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Letzte Warnung an Rachenau.' Das Geheimnis des Beichtstuhls. Ehe Walther Rathenau von den Mörderkugeln ver- ölendeter völkischer Jünglinge dahingerafft wurde, war er bekanntlich von seinen Freunden vor Anschlägen gewarnt worden. In der ZeitschriftDeutsche Republik" gibt der Samalige Reichskanzler Dr. W i r t h folgende dramatische Darstellung eines Gesprächs, das er kurz vor dem Attentat mit Rathenau hatte: Es ist richtig, daß in jenen düsteren Tagen der Geschichte Deutschlands , wo wir um die Erhaltung der Einheit unseres Vater- iandes aufs tiefste besorgt waren und wo innerlicher Zerfall und Bürgerkrieg sich drohcird auf uns herabzusenkcn schienen, cm katho­lischer Priester in da» Reichskanzlerhaus kam und mir einfach und schlicht in wenigen Worten und zugleich in ernster Form erössnete. daß das Leben des Minister» Rathenau bedroht sei. Von mir selbst wurden Gegenfragen begrcijlicherwcise nicht gestellt. Der ganze Vorgang vollzog sich nur zwischen dem katholischen Geistlichen und mir. Ich war mir des Ernstes dieser Mitteilung wohl bewußt und machte darüber auch an die zuständige Stelle der Reichskanzlei selbst die entsprechende Mitteilung. Dann wurde R o t h e n a u selbst ge- rufen. In eindringlichen Worten beschwor ich ihn. doch endlich seinen widerstand gegen einen starken Sicherheitsdienst auszugeben. In seiner bekannten und vielen seiner Freunde wohl vertrauten Art lehnte er diesen entschieden ob. Ich eröffnete ihm darauf den oben geschilderten Vorgong und fragte ihn, ob er einsähe, daß der Schritt des katholischen Priesters oinc Hochernst« Sache sei. Meine Mit- tcilung machte aus Minister Rathenou einen tiefen Eindruck. Bleich und regungslos stand er wohl zwei Minuten vor mir. Keiner von uns wagte auch nur mit einem Wort die Stille zu unterbrechen. Rachcnaus Augen waren wie auf ein fernes Land gerichtet. Er kämpfte sichtlich lange mit sich. Plötzlich nahmen fem Gesicht und seine Augen den Ausdruck unendlicher Güte und Milde an. Mit einer Seelenruhe, wie ich sie nie an ihm gesehen hatte, trotzdem ich das Maß seiner inneren Beherrschtheit bei Besprechungen mancher ernsthaften Frage sachlicher und persönlicher Art kennen gelernt hatte, näherte er sich mir, legte beide Hönde ans mein« Schultern und sagte:Lieber Freund, es ist nichts, wer sollte mir denn etwas tun?" Unser Gespräch mar damit nicht abgeschlossen. Roch einem nochmaligen Betonen der Ernsthaftigkeit der gemachten Mit- teilung und der absoluten Notwendigkeit polizeilichen Schutzes verließ er ruhig und gelassen, mit dem Ausdruck eines mir unverständlichen Sichgeborgensühlcns, die Reichskanzlei. Leider hat Rathenau , wie ich später hören mußte, sich den Schutz nochmals ausdrücklich verbeten." Wenige Tage später geschah dann das Attentat, daß diesen Vorkämpfer der Republik dahinraffte. Die Berliner Betriebsräte. In den Magistratsbetrieden. Roch den nunmehr vollständig vorliegenden Ergebnisien der Bctriebsrätewohlen in den Betrieben der Stadt Berlin sind in zg Beirieben und Dienststellen mit Zt> töb Arbeitern, 1108(5 An­gestellten, insgesamt also.81252 Beschäftigten, 4 0 Einzel- betriebsrätc mit 395 Betriebsrats Mitgliedern gewählt worden. Die Arbeiterräie weisen 35S und die A n- gestelltenrätc 249 Mitglieder auf. Von den.395 Betriebsrotsmilgliedern sind 304 im Verbände der Gemeinde- und Staatsarbeiter organisiert und 49 im ZdA. Der Rest von 42 verteilt sich aus neun andere freigewerk- schaftliche Arbeiter- und Angestelltenverbände, während GdA. mit zwei, die Christlichen mit drei Sitzen, der ,Komba " und der Deutsche Bankbeomtenverband mit je einem Sitz im Betriebsrat ver- treten sind. Mithin sind 388 Betriebsratsmitglieder freigewcrkschastlich organisiert und sieben in vier gegnerischen Verbänden. Don den 336 Arbeiterratsmitgliedern stellt der Gemeinde- und Stootsarbeiterverband allein 315, während 15 sich auf sechs andere Verbände des ADGB. verteilen und die Christlichen

