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Schwarz- Rot- Gold verhöhnt.

Der deutsche Gesandte in Rio ist dabei. Der ,, Urwaldbote" in Rio de Janeiro berichtet:

Bom 20. bis 22. April wurde in der Bundeshauptstadt das 2. Bundesfest des Deutsch - Brasilianischen Sängerbundes veranstaltet. Zu dem großen Festabend am 20. April in dem geräumigen Saale des Club Gymnastico Portuguez hatten fich sehr viele Gäste aus allen Schichten der Rio- Kolonie eingefunden. Den Ehrenvorsitz führte der deutsche Gesandte, Herr Hubert Knipping, der auch die bedeutsame Schlußrede des Festabends hielt. Seinetwegen mar neben zahlreichen schwarzweißroten und brasilianischen Fahnen auch die bekannte konzeffionsfahne" mit der schwarzrotgelben Gösch angebracht worden, da deutsche amtliche Ber treter heute nicht mehr bei Veranstaltungen erscheinen dürfen, bei denen nur Schwarzweißrot gezeigt wird. Doch hatte man den Ge­fühlen der Kolonie insofern Rechnung getragen, als man die Kon= zeffionsfahne" so anbrachte,

daß die November- Gösch um eine Mauerfante herumgebogen war, auf welche Weise in der Draufsicht vom Saale aus auch bei diefer Flagge nur Schwarz- Weiß- Rot sichtbar wurden.

So war den Vorschriften der Berliner Herrschaften, die ihre Flagge wechseln wie ihr Hemd, Genüge getan, ohne daß die Kolonie sich zu fränten brauchte. War das bezeichnend für die wahre Gesinnung der Rio Deutschen, jo ereignete fich im Berlaufe des Abends noch ein völlig unvorhergesehener Zwischenfall. Es wurde nämlich die neue Vereinsfahne der Lyra- Rio geweiht, und den Beschluß dieses Aftes bildete der Vortrag von Carl Maria von Webers Jubel Duver türe durch das Orchester. Weber hat diese Duvertüre während feines Londoner Aufenthalts für höfische Zwecke gedichtet und in den Schluß die Melodie des God save the king " permoben, die ja be. fanntlich auch die Melodie des Heil dir im Siegerfranz" ist. Be­greiflicherweise war dieser mufitgeschichtliche Zusammenhang nur den wenigsten der Anwesenden geläufig, und als nun auf einmal die Klänge der Hymne der preußischen Rönige und deutschen Kaiser ertönten, da schnellte die ganze mehr als tausend­föpfige Bersammlung wie ein Mann von den Sigen empor, um dem glorreichen Kaiserreiche zu huldi­gen. Und die meisten sangen stolz und ergriffen das heildirim Siegerfranz" mit!" Wie sehr die Kundgebung aus innerstem Bedürfnisse tam, das bewies am Schlusse das langanhaltende und demonstrative Beifallflatschen, das sich ganz wesentlich von dem konventionellen Beifallflatschen am Ende anderer Darbietungen unterschied."

Daß Deutsch- Brasilianer es nicht empfinden tönnen, wie grotest das Heil- Dir- im- Siegerfranz zugunsten einer zu­sammengebrochenen Monarchie wirft, mag auf sich beruhen. Jedermann wird es bedauern, daß sich das Auslandsdeutsch­tum von der sozialen und demokratischen Entwicklung der Heimat immer weiter entfernt. Unerhört aber ist die schäbige Art, hinterlistig das Symbol des alten freien Deutschland , die Farben Schwarz- Rot- Gold durch einen Trid von den Augen der Festversammlung zu verstecken. Diese Handlung ist eine bewußte Beleidigung der Republik . Daß aber der beamtete Bertreter dieser Republik diese Beleidigung anscheinend ge­schehen läßt, ist ein Borgang, über den Herr Hubert Knipping Rechenschaft geben muß.

Filchner.

Er hat doch nicht auf dreißig Stunden

Sich einem Mofor anvertraut...

Er hat nur, mit erfrorner Haut,

In Tibet fich herumgeschunden.

Er hat doch nicht an einem Hede

Die Fahne Schwarzweißrof gehißt...

Er war nur lange Zeit vermißt Und schlief auf eisiger Bergesdede. Er hat doch nicht mit Blumengrüßen Haus Doorn auf seinem Flug bedacht... Er wanderte in Bettlerfracht Und hatte Lappen an den Füßen.

Er hat doch nicht, aus Sportsintereffen, Benzindunft übers Meer gepafft... Er war nur Mann der Wissenschaft Und hat nur fernes Land vermeffen. Er flog doch nicht, das ist sein Drama, Zu einem wohlbekannten Strand... Er fuhr in unerforschtes Cand Und war bei dem Dalai Chama.

