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Beilage

Dienstag, 26. Juni 1928.

MAC 3

930 Der Abend

Spalausgabe des Vorwärts

Feste und Fahrten der Jugend

4000 Kinder in Luckenwalde .

Auf, nach Luckenwalde ! So lautete die Barole für alle die Kleinen, die schon seit Wochen für das 2. Kreisfest des 1. Kreises im Arbeiter- Turn- und Sportbund gespart hatten. Das war ein Fragen an den letzten Turnabenden! Diese kleinen Geister hatten doch tausenderlei auf dem Herzen. Und dann zu Hause die armen Mütter, sie waren wie immer die Geplagtesten. Al die vielen Wünsche der Mädel und Jungen sollten doh nach Möglichkeit er­füll: werden, darum gebührt herzlicher Dank allen Eltern, die in so überaus zahlreicher Weise die Teilnahme der Kinder ermöglicht

hatten. Endlich nach all den unzähligen Mühjalen rückte der Tag der Abfahrt heran. Einige Gruppen mit 500 Kindern fuhren bereits Freitag abend fort. Der Sonnabend früh brachte dann die riesige Masse der kleinen Festteilnehmer auf die Beine. Jauchzen und Lachen füllte die große Halle des Anhalter Bahnhofs, als die be= reitgestellten Sonderzüge besetzt wurden. In umsichtiger Fürsorge wurden die Vorturner und Leiter auf die einzelnen Wagen verteilt, dann noch ein Händedrud der zurückbleibenden Eltern, Winten, die Züge seßen sich in Bewegung, und bis der leßte Wagen verschwun­den ist, schallt es mehrtausendfach Frei Heil! Auf Wiedersehen!" So zogen unsere Mädel und Jungen nach Luckenwalde ! Nach einstündiger Fahrt shimmer in der Ferne die ersten Häuser des Reiseziels, und schon winken rote und schwarzrotgoldene Fahnen den Ankommenden. Girlanden und geschmückte Fahnenmaste grüßen weithin lauchtend:

Dem Volke sind wir entsprossen,

Ihm weihen wir unsere Kraft!

Nach kurzer Begrüßung geht es mit fliegenden Fahnen durch Luckenwalde , überall Zuwinken, Grüßen und Frei Heil!" So freudig wurden die tausende Kinder nicht nur empfangen, sondern noh viel herzlicher von der Ludenwalder Arbeiterschaft auf: genommen.

Wie zu Hause bei Muttern.

Die Quartierverteilung geht flot: vonstatten und bald fühlen sich unsere Jungen und Mädel wie zu Hause bei Muttern. Nach furzer Mittagspause ziehen fingende Gruppen nach dem Fest pla 3 in der Hegheide. Auf allen Feldern des riesigen Sport plazes gehen die Dreifämpfe, Stafettenläufe, Hand, Fauft- und Fußballspiele als Ausscheidungsfämpfe vor sich. Die Mannschaf ten liefern sich in allen Konkurrenzen harte Kämpfe, und man muß es unseren Kindern lassen, in freiwilliger Disziplin folgen sie allen Anordnungen der Leiter. Im Laufe der Nachmittagsveranstaltungen trafen fortgesetzt neue Gäste ein und bald füllte sich der große Plazz mit unzähligen Zuschauern, die bei besonderen Leistungen mit ihrem Beifall nicht fargten.

Abends fanden in den drei größten Lokalen des Ortes Son­berdorführungen der einzelnen Vereine statt. Die Lucken walder Arbeiterfänger erfreuten durch klangvolle Darbietungen ge­mischter Chöre. In besonderen Ansprachen wurde auf die Be= beutung des Kinderturnens hingewiesen. Die Ausfüh­rungen eines Vereins hervorzubeben, wäre zurücksetzung des anderen. Wenn wir beri hten, daß alle drei Lokale derart überfüllt waren, daß die Gäste auf den Fensterbrettern standen und daß die Türen zu den Vorräumen geöffnet werden mußten, so ist das de: beste Beweis, melch rege Anteilnahme die ganze Bevölkerung schon dem Borabend des Festes entgegenbrachte.