Stephan Xodfhtch Führer der Kroaten in Südstawien, der beim Revolverattentat in der Skupschtina verletzt wurde. Er ist wieder nach Agram zurückgekehrt und verlangt jetzt einen völligen Wechsel des Regimes. sich mit dem Rest von sechs begnügen müssen. 330 von den .3 36 Arbeiterratsmitglicdern sind freigewerk- schastlich organisiert. Die 249 A n g c st e l l t e n r ä t e verteilen sich wie folgt: 107 sind Mitglieder des Verbandes der Gemeinde- und Stoatsarbeiter, 83 Mitglieder des ZdA. und 19 Mitglieder des Butab, 11 sind Mit- glied in sechs freien Gewerkschaften und weitere 12 gehören vier AsA-Verbänden an, während der Rest von 17 sich auf sechs bürger- liehe Verbände verteilt. Von d« n 249 Angestelltenräten sind mithin 232 sreigewerkschaftlich organisiert. Neue Stillegung im Bergbau. Bochum . 10. Juli. (Eigenbericht.) Di« Verwaltung der zum Klöckner-Konzern gehörenden Zeche General" hat die Stillegung dieser Zeche beim Demobilmochunas- kommisiar beantragt. Di« vorhandenen Anlagen sollen ab- gebrochen werden. Als Termin für die Stillegungsverhandlungen ist der 30. Juli festgesetzt.._

Laienkunst und Dilettantismus. Die Bedeutung der rhythmischen Bewegungschöre.

lieber das aktuelle Problem des Laientanzes sprachen auf dem Essener Tänzerkongreß Martin Gleisner und Berthe T r ü m p y. Gleisner, der Leiter des Berliner Laban-Lmenchors Frau Trümpy, die Leiterin des bewegten Sprcchchors der Bcr - liner Volksbühne. Gleisner unterschied klar Laicnkunstübung von Dilettantismus. Laienkunftübung" sagte erbedeutet die Uebung einer Kunst durch Nichtfachleute, Menschen, die diese Kunstübung in der Freizeit,

tterthe TrHmpy, Ph0t R°bert»on. Ber,in Leiterin der Tanzschule Trümpy-Skoronel und des Sprech- und Bewegungschors der Berliner Volksbühne. die ihr Beruf ihnen läßt, zur Freud« und Entsponnung pflegen. Dieser Begriff, der Einarbeiten in die elementare Technik einer Kunst und ihre fortlaufende Pflege umschließt, grenzt sich deutlich ab gegen den des bloß spielerischen Dilettantismus." Der Loientonz tonn nicht von Turnern, Gymnastikern usw. nebenbei initbeforgt werden. Der Loicntä�zcr muß vielmehr von Tanzpädagogen geschult und geführt werden. Der Laientanzchor muß sähig sein, fertige Tanzwcrke auszuführen, die von Tanz- dichtern komponiert sind.

Der Laientanz gipfelt in Bewcgungschor. Dieser kanit eine Bedeutung bekommen, die auch künstlerisch neuartig und be- fruchtend wirkt. Sowohl formal, wie inhaltlich, wie im Rahmen der Neubildung unserer Festkultur. Der Laientanz verlangt eine Pädagogik, die ganz andere Wege und Ziele haben muh als die Heranbildung des beruflichen tänze- rischcn Nachwuchses. Diese Pädagogik muß auf tänzerischem Weg und mit tänzerischen Mitteln gleichzeitig eine umfassende gesunde Körperbildung der Allgemeinheit schassen können. Sic muh beinahe «in Spielen sein, das ober doch planmäßig umfassende, fortlaufend ausgebaute Körper- und Bcwegungsschulung sowie Tanzwissen(nicht in Worten und Begriffen, sondern im Bcwegungserleben) vermittelt. Ein solcher Entwicklungsgang wird gleichzeitig die umfassendste Gymnastik darstellen und unendlich mehr Lebendiges geben, als rein gymnastisch gerichtete Körpererziehung geben kann. So wie Sprechen oder Singen die beste Zungen- oder Stimmschulung bedeutet, so bedeutet Tanzen die beste Körperschulung. Mit einer Durchsetzung und guten Verwirklichung der Laien- tanzidee würde die Tänzerschaft neben dem sachverständigen Publikum, das sie sich selber schasft, der Allgcmeinerziehung ihren wertvollsten Dienst leisten. * In kurze, schlagende Sätze faßte BertheTrümpy ihre Aus- führungen. Was sie sagte, war der Extrakt reicher praktischer Er- fahrung.L a i e n t a n z ist D i e n st am Menschen". Dieser Wahrheit sollte sich der Leiter eines Laienchors stets bemußt sein. Er muß mit den Mitgliedern seines Chors denken und empfinden. Boraussetzung dafür ist freilich, daß auch die Mitglieder selber von einem klaren und einheitlichen Denken und Fühlen beherrscht sind. In dieser Hinsicht kann der Sprech, und Bewegungschor der Berliner Volksbühne als vorbildlich gelten. Seine Mitglieder stammen olle aus der gleichen Klasse. Sie sind Prole- torier. Junge Fabrikarbeiter und-arbeiterinnen. Sie machen die- selben Leiden und Kämpfe durch und haben den gleichen Drang zur Kultur. Sie sind von großer ehrlicher Begeisterung für die Sache und von tiesernstem Bildungsstrebcn beseelt. Durch die kunsterziehe- rischcn Veranstaltungen der Volksbühne sind sie überdies aufs Beste vorgebildet. So verfügen die Leiter des Berliner Sprech- und Bcwcgungschors über ein Materiol, das schlechthin nicht zu über- tresfen ist. Die Schwierigkeiten, die aus der Bereinigung des Sprechens und Tänzens sich ergeben, konnten hier restlos überwunden werden. Die Sprache bildet gewissermaßen den Konzentrationspunkt. Sic dient dazu, den rhythmischen Bewegungen die eigentliche Färbung zu geben. Leider gibt es heute erst wenige geeignete Chorwerke. » Welche Bedeutung der Essener Tänzerkongreß dem Problem de» Laientanzes beilegte, geht aus dem Passu» der Resolution her­vor, in dem es heißt: Der Tönzerkangreß betont den inneren Zusammenhang zwischen den neuen tänzerischen Bestrebungen und dem Loientonz(Fest- gestoltung durch Tanz, geselligen Tanz, Bewegungschor), fordert ständige Förderung durch die Tänzerschaft und verlangt, daß die Ausbildung des Laientanzlehrers eine genaue Regelung und Krö- nung durch die Schasjung einer öffentlichen wisscnschastlich-soziolo- gischen Forschungsstättc für Bewegung erjährt."