Den Fliegern Hell! und ungehemmfer Und jubelnd schmetternder Empfang... Dem Forscher blüht fein Klang und Sang. Was fümmern sich um den die Aemter!

Hans Bauer.

Ministerstreit um ein t".

Dinghofer will über Bela Khun nicht stürzen. Wien , 27. Juni.

Die Großdeutsche Partei" gibt parteiamtlich bekannt: Justiz­minister Dr. Dinghofer hat Dienstag vormittag dem Dbmann des Berbandes der Großdeutschen Abgeordneten aus Karlsbad tele­ graphisch mitgeteilt, daß er mit dem Bundeskanzler Dr. Seipel das Einvernehmen wegen feiner Demission herstellen werde. Bon der zuständigen Regierungsstelle( aus dem christlich- sozialen Lager) wird aber versichert, daß in dem Telegramm Dinghofers, das auch dem Bundeskanzler Dr. Seipel vorgelegen hat, bezeichnenderweise das Wort Demiffion fehlt. Das Telegramm lautete vielmehr bloß: ,, Unterbeche Kur nicht, herstelle Einvernehmen mit Bundes fanzler." Da es ausdrüdlich heißt herstelle Einvernehmen" und nicht Herstellet Einvernehmen" ist man der Ansicht, daß Dr. Ding hofer feineswegs seinen Klub mit der Herstellung des Einvernehmens beauftragen wollte, sondern dieses Einvernehmen" felbft her ftellen will. Dies gehe auch aus einem dem Telegramm nach folgenden Telephongespräch hervor, das Dr. Dinghofer aus Rarlsbad mit Bundeskanzler Dr. Seipel geführt hat. Auch in diesem Gespräch war von einer eigentlichen Demiffionsanfündigung feine Rede, fondern Dr. Dinghofer teilte nur mit, daß ein Eilbrief an den Bundeskanzler folge. In den Kreifen der chriftlich- sozialen Re­gierungsmitglieder wartet man die Auswirkung des offensichtlichen Drudes des Großdeutschen Klubs auf Dr. Dinghofer, seinen Minister posten zu verlassen, ab.

festemmDas Rheingold.

Neuinszenierung in der Staatsoper Unter den Linden.

Die Staatsoper Unter den Linden geht an die größte, schwierigste, bedeutendste Aufgabe vielleicht ihrer erneuten Bühne: Neuinszenierung des Nibelungenringes. Erster Abend: Das Rhein­ gold . Uns interessiert vor allem der szenische Teil der Aufführung, die zugleich, unter Erich Kleiber . eine sehr gewissenhafte Neu­

Der Tänzer Edgar Frank,

der auf dem Essener Tänzerkongreß mit großem Erfolg auftrat, ist für die nächste Spielzeit an die

Städtische Oper in Charlottenburg engagiert.

einstudierung im Musikalischen geworden ist, mit fast durchweg glüdlicher Besetzung aller vierzehn Hauptrollen- es gibt feine Nebenrollen in diesem Berk. Worum geht es? Darum, aus dein Stil des Berkes und dem Geist der Gegenwart eine Synthese zu finden. Dazu im Spezialfall Rheingold: die szenischen( nicht nur bühnentechnischen) Probleme des an Tüden und Gefahren jeder Art überreichen Wertes, alle Stilfragen beseitigt, befriedigend zu

lösen. Franz Ludwig Hörth, der Leiter der Inszenierung, hat die Aufgabe verstanden; gelungen ist ihm, in sehr gründlicher Arbeit, aller technischen Schwierigkeiten Herr zu werden und als überlegener Kenner der Dichtung und des Theaters die Wider stände zu bezwingen, die dieses der Verwirklichung aller von jehr gestellten Forderungen entgegengesezt. Aber vom Geist der Gegen­freilich, wer kennt den und wo ihn finden? hat er fich dabei faum beraten lassen. Diese Rheingold- Inszenierung ist: Anpassung des Werkes an die reichen Möglichkeiten der neuen Bühnenmaschinerie; und Erprobung dieses, mun endlich ganz ge brauchsfähig gewordenen Bühnenapparates an einer Sache, bei der sich's wahrhaft lohnt, ihn in Bewegung zu setzen.

