( 23. Fortsetzung.) ,, olotte sagt, daß es nicht ganz richtig mit ihm war," fuhr Gaston fort. Sie sprach ihn an, aber er schnauzte sie ab und ließ sie stehen. Sie meint, daß er auf jemand martete. Eine Zeitlang sezte er sich zu ein paar Leuten, die sie nicht kannte, aber dann ging er allein weg."
Ist diese Lolotte heut hier?"
,, Nein, ein anderer soll uns die Auskunft bringen...
Er stieß Boulot mit dem Ellenbogen an. Ein junger Mensch mit finniger Haut drängte sich zwischen den Tischen herum. Plötzlich ließ er den Hut fallen, der unter Gastons Tisch rollte. Er beugte sich danach und während er sich wieder aufrichtete, flüsterte er Gaston zu:
,, Levine, zweiter Stoc, erste Tür rechts."
Gaston zahlie und machte Boulot ein Zeichen, ihm zu folgen. An der Tür wandte sich der Franzose noch einmal um und bemerkte, daß das rothaarige Frauenzimmer, das ihnen zunächst gefeffen hatte, verschwunden war.
22. Bei Levine.
Der Tag war schon angebrochen, als sie auf die Straße traten. Das Gewitter hatte die Luft gereinigt, und ein wolkenloser Himmel spannte sich über die Riesenstadt. Noch waren die Straßen menschenleer, nur hier und dort begegneten sie einem Sprengwagen oder einem einsamen Konstabler, der an seiner Ede gähnte. Schweigend eilten sie durch die engen Gassen des französischen Biertels.
Nur einmal schwang sich Gaston zu einer Aeußerung auf.
"
Patron," sagte er, der, hinter dem wir her sind, soll mit dem Schießen schnell bei der Hand sein. Sie sind doch bewaffnet?" Boulot flopfte auf seine Brufttasche.
,, Wahrscheinlich wird er ja noch im Bett sein," fuhr der andere fort.„ Um die Zeit verhaftet ihr die Leute ja am liebsten..."
Sie waren in eine lange und schmale Straße gefommen, die Don verwahrloften, schmußig aussehenden Häusern eingefaßt mar. ,, Levine ist rechts am Ende," erklärte Gaston.
Ein lautes rhythmisches Klopfen tönte ihnen entgegen, als fic fich dem Haus näherten. Zwei furze Schläge, dann ein etwas längerer. Ohne Unterbrechung wie eine Telephonglode.
„ Aber das ist ja bei Levine!" rief Gaston. Sehen Sie, eine Frau
Wie auf Verabredung beschleunigten sie ihre Schritte. An der Tür eines der schmutzigsten Häuser stand eine Frau und hämmerte mit dem Klopfer wie wahnsinnig immer im gleichen Taft.
Sie trug einen langen schwarzen Mantel, und unter ihrem Hut quoll eine Masse rotbraunen Haares hervor. Boulot schrie etwas und fing zu laufen an. Im Augenblick, als er das Haus erreichte, öffnete sich die Tür und die Frau verschwand. Es gelang ihm aber noch, den Fuß dazwischen zu setzen. Mit einem fräftigen Stoß warf er die Tür zurück und drang ins Haus.
Ein dickes Weib, eine brennende Kerze in der Hand, suchte ihm den Weiterweg zu versperren. Von der Frau, die so wütend geflopft hatte, war nichts zu sehen. Gerade von der Tür weg ging eine steile Treppe zum oberen Stockwert. Aber auf der Treppe war die Frau auch nicht.
,, Was soll das heißen?" schrie das Weib.
Boulot schleuderte sie auf die Seite und sprang, gefolgt von Gaston, die Treppe hinauf. Ein großer Mann stürzte halb angezogen aus einem Zimmer und stellte sich ihnen auf dem ersten Absatz entgegen.
Der auf ihn gerichtete Lauf eines Browning und Boulots her
vorgestoßener Rus:„ Zurück da! Wir sind die Polizei!" ließen ihn
schnell jeden Versuch eines Widerstandes aufgeben. Das Wort " Bolizei" hatte eine magische Wirkung. Das ganze Haus schien auf einmal lebendig zu werden. Türen wurden zugeschlagen, und der Klang von Fußtritten erscholl aus den oberen Regionen.
Aber als die beiden den zweiten Stod erreichten, war alles wieder mäuschenstill.
Boulot warf sich gegen die erste Tür rechts. Sie war verschlossen, aber dem Gewicht der beiden Männer hielt sie nicht stand und brach frachend ein. Ein Blick jagte ihnen, was vorgegangen war. Das Bett war in Unordnung, die Bettücher lagen auf dem Boden. Boulot legte die Hand auf die Matraze; fie mar noch marm.
