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Morgenausgabe

Rr. 337

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45.Jahrgang

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Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, bie Abenbausgaben für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend, Illustrierte Beilagen Bolt und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wissen"," Frauen ( timme". Technit", Blid in bie Bücherwelt" und Jugend- Borwärts.

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Vorwärts

Berliner   Bolksblatt

Donnerstag

19. Juli 1928

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einipattige Ronpareillegeile 80 Pfennig. Reklamezeile 5.- Rechs mart Kleine Anzeigen" das fettg orudte Bort 25 Pfennig( zuläffig zwei fettgedruckte Borte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Bfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen­annahme im Hauptgeschäft Linden­ftraße 3, wochentagl. von 8/2 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin  

Vorwärts- Verlag G. m.b. H.

Chamberlain für Räumung.

England ist zur wohlwollenden Erwägung etwaiger Vorschläge bereit.

London  , 18. Juli.

Frage zu beantworten. Ich glaube nicht, daß ich zurzeit mit Im Unterhaus stellte heute das Mitglied der Arbeiterpartei irgendwelchem Nußen eine Initiative ergreifen fann. Bellock die Frage, ob die britische   Regierung das vor kurzem Der Abgeordnete Wedgwood fragte, ob die Regierung bei Er: gestellte Ersuchen des deutschen   Reichstanzlers bewägung dieser Angelegenheit auch an die Mehrkosten denke, die züglich der Rheinlandräumung erwogen habe, und ob sie bereit sei, in wohlwollender Erwägung dieses Ersuchens zu handeln. Chamberlain erwiderte, der deutsche Reichskanzler habe in seiner Reichstagsrede teine ausdrückliche Forderung bezüglich der Räumung des Rheinlandes gestellt, sondern lediglich der An= ficht Ausdrüd verliehen, daß das besetzte Rheinland   in Anbetracht der bestehenden Berhältnisse noch vor Ablauf des durch den Ver­trag von Versailles   festgesetzten Zeitpunktes geräumt werden follte.

Die brifische Regierung stehe diefer Anficht wohlwollend gegenüber, aber eine vorzeitige Räumung des Rheinlandes könne, wie er bereits früher auseinandergefeßt habe, nur auf Grund einer besonderen Bereinbarung zwischen den Besagungsmächten und Deutsch­ land   erfolgen, bei der neben den Besatzungsmächten auch andere Mächte befragt werden müßten.

Die britische   Regierung sei jedenfalls bereit, etwaige Vorschläge, die von einer an dieser Frage stärker interessierten Seite aus­gingen, in wohlwollende Erwägung zu ziehen. Wellod stellte sodann die weitere Frage, ob Chamberlain irgend welche Initiative ergriffen habe in Anbetracht des Umftandes, baß Deutschland   während der letzten drei Jahre sich mit zunehmender Entschiedenheit von allen militärischen Tendenzen abgewandt und fogar im vergangenen Jahre Borschläge für ein Rüstungs programm abgelehnt habe, zu dessen Durchführung es auf Grund der Friedensverträge berechtigt gewesen wäre.

Chamberlain erwiderte: Es fezt mich stets in Berlegen heit, wenn ich Fragen beantworten foll, die von so vielerlei Bor auslegungen ausgehen. Ich beschränke mich darauf, den Rern der

mi dril nadondi diu

das Verbleiben der britischen Truppen im Rheinland   verursache, und ob die Regierung mitteilen könne, auf wieviel sich diese Mehr feften beliefen. Chamberlain erwiderte, diese Mehrkosten seien nicht der Rede wert.(!)

Wedgwood stellte die weitere Frage: Ist es nicht eine Tat­sache, daß die Kosten der britischen Besatzung im Rheinland   von der Entschädigungssumme abgezogen werden, die wir von Deutsch  land zu erhalten haben?

Chamberlain antwortete: Die Koften unserer Besatzung im Rheinland   bilden einen Bosten, der vor den Reparationen bezahlt wird. Jedoch steht unser Anteil an den Reparationen in feinem direkten Verhältnis zu dem Anteil an der Summe, die Deutschland  für die Aufrechterhaltung der Besatzung im Rheinland   zu be­zahlen hat.

Wedgwood warf ein: Wir erhalten also meniger an Reparationen. Chamberlain antwortete: Und mehr an Be­sagungskosten.(!)

Der Abgeordnete Kirkwood stellte die Frage: Ist der Staats: sekretär des Aeußern bereit, endlich die Rolle des Starten le bes zu übernehmen, der sich seiner Stärte bewußt ist und es sich leisten tann, ebelmütig zu sein? Ist es nicht für uns an der Zeit, der Welt unseren Friedenswillen zu beweisen, indem wir alle unsere Truppen vom Rhein   zurüdziehen?

Chamberlain antwortete: Ich habe bereits gesagt, daß ich es zurzeit nicht für zwed mäßig erachte, eine Initiative zu ergreifen. Die Zurückziehung der britischen Truppen alle in würde die Frage der Rheinlandräumung weder lösen noch sie einer Lösung näherbringen.