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Also, im wesentlichen, und mehr, als wir erwartet,( obgleich mir Piscatorische Entgleisungen feinesfalls befürchtet hatten) ist alles wieder geworden, wie es immer gewesen; illusionistisch bis zu dem elektrisch leuchtenden Auge des Riesenwurms. Biel Illusion, viel Wasserdampf. Aber vieles, nicht alles gewiß, bleibt in der Ausführung sehr schön, dank dem Geschmad Emil Birchans. Be­sonders eindrucksvoll, ein wenig unheimlich in der Stimmung, der Wolkenhimmel der Gewitterszene. Einzelnes befremdet. Walhall erscheint als Projektion im Hintergrund, und auch bei wolfenlosem Himmel läßt der Maler sie, nach Gutdünken, alle Illusion, ver wirrend, aus dem Bild verschwinden. Ein wichtiges Thema: die Beleuchtungen; man spürt das Spufen heutig- symbolistischer Ideen. Ueber die Leichtherzigkeit, nicht nur im Fall ,, Rheingold", mit der der moderne Regisseur den Beleuchtungsapparat spielen läßt, seiner unerschöpflichen Möglichkeiten persönlich sich freuend, ließe sich eine Abhandlung schreiben. Den ganzen Abend wird Loge von rotem Scheinwerferlicht begleitet und dadurch, während andere Götter im Schatten stehen, mehr als ihm zukommt, zur Hauptfigur er hoben. Eine innere Vision Wotans wird, vergröbernd, durch einen jähen Wechsel der Gesamtbeleuchtung angezeigt. Daß Erda un­sichtbar bleibt, mag ein Malheur gewesen sein, das sich nicht wider­helen soll. Wenig glücklich ist das Problem der( offenen) Ber wandlungen gelöst; zwischen der ersten und den späteren besteht ein völlig unvereinbarer Stilgegensatz: dort, als Versuch wenigstens, im Einklang mit der Musik malerisch Angedeutetes, hier hand. greiflich Realistisches; übrigens ein bißchen fomisch, wie Götter­welt und Nibelheim, in vertikaler Richtung sichtbar am Zuschauer vorüberfahrend, etagenweise übereinandergebaut sind. In den Kostümen waltet mehr Farbenfinn als schöpferische Phantasie; mas gewollt oder gemeint ist, wird nicht in allen Fällen klar.

Weil es, im ganzen, an einer neuen, stilbestimmenden Idee fchlt, nicht aber an einzelnen neuen Einfällen, ist das Stilproblem, aus lauter Scheu, es herzhaft zu attackieren, nun gerade peinlich verfehlt. Eine ,, alte" Rheingoldaufführung, mit allem, was einst dazu gehörte, wie zu Angelos Neumanns Zeiten wäre eben für uns nicht mehr möglich. So ist, aus Einst und Jezt, aus vor­fäglich gewahrter Tradition und behutsam sich herandrängender Gegenwärtigkeit ein Stilgemenge entstanden, dem leider das Ueberzeugende eines einheitlichen Stils unwiderruflich versagt iſt. Und dies, bei aller Anerkennung der großen, ernsten Arbeit, die geleistet worden ist, bleibt als Eindrud haften. Klaus Pringsheim .

1.5

Ein Kultursfandal.

Mary Wigman muß aus wirtschaftlicher Not ihre Gruppe auflösen!

Aus Essen wird uns unterm 25. Juni geschrieben: Der zweite deutsche Tänzerfongreß wurde soeben geschlossen. Das letzte Wort sprach Mary Wigman , die den Ber fammelten die erschütternde Mitteilung machte, daß fie durch die wirtschaftliche Not gezwungen fei, ihre Muster­gruppe sofort aufzulösen.

Damit ist eine Kunstschöpfung zu Grunde gegangen, die in der Welt nicht ihresgleichen hatte. An deren Gründung und Ausgestaltung die größte Tänzerin unserer Zeit Jahr zehnte aufopfernder Hingabe und eiseren Fleißes verwandt hatte. Mit Summen, die im Etat etwa des Deutschen Reiches faum eine Rolle gespielt hätten, wäre dieser un­schäzbare Kunstbesitz für das deutsche Volk und für die Welt zu retten gewesen. Man hat nichts getan. Man hat tro aller Mahnungen der Kundigen die Dinge laufen lassen, bis es jetzt zu spät ist.

Oder ist es vielleicht doch noch nicht zu spät? Werden die behördlichen Instanzen, denen die Pflege der deutschen Kultur und Kunst obliegt, ihre Pflicht noch in allerlegter Stunde erkennen und das tun, was sie längst hätten tun sollen? Aber Eile tut not. Es geht nicht mehr um Monate, sondern um Tage! J. S.

Holländer und Altdeutsche.

Reuerwerbungen des Kaifer- Friedrich- Museums.

