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Bekenntnisse eines Kommunisten.

Heinrich Brandler über die sächsischen Vorgänge von 1923

Der befannte Kommunist Heinrich Brandler hat ürzlich in seinem und in Thalheimers Namen aus der Mostauer Berbannung" an den ihm befreundeten Beschäftsführer des Konsumvereins in Limbach in Sachsen einen Brief gerichtet, der niemals in den Besiß dieses Kom­munisten gelangt ist. Ein Zufall will es, daß dieses außer­ordentlich interessante Schreiben nun menigstens das Licht Der Welt erblickt.

Brandler mar in dem sächsischen Kabinett Zeigner Leiter der Staatsfanzlei, und als solcher mit den damals und heute maßgebenden Personen seiner Partei in enger Fühlung gestanden. Seine Freunde von gestern sind feine Feinde von heute. Geradezu schonungslos geht er mit ihnen in seinem Brief ins Gericht. Bon Stöder fagt er, daß es ,, vielleicht ein Fehler war, ihn wegen seiner sehr be denklichen Geschichten im Ruhrgebiet nicht vor aller Parteiöffentlichkeit durgeprügelt zu haben". Thälmanns Rolle in der Zentrale der KPD. caratteri fiert er dahin, daß die Leitung der kommunistischen Partei dadurch noch arbeitsunfähiger gemacht worden märe. Zusammenfassend stellt er über die gegenwärtige Führung der Kommunistischen Partei fest:

Es ist das Verhängnis seit dem Tode Rosas und Leo Jogisches, daß wir überragende politisch führende Köpic niht haben. Ich habe mich nie dazu gezählt, obglei h ich glaube, daß ich nicht dümmer bin, als irgend einer der jetzt führen­den Genossen."

Brandler äußerte sich nach dieser geradezu nieder­schmetternden Charakteristik über die sächsischen Ver= hältniffe zurzeit des Einmarsches der Reichswehr nach Sachsen . Dazu sagt er:

Lambach und die Aldeutschen.

Das schwarze Schaf will der alldeutsche Wauwau aussondern ganze Hammelherde zum Ausbrechen!

The

und bringt die

Der böse Nachbar im Lesebuch.

Propaganda für den Stahlhelm durch die Schule.

,, Beim Einmarsch der Truppen in Sachsen am 23. Oftober 1923 wäre der Beginn des Bürgerkrieges feine revolutionäre Tat, sondern ein Berbrechen gewesen. Meine Schuld besteht darin, daß ich das zu spät, erst 14 Tage nach meiner Rückkehr aus Mostau, er fannte, mein großes Berdienst aber, das ich mir von niemand be­streiten lasse, hingegen darin, daß ich in der letzten Minute auf der Chemnitzer Konferenz noch die Gefahr erfarmte und die Losung gegen den Aufstand gab. Ich bilde mir ein, daß ich die Probleme des Aufstandes in Deutschland wie wenige andere durh dacht habe. 1918/19, im Rapp- Butsch und 1921 habe ich sie durch. lebt. Mir ist keine Phrase, sondert in Fleisch und Blut über­gegangen, daß der Aufstand eine Kunst ist, daß man mit dem Auf­stand nicht spielen darf und daß man, hat man begonnen, zu Ende gehen muß. Ich beurteile die Lage so: Wenn wir zum Aufstand aus Anlaß der Besehung Sachsens übergingen, in Sachsen der Kampf nicht mit einem Anfangssieg über die Kräfte des Gegners begonnen hätte, der den Todesmut und die Begeisterung der übrigen deutschen Proletarier hätte anfeuern tönnen, und so das ganze Band in den Aufstand gebracht hätte, sondern mir wären wie 1919 beim Einmarsch in München , wenn auch nicht in zwei Tagen, so in einer Woche dort, wo wir relativ am stärksten waren, nieder= geschlagen worden und das übrige Reich hätte ohmmähtig zu­sehen müssen. Ich werde mein Lebtag nicht die Lage vom April 1919 vergessen, wo wir in Chemnik Truppentransporte nach Bayern nicht verhindern fonnten. Der Hamburger Aufstand ist eine volle Bestätigung meiner Auffaffung. Noch nicht 200 aftive Rämpfer e einer Stadt mit einer halben Million Arbeiter fämpi ten heldenhaft gegen eine vierhundertfache Uebermacht und die Pro Tetarier fahen zu und freuten sich über die tapferen Kommunister. In Sachsen und Thüringen standen mir anderen Kräften gegen über. Außer den vier bis fünftaufend aktiven Revolutionären hätte niemand mitgefämpft. Wir wären in 14 Tagen nieder gefämpft gewesen. Es gibt Situationen, wo man auch das in Rauf nehmen muß. Sie bestand jedoch feineswegs 1923. Ich würde in einer ähnlichen oder gleihen Lage genau so handeln usw." Was aber sagen die Kommunisten heute noch? Sie be­schuldigen die Sozialdemokratie wegen der damaligen Vor­gänge in Sachsen nach wie vor des Berrats, weil sie es nach Brandler verhindert hat, daß in einer Woche Tau sende von Arbeitern ohnmächtig niedergewünsche der polnischen Minderheit in Breußen zu befriedigen, eben jchossen wurden.

