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Heute Amnestiedebatte. Die Annahme des Gesetzes gesichert.
Auf der Tagesordnung der heutigen Reichstagssigung steht die Amnestievorlage. Nach den Beratungen und Beschlüssen des Rechts- ausschusfes, über die wir in dar Beilage berichten, ist die Annahme des Gesetzes gesichert. Mit Ausnahme der Bayerischen Bolkspartei werden voraussichtlich alle Parteien der Vorlage zustimmen. Das Gesetz wird also mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Dem Rechtsausschuß des Reichstages ist am Mittwoch die Vorloge über den Nationalfeiertag zugegangen. Die Borlage si-ht als zweiter Punkt auf der Tagesordnung der Donnerstag-Sitzung. Ihrer Beratung dürfte insbesondere von deutschnationaler Seite starker Widerspruch entgegengesetzt werden. Abgesehen davon ist in Anbetracht der zahlreichen von der Oppo- sition zu erwartenden Abänderungsanträge technisch kaum die Möglichkeit zur Erledigung des Gesetzentwurfes gegeben. Die Vor- läge des Reichsrates wird deshalb voraussichtlich er st im gerbst zur Be votting gelangen. Die Lohnsteuersenkung. Beratung im Eteuerausschuß.— Heute Beratung im Reichstagsplenum. Am Mittwoch ist, wie wir schon kurz berichteten, ein« E i n i- g u n g über die Frage der Senkung der Einkommen- ste uor erzielt worden. Sie soll noch vor der Sommerpause des Reichstags beschlossen werden. Die Beratung eines entsprechenden Gesetzentwurfs steht bereits auf der Tagesordnung der Donnerstag- Sitzung des Reichstages. Die Einigung erstreckt sich nur auf die Parteien der Sozialdemokratie, des Zentrums und der Demotraten. Abwartend bzw. ablehnend stehen dem Gesetzentwurf die beiden an- deren in der Regierung vertertenen Parteien gegenüber: die Deut- sche Volkspartei und die Bayerische Volkspartei Der gemeinsame Antrag lag in der Mittwoch-Sitzung des Steuerousschusfes vor. der sich gleichzeitig mit dem kam- m u n i st i f ch e n Autrag auf Aufhebung der Lohnsteuer bzw. auf weitgehenden Abbau zu beschäftigen hatte. Daß die Kommunisten es bei dieser Gelegenheit nicht an heftigen Angriffen gegen die So- ziaidemokrati« fehlen lassen würden, war vorauszusehen, Sie wur- den ober sehr kleinlaut, als ihnen Zlbg. Hertz(Soz.) durch«ine tri- tische Beleuchtung ihres Bündels von Steueranträgen nachwies, daß
sie dabei entweder bodenlos leichtfertig oder bodenlos dumm handeln. Durch ihre Anträge würde eine neu« In- flation in riesiegem Ausmaß herbeigeführt werden. Das Jnter- «fsaniefte aber fei, daß die Kommunisten bei den A t t i e n g e s e l l- s ch a f t e n nur eine Erhöhung der Steuerleistung von 20 auf 2S Prozent beantragen, obwohl bis zum Jahre 1923 ein Steuersatz von 35 Prozent geltendes Recht gewesen fei. Die Kommunisten feien also in Wirklichkeit die Schützer des Trustkapitals, Wenn die Sozialdemokratie den vorliegenden Antrag mit dem Zentrum und den Demokraten eingebracht habe, so sehe sie darin nur e i ne Ab- schiagszahlung auf die begründeten Ansprüche der Lohn- steuerpflichtigen auf weitere Ermäßigungen ihrer Steuerlasten und «inen ersten Teilersolg auf dem Wege zu einer grundsätz- lichen, von sozialen Gesichtspunkten getragenen Steuerreform. In der