Heuchler.
Der Vorstoß des Herrn Lambach gegen den Monarchis mus hat den Widerspruch der Monarchisten in der Deutsch nationalen Volkspartei hervorgerufen. Dabei stellt sich heraus, daß dieser Monarchismus eigener Art ist. Herr von Freytagh Loringhoven schreibt in der ,, Deutschen Zeitung":
" Deshalb muß jeder, der sich nicht mit der Berewigung des Bersailler Mächtesystems abfinden will, Monarchist sein. Das bes deutet aber nicht, daß er morgen oder übermorgen die Monarchie wieder einführen will. Spätestens seit 1923 mußte es jedem Berständigen flar sein, daß die Wiedergeburt Deutsch lands weder von Parteien mit dem Stimmzettel, no ch von Verschwörern durch einen Putsch herbeigeführt werden, sondern daß sie nur die Folge großer weltpolitischer Umwälzungen sein fönne, derselben Umwälzungen, die uns non den Fesseln des Versailler Bertrages befreien werden. Sie hervorzurufen liegt nicht in unserer Macht. Wir müssen warten, bis sie eintreten."
Dieser Monarchist glaubt so fest an den fünftigen Kaiser mie die deutschen Kommunisten an die deutsche Somjetregierung. Sie hoffen beide auf das große Wunder, den neuen Weltkrieg, der dem einen den Kaiser, dem anderen die Somjetdiktatur bescheren soll. Beide mit dem Hintergedanken, daß alles bleibt wie es ist, wenn das Wunder ausbleiben sollte. So sehen die Deutschnationalen aus, die noch Monarchisten zu sein behaupten! Haben sie Anhänger? Die Freunde 2 am bach's schäßen sie nicht hoch ein. In der ,, Ostpreußischen 3eitung" liest man:
,, Bei Lambach mag die Erkenntnis ausschlaggebend gewejen sein, die mit ihm viele andere in unserer Partei teilen, daß es zuviel Heuchler gibt, die zwar öffentlich ihr monarchist i= sches Lippenbetenntnis aussprechen, die aber unter vier Augen jedem fagen, daß fie längst Republitaner gemorden seien und man wird nicht fehl gehen, wenn man diese Richtung gerade in denjenigen Kreisen sucht, die allzu start das wirtschaftliche Moment in der Politik betonen."
Das
Es steht schlimm um die deutschen Monarchisten! Schlagwort Republik ohne Republikaner", einst bis zum Ueberdruß wiederholt in der deutschnationalen Bresse, ist verstummt. Wir werden dafür bald von der Republik ohne Monarchisten reden fönnen.
Kundgebungen für Lambach.
Einer der konservativsten Deutschnationalen in Hamburg , der Schriftleiter der ,, Deutschen Handelswacht", das Hauptorgan des Deutschnationalen Handlungs= gehilfenverbandes, schreibt unter der Ueberschrift ,, Monarchisten und Republik" u. a.:
S
ginis Die Unterwerfung.19
Stalin
Sinowjew
Kamenew
Stalin : Erlöst seid 3hr vom roten Bann; Legt Euch den roten Bannerorden an!"
Die Flaggenfrage in Preußen.
Der Verfaffungsausschuß des Landtages erledigt die Vorlage.
ten teine Berpflichtung zur Beflaggung besteht. Es soll jedoch ihr Recht unberührt bleiben, selbständig darüber zu bestimmen, ob und wann eigene Kirchenflaggen entweder allein oder neben anderen vom Staatsministerium zugelassenen Flaggen zu zeigen find.
Ein Antrag der Deutschen Volfspartei, diese Bestimmungen zu streichen und einfach festzulegen, daß die grundlegenden Borichristesin auf die Religionsgefellt haften feine Anwendung finden sollen, wurde abgelehnt, nachdem sich auch das Zentrumn dagegen ausgesprochen hatte.
