Eine Zeiiung stirbt! Aber nicht in Schönheit. Di«„Tägliche Rundschau" hat gestern Ihr letztes Abendblatt, einen Bogen stark, erscheinen losten. Ihre bisherigen Leser sordert st« auf, die„Deutsche Allgemeine Zeitung" zu abonnieren! sie kommen so aus einem Spital in dos andere. Die letzte Seite der letzten Nummer ist mit Stellengesuchen des entlassenen Personals angefüllt und zeigt auf diese Weise, mtt wieviel mansästichen Tragödien so ein Zeitungssterben verbunden ist. Leider aber vermag die Redaktion die Würde der Abschieds- stunde nickst zu wahren. Sie beendet ihre Tätigkeit mit einem un- freiwillig humoristischen Angriff auf Severing und die Vercini- cnmg Republikanische Presse. Sie beschwert sich bitter, daß Rechts kreise zu der Veranstaltung am Freitag nicht hinzu- gezogen wurden. Die Vereinigung Republikanische Presse steht allen lstfen, die bereit sind, für die Republik und ihre Symbole einzutreten. Diese Weitherzigkeit des Statuts ermöglicht sogar cherrn Lambach ernstlich zu erwägen, ob er zum Eintritt schon reif ist oder noch nicht. Ausgesprochene Monarchisten haben aber keinen Anspruch, zu republikanischen Festen eingeladen zu werden. Die„Tägliche Rundschau" schreibt zum Schluß pikiert:„Herrn Severing bleibt es selbstverständlich unbenommen, sich seine Presse- Unterstützung zu suchen, wo er will." Ja. soll er sie bei der„Täg- lichen Rundschau" suchen? Sie ist ja nicht mehr! » Don unterrichteter Seite wird anläßlich der Einstellung des Er- scheinens der„Täglichen Rundschau" mitgeteilt: Es ist beabsichtigt, die bisherigen Mitarbeiter aus wirtschostlick>en, und unter. ballendem Gebiet der ,.D A Z." nutzbar zu machen. Der bis- berigc Leiter des Handelsteils der„Täglichen Rundschau" wird ab 1. Juli den volkswirtschaftlichen Teil der„DAZ." übernehmen.
Verfahren gegen Vuth Fischer. Weyen Hochverrat.- Nach 5 Jahren wieder aufgenommen. Gegen das frühere Mitglied des Reichstags, Ruth Fischer , hat — wie die K8-Kor«spondenz mitteilt— der an Stelle des Land- gerichtsdirektors Vogt zum Untersuchungsrichter des Reichsgerichts in Berlin für Hochvcrratsversahren neu eingesetzte Landgerichts- direttor Braune als eine seiner ersten Amtshandlungen ei» S t r a s- verfahren wegen Hochverrates eingeleitet. Es handelt sich um Vorgänge aus dem Jahre lS23 und Ruth Fischer wird beschuldigt, bei den Streikunruhen und bei den Vorkommnissen des Einmarsches der Reichswehr in Sachsen und Thüringen als Mitglied d-'r Zentrale der Kommunistischen Partei an Hochverröte. rischen Unternehmungen teilgenommen zu hoben. Dos Versahreu balle bisher geruht, weil Rillb Fischer durch ihre Abgeordneten- immunität geschützt war und es konnte erst jetzt eingeleitet werden, nachdem Ruth Fischer aus der Aeminuntstischen Partei ausgeschlossen und nicht wieder im Reichsiag gewähll worden ist.'' Rechtsanwalt Dr. Kurt Rosenfeld Hot in einem längeren Schrift. satz beantragt, das Ermittlungsverfahren gegen Ruth Fischer vorläufig nicht fortzuführen, da in nächster Zeit mit einer Ä m n.e st i« zu rechnen sei. die Tichjjuch aus d-e der Ap. geschuldigten zur Last gelegten polililchen Vergehen erstrecken würde. Da die angeblich« Strafhandlung fünf Jähre zurückläge, sei zu der fetzigen Eile kein Anlaß vorhanden: um so weniger, als der Reichsanwolt in anderen Verfahren mit Rücksicht aus die zu erwartende Amnestie, veranlaßt habe, daß sie nicht fortgeführt werden.
