln, welche die Wahrheit verschleiern, um das Recht kämpfen? Vielleicht deshalb, weil die Geschworenen teine Juristen sind, und muß sich daher jede Partei darum bemühen, durch Geschicklichkeit und Gefühle ihre Ueberzeugung für sich zu gewinnen?
All dies kann doch nicht der Wahrheit dienen. Ich selber tam ja überhaupt nicht dazu, freimütig zu erklären, wie ich über die Sache dachte. Ich glaube, daß mein Verteidiger sich fürchtete, daß ich ihm nicht seine Position erschwere. Und es ertötete in mir das Gefühl, die Schuld zu gestehen, es stumpfte mein Gewissen ab, so daß ich schließlich und endlich selbst keinerlei Gefühl mehr für die Größe meiner Berfehlung hatte. Es erschien mir dies alles um mich forum eher wie eine Theatervorstellung als eine Gerichtsverhandlung. Als man mich zwanzigjährigen in den Schwurgerichtssaal vor so viele Menschen führte, da regte sich in meiner Brust eine Art Stolz darüber, aber als man mich dann von hier megschleppte, da empfand ich ein Gefühl der bittersten Enttäuschung.
( Autorisierte Ueberlegung von 3. Reißmann, Brag.)
Edison hat. fein Telephon. Man erstaunt manchmal, wenn man hört, daß irgendein Mensch unferer Zeit noch nie telephoniert hat oder sich fein Tlephon hält, mail er diese Erfindung für zu„ modern oder störend" hält. Wie merkwürdig tingt dann erst die Nachricht, daß Edison, vielleicht der größte Erfinder aller Zeiten, sicher aber das größte technische Genie der Gegenwart, fein Telephon in seinem Hause duldet. Dieser Mann, der das Mikrophon erfunden hat, durch das gerade die Fernspred möglichkeiten ungeheuer ausgedehnt und verbessert wor ten find, ist auf seinem Wohnfig, gleich, ob in der Großstadt ode: cuf seinem Ruhefiz auf dem Lande, nur durch Boten zu erreichen. Grund für diese Abſchließung gegenüber den heute doch schon ganz allgemein verwendeten Fernverbindungsmöglichkeiten ist nicht nur die Schwerhörigkeit Edisons, die ja fast schon als Taubheit anzu sprechen ist. Der große Erfinder glaubt durch das Telephon in der Suhe und Abgeschloffenheit feine: Forschertätigkeit gestört zu werten. Er will nur für die Leute arbeiten, die davon einen nüßlicheren brauch machen tönnen als er selbst. Sein Ziel ist es nicht, irgendeine Rolle in der Welt zu spielen, sondern für die Welt immer reue und wieder neue Erfindungen zu machen, um die Technit des Lebens, der Lebenshaltung und Lebensausgestaltung mehr und mehr zu verfeinern. Dadurch befomunt der ganze Haushalt Edisons etwas Patriarchalisches, aber auch das ist nicht aus irgendwelchem Gnobismus eingerichtet, sondern dank einer natürlichen Einfachheit und Schlichtheit bemüht sich Edison immer, mit den naheliegendsten Mitteln, die zum 3wed führen, fein Leben so schöpferisch wie nur aniglich zu geftalten.
Beilage des Borwärts
Das Heu im Goldpokal.
hergeholt hat.
Nicht weniger als vier schöne Autos sah ich heute morgen auf, nußung auf dem Rasen von Ascot aufgebaut und vorher von weit der wundervollen Grünstrecke von Richmond über Windsor nach Ascot im Straßengraben liegen. Was hat das zu bedeuten?
Das hat zu bedeuten, daß, o welterschütterndes Ereignis, die Londoner Saison wieder mal auf ihrem Höhepunkt angelangt ist. Ein Wunder, daß nicht mehr Wagen im Straßengraben gelandet sind. Die Benzinschlange, die nach Ascot froch sind. Die Benzinschlange, bie nach Ascot froch- froch, denn man| fann da natürlich nicht schnell fahren hatte tausend und aber tausend Kettenglieder. Nach Amerita ist England heute wohl das größte Autoland. Im fomfortabelsten Zwanzig- Personen- Charabant fährt man billiger und bequemer als mit der sehr teuren Eisen bahn. Dabei wird die Mahnung Engländer, fauft englische Autos" ziemlich ftrift befolgt. Bon den 17 300 Wagen des ersten Ascot Tages es gibt deren vier maren über zwei Drittel englischer Herstellung, wie eine von der Grafschaft Berkshire veröffentlichte Statistik lehrt.
