Kranfenfaffen und Aerzte.
Konflikt bei den faufmännischen Berufsfranfenfaffen.
Seit 20 Jahren bestand ein ungetrübtes Vertragsverhältnis zwischen dem Verband der Aerzte Deutschlands ( Hartmann- Bund) und dem Berband taufmännischer Berufsfrantentassen, das die Forderung ber Aerzte auf freie Arztwahl verwirklichte und ihnen höhere Honorare sicherstellte als von den gesehli hen Kranfenfaffen gezahlt wurden. Der Aerzteverband übernahm in diesem Bertrage als einzige wichtige Gegenleistung die Verpflichtung, die ärztliche Tätigkeit seiner Mitglider zu überwachen und ihre Rechnungen und Berordnungen forgfältig zu prüfen.
Als nach dem Kriege die Zahl der Aerzte sich stark vermehrte und die Einnahmen aus der Privatpragis zurückgingen, wuchsen die Ausgaben für ärztliche Behandlung bei den faufmännischen Berufstrantenfaffen in solchem Maße an, daß beide vert: ag: fdfließenden Parteie.t es für notwendig erachteten, die leberwa hung der ärztlichen Tätigkeit durch Bereinbarung von Begrenzungsbe: ftimmungen wirksam zu machen. Trotzdem betrug im Jahre 1927 die Ausgabe der kaufmännischen Berufskrankenkassen für ärztliche Behandlung 34 Proz. der Gesamtausgaben.
Der Berband faufmännischer Berufstrantenfaffen erklärte in ben Bertragsverhandlungen, jedem Bertrage zustimmen zu wollent, der die Ausgaben für ärztliche Behandlung nicht weiter erhöhte. Die Forderungen des Hartmann- Bundes liefen aber darauf hinaus, durch Anwendung einer neuen, einseitig vom Aerzteverband auf:
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Ziefer gehen Sie nicht hinein?" „ Ich werd' mich hüten. Che wir nicht zum Schutze der Badenden den Panzerfreuzer haben..."
gestellten Gebührenordnung für 1928 die Belastung der Raffen sofort um mehrere Millionen Mart zu steigern und außerdem den Schutz der Kranfenfaffen, den sie durch die Begrenzungsbestimmungen genossen, unwirtfam zu machen.
Um den Eintritt des vertragslosen Zustandes zu vermeiden, schlug der Kaffenverband die Berlängerung des unveränderten alten Vertrags bis zum Schluß des Jahres 1928 vor. Der Hartmannn- Bund forderte aber auch für die Berlängerung des Verfrags die Abänderung der Begrenzungsbestimmungen in seinem Ginne. Nur an diefer Forderung des Aerzteverbandes find die Verbandlungen gescheitert. Die Kassen haben bei den Berhand lungen immer wieder erklärt, daß sie nicht imftande sind, ihren mit gliedern eine Beitragserhöhung guzumuten, die unbedingt vorgenommen werden müßte, wenn die Forderungen des Aerzteverbandes erfüllt werden würden.
Forschungsstelle für Meeresgeologie.
Die Sendenbergische Naturforschende Gesellschaft in Frankfurt am Main hat in Wilhelmshaven eine Forschungsstelle für Meeres. geologie errichtet, die die erste ihrer Art in Europa ist. Die neue Anstalt ,, Sendenberg" soll vor allem die Gelegenheit ausnutzen, die das Wattenmeer zum Studium der aufbauenden und zerstörenben Tätigkeit des Meeres bietet, erstreckt ihre Arbeiten aber darüber hinaus auf die ganze Nordsee . Die neue Schöpfung ist durch Zu fammenarbeit mit der Reidemarine und durch Unterstützung der Notgemeinschaft. der deutschen Wissenschaft ermöglicht worden.
Amerifanische Filmzahlen.
85 Prozent des Weltbedarfs an Filmen werden von der ameritanischen Filmindustrie gedeckt. Im Jahre 1927 wurden in USA . 2000 Filme im Werte von 135 Millionen Dollar hergestellt. ( Deutschland produzierte in diesem Jahr 241 Filme und steht damit an zweiter Stelle!) Das Verleihgeschäft brachte 185 Millionen Dollar ein, die Rinotheater 750 millionen Dollar. Berleih und Theater gehören größtenteils den riesigen Konzernent; so hat Baramount- Famous Lasty allein 400, Fog 356, Stanley 300, MetroGoldwyn 115 eigene Theater.