Der Verfassungsausshuß des Landtags beschäftigte| Gesezzentwurf bestimmt, daß für Religionsgesellschaf sich am Freitag mit der Verordnung vom 8. August 1927 über Sie Beflaggung der gemeindlichen Dienstgebäude und der SchulUnd doch glaube ich, daß die programmatische Aenderung, gebäude. Die Verordnung war bekanntlich vom Ständigen Ausdie Lambach anstrebt, in der Bragis längst durchgeführt schuß mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen wor ist. Es handelt sich nur darum, einen vorhandenen Zustand parteiden, sie hatte jedoch die Bestätigung des Landtags nicht erhalten, da amtlich anzuerkennen. Es wäre ein böser Irrtum, menn man das Haus von der Opposition beschlußunfähig gemacht worden war. fich einbilden würde, daß die große Masse der Wähler, die sich am In der gestrigen Aussprache erneuerte die Rechte ihre Bedenken 20. Mai für die Listen der Deutschnationalen Bolkspartei entschieden gegen die Verordnung. Sie bestritt, daß die Borauslegungen für haben, ausgesprochene Monarchisten seien. Diese bilden in der den Erlaß einer Rotverordnung vorgelegen hätten. Im Gegenfag Bartei pon heute zweifellos nur noch eine Minderheit. Die meisten deutschnationalen Wähler, mögen sie noch so viele Fehler dazu erklärte Abg. Dr. Hamburger( S03.) und Dr. Lausher( 3.) an der Republik von heute finden, stehen der Frage Monarchie oder daß die Verordnung sowohl formell wie materiell notwendig ge Republik innerlich recht fühl gegenüber. Die Zahl derer, die Leib und Leben für die Einführung der Monarchie einzusetzen bereit mären, ist verschwindend gering.. Für uns ist die Frage, ob Monarchie oder Republif, teine Frage des Grundsazes. Mit ganz nüchternen Erwägungen gehen wir an die Betrachtung dieser Frage heran Wir glauben, daß auch ein Republikaner gut deutschnational, auch im parteiamtlichen Sinne, fein kann. In einer Versammlung der deutschnationalen Handelsangestellten in Osnabrüd wurde folgende Entschließung gefaßt:
Die in Osnabrüd zusammengetretenen, der Deuticmationalen Bolkspartei angehörenden oder sich zur parteipolitischen Weltanschauung der Deutschnationalen Boltspartei hekennenden Angestellten haben mit Sorge aus der Tagespresse ersehen, daß der Landesverband Hamburg den Parteivorstand aufgefordert hat, dan Reichstagsabgeordneten Walter Lambach megen seines befannten Artikels in der politischen Wochenschrift Monarchismus" aus der Partei auszuschließen. Nach unserer Ueberzeugung hat Lambach angestrebt, getragen von einem sorgenpollen Interesse für die Partei, dem tatsächlich der Partei in großer Zahl angehörenden konservativ republikanisch eingestellten Mitgliedern die Möglichkeit zu ehrlicher Mitarbeit zu geben. Das Ausscheiden Lambachs würde für die Partei unberechenbare Folgen und die Abtehr zehn tausender Angestellten nach sich ziehen. Die Angestellten erwarten daher auf das bestimmteste, daß der Parteivorstand den Antrag des Landesverbandes Hamburg ablehnt, daß vielmehr alle Möglichkeiten erschöpft werden, um die bewährte Persönlichkeit Lambachs in der Partei zu behalten."
Die Krise des Monarchismus wird zur Krise der Deutsch nationalen Bolkspartei.
Reform des Armenrechts in England. Zum Zeil nach fozialistischen Anregungen.
London , 29. Juni. ( Eigenbericht.) Das britische Gesundheitsministerium hat am Freitag ein Memorandum veröffentlicht, das tiefgreifende Aenderun gen in der seit 100 Jahren unangetasteten lofalen Selbst= Derwaltung anfündigt. Der Gesezentwurf sieht u. a. eine Uebertragung der Funktionen der Armenräte auf die Stadt und Graffchaftsräte vor. Die Reform des Armenrechts ist im meitesten Maße auf Anregungen zurückzuführen, für die der fozialistische Politiker Sidney Webb feit mehr als 30 Jahren eingetreten ift.
mesen sei.