ZLP. für Maxton und Cook. Sie beteuern, bah sie keine Spaltung wünschen.— Mocdonald spottet. London . 30. Juni. Der Notionale Derwallungsrot der Unabhängigen Ar- beiterpartei befaßte sich in einer eigens dazu einberufenen Sitzung mit dem M a n i f e st. das die Arbeiterfübrer M o x t o n und E o o k vor einiger Zeit als Protest gegen die offizielle Politik der Arbeiterpartei veröffentlicht haben. Die Unterzeichner des Manifeste» erklärten, daß«» nicht in ihrer Absicht liege, eine Spaltung innerhall, der Unabhängigen Ar- beiterpartei herbeizuführen. De? Verwattungsrat erklärte sich mit bem Geist und den Zielen de, Manifestes einverstanden. Ein Mehrbeitsbeschluß fordert .»>> Zweigverbänd« und Mitglieder aus, diesem Versuch, ein starkes sozialistische» Parteiprogramm durchzusetzen, ihre Unterstützung zu gewähren. Der Derwallungsrot nahm gleichzeitig die Gelegenheit wahr, nochmals zu betonen, daß er es als seine Aufgabe betrockt«, dahin zu wirken, baß die hauptsächlichen Macht- quellen des Kapitalismus der Kontrolle der Allgemeinheit unter- stellt werden. In einer Rede, die er heute hier bielt, nahm der frühere Premierminister Macdonald in spöttischer Weise aus das Manifest von Maxion und Cook Bezug und sagte, daß die Arbeiterpartei während der letzten 40 Jahre viele derartige Monifest« über sich habe ergehen assen. Trotzdem hätten die Massen sich durch sie nicht davon ob- zalten lassen, ihre Kräfte einmütig für weitere Wahlersolgc einzusetzen.
„Cardillac." Hindemiths Premiere in der Memperer- Oper. .Kurz»or Saisonschluß bringt bie Stoatsoper am Platz -'er R« pub l i t Paul Hindemi ths dreiaktige Oper„Cor- .silloc" zur Erstaufführung. Das Werk fesselt nicht nur als bis- 'ber ernsthaftester, glücklichster Versuch,-die Prinzipien der„neuen Musik" mit den Forderungen der Opernbühne m Einklang zu bringen. Gegen die Belastung durch farmalistisch-undramatisches Beiwert behauptet sich des Komponisten Hindemith starke Urwüchsig- kell, Und zweifellose, in praktischer Thealerersahrung gereiste Bühnen- begabung setzt sich, dank einein sehr wirksamen Stoff, siegreich durch. Der Erfolg, an dem die Aufsührung, eine Gipfelleistung K l e in- p e r e r s und der Klemperer-Oper, vollen Anteil Hot, steigert sick.zu einem unbestrittenen Triumph für den anwesenden Komponisten. K.P.
Da begegneten ihm chliche Handlungsgehilfe» und er schrie ihnen zu:„Gesteht, Ihr Schurken, daß Wilhelm U. als die erhabenste persönlichkeit des Jahrhunderts auf den deutschen Kaiserthron zurück« geholt werden muß." Aber die Handlungsgehilfen schwiegen, und Don Quichotte schickte sich an, mit ein- gelegter Lanze gegen sie anzureiten....
Na aber zogen die Handlungsgehilfen ihre Mit- gliedsbücher aus der Tasche und Warfe» sie Non Quichotte an den Kopf. Und weck sich herausstellte, daß sie zur gleichen Partei gehörten, wie Oon Quichotte, so begann die treue Nosinante zu bocken.
Und es begab sich, daß der Mtter von der traurigen Gestalt auszog, um in aller Welt für den Gedanken der Monarchie zu streiten.