weiteren Aussprache erklärte Dr. Becker(D. Vp.), die Deutsche Bolkspartei wolle sich emer Lohnsteuerseukung nicht ent- ziehen, bestehe aber darauf, daß diese Angelegenheit im Z u s a m- menhang mit den anderen Steuerfragen erst im Herbst behandelt werde. Auch der Abgeordnet« Rademacher, ein deutschnationaler Großindustrieller, sprach ein glattes Rein aus. Die Debatte wird am Donnerstag zunächst im Steuerausschuß und dann im Plenum des Reichstags fortgesetzt werden. Obwohl hinter dem geminsamen Antrag von Sozialdemokraten, Demokraten und Zentrum noch keine Mehrheit steht, wird man mit seiner Annahme rechnen dürfen, da die übrigen Parteien es kaum wagen werden, die an sich berechtigte und in ihrer Wirkung maß- volle Senkung der Steuerlasten aller klemen Einkommensbezieher zu Fall zu bringen. Die in der Regierung vertretenen Parteien haben im Reichstag emen Antrag eingebracht, wonach die Geltungsdauer des Steuer« milderungsgefetzes vom 31. März 1926 bis zum 36. Sep- tember 1929 verlängert wird. Vertagung des Landtags. Nächste Sitzung am 2. Oktober. Der Preußische Landtag hat gestern trotz kommunistischer Ob- struktionsversuche sein Arbeitspensum vor den Sommerserien er- ledigt. Die nächste Sitzung ist für Dienstag, den 2. Oktober, ein- berufen.(Bericht siehe Beilage.)
Rettungsanleihe für Bratian«. Die Regierung vor dem Sturz? (Bon unserem Korrespondenten.) Bukarest , im Juli. Nun geht es in Rumänien endlich doch um eine Entschei- dung. Innenpolitisch ist die Regierung schon lange in eine unhaltbare Situation geraten. Durch den Tod des Königs und I o n e l Bratianus starker Helfer und Führer beraubt, durch die von der nattonalzaranistisch-sozialdemokra- tischen Opposition entfachte Massenbewegung in die Enge getrieben, durch die jahrelange Wirtschaftskrise schwer kompromittiert, sah die Regierung der Reaktion ihre einzige Rettung nicht mehr in Gendarmerie und Polizei, sondern in der Auslandsanleihe und der Stabilisierung. Es war ein schwerer Schritt für die liberale Wirtschafts- Politik, zu den im Grunde oppositionellen Parolen der An- leihe und der Stabilisierung überzugehen. Bisher hatte sie auf zwei von dem gegenwärtigen Ministerpräsidenten und Finanz- minister V i n t i l a Bratianu mit besonderem Fanatismus verfochtenen Dogmen beruht: Wirtschaftsnationalismus und Wiederaufwertung des Leu aus eigener Kraft.„Durch uns selbst�— wie die berühmt-berüchtigte Formel lautete— sollte sowohl die Industrialisierung Rumäniens , die kapita- listische Ausbeutung der Bodenschätze und sonstigen Pro- duktionsmöglichkeiten, als auch die Aufwertung des Leu bis zur Goldparität bewerkstelligt werden. Hand in Hand damit ging eine feindselige Haltung gegen das ausländische Kapital, das— allen möglichen Schikanen ausgesetzt— kaum Eingang in die wichtigeren Industriezweige finden konnte. Wirtschaftliche Drosselung, Kapitalsnot. Staayation und Krise waren die Folgen, Rumänien war nicht imstande, die kapita- listische Entwicklung aus eigenen Kräften oorwärtszutragen. Dann kam die sensationelle Wendung. Die Regierung griff die Parolen der Opposition auf, ließ den Wirtschaftsnationalismus und die Revalorisierung fallen, verkündete