Die Berordnung wurde schließlich mit den Stimmen der Regierungsparteien bestätigt.
Der Ausschuß beriet sodann über den Antrag der Regierungs parteien auf Annahme eines Gesetzentwurfs über
Für die Bezeichnung irchenflaggen" soll auf Antrag des Zentrums die weitergehende Bezeichnung Eigenflaggen der Religionsgesellschaften gewählt werden.
In der vorangegangenen Aussprache mar pan den Abgg. Dr. von Ennern( D. Bp.) und von Kriege( D. Bp.) beton: morden, es handele sich um einen ersten Fall, in dem in ein ganzes Gebiet der Selbst permaltung eingegriffen werde. Das habe als Präzedenzfall seine großen Bedenken. Eine notmendige Konsequenz des Gesetzes jei es übrigens, daß die Kosten der Beflaggung der Staat zu tragen habe.
Bon den Deutsch nationalen brachten die Abgg. Baeder und Steuer perfassungsrechtliche Bedenken vor; da die Selbstver
das Flaggen öffentlich- rechtlicher Körperschaften. Durch Annahme dieses Gesetzentwurses soll die Möglichkeit gegeben werden, die Notverordnung entbehrlich zu machen. Nach diesem Antrag soll die Beflaggung der Dienstgebäude, zum öffentlichen Gebrauch bestimmten Gebäude und sonstigen Einrichtungen der Gewaltung durch die Rei haverjasjung gewährleistet sei, bedürfe es für meinden und Gemeindeverbände somie der öffentlichen Straßen und Bläge als Angelegenheit der Landeshoheit zu den örtlichen Geschäf ten der allgemeinen Landesverwaltung gehören. Das gleiche soll gelten für die nicht vom Staat allein unterhaltenen öffentlichen Schulen. Auch das Flaggen durch die übrigen Körperschaften des öffentlichen Rechts soll der Bestimmung durch das Staatsministerium unterliegen.
Dazu wurde ein Antrag der Deutschen Boltspartei angenommen, wonach besagt werden soll, der öffentlichen Straßen und Plätze als solche", um festzulegen, daß das Flaggen aus dem Fenster heraus unberührt bleibt. Des meiteren mird durch den
Urteil im Meineidsprozeß Goetze.
1 Jahr 3 Monate Zuchthaus . Nach dreiftündiger Beratung verkündete Landgerichtsdirektor Dr. Tolf folgendes Urteil des Schwurgerichts:
Der Angeklagte Goetze wird wegen Meineids zu einem Jahr
drei Monaten Zuchthaus verurteilt. Die Koften des Berfahrens fallen dem Angeklagten zur Laff. Sechs Monate der Strafe werden durch die erlittene Untersuchungshaft als verbüßt erklärt. Dem Angeklagten werden außerdem die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren aberkannt.
In der Begründung des Urteils heißt es:
Es liegt ein gemisser Berdacht vor, daß Schneider und Goeße die Berräter Schlageters find, er ist aber nicht so weit verdichtet, daß das Gericht zu einer sicheren Feststellung gekommen ist. Es ist fehr leicht möglich, aber es ist nicht als erpiesen anzusehen, daß Schneider und Goeße Schlageter verraten haben.
Die zweite Frage ist, pb Schneider und Goetze die Kameraden Schlageters, Sadowski, Becker und Werner verraten haben, nachdem Schlageter verhaftet par, zu deffen Befreiung Hauenstein einige puntt, daß hier ein ziemlich erheblicher Berdacht besteht. Es besteht die Möglichkeit, daß fie die Kameraden verraten haben, ein poller Beweis ist aber nicht zu erbringen.