Die Verfaffungsfeier in Preußen.

Folgen des Urteils des Staatsgerichtshofes.

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Die preußische Regierung hatte fürzlich angeordnet, daß die diesjährigen Berfassungsfeiern ähnlich wie im Borjahre gestaltet werden sollen. Dieser Erlaß wird mie der Soz. Breffe dienst" erfährt am Mittwoch durch eine neue Verfügung des preußischen Innenministers insofern eine Aenderung erfahren, als die Rechtslage inzwischen durch die Entscheidung des Staats­gerichtshofes über die preußische Notverordnung eine andere ge­worden ist.

am Ber

In dem vorjährigen und in diesem Jahre inhaltlich wieder. holten Erlaß zum 11. August wurde auf Grund der Notverordnung der preußischer Regierung angeordnet, daß auch die Gebäude der tommunalen Selbstverwaltungen fassungstage in den Reichsfarben zu beflaggen sind. Die damalige Rechtslage besteht nach dem Beschluß des Staatsgerichtshofes nicht mehr, so daß die fommunalen Berbände am Berfassungstag auf zu einem Flaggen nicht mehr angehalten werden können. Ab­gesehen davon ist das dem Reichstag vorliegende Gesetz über den Nationalfeiertag noch unerledigt. Der preußische Minister des Innern weist deshalb die kommunalen Aufsichtsbehörden in dem neuen Erlaß an, vorläufig von 3wangsmitteln gegen über den Kommunen abzusehen. Die Aufsichtsbehörden werden gleichzeitig aufgefordert, die Namen der Städte, die am 11. August nicht in den Reichsfarben flaggen, zu melden.

Ausländische Ministerbesuche. Tschitscherin und Loucheur tommen nach Frankfurt a. M. Frankfurt a. M., 24. Juli. ( Eigenbricht.) Der russische Außentommiffar Tschitscherin wird in den nächsten Tagen die hiesige Klinit des Profeffors von Noorden aufsuchen, um von einer Zuckerkrankheit Heilung zu suchen. Anfang August beabsichtigt der französische Arbeits- und Volkswohlfahrts minister ou cheur den Frankfurter Siedlungen einen Besuch ab­zustatten.

Auf Berfügung der lettländischen Regierung ist ein Priegs­gerichtliches Berfahren gegen den fommunistischen Abge­ordneten Grimpel und dessen Mitarbeiter Rätsepp eingeleitet morden. Sie werden der Beteiligung an einer Geheimorga= nisation und staatsfeindlicher Berschwörung an­getlagt. Grimpel ist es gelungen, nach Rußland zu entfliehen, wäh rend Rätsepp fich in Haft befindet,

Nach dem viel zitierten Artitel 148 der Reichsverfassung foll in den deutschen Schulen im Geiste des deutschen Boltstums und der Bölkerversöhnung unterrichtet werden. Wir wissen, wie weit mir von diesem Ziele noch entfernt sind. In den Lesebüchern fommt mur allzu oft der Geist deutschen Voltstums in. blechernen, hohlen, nationalistischen Phrasen zu verzerrter Geltung, und der Völker verföhnung ist überhaupt fein Gedicht, fein Lefeftüd gemibmet.

Am bedenklichsten sind jene Aufsäge, die sich nicht bloß in natio naler Ueberheblichkeit gefallen und so dem Kinde die Fähigkeit zur Kritik und späterer politischer Ertenntnis rauben, sondern auch noch bestrebt sind, andere Bölter herabzusehen, ja oft zu beschimpfen. Besonders in Gedichten pflegt sich diese Art von tattlofem Natio­nalismus auszutoben. Wie sollen die fünftigen Wähler später Ber­ständnis für eine Politit des außenpolitischen Ausgleichs finden, wenn sie schon in der Fibel lernen, Franzosen und Polen zu verachten oder doch deren Unglück mit Freude aufzunehmen?

Die Wirkung auf die polnische Presse ist bisher auch nicht ausgeblieben, denn sie nimmt sich verständlicherweise jedes Einzel­falles an, den sie entdeckt, und kommt dann immer wieder mit der Behauptung der Doppelzüngigkeit der deutschen Außen- und der preußischen Minderheitenpolitit, deren Bemühungen, die Schul

nicht ernst genommen werden. Es besteht also neben dem pädago gischen ein hervorragendes politisches Intereffes an der Beseitigung aller derartigen lleberbleibsel der wilhelminischen Zeit in den Leje­büchern der Republik .

Einige Beispiele: In den deutschen Schulen der Grenzmart, die auch von polnischen Kindern besucht werden, mird ein Deutsches Lesebuch für die Grenzmart, Bosen und Best­preußen für das 5. und 6. Schuljahr" verwendet, das auf Seite 57 das Gedicht Falt von Stauf" von Feliz Dahn enthält. Da heißt es:

..Der Teufel ist's, du Wolfessohn, Der Teufel kommt euch holen, Ihr gottverfluchten Polen ."