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Aber wie fommen die Wagen in den Graben? Vielleicht im Trubel der Nacht? Denn fast an der Strede liegend gab es als ascötlichen Auftakt in Great Fosters Hall in Egham den größten und pruntvollsten Ball des Jahres: 2000 Gäste hatte Lady Spencer Churchill eingeladen. Eine Riesenmiese wurde als Parkplatz der martenden Autos eingerichtet, ein großes Zelt, in das per Radio die Musik aus dem Ballsaal geleitet wurde, als Wartehalle von 500 Chauffeuren.
Bon Ascot also erzählen die Journalisten immer, es hätte nur seine modische und gesellschaftliche Bedeutung, die sportliche Wichtigfeit wäre indessen nicht so groß. Es scheint, daß die Herren vor lauter schönen Frauen die schönen Pferde und die breiten Massen des Volkes nicht sehen. Und es scheint, daß das Gefunkel des großen Siegespreises des Tages, der auf der Brüftung der Königsloge vor aller Augen aufgestellte goldene Pokal, ihre Augen
blendet.
Der Preis wird also von Majestät ausgehändigt. Es geschieht so etwas alles mit dem langsamen, feierlichen Zeremoniell des Mittelalters, wie überhaupt vieles noch ganz mittelalterlich ist. Vierspännig tommt die allerhöchste Familie aus Windsor, der Sommerresidenz, herüber. Die Herren tragen graue Zylinder. Die Damen freieren" hier die Mode des Jahres, ich fann aber leider ich weiß leider nicht, nicht sagen, womit. Die ganz großen Leute wo die untere Einkommens- und Ahnengrenze liegt laufen vor der Königstribüne herum, besonders eingegittert und auf Grund besonderer Karten. Das ist also eine Art 300 der oberen Fünf
hundert.
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Zwischen den einzelnen Rennen ziehen sich die oberen Fünf
hundert in die Zelte ihrer Klubs zurück. Ich lefe Cavalery Club",
Army and Navy Club",„ Conservative Club"," Guards Club". Nur selten dürfte eines Nichtengländers Fuß diese Zelte oder gar im Inneren wundervolle Blumengärten, die man zur furzen Beihre Stammhäuser am Hydepart betreten haben. Diese Zelte haben
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Gegenüber, in Zehntausenden, das Volk. Arbeiter, Angestellte, Kleinbürger. Sie wollen alle wetten. Der Bierkonsum ist ungeheuerlich. Es fehlt nur der Vergnügungsrummel des Derby Day. Sonst fehlt nichts. Nicht einmal, joll man das nicht erzählen, die große Schar der Gelegenheits"-Arbeiter. Um deutlicher zu sein: Keinem würde es einfallen, hinter einen Busch zu gehen. Und den Ascotpächtern fällt es nicht ein, irgendwelche Baraden errichten zu lassen. und so ist es eine ganze Industrie geworden, an der mindestens hundert letzte Männer und Frauen ein paar Pfennige verdienen, um ein fleines Stüdchen Boden herum eine primitive Zeltleinewand zu spannen, an den Eingang" ein Schild zu heften„ Gentlemen " oder ähnlich. Sollte dem Zustand durch den Bau entsprechender Anstalten ein Ende bereitet werden, würden die„ Unternehmer" bestimmt protestieren.
Während beim Derby, dem demokratischsten aller Sportfeste, vieles ineinander verschwimmt, gibt es hier, nebeneinander, ein Glanz- Ascot und ein Volks- Ascot. Das Volfs- Ascot ist sehr populär auch deswegen, meil außer auf den Tribünen tein Eintrittsgeld verlangt wird; nur wer im Auto kommt, muß fünf oder zehn Schillinge fürs Parken bezahlen. Zwischen beiden Ascotlagern läuft did die Grenze: der Rennrasen. Bon der aristokratischen zur plebe jischen Seite hinüber und umgekehrt pendeln eigentlich nur die Reporter, dann die Photographen, die wieder mal einen ganz großen Tag haben, endlich, zum Trost für das verwettete Geld, ein entsetzlich elend aussehender Mann, der ein Plakat mit der Inschrift trägt Was nügte es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nehme doch Schaden an seiner Geele!"