die Notwendigkeit der Stabilisierung und der Auslandsanleihe, die— mag sie auch im gegebenen Fall vor allem der Stabilisierung dienen— doch dem ausländischen Kapital Tür und Tor öffnen muß. Dadurch hoffte die Re- gierung die Krise lindern, die Wirtschaft, die heute im Zeichen der Arbeitslosigkeit und der Absatzkrise steht, neu be- leben und die materiellen Ursachen der allgemeinen Unzu- friedenheit wenigstens zum Teil beseitigen zu können. Gleich- Zeitig wollte die Regierung der Regentschaft beweisen, daß ihr Perbleiben notwendig ist und im Interesse des Staates liegt. Aber die Verhandlungen über Anleihe und Stabilisie- rung stoßen auf schwerste Hindernisie. Zwar erfreut sich die Regierung Bratianu der weitestgehenden Unter st ützung Frankreichs , das bei der Anleihe insofern das Haupt- geschäft machen soll, als ihm bedeutende Industrie- lieferungen zugesagt wurden. Abgesehen davon liegt es auch im außenpolitischen Interesse Frankreichs , Ru- mänien— das bereits bedenklich mit Mussolini liebäugelte— unter seinem Einfluß zu halten. Um so komplizierter ist die Lage in England und Deutschland . Die alten Differenzen Rumäniens mit den Besitzern ungestempelter rumänischer Rententitel sind noch nicht erledigt. Das englische Petroleum- kapital hat besonderen Grund, mit der nationalistischen Wirtschaftspolitik der Liberalen unzufrieden zu sein und auf weitgehende Konzessionen zu drängen. Deutschland ist an einer Erschließung des rumänischen Marktes für seine Industrieprodukte interessiert und hat überdies mit Rumänien besondere Streitfragen, die vor allem aus den R e p a r a- tionsverpflichtungen resultieren. Die so der Re- gierung Bratianu gestellte Aufgabe ist um so schwieriger, als es nun in kurzer Zeit feit Iahren angehäufte und durch die Hartnäckigkeit der Liberalen immer wieder verschärfte Kon- flikte beizulegen gilt. Mag auch die Anleihe an sich— unter drückenden Bedingungen freilich— auch etwa nur durch französische Vermittlung zu erzielen sein, so erscheint doch die Stabilisierungsaktion ohne die Beteiligung der führenden Emissionsinstitute Europas ernstlich bedroht. Tatsächlich hat der ergebnislose Abbruch der vor mehreren Wochen in Berlin gepflogenen deutsch - rumänischen Verhandlungen sofort die Stabilisierung in Frage gestellt und in London , Zürich und Amsterdam , ja sogar in Paris merkliche Reserve verursacht. Die rumänische Presse ist seither voll der widersprechendsten Nachrichten über Verlauf und Aussichten der Verhandlungen. Aber in dem einen Punkt herrscht Einigkeit: Von der Anleihe und der Stabilisierung hängt letzten Endes das Schicksal der Regierung ab. So ist das Anleihe- und Stabilisserungsproblem zum wichtigsten Problem der Innenpolitik Rumäniens ge- worden. Da es sich nickt um reine Wirtschaftsfragen, sondern' um die Rettung einer Regierung und eines Systems handelt, die von den Massen des Volkes ebenso leidenschaftlich abgelehnt werden, wie sie den Notwendigkeiten der ge- sellschaftlichen Entwicklung widersprechen, so ist sich die ge- samte Opposition darin einig, daß die Anleihe und die Sta-
Die Malmgreengruppe gefunden! Durch einen russischen Flieger aus dem Eis entdeckt.