Der Frauenmörder verhaftet. ßnahmen getroffen hatte. Das Gericht fieht auf dem Stand
Der„ Landru von Marseille" in Algier gefaßt. Paris , 29. Juni. Der, Landru von Marseille ", dessen Angelegenheit seit mehreren Tagen die Deffentlichkeit in starkem Maße beschäftigt, ist nach einem Telegramm des Polizeichefs in Algier heute dort verhaftet worden. Der Frauenmörder, der sich Jerome Prat nannte und in Wirklichkeit Pierre Ren heißt und aus Algier flammt, war heute vormittag als Passagier eines von Marseille kommenden französischen Dampfers dort gelandet.
Anders ist es mit dem Punkt, daß sie hauenstein ins besetzte Gebiet zu loden versucht hatten Hier steht fest, daß sie sich den Franzosen gegenüber verpflichtet hatten, ihnen Hauenstein in die Hände zu liefern. Für das Gericht steht fest, daß der Angeflagte Goetze und auch Schneider Berrat an Hauenstein verübt haben. Das Gericht ist aber nicht berechtigt, daran Kritik zu üben, das muß an anderer Stelle getan werden. Mit der Feststellung, daß Schneider, und Goeze den Berjuch gemacht haben, Hauenstein
diese Borlage als verfassungsänderndes Gesetz einer qualifizierten Mehrheit.
Die Zentrumsabgeordneten Linneborn und. Causcher betonten die Notwendigkeit des Gesetzes, um die Möglichkeit zu geben, das Bolf unter einem gemeinschaftlichen Symbol zu sammeln.
Von der Wirtschaftspartei erklärte Dr. Rohde sich gegen den Gesetzesantrag. Durch derartige Eingriffe in die Selbstverwaltung diene man nicht der Republik .
Auch der Kommunist Obuch lehnte den Gejegentwurf ab. Die Vorlage fand schließlich gleichfalls Annahme mit den Stfimmen der Regierungsparteien.
den Franzosen auszuliefern, ist man zu der Kernfrage gekommen, ob der Angeklagte einen Meineid geleistet hat. In der Privatklage, die Schneider gegen Hauenstein angestrengt hatte, hat Goeße unter Hauenstein in die Hände der Franzosen zu liefern. Das Gericht einem Eide abgestritten, den Versuch gemacht zu haben, sieht den Meineid Goeßes als erwiesen an. Es hat ihm aber den Schutz des§ 157 zugebilligt. Das Gericht ist bei der
Frage, welche Strafe zu verhängen ist, davon ausgegangen, daß lediglich Meineid als Straftat in Frage fommt. Bas Goeze im Jahre 1923 im Ruhrgebiet getan hat, spielt hier keine Rolle, es ist deshalb eine Strafe von 2½ Jahren Zuchthaus angesichts der gewissen Frivolität des Meineides für angemessen erachtet worden, die infolge der Anwendung des§ 157 auf 1 Jahr 3 Monate Zuchthaus festgesetzt wurde. Die Tat Goeßes war außerdem ehrlos und so hat das Gericht auf Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren erkannt.
Gehr knapper liberaler Nachwahlfieg.
Fortschritte der Arbeiterpartei.
Condon, 29. Juni.
Bei den durch die Erhebung Sir Alfred Monds in den Beersstand notwendig gewordenen Nachwahlen im Bezirk Car marthen vermochten die Ciberalen mit 10 201 Stimmen eine Mehrheit von 47 Stimmen auf sich zu vereinigen. Der Kandidat der Arbeiterpartei erzielte 10 154 Stimmen( gegenüber 7953 im Jahre 1924), während für den fonjervativen Kandidaten 8361 Stimmen abgegeben wurden.
Der Türzlich zurüdgefretene„ Sprecher"( Präsident) des Inter hauses erhält eine jährliche Bension non 80 000 M. Ein Antrag der Labourpartei, sie auf eine Viertel herabzusetzen, wurde mit 225 gegen 100 Stimmen abgelehnt.