Das Fenster stand weit offen. Es ging auf ein flaches Dach, von dem man leicht auf ein weiteres Dach und von da in einen fleinen Hof fommen fonnte, wo ein Haufen leere Gemüsefarren herum standen. Aus dem Hof führte ein halboffenes Tor in eine Seitenstraße. Eine bequemere Art des Entkommens war schwer auszu
Denten.
Mit einem Fluch wandte sich Boulot wieder dem Zimmer zu. Was nun?" fragte Gaston.
„ Der Teufel soll's holen!" brach Boulot los. ,, Wieder ist mir die Bestie entkommen. Wir allein können in dieser Londoner Wildnis nichts gegen ihn unternehmen. Das ist Sache der Polizei. Verlieren wir feine Zeit. Aber das müssen wir feststellen, von wem er gewarnt wurde. Haben Sie die Frau erkannt, die den Lärm mit dem Klopjer machte? Das verfluchte Mädel war's, die neben uns im Keller saß..."
ihr, mas aus ihr geworden ist. Wenn sie den anderen gewarnt hätt, würd ich's sagen, hätt' ja doch keinen Sinn, euch was zu ver schweigen.
Was sie schon früher einmal hier?" „ Glaub nicht."
,, Und was ist's mit dem Mann?"
„ Er kam vorige Nacht und verlangte ein Zimmer..." Wie sah er aus?"
" Großer Kerl, blaß, redete wie ein Amerikaner..." ,, Rannten Sie ihn von früher her?"
,, Levine, zweiter Stock, erste Tür rechts."
„ Lieber Freund," sagte er, mit dem alten Boulot iſt's aus. Ich hab einen taktischen Fehler gemacht, den nur ein glücklicher Zufall wieder auswegen kann. Als wir ins Haus tamen, hätten wir unsere Kräfte verteilen müssen. Ich nach dem Mann oben und Sie nach dem rothaarigen Mädel
Ich seh noch immer nicht ein..
" Dummmfopf, ihr Klopfen war ein Alarmsignal, das fie, meiß Gott mann, unter sich ausgemacht hatten. Zwei turze Schläge und ein langer. Natürlich brauchte sie sich dann nicht länger hier aufzuhalten. Sie wußte, daß ihre Barnung verftanden worden war, und ging in aller Gemütsruhe fort... Himmelkreuzteujelnoch eimmal
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Er fuhr mit der Hand in die Innentasche und zog ein winziges Battebäuschchen hervor. Darin befand sich das einzelne, lange roibraune Haar, das er von Carmen Cranmores Diamantbrosche abgelöst hatte. Er legte es auf seine Hand und ließ die Sonne darauf fallen. „ Mit welchem Teil des Verbrechens mag das in Zusammenhang stehen?" murmelte er nachdenklich.
23. Aufklärung.
Als Boulot Cranmores Haus wieder betrat, fand er Manderton allein im Wohnzimmer. Der gelbe Diman lag auf dem Rücken und streckte seine pier verstümmelten Füße gegen den Himmel. Manderton saß in einem Chippendale- Sessel und rauchte eine dide Zigarre Sein Selbstvertrauen schien größer als jamals.
,, Nun, alter Freund!" rief er Boulot zu, das nenn ich mir einmal ein schönes Schauspielertalent...!"
Wie?" fragte der Franzose erstaunt. Wie meinen Sie das?" „ Schauspielerei, Theater, fomische Geschichte! Was für eine Phantasie dieses junge Mädel hat, weiß Gott ...!"
Zum erstenmal zeigte Boulot ein Zeichen von Gereiztheit. „ Schön!" sagte er.„ Sie mißtrauen jetzt sogar dem Zeugnis Ihrer eiganen Augen?"
Ich mißtraue einer zusammengestoppelten Geschichte wenig stens so lange, bis ich bessere Anhaltspunkte habe als die hysterischen Aussagen eines jungen Frauenzimmers, das schon einmal als ein recht zweifelhafter 3euge erwiesen hat. Durch einen merkwürdigen 3ufall befand fie fich hier um zwei Uhr nachts bei offenem Fenster; infolge eines weiteren merkwürdigen Zufalls stieg ein Einbrecher, der draußen im Garten Luft schnappte, durch das offene Fenster ein. „ Ein großer, dunkler Mann," sagte fie, mit traurigan Augen." Das ist die ganze Beschreibung, die sie geben kann. Komisch, nicht? Fast so wie Quanres Beschreibung von seinem geheimnisvollen Freund Ramon."
..11nd der gelbe Diwan?" Manderton lachte herzlich.