Oer Ritter von der traurigen Gestalt aber ver- lor dadurch den Halt und landete böse zerschunden auf der Erde. Jedoch dürfte der blamable Ausgang ihn nicht abhalten, für seinen Kaiser neue furcht- erweckende Abenteuer aufzusuchen.
Wirth verteidigt sich. Keine bösen Abfichien gegen die Gozialdemokraiie.
Um sein und seiner Porter Verhalten in den letzten Tagen der Negieningsbiiduna zu rechtfertigen, veröffentlicht Herr Dr. Wirth in der„Germania " einen längeren Aufsatz, dem wir die folgenden Ausführungen entnehmen: Koalitionen kommen und gehen. Die Sozialist«» sollen wissen, daß wir<Wirth und Stegerwald. Red. d.„V.") uns besonders darüber absprachen, ihnen eine loyale Chance z u geben. Ohne Borbehalt talti- scher Aus nützung der gegebenen Lage im Sinne eines vorweggenommenen bürgerlichen Blockes wollten wir in bie Regierung hinein. Meine eigene Beteiligung sollte die deutliche Garantie dafür sein. Jahrelang« Kampsgenossenichasl mit der Linken um das Leben der deutschen Demokratie sollte bewußt politisch eingesetzt werben, u m der Sozialdemokratie„k a i r p 1 a y" z u sichern. Ziel und Wege unserer Politik waren geklärt und abgesprochen. I l l o y o l i- tät bättc die Zentrumspartei zerrissen. Wir dachten nicht mehr an wohlwollende Neutralität, sondern an aktive treue M i t arbeit. Aber die Wirkungen des Wablkampfes waren noch nicht g«. nügend eingerechnet worden. Die Aussprachen im Reichsparteivor- stand des Zentrums wie in der Fraktion zeigten leider ein« gewisse Müdigkeit, ja sogar, wie Stegerwald und ich mit Bedauern kon- statierten, eine Art Scheu vor der Uebernahme wichtiger besonder» Verantwortung». voller Posten in der Reichsregierung. Es trat eine fast unpolitische, od der Wir- kungen des Woblkampjes mullose Stimmung ein, die von mir schon oft als die Flucht aus dem Politischen bezeichnet worden ist. Das zu konstatieren ist gewiß bedauerlich, ist aber eine reale politische Tatsache. In erster Linie erstreckte sich diese Müdigkeit auffallender-� weise auf das Reichsarbeitsminifterium. dessen Inhaber, Herr Dr. Brauns, nach acht Iahren als Führer der deutschen Sozialpolitik unwidersprochenermoßen gilt. Ihm gegenüber hatten sich aiich in der Sozialdemokratie gerade in den letzten Tagen die agitatorischen Auslassungen des Wohlkompse» völlig verslüchtet. Heinrich Brauns ist der große Sozialpolitiker Deutschlands . Und man darf überzeugt sein, daß man, je mebr die Zeit Distanz ihm gegenüber gewinnt, die letzten Jahre als eine historische soziale Leistung großen Ranges anerkennen wirb. Darin sind sich heute die christlichen und freien Gewerkschaftler einig, fasern nicht Parteifeindschast ihr Urteil trübt. Ich habe stets zu denen gehört, die Herrn Dr. Brauns im Sozialpolitischen gerecht geworden sind. Vom eigentlich Politische» ist in dirscin Zusammenhang nicht die Rede. Und trotz all dieser Erkenntnis war in der Zentrumsfrottion die Abneigung zur Uebernahme von Ministerien, wa man Geld eintreiben oder ausgeben, also mit Sympathien grausam spielen nnttz, in einem solchen Maße gewachsen, daß in der Fraktion selbst für die Nicht- beteiligung an der Regierung wohl ein« große Mehrheit zu erziele» gewesen wäre, wenn man sie hätte empfehlen dürfen. Trotz allein wollte die Aentriimsleitung die Frage der Beteili- g»ng— auch die Besetzung des Arbeiisministcriunts inbegrifsen— zu positivem Abschluß bringen. Allerbings unter einer politischen Ergänzung. Wie heute die Sozialdemokratie, im Besitze des Finanz- und Arbeitsminifteriums. sich mit der Absteckung der Grenzen des wirtschaftlich Möglichen verantwortlich abmühen muß, um fern von den mrr kloffenegoistischen Anforderungen, auch wenn sie sozial de-