Der Florentiner Hut. (Tauentzien- Palast.) Der Poriser Kleinbürger der neunziger Jahre in feierlichen und verzwickten Situationen, dies ist dos Thema des sranzösischen Films Der Florentiner Hut". Die 5)andlung noch dem gleichnamigen Lustspiel der Herren Labiche und Michel spielt keine große Rolle. Die Unannehmlichkeiten, die der Bräutigam an seinem Hochzeitstag durchkosten muß, weil sein Pscrd den Hut einer vornehmen Dame angefressen hat, bieten für den Regisseur Rene Elair nur die Gelegenheit, in der Schöpfung eines noturwahren Milieus eine Kunst zu entfalten, die durch die kultivierte Haltung, durch ihren Sinn für filmische Wirkungen immer wieder in Erstaunen setzt. Rene Cloir erzielt die stärkste Wirkung dadurch, daß er die Schauspieler in die Kostüme der neunziger Jahre steckt. Es ist diesem Franzosen vorbehalten geblieben, die Lächerlichkeit einer vergangenen Made sür den Film auszuwerten. Dies ist ober nur die Voraussetzung, die Folie, von der sich die schauspielerische Leistung abhebt. Es gelingt dem Regisseur, die Darsteller dahin zu bringen, daß sie sich in ihren Kostümen völlig selbstverständlich be- nehmen, daß sie mit dieser Maskerade tatsächlich auch Menschen der Jahrhundertwende werden, lind nun entfaltet Rene Elair inner- halb dieses Rahnicns eine wundervolle Dctoilmolerei. Aus winzigen Mosaikstücken setzt er dos Bild des kleinbürgerlichen Heldenlebens zusammen. Am besten die Szene auf dem Standesamt, wo hinter feierlichen oder grinsenden Gesichtern jeder seine persönlichen Be- schwerden verbirgt. Die Enge und Verschrobenheit der Mode teilt sich auch ihren Trägern mit, macht sie ebenfalls engbrüstig und heuchlerisch. Der Film hat kein Tempo im amerikanischen Sinn, der Rest von Handlung wird mühsam zerdehnt. Aber das schadet in diesem Falle wenig, da Regisseur und Schauspieler so reich an Einfällen sind, um diesen Mangel vergessen zu lassen. Jede Szene ist schauspielerisch bis zum letzten ausgedeutet und ausgefeilt. Immer wieder überraschen neue Einfälle. F. S.