Der Sonntag als Hauptfest tag, beginnt mit dem Beden aller Spielleute. Unsere Kinder haben teine Ruhe, denn bereits um 7 Uhr tummeln sich die Frühaufsteher in den Straßen und auf dem Festplatz. Während die Frühzüge weitere Festteilnehmer aus allen Orten der Provinz Brandenburg heranbringen, nehmen auf dem Festplatz die Ausscheidungsfämpfe ihren Fortgang. Ferner beginnen an 22 Reck, Barren und Pferden das Musterriegen-| turnen, das beachtenswerte Leistungen zeigt. Zwischendurch klingen die Weisen der 400 Spielleute und Musiker. Mittags um 1 Uhr sammet sich alles zum est zug auf dem Sa a g". Ueber 4000 Kinder marschieren in vier Bezirksfestzügen/ durch die mit Fahnen, Guirlanden und Transparenten geschmückten Straßen. Tatsächlich war ganz Luckenwalde auf den Beinen.

Der Aufmarsch der Kinder.

Die Straßen waren dichtgefüllt mit Festteilnehmern, die die Büge zum Sportplatz der Freien Turnerschaft" Luckenwalde be­gleiteten. Auf dem Platz intonierte das Kreistambourkorps vor Tausenden von Zuschauern das Sturmlied" der freien Turner. Dann erfolgte unter Boranjührung aller Fahnen der Aufmarsch aller

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Kinder zu den Massenfreiübungen. Die einzelnen Uebungen be­wiesen nicht nur die gesundheitliche Durcharbeitung des jugendlichen Körpers, sondern zeigten auch praktische Atem- und Entspannungs­übungen. Wenn unter den Klängen der Musik die elastischen Körper sich hochreckten im strahlenden Sonnenschein, so waren das unvergeßliche Momente.

Die Ansprache des Kreisturnwartes Scholz, der Grüße des Kreises und des Bundes übermittelte, flang aus in der besonderen Anerkennung für die überaus herzliche Aufnahme und Bewirtung.

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Die Luckenwalder Arbeiterschaft hat einschließlich der nötigen Vor­arbeiten die Quartier- und Verpflegungsfragen in glänzender Weise gelöst. Der Bürgermeister Lappe entbot den willt om mensgruß der Stadtverwaltung. Mit dem Wunsche, in dankbarer Erinnerung an Luckenwalde zurückzudenken, schloß er seine Ausführungen mit einem allfeitig aufgenommenen Hoch auf die Jugend. Der Nachmittag verging unter Austragung aller End= tämpfe, die trog wiederholter Regenschauer die Festteilnehmer bis Schluß zusammenhielten. Die Schwimmer wickelten ihre Wettkämpfe in der Badeanstalt des Handwerker- Bereins ab, die sich gleichfalls eines regen Zuspruchs erfreuten.

Alles in allem fann gesagt werden, daß dieser Hauptfesttag allen Teilnehmern in unvergeßlicher Erinnerung bleiben wird. Die ge­nossenschaftliche Unterstützung des Arbeiter- Radio- Klubs Luckenwalde , der vier Lautsprecher zur Verfügung stellte und die überaus auf­opfernde Tätigkeit der Arbeiter- Samariter- Kolonne verdient ganz besonders hervorgehoben zu werden.

Mit Gefang im herrlichsten Sonnenschein.