„ Das junge Mädel arbeitet von rüdwärts. Die letzten Worte „ Der Blitz soll mich erschlagen, wenn ich ihn schon mal gesehen ihrer Schwester sind ihr wieder eingefallen außer menn ihr nicht
habe."
,, Namen gab er natürlich feinen an?" „ Nein."
Bon der Straße her famt ein Klopfen, und das Paar verzog sich nach unten. Boulet blieb in Gedanken versunken in dem Gang
stehen. Dann wandte er sich an Gaston.
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sonst jemand solche Ideen in den Kopf gesetzt hat
Er warf dem Franzosen einen bezeichnenden Blick zu. Boulot seufzte.
Sie vergessen nur, daß ich selbst dabei war," sagte er freundlich. Reineswegs. Aber haben Sie unseren Freund Ramon ge( Fortsetzung folgt.)
feben?"
WAS DER TAG BRINGT.
Diese Geschichte
ist neulich irgendwo in Hinterpommern passiert, und wer sie nicht für möglich halten will, soll erst mal in dortiger Gegend soziologische
Lokalstudien treiben, bevor er mitredet.
Also in K. gibt es ein für ländliche Bedürfnisse zugeschnittenes Barenhaus, in dem auch die Landarbeiter von den umliegenden Gütern gern ihr bißchen Bedarf decken.
Kommt also neulich ein junger Arbeiter in das Warenhaus und verlangt einen ledernen Leibgurt. Berschiedene werden ihm vor: gelegt, aber alle erweisen fid) als zu eng. Schließlich kommt der Chef selber: m, also alle sind zu eng! Aber sagen Sie mal, bei
wem arbeiten Sie?"
,, Beim Grafen P.," sagte der Arbeiter, nicht ganz im flaren darüber, was die Frage bedeuten sollte.
,, So, beim Grafen B. arbeiten Sie," sagte der Kaufmann, dann will ich Ihnen was sagen: nehmen Sie den Riemen ruhig mit, in 14 Tagen paßt er Ihnen!" ( Aus dem Wahren Jacob".) Das Kompliment.
"
Bictor Adler stand 1893 unter der Anklage der Aufreizung zum Klaffenhaß usw., begangen in einer Anzahl Versammlungsreden, vor den Geschworenen zu Reichenberg, der Metropole Nordböhmens. In seinem Schlußportrag erklärte Staatsanwalt Hofrat 3orn diese Versammlungsreden als um so gefährlicher, als der Redner und jetzige Angeklagte, wie man sich habe überzeugen fönnen, ein außerordentlich fluger und gebildeter Mann sei.
Victor Adier aber begann sein Schlußwort also:„ Der Herr Staatsanwalt hat mich einen außerordentlich flugen und gebildeten Mann genannt ich bedaure, dieses Kompliment nicht erwidern
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„ Sie hat die Adresse aufgefangen! Aber sie fann doch nicht auch zu können; seine Auslegung unserer Reden und Schriften beweist
aus dem Fenster gesprungen sein..?!"
..nmöglich. Wir waren ja fast im selben Augenblick mit ihr im Haus. Auf der Treppe müßte ich sie bemerkt haben, das ist mir ganz gewiß."
Boulot trat auf den Gang hinaus, wo er das aite, dicke Weib und den großen Mann in eifrigem Gespräch antraf.
"
" Ihr da!" fuhr sie der Franzose an. Wo ist das Mädel, das euch herausflopfte, ehe wir famen?"
Ich weiß nicht," antwortete die Alte mürrisch. Lügen Sie mich nicht an! Ich will das Mädel sehen!" Ich schwör's bei Gott, sie ist fortgegangen..." Wie?
Wohin?"
Boher soll ich das wissen? Hab' fie nie im Leben vorher ge fehen. Sie flopft uns ehrliche Leute mitten in der Nacht aus dem Bett, und zugleich kommt ihr beide hereingefahren, und in all dem Wirrwarr hat sie sich wieder fortgemacht."
" Das ist nicht wahr! Sie ist hinaufgelaufen, um den Mann in Nr. 17 zu warnen
"
Wie kann sie denn hinauf sein," mischte sich nun der große Mann ein, wenn ihr die Stiege die ganze Zeit unter den Augen gehabt habt! Ich kenn das Mädel nicht und weiß so wenig wie
das Gegenteil." Und das führte Adler weiter aus gesprochen wurde.
*
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mit dem Erfolg, daß er frei
Auf jener Bersammlungstour war übrigens ein deutschnationaler Lehrer in Schlag bei Gablonz a. N. dem Referenten mit folgender niederschmetternden Frage entgegengetreten: Und jetzt frage ich den Herrn Dr. Adler aus Bien, wer mir in seinem sozialistischen Zukunftsstaat die Stiefel pugen wird?!" Alles horchte gespannt, Adler aber antwortete lächelnd: No, so werd' ich sie Ihnen putzen!" Wie ein Arbeitsloser zu einem Anzug kam!