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er als Meister in die Antwerpener Lukas- Gilde aufgenommen in jener Zeit muß das für Berlin angetaufte Bild gemalt sein. Eine besondere Seltenheit ist ein fleines Bild des Malers Jacob Effelens, der von 1626 bis 1687 in Amsterdam lebte. das von ihm namentlich bezeichnete Bild ist eine Landschaft mit einem waldumfäumten Fluß. Darauf tummeln sich allerlei Leute; Angler haben sich auf einem Floß niedergelassen, eine Art Hausboot liegt still da, ein Schimmelreiter trabt am Ufer entlang, und alles gibt das Bild eines stillvergnügten Wochenendes. Der Maler, von dem es ein ähnliches Bild auch in Leipzig gibt, hat im übrigen als Kaufmann fein Glück gemacht und ist als schwerreicher Mann ge­ftorben. Die letzte der Neuerwerbungen ist ein altdeutsches Wert: Prof. Hermann Boß hat darin die Hand des Landshuter Malers Nicolaus Mair erfannt, der 1520 starb und als Stupferstecher, als Zeichner und als Holzschnittkünstler eine bekannte Figur der alt­bayerischen Kunstgeschichte ist. Die Berliner Neuerwerbung ftellt eine figurenreiche Kreuzigung Chrifti, mit dem Gedränge, wie die Alten es nannten, vor blauem Grunde dar. Unter den Figuren fällt besonders bei den Schergen und Kriegsknechten manche eigenartig bewegte Gestalt auf.

Internationaler Kinoklub.

Um der Verflachung der Filmkunst entgegenzuwirken, gründete fich in Paris unter Führung und auf Initiative von Jcan Tedesco, Besizer der Lichtbühne Théâtre du Bieur Colombier" ein inter­nationaler Rinoflub. Für einen Jahresbeitrag von 80 franz. Francs wird den Pariser Klubmitgliedern jährlich eine Anzahl von minde­ftens acht nach rein fünstlerischen und in feiner Weise geschäftlichen Prinzipien ausgewählten Filmen vorgeführt. Die Vorstellungen finden unter Ausschluß der Deffentlichkeit statt. Auch die französische Proving hat die Idee schon aufgenommen: in Städten, in denen zumindest 200 Mitglieder zusammenzubringen sind, stellen sich die Bedingungen genau wie in Paris felbst. Mit dem Ausland, ins. befondere mit deutschen Interessenkreisen, hat der Klub bereits mehr. fach Fühlung genommen.

Die Gemäldegalerie des Berliner Kaiser- Friedrich- Museums hat foeben vier Werte erworben. Das Meisterwerk unter den vier Bil dern ist ein Werk des holländischen Genremalers Elaias Bourige( 1631 bis 1672), der sich unter Rembrandts Cinfluß ge­bildet hat. Unter seinen Bildern, die früher meist als Werke des Delfter Bermeer und des Pieter de Hooch gingen und erst von Bode Das deutsche Element in Sowjetrußland. und Bredius neuerdings erkannt worden sind, war das jetzt für Die russische Regierung erteilt ihre Genehmigung dazu, daß eine Berlin erworbene Interieur stets als eine seiner besten Leistungen geschäßt. Es ist eine echt holländische Wohnstube mit dem gedämpften wissenschaftliche Delegation unter Führung von Profeffor Protowski Licht eines bedeckten Tages. Das Kaiser- Friedrich- Museum bejaß an einem in Deutschland stattfindenden historischen Kongreß teil. bereits ein fleineres Wert des Boursze, den Jungen mit den Seifen- nimmt. Bei dieser Gelegenheit wird bekannt, daß nach den legten blafen". Von dem großen flämischen Sittenbildaler Jacob Statistiken in Rußland 1% Millionen Deutsche leben, davon 393 000 Jordaens erwarb die Gemäldegalerie ein Wert seiner Frühzeit,| in der Utraine und 380 000 in der deutschen Republik an der Wolga . Chriftus mit den drei Marien".

"

Es sind echt flämische, etwas

derbe Gestalten, deren charakteristischem Typus man es nicht zutraut, daß dieses Bild früher als Werk des Rubens ging. In der Gestalt Chrifti mit seinem roten Mantel ist allerdings Rubens das Vorbild des Malers, zu dessen frühesten bekannten Schöpfungen die Ber­ liner Erwerbung gehört: 1607 bis 1608 trat Jordaens bei seinem späteren Schwiegervater Adam van Noort als Lehrling ein, bei dem 15 Jahre vorher auch Rubens gelernt hatte, und 1616 wurde

Carl Sternheim bat soeben seine zwei Komödien Die Hole" und Der Snob" zu einem abendfüllenden Wert zusammengezogen. Ralph Arthur Roberts eröffnet mit diesem neuen Stüd Anfang September sein neues Theater in der Behrenstraße.

Chaplins Pilgrim" in der Wiener Concordia". Chaplins berühmter Film" Pilgrim", der, angeblich wegen der hohen Stoften, bisher in Deutsch­ land und Desterreich noch nicht gezeigt wurde, wird am 2. Juli in der Concordia" in Wien aufgeführt werden.