Der Montag als letzten Festtag wurde zu Ausflügen in die waldreiche Umgebung Luckenwaldes benutzt. Das gesamte Wagenmaterial der Kleinbahn, kleine und große Autobusse dienten zur Beförderung von 1700 Kindern nach dem Hohen Golm". Für den Besuch dieser meilenweiten Waldungen mußte die Genehmigung des alleinigen Besizers, des Herrn von Rochow", eingeholt werden. Die Tafeln Verbotener Weg" verkünden, daß dieses herrliche Fleckchen Erde dem gewöhnlichen Sterblichen leider verschlossen ist. Die Bahnfahrt war ein Idyll besonders für die großstädtischen Kinder. So ein richtiges, niedliches und gemütliches Bimmelbähnchen mit offenen Sommerwagen", dampfte ächzend und frächzend durch die Landschaft. Dann durchstreiften unsere Kinder unter Führung Luckenwalder Genossen die wunderbaren Waldungen und unternahmen Kletterpartien bis zur Ruppe, die eine gute Fernficht bietet. Nach der Mittagsraft wurden die wenigen Stunden, die noch zur Verfügung standen, zwanglos mit Ruhen, allgemeinen Spielen und gymnastischen lebungen verbracht.

Die anderen Kinder, die troẞ Bereitstellung aller Fahrzeuge nicht zum Hohen Golm befördert werden konnten, durchzogen die nähere Umgebung der Stadt. An der Nuthe entlang durchwanderten die singenden Scharen im herrlichsten Sonnenschein Elsen- und Birkenhaine, um dann unter schattigen Bäumen im Els thal zu rasten. In der schön angelegten Badeanstalt des Hand­werfervereins erfrischt ein angenehmes, fühles Bad und weiter geht's über Wiesen und Felder. Doch allmählich mahnt die Zeit zum Aufbruch. Zurück zum Standquartier nach der Stadt und mit Dankesworten und Händedrücken wird Abschied genommen von all den vielen, guten Menschen.

Die Arbeiterschaft hat 4000 Kinder drei Tage tostenlos ein­quartiert und glänzend bewirtet! Es ist unmöglich, dieses Zeichen echter, brüderlicher Kameradschaft nur in Worten zu würdigen. Inniges Berbundensein mit den Arbeitsbrüdern und schwestern und genossenschaftlicher Geist haben all die schwierigen wochenlangen Vorarbeiten gefördert. Der Dank für diese herzliche Gastfreundschaft kam bei der Abfahrt aus Luckenwalde spontan zum Ausdruck.

Unsere Jungen und Mädel werden die Festtage von Lucken­ walde in unvergeßlicher Erinnerung bleiben. Hoffen wir, daß das Erlebte dazu beiträgt, Kämpfer für den Sozialsmus zu erziehen, getreu den Worten über der Eingangspforte zum Festplatz: Ihr seid das Saatkorn einer neuen Zeit!"

O. S.

Auf Havel und Elbe nach Hamburg

Berliner Volksschulkinder unternehmen eine Dampferfahrt.

An dem Lindenufer in Spandau liegt auf der Havel ein merkwürdiges Gefährt. Merkwürdig muß es wohl sein, denn die Insassen der vielen vorüberfahrenden Dampfer sehen mit er­staunten Augen auf das ungewohnte Fahrzeug, das beinahe aussieht wie eine Kombination von Kahn und Dampfer. Das Schiff hat einen merkwürdigen Deckaufbau, der eine große Anzahl Schlaf­fabinen beherbergt, im Umfang und der Anlage ähnlich den Abteilen der Schlafmagen. Das ganze ist in der Tat ein Motorkabinenschiff namens Baldur", das bereit liegt, eine beträchtliche Fernfahrt nach Hamburg anzutreten. Und es lädt eine sehr frische lebendige Fracht, nämlich an die 200 Volksschulkinder aus dem östlichsten Berliner Often, alles Mädels, die mit ihren Lehrern und Lehrerinnen fich auf eine neuntägige Fahrt begeben wollen.