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Auf die einfachste Weise der Welt: er entfedigte sich seines vous ständig zerfetzten nauges und feines gänzlich zerriffenen Hembes und begab sich splitternacht om hellichten Sonntag auf die Straße. Der Bachmann im höchsten Schred erstens wegen der Entweihung des heiligen Sonntags und zweitens wegen der Gefährdung der Sittlichkeit, bedeckte die Blöße des Naturmenschen so schnell es ging mit seinem Regenmantel und brachte ihn aufs Polizeirevier. Ob er verrüdt geworden sei? fragte man hier den Mann, der sich als der 38jährige Kutscher N. herausstellte. Nein, lautete die Antwort, er habe sich auf diesem Wege bloß zu einem einigermaßen annehmbaren
Anzug verhelfen wollen. Und siehe da, er hatte richtig gerechnet. Das Bolizeirevier fonnte ihn doch nicht splitternact oder allein mit Regenmantel bekleidet der Straße wiedergeben und so verfah man ihn
mit einem alten Anzug, außerdem befam er aber eine Vorladung vors Gericht wegen Uebertretung der öffentlichen Sittlichkeit. Natürlich bestritt er die Absicht gehabt zu haben, sie zu gefährden. Das war dem Richter freilich gleich: sie war gefährdet worden und so mußte der Kutscher bestraft werden und da er arbeitslos war und ihm für eine Geldstrafe das nötige fehlte, erhielt er Gelegenheit, 48 Stunden lang in der Arrestzelle über die sozialen Zustände und die Sittengesetze der Gegenwart nachzugrübeln. Er tat es wohl gern; hatte er doch nun einen Anzug, wenn auch nur einen alten. Ort der Handlung: Wien es hätte auch ebenjogut Berlin , Hamburg , Leipzig , Dresden , Karlsruhe , Stuttgart u ff. gewesen sein können. Pünktlich nach 17 Jahren.
In den Parks von Nero York ist eine 3ifadenart heimisch, die pünktlich alle 17 Jahre in großen Schwärmen auftritt. Auch in Connecticut sind sie in größerer Anzahl gesichtet worden. Diese 3ifaden werden etwas über 2 Zentimeter lang. Die Weibchen legen ihre Eier auf Bäumen und Sträuchern ab. Sobald die jungen Tiere ausschlüpfen, lassen sie sich auf die Erde fallen und graben sich ein. Siebzehn Jahre lang nähren sie sich von Wurzeln der Pflanzen und Bäume. Angeblich ist der von ihnen angerichtete Schaden nicht groß. In diesem Jahre ist der Bifadenschwarm wieder fällig, die " Borhut" hat sich bereits ihren Weg zum Tageslicht gebahnt, das Gros" wird in wenigen Tagen folgen. Wie fand der Hund den Weg?
Brookline , einem Vorort von Boston , mit dem Auto nach Kalifornien
Im Herbst vorigen Jahres fuhr Mr. Maurice Hiden aus
und nahm seinen vier Jahre alten Polizeihund Harvard " auf die Reise mit. Harvard war ein intelligenter Hund, der nicht nur die Stimme feines Herrn genau fannte, sondern auch den Motorengefang des Autos, mit dem sein Herr fuhr. In der Nähe von Los Angeles partie Mr. Hickey, Harvard unternahm einige Spaziergänge. Eines Tages aber war er verschwunden. Sein Herr inferierte 14 Tage lang in den Zeitungen von Los Angeles und versprach dem Finder eine Belohnung. Der Finder" aber meldete sich nicht, obwohl Farverd am Hotsband die genaue Adresse feines Besitzers trug. Man hielt ihn also sicherlich mit Gemalt fest. Schließlich blieb seinem Herrn nichts übrig, als ohne ihn nach Broofline zurückaujahren. Eines Abends tragie es an der Türe Hideŋs es war Harvard , verwahrloft, die Sie wund gelaufen, die Strellen ob geweßt. Kraftlos brach er zusammen, aber unter guter Pflege er. ofte fidh bas treue Zier, bas nach sechs Monaten ben minbestens 1500 Kilometer langen Weg von Los Angeles nach Boston gemacht hatte, ohne Landkarte, ohne jemals einen Berkehrspolizisten fragen zu fönnen, immer auf der Hut vor allen möglichen Feinden und Freunden. Sicherlich hat Harvard nicht immer die Landstraße gewählt und manchen freiwilligen oder unfreiwilligen Ummeg, gemacht.