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4. Fortsetzung. Es ging, gerade herausgesagt, der Familie Fernleitner elend. Da» Wissensbedürfnis der Ilmwelt nahm beständig ab und nur dos der Schulgenosfinnen Hildes nahm stäirdig zu. Hilde hatte noch der Schule rasend viel zu tun, um den Mädeln, die es sich möglichst leicht machen wollten, den Lehrstoff einzutrichtern. Frau Fern- leitner hatte darauf gesehen, daß ihre Tochter in«ine Schule gehe, die hauptsächlich von Töchternbesserer Familien" besucht war. Sie hielt auf Beziehungen und war überzeugt, daß der gute Umgangston sich erst l>ei einer gewissen Stufe elterlicher Ein- kommensteucr einstelle. Di«besseren" Familien gingen jetzt freilich in einer Flut von Familicntöchtern unter, die nur hinsichtlich der Steuerleistung dem Fernleitnerschen Ideal entsprachen. Di« Model wollten nicht lernen und brauchten Zeit, um im rasenden Tonz de» frischen Reichtums mitzukommen. Die kleine Fernleitner war bald in Schieberkreisen so populär geworden wie die berühmtesten Direktoren von Zentralen oder andere hilfreiche Organe der Oesfent- lichteit, auf die man vertrauen konnte, um durch sie allen An- sprächen, die der neue Stand erforderte, zu genügen. Wie jene Männer den Vätern im Beruf, wie junge Professoren der Kunst- oder Literaturgeschichte den Müttern in der dringendsten Wissen- schaft von klassischen Malern und großen Dichtern, so stand die Neil« Fernleitner auch den Töchtern bei und sie bugsierte sie so weit, daß sie«ine Schule absolvieren und dabei doch an Tee» und Gesellschaften teilnehmen konnten. Aber das ging, solang es ging. Wie sehr auch der aufsteigend« pädagogische Ruhm der Hilde Fernleitner den erbleichenden der Frau Fernleitner überstrahlt«, die mageren Honorare, die die Schülerin verlangen durfte, hielten dein Wirbel der Preise nicht stand. Wunder der Rot! Man fror im Dunkeln, man in der Gemeinschaftsküche und hatte daheim nicht Mehl und Fleisch und Zucker, und dieses Nichts an Lebensführung kostete täglich mehr, verschlang die bitter erworbenen Einkünfte des kleinen Mädels und da» Mietgeld, das Fräulein Rose jetzt mit der Ehrlichkeit eines anständigen Kaufmannes entsprechend ihren Gehaltszulagen erhöht«, und auch das, was Frau Fernleitner nun mit Petit-Point-Stickereien oerdiente, von denen eine nach England zu verkaufen ihr sogar gelang. Was in dieser Not, die wie ein Gerücht von Hau» zu Haus sprang, die Menschen an traurigen, konfusen, extravaganten, komischen und manchmal auch mutigen Auswegen erfanden, machte

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nun die Rund« und wurde bedauernd, bewundernd und oft auch nur flüsternd besprochen. Der fesche Husarenoberleutnant, der mit einem Kameraden einen florierenden Seifenhandel gründet«, die Dtplomatengattin a. D., die eine Spielhölle mit damenhafter Würde leitete, der Jüngling, der immer zwischen Wien und Prag hin und her fuhr und sich dabei ein Dollarvermögen anlegte und Frauen- und Mädelgeschichten! Hildens Schulkameradinnen, die alle älter als sie waren, berichteten das kichernd, und wenn Hilde sich von ihnen abwandt«, riefen sie ihr nach:Du bist rückständig!" Einmal erhielt sie am Abend Besuch. Es war der italienische Offizier, den sie von Grubers her kannte. Er erschien in voller Uniform, stellte sich höflich Frau Fernleitner und Fräulein Rose, die im matt erleuchteten Speisezimmer saßen, vor und bat um die Erlaubnis, daß Fräulein Hilde am nächsten Sonntag an einer Autotour teilnehme. Frau Fernleitner fragte:Ja, wie kommen Sie dazu, mein« Tochter einzuladen?" Ich'atte bereits die Ehr«...", entgegnete der Graf, und wie immer, wenn er erregt war, verlor er sein« deutschen Sprach- kenntnisse, und suchte sie durch beredtes Augenspiel zu ersetzen. Nein, meine Tochter fährt nicht mit!" sagt« Frau Fern- leitner kurz. Eine jugendliche Gesellschaft... die lieben Signorina Gruber.. Nein, nein. Herr Graf, ich danke, aber mein« Tochter fährt nicht mit!" wiederholt« Frau Fernleitner. Signora, ich'atte nicht gedacht, daß eine Wienerin. wie sagt man hier... so... rückständig ist." Mag sein." Ich hatte wahrhaftig nicht die... Intention. leidigen, ganz im Gegenteil... meine Admiration Pienna... diese einzig« Stadt.. Das habe ich nicht bezweifelt, Herr Graf. Aber meine Tochter bleibt am nächsten Sonntag bei mir." In Wahrheit," fuhr der Italiener fort,hotte ich noch«in Ziel, als ich mir gestattete, die gnädig« Dam« aufzusuchen. Fräulein Lutz hatte mir mitgeteilt, daß gnädig« Frau so herrlich« Spitzen verfertige. Meine Mutter ist Kollekteus«... sie jammclt Spitzen.