Merifo in Trauer und Erregung.

Calles dürfte Präsident bleiben.- Der Täter schweigt.

L- tz. Megito City, 18. Juli.  ( Eigenbericht.) Heute erfolgte die Ueberführung der im National palast aufgebahrten Leiche Obregons nach dessen Geburts stadt Sonora. Der 22jährige Mörder verweigert trok Calles nach wie vor jede Auskunft. Der Polizeigeneral Crouz und andere Polizeihilfsbeamte wurden auf An­ordnung des Präsidenten Calles abgesetzt. Der Be lagerungszustand ist über ganz Megiko verhängt worden. Die Empörung und die tiefe Trauer ist allge mein. Die Lage ist augenblicklich völlig unsicher. Die Ruhe wurde aber bisher im Lande nirgends gestört.

Die Führer der Obregon- Partei werden in einer Nachtsihung die Anerkennung Calles' als Hauptführer beschließen. Eine außerordentliche Parlamentssitung ist einberufen worden, da auf Grund der mexikanischen Ver faffung das Parlament berechtigt ist, falls der neuge­wählte Präsident stirbt, seinen Nachfolger selbst zu

Abschiedsnotiz an deffen Familienangehörigen folgenden Wortlauts gefunden: Ich weiß, daß ich zur Ausführung meines Grundfakes sterben werde und ich entbiefe Euch Lebewohl!" Diese Notiz ist ein Beweis dafür, daß die Mordtat vorbereitet war. steht der Name Tepete, des Führers der Obregon- Fraktion im kongreß. Außerdem war der Name Robinson verzeichnet, der mit der Tochter des Präsidenten Calles verheiratet ist. Man ver­mutet, daß die beiden Persönlichkeiten ebenfalls ermordet wer­den follten.

Mar Hölz entlassen.

Beschluß des Reichsgerichts. Gestern abend aus Gonnenburg abgereift.

Bostscheckkonto: Berlin   37 536. Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten Wallstr. 65. Diskonto- Gesellschaft, Depositentasse Lindenstr. 3

China   im Ring der Mächte.

Japans   Machtkampf um die Mandschurei  . Bon Elias Hurwicz  .

Die Einheit Chinas   unter der Nankingregierung, der Imperialismus Japans   und die Haltung der übrigen Mächte, bildet zurzeit im Fernen Osten ein einziges, inein­anderverschlungenes Knäuel politischer Fragen. Im Vorder­grund steht dabei das Verhältnis Japans   und Chinas  : schon beswegen, weil Japan   zurzeit die aktivste aller an China  interessierten Mächte ist und von China   als der Haupt­feind angesehen wird. In welcher Sonderlage sich Japan  befindet, dafür gilt noch heute das Zeugnis eines japanischen Autors, der zurzeit der Washingtoner Konferenz schrieb: Wenn die Sozialisten Europas   und Amerikas   ihre Treue für den Internationalismus beschwören, denken sie nur an Europa   und Amerika  , vergessen aber, daß es jenseits des Ozeans von Millionen von Menschen wimmelt, die ein weiteres Tätigkeitsfeld ersehnen. Wenn die Bertreter euro­päischer und amerikanischer Gewerkschaften von der Brüder­lichkeit der Arbeiter sprechen, denten sie nur an ihre Rasse. Sie beschweren sich darüber, daß die japanischen Arbeiter sich mit geringem Lohn begnügen, und übersehen, daß, wenn die ungeheuren Massen Englands und Ameritas auf einem so fleinen Archipel eingeschlossen wären, wie Japan   es ist, ihr Arbeitslohn faum den heutigen Stand erreicht haben würde. Wenn die Pazifisten Europas   und Amerikas   den Weltfrieden predigen, denken sie anscheinend an die Aufrecht­erhaltung des status quo im Verhältnis von Osten und Westen, indem sie dem legteren nicht nur erlauben, fich neue Länder in allen Weltteilen anzueignen, sondern aus diesen Ländern auch alle Angehörigen der farbigen Rassen zu ver­drängen, deren Heimatländer nur bie dürftigste Nahrung herzugeben vermögen."

Der europäische   Sozialismus weiß sich insofern von jener Antlage frei, als er die Methode des westeuropäischen Imperialismus in Asien   auf das entschiedenste perwirft. Damit verliert aber das japanisch- chinesische Problem nichts von seiner Kompliziertheit. Gerade vom Standpunkt des historischen Materialismus muß zugegeben werden, daß einer der tiefsten Gründe der japanischen Expansion in Asien   die heimatliche Uebervölkerung, die Schließung der Bereinigten Staaten und der Dominions des Britischen   Weltreichs für die japanische Einwanderung, die jährliche Zunahme der japanischen Bevölkerung fast um eine Million Menschen und die naturgegebene Begrenzung der landwirtschaftlichen Möglichkeiten der Inseln ist. Unter diesen Umständen mußte es so fommen, wie der frühere Ge­fandte Italiens   in Pefing, Sforza, es ausdrückte, daß die japanische Ueberpölferung einem chinesischen Problem wurde.