Kultur des Arbeitergesanges.
Go reich der fünstlerische Ertrag, so bewundernswert bie organi| maßen organische Berufenheit für gemeinsame Kunstfatorische Leistung: das Größte schrieb ich neulich, unter dem Ein betätigung. Solche Berufenheit haben in Hannover 50 000 ge= druck des Erlebnisses von Hannover , das Größte, Imposantefte bleibt zeigt; sie waren nur ein kleiner Teil von denen, die selbst nur ein der sozialkulturelle, fulturpolitische, politischsoziale Borstoß, der in kleiner Teil der gesamten, zu ihrer musikalischen Bestimmung er= breitester Front geglückt ist. Worin bestand, wohin zielt der? Und mähnenden, erwachsenden deutschen Arbeiterschaft sind. wie wird er sich auswirken?
Das Besondere diefes dreitägigen Mufiffeftes war die volltommenfte gesellschaftliche Einheit, durch die und zu der alle Teilnehmer, Ausführende und Empfangende verbunden waren. Bon zwei Seiten her hat der Arbeiter feinen Anteil an den höchsten Gütern der Wufit errungen und ungweifelhaft behauptet: als Pro buzent und als Konsument. Als Produzent noch nicht in dem speziellen Ginne, in dem der Komponist Musik„ produziert", sondern so verstanden, daß uns als musikalischer Produktionsprozeß der Borgang gilt, vermöge deffen Musit in Wahrheit erst Musit lichen, fonzertmäßigen und tonzertfähigen Mufizierens. Und dies wird: Der Vorgang des Mufizierens; fügen wir hinzu: des öffent einstweilen in den Grenzen der Chormufit; doch bis hinauf in ihre höchsten Bezirke. Bon dem überraschend hohen Grad, in dem die zweifache Eroberung gelungen ist, braucht nicht von neuem gesprochen zu werden; die Arbeiterschaft hat sich der doppelten Rolle des fünstlerischen Gebens und Empfangens in vollem Maß gewachsen gezeigt.
In jener gesellschaftlichen Geschlossenheit, traft beren sozusagen die Scheidung von Künstler und Publikum aufgehoben wird, fündigt sich gegenüber dem bürgerlichen Musitleben eine Ueberlegenheit an, deren Bedeutung für die Zufunft noch taum abzusehen ist.
Bon je ist es eine Art latenter zerfallenheit, die im bürgerlichen Konzertjaal das Verhältnis zwischen dem ausübenden Künstler und seiner Hörerschaft bedroht; es fehlt die einigeif de Kraft des Gemeinschaftserlebnisses, die Verbundenheit zu gemeinsamem 3iel. Der Hörer will genießen; der Künstler will Geld verdienen. Er will es, und es ist, sei er Gott weiß wie erfüllt von seinem Beruf, der allein beständige 3wed, zu dem er ihn fonzertöffentlich übt. Und sei der Künstler, wenigstens der erfolgreiche, noch so vom Bublifum geehrt, noch so durch Ehren belohnt, die er empfängt: er rächt sich, je höher im Erfolg und also im Kurs er steht, für Jahrhunderte gesellschaftlicher Geringschäzung durch materielle Forderungen, deren Ueberspannung aller wirtschaftlichen Logit spottet. Aber das ganze bürgerliche Konzertleben, fast nur noch zusammengehalten durch die Macht der geschäftlichen Energien, die darin investiert sind, muß rettungslos zerfallen, wenn der Ausgleich im Widerstreit der Interessen zur offenbaren Unmöglichkeit geworden ist. Was soll dann geschehen? Es fann zur Stunde gewiß nicht Aufgabe und Ziel der musikalischen Arbeiterbewegung sein, das vielleicht absterbende, sicher frisenhaft gefährdete Konzertleben der bürgerlichen Gesellschaft abzufürzen. Stellen wir aber mit Genugtuung die Symptome fest, auf Grund deren die Behauptung gewagt werden darf:
die Arbeiterschaft hat sich vom bürgerlichen Musikfleben emanzipiert;
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fie ist auf dem Wege, fich ihr eigenes Wufifteben aufzubauen. Ein Stehenbleiben auf halbem Weg wäre es ja gewefen, hätte man sich's genügen laffen, mit Teil an dem zu erlangen, was bis vor furzen noch allein den Namen Musitleben" beanspruchen durfte: im Hintergrund geduldet bei den Mufitveranstaltungen des Bürger tums. Daß gerade hier, im Bezirk der, wie so gern erzählt wird, völlig unpolitischen", menschen- verbindenden, gegenfäße- überbrüdenden Kunst daß hier gerade, in der Mufit, unbedingte Ge trenntheit der Klassen besteht: bazi hat von Anfang an, feit sich's in der Arbeiterschaft mufifalifd) zu regen begonnen hat, die bürgerliche Presse das Ihre beigetragen. Wir, das Arbeiter= blatt, sind allemal dabei, menn sich in der bürgerlichen Musikwelt etwas ereignet; für den bürgerlichen Mufiffritifer liegt alle Musit zwischen Fasanenstraße und Festungsgraben. Hannover ging ihn nichts an. Aber es geschieht ja nicht zum erstenmal, und es geschieht auf fünstlerischem wie auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet, daß die Privilegierten die Sturmzeichen der Revolution ignorieren, bei der es ihnen, nun ja, an ihre überlieferten Borrechte geht.