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venezianische, irische, besonders gern Irisch-Häkeleien. Ich möchte ihr ein Geschenk..." Frau Fernleitner zögerte. Sie zögert« lange. Und dann nahm sie ein« seit einiger Zeit vollendete und bisher unverkäufliche Arbeit aus dem Kasten und legt« sie dem Fremden vor. Er handelte nicht und zahlte den oerlangten hohen Preis. Als er mit unzähligen Komplimenten, Entschuldigungen und Abschieds-

warten weggegangen war, schwiegen alle drei im Zimmer. Hilde hatte zuerst die gute Laune wieder, die sie auch in diesen trüben Tagen nicht verließ, und sprang auf, um den Italiener zu kopieren...Signora... Makkaroni... Kampanile..." sprudelte sie und warf den Oberkörper hin und her und rollte die Augen. Aber die Mutter und Fräulein Rose lachten diesmal nur, weil sie auf die Scherze des Kindes immer eingingen. Fräulein Rose benützte«inen Augenblick, in dem Hilde nicht zuhört«, und sagt« halblaut zur Mutter: .Und Sie haben doch recht gehabt!" Dann wurde über diesen Besuch nie mehr im Haus« Fernleitner gesprochen. Da» war so eines der Abenteuer, die die Not jetzt hundertfältig

selbst dort entstehen ließ, wo man sich gegen Abenteuer zuvor gefeit glaubte. Auf einmal, ja einmal stand die Not ganz nackt und unver- schämt in den Stuben der kleinen Familie Fernleitner. Frau Fern­leitner hatte Fräulein Rose gebeten, die Miel« statt am Ersten schon jetzt zu zahlen, und wenn auch dieser schüchtern vorgebrachten Bitte bereitwillig Folge geleistet wurde, so war dies für die gut« Frau der Zusammensturz aller ihrer Prinzipien. Und das galt ihr mehr als alles, was sie heimlich und offen in diesen bösen Iahren gelitten hatte. ,',Mon hält sein Budget ein," hatte sie bisher immer erklärt, und weiter:Wenn man sieht, daß man nicht auskommt, so schränkt man sich eben ein." Das waren Grundsätze, gesund« Grund- sötze, aber Grundsätze nur für gesunde Zeiten. Jetzt war das mit dem Einschränken eine schwierige Kunst geworden, und daß auch die Prinzipien der Frau Fernleitner von ihr selbst umgestürzt werden mußten, war für sie ein bedeutenderes Ereignis als olles andere, was die Weltgeschichte jetzt so behend an Umsturz gebracht hatte. Und wirklich vollzog sich nun alles so, wie es Frau Fern- leitner früher auszumalen pflegt«. Sie war nun selbstauf der schiefen Eben«". Ein köstliches, zartes Tischtuch, das sie verfertigt hatte, wollte mit unangebrachter Anhänglichkeit wieder einmal nickst von seiner Erzeugerin fort und verblieb ihr unverkäuflich in den Händen, und gerade die beste Schülerin Hildens, das heißt, die am besten zahlende, denn sonst war sie die faulst« und dümmste, gestand endgültig, daß die Schule sie gor nicht interessiere, und daß sie mit ihrer Zeit was Besseres anzufangen wisse. Sie sollte nunmehr«ine Kochschule und einen Modistenkursus mit ihrer Gegenwort be- glücken...Ich soll sparen lernen und mir die Hüte selbst an- fertigen, sagt der Papa," so erklärte das Fräul«m höhnisch. Aber die einzige Existenzberechtigung, die diese unnötige Zeitgenossin gehabt hatte, die nämlich, daß sie dem Fernleitnerschen Hausbudget nachhalf, war nun auch dahin. Und eines Tages war man ebenso weit". Behüte Gott, daß wir je so weit kommen," sagte Frau Fern- leitner früher immer angstvoll, und diese»So weit" war das Un- sagbare, dos sie selbst niöist genauer ins Auge zu fassen wagte, dos aber wie ein unabsehbares Land voller Grauen und Schrecken sich hinter der drängenden Sorge das Tages, hinter der bitteren Not, hinter der Schande«rstreckte, die jene offenbaren mußten. Ja, jetzt war die Familie Fernleitnerso weit". Fräulein Rose konnte man nicht noch einmal um ein«n Vorschuß angehen, die letzten H«ller waren zusammengekratzt und ausgegeben, die letzten ausständigen Honorare eingeholt worden, die werwolle hauchzarte Stickerei hotte «in Stadtgeschäst um ein Spottgeld schließlich doch noch angenom- men... nun gab es... das Leihhaus.(Und da kann man gesehen werden!)... Der Hunger...(Aber wie lang«, und Hilde sah schon so schlecht aus!)... das Nichts. Man warso weit". (Fortsetzung folgt.)