Neun Tage sollen die guten Mütter ihre Mädels aus der Hand geben. Neun Tage sollen sie sie auf den unbekannten Wassern her­umschwimmen lassen. Kein Wunder, wenn da manch heimliche Träne schnell abgewischt wird. Kein Wunder, wenn dann, als das Schiff sich endlich vom Ufer löst, manch' Taschentuch abwechselnd zum Lebewohl weht und an die Augen geführt wird. Und auch manchem Mädel ist gar nicht wohl zumute. Aber das geht bei den meisten schnell vorüber. Man kennt sich ja und die einzelnen Freundschaften haben sich überall zusammenlegen lassen. In den unteren Räumen sind auch noch Schlafkabinen von 6 bis 12 Betten und da geht's so lustig und quietschvergnügt zu, wie es eben zugehen kann, wo sechs bis zwölf Mädels beisammen sind. Eine Anzahl Mütter fährt noch bis Brandenburg mit, so daß sich Mutter und Kind noch ein Weilchen haben. Oben auf der Kommandobrücke oder was man eben mit diesem stolzen Namen bezeichnet, steht ein Kurbelmann und dreht eifrig, und fängt damit das entschwindende hübsche Spandauer Stadtbild mit dem imposanten Rathausturm, den langsam vorbei­rollenden Havelufern, den Bootswerften, den Bootshäusern, den drolligen Paddelbootschränken ein für einen Film, der dann eines Tages. in den städtischen Lichtspielen in Lichtenberg laufen wird. Dann kommt die erste, Sensation für die Kinder, die Ausfahrt bei Bichelsberge in die weit sich ausschwingenden Havelseen. Es ist und bleibt eins ter schönsten Bilder, die Berlin zu bieten hat. Die Fahrt auf den Havelse en fennen sehr viele Berliner. Den meisten Kindern ist sie neu. Alles drängt sich auf dem Bug zusammen und die erstaunten Augen versuchen, die vielen neuen sich ablösenden Bilder aufzunehmen: Links der Teltowturm, noch immer Kaiser- Wilhelm- Turm" genannt, rechts Gatow , jetzt zu Berlin gehörig, links das Große Fenster" mit der feudalen Willeninsel Schwanenwerder . Rechts Kladow mit Villen auf hohem Ufer, links die Bucht des Wannsees, geradeaus das Türmchen von Nikolstoe, links die Pfaueninsel mit seiner gemütlichen Meierei, rechts dann die Heilandskirche von Safrom mit seiner Erinnerung an die dort von 25 Jahren zum ersten Male vorgenommenen Funk­

versuche. Dann die weite Fläche der sich teilenden Havel bei Potsdam . Das Schiff gleitet gemächlich auf den bei Nedlitz ab­zweigen Pareßer Kanal zu. Diese Wasserstraße, die einstmals der stolzen Havelschiffahrtsmetropole Caputh den empfindlichsten Schlag versetzt hat, durchschneidet den Fahrlander, den Weißen und den Schlänitzsee. Hier haben sich allerhand Paradiese aufgetan für Ruderer, für Segler, für Paddler, vornehmlich aber für Angler. Ruderer und Segler haben natürlich ihren gesamten Hausrat: Tisch, Stühle, Grammophon und Radio, Schifferklavier und Klampfe, Koch­töpfe in allen Größen, Konserven, Kinder, Kazen und junge Hunde, Brennscheren und Manicure bei sich. Da alle diese Dinge die Fahr.

Bordball auf ,, hoher See"

zeuge sehr belasteten, war es nicht möglich, auch noch Badezeug mit. zunehmen, und so badet man denn ohne", die Männer in Kraft und die Frauen in Schönheit.

Dann aber hat man die Havel wieder erreicht und nicht lange,

baut sich am rechten Ufer traulich und gemütlich das Städtchen Rezzin auf. Die Ziegelindustrie ist hier zu Hause. Seit einigen Jahren befindet sich hier auch ein Teil der Späthschen Baumschulen. Wer aber möchte es dem lieben Neft ansehen, daß er sogar einmal und wenn auch nur für die anhaltinischen Fürsten. Für den Freund Residenz war. Wenn auch nur auf zwei Jahre, Don 1552 bis 1554, volkstümlicher Geschichte ist es viel wichtiger zu vermerken, daß der im Jahre 1860 in Kegin die Ziegelindustrie eingeführt hat. es ein schlichter Mann des Volkes, ein Lehrer namens Kaselig war,

( Ein Schlußartikel folgt.)