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,, Es wird die Zeit tommen, in der es eine Schande sein wird, mufitalischer Analphabet zu sein, eine Zeit, in der es ebenso selbstverständlich sein wird, daß jeder Noben tennt, daß jeder von Beethoven weiß, wie daß er lesen und schreiben fann." Dies Wort, gesprochen vom Minister Dr. Beder, war mehr als Prophezeiung; denn es wurde bekräftigt durch das Versprechen, daß der Staat fich nun der doppelten Aufgabe widmen wolle, durch deren Lösung es wahr zu machen sei:
Neugestaltung des Schulmusikunterrichts und Heranbildung eine: neuen Generation von Chorerziehern in einer staatlichen Chormeisterschule.
Dies sind in der Tat, generell gefaßt, Dinge von durchaus grundlegender Bedeutung. Biel mehr als das Fundament allgemeinſter Musikalität bei den Singenden und ausreichende Führerausbildung nächster Zukunft unsere Arbeiterd; öre nicht nötig haben: solange fie, bei den Leitenden; viel mehr an Fachmusikalischem werden auch in als ethische Substanz, den Kunstenthusiasmus, den heroijchen Idealismus haben, den ihre Gesamtheit in Hannover bewiesen hat. Das Beispiel der Stärksten wirft anregend, befruchtend auf alle Schwächeren, die guten Willens sind.( Es ist gerade umgekehrt wie in den Industriekartellen, wo die rückständigsten, am unwirtschaftlichsten arbeitenden Betriebe den Ton angeben, nämlich die Preise diktieren.)
Hannover war ein Anfang; und nur, wir verhehlen es uns nicht, eine Teillösung. Noch bleibt der tätige Anteil des Arbeiters auf ein Gebiet beschränkt: das des Chorsingens. Noch ist Orchesterspiel, Orchesterschule für die Arbeiterschaft Zukunftsmufit. Noch haben wir weder Arbeitermufit noch den Arbeiter als schaffenden Musiker. Einstweilen haben wir die Werke der großen Meister; und die sind nicht nur über zeitlich, sondern übergesellschaftich. Die deutschen Arbeiter, die Bach und Beethoven fingen, brauchen um ihre Musikzukunft nicht bange zu sein.
3bfens Dichterpersönlichkeit.
Gastvortrag von Profeffor Dr. Anathon Aall, Oslo .