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Rätsel-Ecke desAbend »««MIMiNMMNMUNsMNMMINMIIIIMMIIIIsNMIMMMMNlIIsIllttfliNjsIMsll'IWIMMMMMNllNIIIIIIllllMI'sNIIIMMMMNM'N'MIIIIIMNMNlMMMftMNMMNMt»

Kreuzworträtsel.

Senkrecht: t. Französ. Hafen: 2. Stadt in Süddeutsch- land: A. Gewürz; 4. Wäldchen: 6. Morgenland: 7. Ins et im Mittel- meir: g. Inselgruppe im Atlantic: 10. Stadt in Aegypten : 12. Ge» web«: 15. soviel wie gegen: 17. Nebenfluß der Donau : 18. Besitzung. Wagerecht: 5. Stadt in Schl«swig-Holstein: 7. Flüßchen in Thüringen : 8. Stadt in Livland : 10. Note: 11. Shokespearcsch« Dramengestall: 12. Schlange: 13. Brennstoff 14. europäischer Staat; 15. T«il«in«» Bühnenstücke»: 16. weibl. Bbrnam«: 18. Wacholder- schnaps: IS. Gestalt d. griech. Sog«.

(Zrgänzungsrätsel.

Buchen Schweine Dünen »od« Wochen Justiz Lust Platz Reu

Loch Baum Grube Sperre Punkt Haus Fleck Haie Sichel

An Stelle der Striche ist«in einsilbig«, Hauptwort zu setzen, da, sowohl mit d«m vorangehenden als auch mit dem nach- folgenden ein neues Wort bildet. Die Anfangsbuchstaben der neuen Wörter, von oben nach unten gelesen, nennen eine bedeutende europäische Handel»stadt.

Visitenkartenrätsel.

aAN8 RUEDELSEN DR. LVQ.

Eine ander« Buchstabenordnung ergibt den n«ug «wählten Beruf he» Herr».

Bilderrätsel.

Auflösung der Ausgaben nächst«« Sonnabend.

Auflösungen der Rätsel aus voriger Rummer. Zohl«nrätsel: Nationalfeiertag: Antenne: Teller: In- terna: Olga: Natter: Anton; Lotterie; Freitag; Elle: Ilion; Essel : Remitier: Taler; Altona : Gatter. Charad«: Runkel Runzel. Kreuzworträtsel. Senkrecht: 1. Bebel: 2. Auer; 3 Opium; 4. Matt; 7. Leguon: g. Aargau : ll. Eid: 14. Leo: 15� Asien : 16. Braun; 18. Rebe; 20. Glos. Wagerecht: 5. Europa : 6 Elbe: 8, Titan; 10. Beere; 12, Utah ; 13. Ilm; 15. Ade; 17. Mars: 19. Lgram; 21. Gneis: 22. Laub; 23. Bernau . W« t t ta m p f beim K r« u z w or tr ä ts«l r a t en: Wenn Ursel ebenso lange gebraucht hätte wie Irmgard und Paula zu- stmrmen, so würde Ursel allein 25 Minuten gebraucht haben und Irinaard und Paula zusammen auch 25 Minuten. Da Ursel ober 8 Minuten weniger brauchte, wollen wir erst von 50 Minuten 8 Minuten abstehen, gibt 42 Minuten, dies« durch 2 teilen, gibt 21 Minuten für Ursel und, wenn man die 8 wieder zulegt. 214-85=29 Minuten für Irmgard und Paula zusammen. Man hätte dasselbe Ergebnis auch dadurch finden können, daß man etwas über und etwas unter 25 zwei Zahlen suchte, die um 8 voneinander entf«rm sind und zusammen 50 ergab««. Nach einem dieser beiden Verfahren ermittelt man weiter, daß von den 29 Minuten 17 aus Irmgard und 12 auf Paula kommen. Umstellung: Neger Eger R«g«n. Die fehle ndeer st«Silbe: Si; Simili; Sinai ; Sirups- saß: Sinalco : Sisyphos: Sirokto: Sirene: Sigismund: Sichelschnttt: Sibylle; Sicherheit; Simeon. Kapselrätsel:Nach dein«» Erfolgen wirst hq beurteilt."