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Mit dieser Kennzeichnung des japanischen Problems wird aber dem japanischen Imperialismus und seinen Methoden feineswegs das Wort geredet. Japans   Macht­politik hat sich hinlänglich in der Aneignung Koreas, in dem in den berüchtigten, 21 Forderungen an China   im Januar 1915, in der Ueberredung Chinas   zur Kriegserklärung an Deutschland   und der Aneignung Tsingtaus dokumentiert. Aber es muß doch zwischen einem mit militärischen Methoden arbeitenden, aus Machthunger entspringenden Imperi­alismus und einer wirtschaftlichen Expansion grundsäßlich unterschieden werden, auch dort, wo diese beiden Dinge, wie es gerade bei Japan   der Fall ist, oft mit­einander zusammenfließen. Diese Unterscheidung wird offen­bar auch in Japan   selbst gemacht: denn die zur Macht­politik hinneigende Partei des heutigen Kabinettchefs Ianafa wird von der Minfeito Oppofition abgelehnt, die, selbst vielfach aus Bertretern werftätiger Kreise be­

wählen. Es ist demnach wahrscheinlich, daß die Wahl auf einem Antrag des Rechtsanwalts Dr. Rosenfeld die sofortige stehend, nur eine friedliche wirtschaftliche Expansion zu

Calles fallen wird, der die Präsidentschaft somit be halten wird. Wie sich Calles selbst dazu stellt, ist aller dings bisher nicht bekannt geworden.

Wird der Attentäter reden?

Während sich der Trauerzug durch die dichten Bolksmaffen be megte, die die Straßen Meritos erfüllten, machte sich die Erregung über das Attentat in gebämpften Rundgebungen des Zornes und der Empörung Luft. Der nationale Arbeiterverband und der Leiter des Wahlfeldzuges für Obregon Aaron Saenz hatten Aufrufe er­ Der Feriensenat  

des Reichsgerichts hat am Mittwoch gemäß aftentlassung von Mag Hölz angeordnet. Das ein­geleitete Wiederaufnahmeverfahren geht unabhängig hiervon weiter.

Mar Hölz hat gestern abend 8 Uhr das Zuchthaus in Sonnen­burg verlassen und ist in Begleitung seines Verteidigers Dr. Apfel abgereist. Vor dem Zuchthaus hatten sich zahlreiche Ortseinwohner eingefunden. Irgendwelche politischen Demonstrationen sind nicht vorgekommen.

Todesurteil im Hein- Prozeß.

laffen, in denen zur Besonnenheit ermahnt und aufgefordert Todesurteil

wurde, das Ergebnis der Untersuchung über das Attentat abzu­warten. Es ist auch tatsächlich zu feinen Zwischenfällen gekommen. Der Polizeichef 3ertuche erklärte, der Mörder des Präfi­benten beginne den Mund zu öffnen und man fönne weitere Berhaftungen erwarten.

Hatte der Attentäter weitere Morde geplant?

L- tz. Megito City, 18. Juli.  ( Eigenbericht.) Die Tat ist nach den bisherigen Feststellungen vorfäßlich ausgeführt worden. In der Tasche des Mörders wurde 3. B. eine

Wegen Mordes in zwei Fäl en.

Koburg, 18. Juli. Das Gericht verkündete gegen 9 Uhr folgendes Urteil: Der Angeklagte Hein wird wegen Mordes in 2 Fällen zweimal zum Tode und wegen Totschlagsversuch und Mordversuch in je einem Fall zu zusammen 15 Jahren Buchthaus verurteilt.

stin isid( Siehe auch 1. Beilage.).

billigen vermag.

Japan   ist gezwungen, entweder Menschen zu exportieren oder Rohstoffe zu importieren. Und gerade die Erfahrungen in der Mandschurei  , wo es ihm nach 20 jähriger Vor­herrschaft alles in allem gelungen war, inmitten einer Be völkerung von 22 Millionen Chinesen ganze 200 000 Japaner heimisch zu machen, gerade diese Erfahrungen be­einflußt die Entwicklung nach der Richtung hin, daß Japan  feine Bevölkerungsfrise zunächst durch die Entwicklung der eigenen Industrie wenigstens teilweise zu lösen versucht. Es vermochte eben gegen die Konkurrenz des chinesischen  Arbeiters, der fünfmal billiger arbeitet als der japanische, fowie gegen die unaufhaltsame Bermehrung und Ein­wanderung der Chinesen in der Mandschurei   nicht aufzu­fommen. Allein im Jahre 1927 wanderte dorthin eine Mil­lion Chinesen ein. Aber zur Entwicklung der eigenen Indu­strie braucht Japan   die Rohstoffe, die es aus der Mand­ schurei   bezieht.

Hier in der Mandschurei   liegt auch das wichtigste Problem der bevorstehenden und unvermeidlichen inter­nationalen Auseinanderlegung in und über China  , die ja Durch Japans   Erklärung, um jeden Preis den Zugang zur