rechtigt sind, den Gejamtousgleich im Staat« zu vollziehen, ynd wi« sie sich auch politisch gleichzeitig durch Führung des Konzseramt» wie de» Rcichsinnenminifteriums berechtigterweise zu becken sucht, hat auch das Zentrum ein palitisches Aequivalent erstrebt. Und da» mit vollem Recht. Darin waren sich Vorstand und Fraktion wobl einig. Mein« Person spielte in dieser Erwägung keine Rolle. Es ging um eine große politische Sache. Wir wollten dos durch die Last der Verantwortung von vielen Iahren etwas müde geworden« Zentrum durch eine politische Belebung erneut stärken. Darin waren sich Stegerwald und»die Fraktion völlig einig. Und mir dos An- sinnen zuzuschieben— entgegen der fast einmütigen Ansicht der Fraktion—, in den Wagen der Regierung sofort einzusteigen, auch, wie mir ein Kollege non links sagte, unter dem Risiko eines Bein- bruches. ist völlig unpolitisch gedacht. Entweder blieb dos Zentrum bei der Frage der Hervorhebung seiner politischen Stellung im Kabineit einig unb ich ging mit oder wir verzichteten auf die politische Einheit und damit auf neuen politischen Aufstieg. Die uns auf den Weg geworfenen Hindernisse gewinnen aber ebenso politische Bedeutung.� Besonders auch der Schuß aus der Bühlcrhöhe bei Baden-Baden . Er ging durch das Bureau de» Paloi» in der Wilbelmstraße und traf— den großen sozialpolitischen Führer Deutichlands, Herrn Minister Dr. Broun». Als deshalb die Fraktion des Zentrums den Beschluß faßte, ein politische» Ministerium zu verlangen, war die Distanzierung von der Re- gierungsbildung gegeben. Klar, deutlich und für jeden verständlich unterstrich meine Rede in der Fraktion die distanzierende Wirkung dieses Beschlusses. Da» war keine ftampsansoge gegen Severing. sondern der deutliche Wink: Schafft die Sache ohne das Zentn-m. Deshalb wunderten wir uns nicht, daß noch am Mittwoch in später Abendstunde im Vorzimmer des Zentrums sich ein pro Minen- t e r Führer der Sozialdemokratie einfand, um mit uns die Möglichkeit zu bespreche», doch nach in letzter Stunde dos Werk zu retten und eine Notlösung vorzubereiten. Der Brückenschlog ent- sprang unserer Initiative. Die Notlösung ist Befreiung ber Sozial- demotraten aus drohender Unfruchtbarkeit. Dazu regte ich die Sin- beziehung eines Ministers aus dem Zentrum ä», und dann ent- schlössen wir uns, den rettenden Brückenschlag in der Fraktion durch- zubiegen. Wirths Ausführungen bestätigen, daß die Holtyng de» Zentrums schwankend mar. Erst wollte man mit einer wäg- lichst kleinen Besetzung im neuen Kabinett antreten, dann wollte man wieder eine möglichst große, und schließlich ging man wieder auf die möglichst riein« zurück. Hätte man sich im Zentrum von vornherein klare Z i e s c gesteckt, so ipär« ein Streit»ermieden worden, der nur den Gegnern des Parlamentarismus Freude bereitet hat.
Ein begnadigier Baron. pari», 29. Juni. lEigenberichi) Der elfässische Autonomist Zorn von Bulach, der vor yzenigen Wochen seine l3monatig« Gefängnisstrafe angetreten hatte, ist im Gegensatz zu Ricklin und Rossä vom Präsidenten Doumerge be- gnadigt und am Donnerstag abend bereits aus dem Gefängnis ent- lasten worden.