Ein englischer Film. Tttanta-palast. Englische Filme sehen wir so selten, daß die Uraufführung eines Filmes der British International PicturesEines starken Mannes Liebe" gewissermaßen zur Sensation wurde Das Manuskript erzählt von einem guten Boxer, der in einer elenden Bude auf einem Rummelplatz sein Können zeigt Sein Mädel ist dem Boxer sicher,«ine glänzende Karriere freilich nicht. Doch ein Boxer, der den Weitmeistertitel hat. sieht das Mädel an der Kasse sitzen und fein Interesse ist im selben Augenblick erwacht. Er geht in die Bude und als er dort gereizt wird, tritt er in den Ring und der klein«, unbekannte Boxer hält vier Runden gegen ihn durch. Der Besiegte fürchtet seine Stellung zu verlieren, doch ein Manager sorgt für einen guten Kampf, nach dessen siegreichem Ausgong der Unbekannte Tromingsportner des Weltmeisters wird. Das Mädel ist inzwischen die Frau des llcinen, unbekannten Boxers geworden, aber sie möchte gerne zum Gegner, zu der Weltberühmt»

heit hinüberwechseln. Da kämpft der Unbekannte um den Welt- meisterschaftstitel und um die Frau und wird Doppelsieger. Es ist recht gut, daß die Engländer sich nach diesem Manuskript auf ihrem ureigenste» Gebiet, dem Sport, ausleben konnten. So schuf der Regisseur Alfred Hitchcock einen Sport- und Spiel- film zugleich, der sehr gut gemacht ist. Di« Sportszenen sind nicht eingeflochten, sie sind wahrhaftes Leben. Das kommt, weil Hitchcock selbst im Milieu wurzelt. Er schildert es anschaulich, wie unendlich ernst die Menschen einen Boxkamps nehmen und im selben Augenblick zeigt er, wie durch diesen heiligen Ernst die Wen- schen doch recht komisch wirken. Er kennt nicht nur die Begeisterung, er kennt auch den Hohn. Fein sind alle die Gestalten rund um den Boxring erfaßt. Es ist ein Kabinettstück durchdachter Regiearbeit, wie alle die Kraftmeier, die vor dem Teufel nicht bange sind, sich in der Kirche während der Trauung durch die feierliche Stimmung arg bedrückt fühlen. Ebenso sind die Massenszenen auf dem Rummelplatz vorzüglich beobachtet. Die Massen setzen sich hier aus vielen einzelnen Figuren zusammen, die Eigenleben behalten. Die Hauptdarsteller Lilia» Hall- Davis und Carl B r i s s o n sind sehr sympathisch. Bei der Premiere wurde ihnen lebhaftester Beifall zuteil. e h. Denkmal sür August Giramm. Für den Dichter August Stramm und seinen gleichfalls dichte- lisch hochbegabten Sohn Helmuth, der mit 20 Iahren dem Vater in die Ewigkeit folgte, wurde kürzlich ein Denkmal auf dem Südwest- friedhof in Stahnsdorf vollendet, das der Bildhauer Alexander Küpper ausgeführt hat. Aus weithin durch die Sommerblüt« leuch- tendem Muschelkalkstein erhebt sich über drei Stufen dieses Grabmal. Es trägt die Worte:Tränen kreist der Raum...", die aus dem GedichtDie Menschheit" von August Stramm entnommen sind. Aus der literarischen Hinterlassenschaft des jungen Sohnes stammt «ine andere eingemeißelte Inschrift:Vielleicht sind wir noch einmal Stern« am Antlitz Gatte»..." Der natürliche Hintergrund des Denkmals aus Tannen, Birken und wilden Rosenbüschen gibt diesem auf bevorzugtem erhöhten Platze aufgestellten Monument ein ganz besonders stimmungsvolles Gepräge.

Die Sensationsnummer. In Moskauer Künstlerkreisen erzählt man sich folgende hübsche Geschichte: Der Direktor eines Staats- zirkus in der Sowjctstadt I. faßte infolge schlechten Geschöstsganges eines Abends den rettenden Entschluß, an der Eingongspforte des Zirkus folgendes Plakat anzubringen:Jedem Zuschauer, der mit der letzten Nummer unseres heutigen Eliteprogramms unzufrieden ist, wird der Eintrittspreis in doppeltem Betrag» an der Kasse zu- rückerstattet." In wenigen Stunden war das.Haus ausverkauft. Das Publikum hielt den Atem an, als nach der letzten Pause die Sensationsnummer des Abends steigen sollte. Do erschien der Ge- nasse Zirkusdirektor höchstpersönlich als Ansager in der Arena und oerkündete der erwartungsvollen Menge:Als letzt« Nummer unseres Programms bringen wir die Internationale,' gespielt von der Stadtkapelle der GPU.(früher« Tscheka )!" Der von manchen befürchtete Schlußondrang an der Kasse blieb erfreulicherweise voll- kommen aus. Lerlchllgung. Itiiler.7. F.-Mitnrbeitcr, der nicht in der? Verdacht kommen möchte, sich mit Hemden Federn zu ichmückcn. legt Gewicht aus dt« Fest- stcllung, daß die Chisire unter dem Artikel»Kommunistischer Hosklatsch'(im Montag-.Abend") richtig TB. laute» muß.