Nie die Telcgraphenagentur der Sowjetunion meldet, entdeckte bei einem Eickuadungsslug der russische Sieger T s ch u ch- n o w s k l 86 Grad 42 ZNinvkcu nöidllcher Breite, 25 Grad 45 Akt. nuten östlicher Länge. 26 Meilen östlich von der„ftrassin" die Malmgreengruppe, von der zwei Manu mit Fahnen winklen und der drille in liegender Stellung oerharrte. Tschuch- nowski sucht nach einem Landungsplatz. Nach einer Mitteilung der italienischen Gesandtschast in Oslo sind die Gerüchte von dem Tode Ceccionis nicht zutreffend. Hoffentlich stimmt diese Meldung. Man weiß freilich nicht, woher diese Weisheit der faschistischen Bertrctung in Oslo stammt. Große Freude in Oslo . Oslo . 11. Juli. Der Bericht des russischen Fliegers Tschuhnowski. über die Auffindung der Gruppe Malmgreen, ist hier mit großer Freud« auf- genommen worden. Der schwedische Meteorologe Malmgreen ist in Norwegen durch seine Teilnahme an Amundsens Rordpolexpedition mit der Maud und an dem Polslug der Rorge allgemein bekannt. Der Polarforscher Otto Sverdurp erklärt in einem In- terview, falls sich die Gruppe Malmgreen wirklich in so kurzer Entfernung von dem russischen Eisbrecher Krossin befinde, so sei sicher, daß sie gerettet werden könne, vorausgesetzt, daß die Kohlen- Vorräte des Krassin ausreichen. Die Lage der Gruppe Dig- l i e r i müsse allerdings Besorgnis erregen, um so mehr, als der Krosstn möglicherweise die Adventbay anlaufen müsse, um seine Kuhlenoorräte zu ergänzen. Sverdurp erklärte, er glaube nicht, daß der Krassin die Gruppe Blglieri rechtzeitig erreichen werde, wenn er seinen jetzigen Versuch aufgebe und auf dem Wege durch die Hinlopenstraße und längs der südlichen und östlichen Küste des Nordostlandes vorzudringen versuche. Der dänisch « Polarforscher Peter Freuchen hat sich dem „ffkstrabladet' gegenüber dahin ausgesprochen, daß die ita-
lienische Regierung ihn zu spät um Hilfe für die„Italia'-Mann- schaft gebeten habe. Jetzt könne von dem Erfolg einer Fußexpe- ditton gar nicht mehr die Rede sein. Nobile habe zweifellos außer- ordentlich leichtsinnig, ja schlimmer gehandelt. Wenn es richtig sei, daß er gegen besseres Wissen falsche Berichte gegeben habe, um unangenehme Tatsachen zu verschleiern, so trag« er auch d i e Schuld an dem Untergang Amundsens und seiner Be- gleiter. Er, Freuchen , sei der festen Ueberzeugung, daß Amundsen sich von Tromsö aus sofort aus die Suche nach der .Italia"- Gruppe begeben hob«. Natürlich habe er diese Gruppe nicht finden können, da das Luftschiff damals schon längst verbrannt gewesen sei. Dieser Umstand scheine Nobile b e- könnt gewesen zu sein: doch habe er ihn wochenlang oer- schwiegen. Di« schwedischen Flieger halten eine Rettung der Italiener, die sich in ziemlich ungünstiger Lag« befind«! für u n m ö g- I i ch. Der Radiotelegraphist, der auf der Bäreninsel Dienst hatte, als G u i l b a u d und Amundsen den Flug antraten, von dem sie bisher nicht zurückgekehrt sind, ist in Tromsö eingetroffen. Seinen Schilderungen wäre zu entnehmen, daß das Flugzeug Latham, das man lange Zeit in den Gewässern um die Bären- i n s e l gesucht hat. sie gar nicht erreichte.
Die Großen Vier von Peking . Erweiterung ver Oauerkon erenz. Tokio , 11. Juli. (Agentur Indo-Pacifique.) Die maßgebenden Persönlichkeiten der Finanz, des Verkehrs- wesen» und des auswärtigen Dienstes der Nanking -Regierung sind aufgefordert worden, ssch der Konferenz der„Vier Großen" Vensit- schon, Fengyusiang, Tschiangkaischek und Litschaisam anzuschließen. Die Konferenz wird auf diese Weise zu einer Art Zentralrat der Regierung erweitert.