Die dichterische Entwicklung des Norwegers Jbsen zum Euros päer schilderte Anathon all von der Universität Oslo in seiner Gastvorlesung an der Universität Berlin. Ibsens erste Dramen entstammen durchaus dem Gedankenfreise seiner nordischen Heimat und sind von den damals herrschenden romantischen Strömungen beeinflußt. Seit seines Lebens war der Dichter tief empfänglich für die Ideen, die seine Gegenwart ihm bot. Es hieße 3bfens Originalität falsch verstehen, wollte man das verkennen. Aber oft hat er die Ideen seiner Zeit feinhörig entdeckt, wenn die Allgemeinheit noch gar nichts davon ahnte. Erst durch seine Dichtungen wurde es ihr bewußt gemacht, daß das alles im Grunde Ideen der Zeit waren. Die stärkste Anregung vielleicht hat Ibsen von dessen Wert ,, Hauptströmungen der Literatur des 19. Jahrhunderts" dem dänischen Kritiker und Wissenschaftler Georg Brandes erfahren, urteile der bürgerlichen Gesellschaft auf. Ibsen wurde von da an im Jahre 1872 erschien. Brandes trat hier energisch gegen die Vorin seinen Hauptwerken der streitbare Rämpfer gegen die Gesellschaftslügen. Der alternde Dichter aber wandte sich dem Symbolis. mus zu, warf immer wieder Fragen auf, nach dem Sinn des Lebens und beantwortete sie nicht mehr. Das Leben wurde ihm unendlich weit, die Probleme uferlos.
Schnihler auf der Pariser Bühne.
Das Gastspiel des Ensembles Eugen Robert . Die deutsche Schauspieltruppe unter Leitung von Professor Eugen Robert gab im Theater Gymnase am Montag als zweiten Gastspielabend den„ Einsamen Weg" von Arthur Schnigler. Was an Wirkung auf ein französisches Publikum aus dem Vierakter her. ausgeholt werden konnte, das wurde dank dem sichtlich gebesserten Busammenwirten der Robert- Truppe und dem groß angelegten
einer friedlichen Revolution allerdings; die Arbeiter, bisher vom Besiz ausgeschloffen, nehmen sich, was ihnen gebührt; aber den Be- Spiel von Albert Baffermann( Stephan don Sala), Käthe Haad fizenden wird nichts genommen nichts als das Brivileg, allein zu( Johanna), Karl Goetz( Profeffor Wegrath) erzielt. Die Borstellung, befizen. Bereinigung, Berschmelzung? Auch von feiten befizen. Bereinigung, Verschmelzung? Auch von seiten der auch der deutsche Botschafter v. Hoesch beiwohnte, löfte nach der Arbeiterschaft ist daran nicht zu denken. Sie muß von unten haltige Wirkung aus und erntete reichen Beifall. her, von Grund aus neu aufbauen. Unter Bedingungen, von denen der heutigen bürgerlichen Mufitmelt so völlig verschieden, daß sich faum eine Vergleichsmöglichkeit bietet. Das ist in Hannover lebendig geworden.
Schauspieler, die vor Kollegen Theater spielen; Herren und Damen, die in ihren Kreisen Dilettantenvorstellungen veranstalten- solcher Art etwa sind die Analogien, die sich allenfalls aus der bürgerlich gesellschaftlichen Sphäre finden ließen. Man sieht, das Urteil fann hier durch Vergleiche nur irregeführt werden. Das Wesen der Arbeiterkunst wird immer und vor allem sein müssen:
Gemeinschaftsfünff; von allen für alle erzeugt.
Von allen das heißt: die Kunstausübenden bilden feine Sonder gruppe, feinen Berufsstand; die Kunstübung fann, wirtschaftlich, nicht auptberuf" werden. An die Stelle des Künstlerberufs, wie er nach bürgerlicher Anschauung nicht zuletzt darin besteht, daß er den Künstler ernährt, tritt die innere gewiffer
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Ein Reftor, wie er sein soll.
In Hug Daltons foeben in London erschienenem Buch The Peace of Nations" wird die Rede zitiert, welche J. M. Barrie bei seinem Antritt als Reftor der St. Andrews University hielt. u. a. führte er darin aus:„ Die Jugend hat viel zu lange die Entscheidung über Staatsfragen, die für sie von vitalerer Bedeu tung sind als für uns alte Leute, uns überlassen, wie z. B. die Frage des nächsten Krieges oder die Frage nach dem Grund des Weltfrieges... Als der Krieg ausbrach, haben wir euch Märchen darüber erzählt, was Krieg bebeute und wohin er führe. Wit hatten nicht die Absicht, euch zu betrügen: die meisten von uns waren selbst gerade so ehrlich und unwissend wie die Jugend. Aber das spricht uns nicht frei von Sünden, wie es die Dummheit und die Eifersucht sind... Wenn ihr die Dinge so belaßt, wie sie jest find, so werden wir euch eben weiter irreleiten..."
HEIMBECK