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Auf der Rückfahrt zähle ich nun fünf Autos, die im Straßengrabent liegen. Und dann sehe ich in der ungeheuren bunten Brozeffion noch ein Opfer: vollkommen zusammengebrochen einen jener Männer, die, vor Tag schon dem Slums von London entfrochen, eine Kiste oder ein paar Bänke herausgeschleppt, fie als Sitzgelegenheiten und Miniaturaussichtstürme vermietet haben, so sich ein paar Coppers verdienend.
Also zusammengebrochen. Heute vielleicht wieder auf den müden Beinen. Bomöglich winkt dem Mann am Ende der Straße daş jegt in Edmonten( Middleser) errichtete, als Wohltätigkeitsinstitution betriebene ,, Hotel für Tramps". Bielleicht stiehlt er, wenn er Hunger hat, ein Brot und kommt dafür zwei Monate ins Gefängnis.
Es gibt in diesem grotesken England alles, und alles in der Gegensäßlichkeit des Mittelalters. Wissen Sie schon, daß in einem Teile der Stadt London nach einem forporativen Beschluß seit letztem Sonntag teine Autos mehr an Schauspieler, Buchmacher und
Juden" vermietet werden sollen?
Mittelalter.
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dem Goldpokal. Bielleicht frißt Invershine, der Ascotsieger, das heu heut aus
Die Entwicklung der Rakete.
Isaac Newton , war es, der als erster aussprach, daß man die Krajt der Rafete auch als Motor für Fahrzeuge ausnügen fönne, die fich sogar im leeren Raum bewegen würden. Auf Grund dieser Anregung tonstruierte dann der Holländer s'Gravesande einen Wagen, der sich durch den Rückstoß ausströmenden Wafferdampfes bewegen sollte. Natürlich mar die Kraft für den ungefügen Wagen zu schwach, weshalb weitere Versuche unterblieben.
In der Presse, der Fachpresse, auf den Diskussionsabenden der| bahnt. Kein Geringerer als der Entdecker des Gravitationsgesetzes, technischen Vereine und noch mehr in ganz privaten 3irfeln tobt der Kampf um das Raketenflugzeug, und während die ablehnende Haltung gewiffer Gelehrter angesichts der Tatsachen anfängt, langweilig und unfruchtbar zu werden, wird in interessierten Gehirnen bereits weiter gearbeitet. In den wirklichen Fachkreisen etwa denen, die in dem Raketenjammelwerk des Verlages Hachmeister u. Thal ,, Die Möglich feit der Weltraumfahrt" vereinigt sind ift man sich längst flar darüber, daß das Raketenflugzeug selbst auch mur etmas Borübergehendes sein kann, eine Etappe( und vielleicht nicht einmal eine gute) auf dem Wege zur Konstruktion des eigentlichen Rafetenschiffes, das natürlich auch im irdischen Fernverkehr eine große Rolle spielen wird. Bei solchen Streitereien, die sich darum drehen, was aus der harmlosen Feuerwerksratele alles werden soll, ist es immer intereffant, sich einmal zu überlegen, wie denn die Rafete überhaupt geworden ist.
Da geht nun allgemein eine fromme Sage, die besagt, die Feuermertsrafete sei bereits dreitausend Jahre vor unserer Zeitrechnung den Chinesen bekannt gewesen. Weil min ein Berliner Aftronom, 5. 3. Gramazfi, im Berfolg leidlich logischer Gedanken auf die abfurde Idee gekommen ist, die Chinesen seien eigentlich die Marsbewohner, die ihrem sterbenden Planeten entflohen sind, so habe ich sogar schon gehört, daß denen natürlich auch das Raketenschiff befannt gewesen sei. Gegenüber derartigen Phantastereien muß nachdrücklich betont werden, daß noch nicht einmal das Fünftausend jahresalter der Ratete erwiesen ist. Zum erstenmal taucht dieser Feuerwerkskörper für unser heutiges Wissen im Orient auf, und zwar etwa 900 v. Chr. Bald erlangte er aber schon ernstere Bedeutung. etwa 900 v. Chr. Bald erlangte er aber schon ernstere Bedeutung.
Der Italiener Muratori beschrieb 1379 als erster Abendländer eine Rakete, und dadurch, daß dieser erste Beschreiber ein Italiener war, hat sie ja ihren Namen bekommen, den man allgemein vom Bertrocchetto", Spindel oder Röhrchen, ableitet. Anno Domini 1405 folgt die erfte Erwähnung in Deutschland durch den gelehrten Konrad Kyeser von Eichstädt. Fünfzehn Jahre später gibt de Fontana fchon allerlei Ratschläge zur friegerischen Berwertung.
Es ist nun nicht ganz sicher, ob diese Idee vom Abendlande nach dem Orient gelangt ist oder umgekehrt, jedenfalls erlebten die Engländer gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts böfe lleberraschungen durch die Brandrateten des indischen Fürsten Tipu Sahib , der das von seinem Bater Haidar- Ali vorbereitete Rafeteurforps forgfältig weiter ausgebildet hatte. Natürlich wurden daraufhin in England sofort auch Brandraketen tonftruiert- der Erfinder war der General William Congrene, die 1806 gegen Boulogne und 1807 gegen Kopenhagen erfolgreich losgelaffen wurden. Die Gegenseite aber war nicht müßig, der dänische Hauptmann Schuhmacher erfand die Geschoßratete, unb ram gingen die meisten europäischen Staaten dazıt über, ihren Armeen die neue Waffe einzugliedern. Inzwischen hatte sich aber eine andere Entmidlung noch ange.
In England kam dann jemand auf den Gedanken, mit der Rakete, die ja an und für sich meistens fliegt, nicht einen Wagen, sondern ein Flugzeug zu tragen. Der Erfinder Charles Golightly nahm fogar ein Patent auf diese Idee( 1841), über die mir leider nichts meiter wissen, als uns ein Spottbild bejagt, das damals angefertigt wurde und die Unterschrift trägt ,, Dampfpferd, mit dem man in einer Stunde von Paris nach St. Petersburg reiten fann". Danach scheint es, als wenn auch Golightly an Dampfbetrieb gedacht hat, wenn das Spottbild nur einigermaßen zutrifft, war sein Entwurf fogar um manches beffer als gewolfe heutige Rafetenflugzeug ,, erfindung ", die den Apparat erbarmungslos mit Tragflächen, die bei dem hohen Luftwiderstand doch nur Berger machen, belasten will.
In Deutschland feimte damals das Raumschiff, und zmar im Gehirn Hermann Gansmindts, der sich ja im allgemeinen als guter technischer Prophet erwiesen hat, z. B. als er vor dem Kriege sagte, der Seppelin werbe erst dann vermendbar sein, wenn er dreimal jo groß sei, und auch erst kürzlich, als er voraussagte, daß der Flettnerrotor die Erwartungen, die man auf ihn sezte, nicht erfüllen würde. Ganswindts Pläne mußten natürlich damals noch allgemeinen Widerstand finden, und sie waren auch so, daß eine praktische Durchführ barkeit ausgeschlossen erscheint, was für den Erfinder kein schwerer Vorwurf sein soll.
Was min in Zukunft alles werden wird, läßt sich mit wenigen Worten nicht schildern, außer dem Raketenflugzeug und dem Raumschiff wird wohl, wenn man den Gerüchten aus Amerika Glauser schenken darf, im Goddardschen Raketentorpedo die Kriegsrafete ihre Auferstehung feiern. Als Hilfsmittel gedentt man fleine Apparate in der Segelfliegerei zu verwenden sie sollen den umständlichen Abschuß mit dem Katapult ersetzen und Wasserflugzeugen, die oft schwer von der Wasserfläche abfonen, zu einem leichteren Start zu verhelfen.
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Das Heer der Erfinder. Nach der vom Reichspatentamt herausgegebenen Statistit stieg die Zahl der Patentanmeldungen von 64 000 im Jahre 1926 auf 68 000 im Jahre 1927, von denen 15 200 Batente tatsächlich erteilt wurden. An diesen Patenten ist das Inland mit 81 Broz., das Ausland mit 19 Broz. beteiligt. Seit dem Bestehen des Reichspatentamtes, d. h. seit 1877, wurden über 1407 000 Batentanmeldungen eingereicht und 455 000 Batente erteilt. An Gebrauchsmusteranmeldungen gingen 1927 ein 63 700, Don benen 41 100 eingetragen wurden. Die entstehenden Zahlen für Barenzeichen find 29 600 und 17 000.