Das lieft das Kind an der Grenze, das muß unter Umständen das polnische Kind in der Schule auswendig lernen!

Der Geschichte des fleinen Städtchens Unruhstadt ist eine Rei­merei von Otto Dobrindt mit folgenden Zeilen gemidmet: Erst unter dem Fittich des schwarzen Adlers fandest du Ruh nach Unruh und Sicherheit wieder. Immer neu erstandest du, durch Feuer geläutert, immer warst du Grenzwacht im Osten gegen die flawische Flut. Floß nicht erst jüngst noch

Blut in deinen Straßen und Gassen um deine Freiheit,

als der Pole mit gieriger Hand nach dir griff." Und dann wundert man sich, wenn an den Grenzen ein Geschlecht heranwächst, das durch seine nationale Unduldsamkeit auffallend von dem Durchschnitt im Innern des Landes absticht!

Das Lesebuch, um das es sich hier handelt, ist im Berlag von Ferdinand Hirt in Breslau erschienen. Es wäre an der Zeit, daß fich die Unterrichtsverwaltung der Sache annimmt. Wer hat die Erlaubnis zur Einführung eines solchen, dem Geiste der Reichs­verfassung widersprechenden Lesebuches in den Schulen der Grenz­mart gegeben?

Doch nicht nur durch schlechte Lesebücher werden die Kinder ver­giftet, sondern auch durch sonstige Druckschriften, die im Unterricht herangezogen werden. So hat das Amtliche Schulblatt für den Regierungsbezirk Allenstein " folgende Auf­forderung veröffentlicht:

,, Unsere Heimat."

Bezugspreis beträgt gegenwärtig monatlich 35 Bf., ab 1. Just Dieses Jahres 50 f..

11./2. Allenstein , ben 12. April 1927.

Regierung, Abt. f. K. 1. Sch.( Kirchen- und Schulmesen). Auch Landräte des Regierungsbezirks Allenstein haben in den Kreisblättern zu Anfang dieses Jahres auf diese Zeitschrift aufmerk sam gemacht. Der Landrat in Reidenburg übernahm turzerhand den Tegt der Aufforderung, die von der Regierung in Allenstein am 12. April 1927 erlassen worden war, während der zuständige Landrat im Rosseler Kreisblatt noch weiter ging und sogar Privat­personen zum Bezug der Zeitschrift aufforderte.

Die Annahme, daß die Regierung in Auenstein hinter dieser Propaganda steht, hat dann der Berlag der Zeitschrift bestätigt, in­dem er folgenden Aufruf erließ:

,, Wie wir bereits mitteilten, hat die Schulabteilung der Regierung Allenstein den Schulen des Regierungs­bezirks den Bezug unserer Heimat" wegen des heimatfundlichen und auch sonst für den Unterricht wertvollen Inhalts der Zeitschrift mehrmals dringend empfohlen. Wir bitten die Herren Lehrer, die Bestellung ,, Unserer Heimat" durch die Schule auch bann freundlichst zu veranlassen, wenn die Herren Lehrer die Zeit­schrift sowieso persönlich beziehen. Um unserer Aufgabe im Grenz gebiet gerecht werden zu fönnen, benötigen wir weitgehendste Unterstügung, die am besten durch die Bermehrung der Bezieher erfolgt."

Was ist das nun für eine Zeitschrift, um deren Verbreitung sich antliche Stellen berart bemühen, melch glänzendes pädagogisches Material muß sie enthalten, wenn sie so warm den Schulen wie ftaatspolitisch wertvoll, menn fie vom Landrat amtlich sogar Bris Daten zum Bezug empfohlen wird? Ein Beispiel für ihren Wert:

,, Unter Beteiligung von 8000 Stahlhelmleuten aus bem rheinisch- mestfälijohen Industriegebiet fand am Sonntag in Bochum eine große Rundgebung des Stahlhelms ftatt, die ihre besondere Bedeutung erhielt durch die Anwesenheit des Bundesführers Seldte und des Kornettentapitäns Ehrhardt. Rapitänleutnant Ehrhardt sprach sich in einer Rebe für ben Zusammenschluß aller nationalen Bestrebungen aus. Der Bund, den er mit Seldte beschlossen habe, merde halten, und dafür fegten Seldte und er ihre ganze Person ein. Der deutsche Gedante washe und werde sich immer mehr vertiefen. Bundesführer Seldte unter­strich in seiner Rede den Gemeinschaftsgeist, der die Frontkämpfer im Felde beseelt habe. Das verhelfe dem nationaden Ge danken zum Siege über den Internationalis. mus. Abgesehen von einigen fleineren kommunistischen Stö rungen tam es zu feinerlei ernsteren Zwischen= fällen."

Wer magt es, jetzt noch den pädagogischen und staatspolitischen Wert dieser Zeitschrift zu bezweifeln? Der Stahlhelm tönnte sich teine bessere amtliche Propaganda vorstellen.

Es bleibt nur eine Frage: Was sagt der preußische Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung zu diesen Dingen?

Märchenerzähler als Politiker.

Sozialdemokrat" Schober.

In einem kleinen Oderdorf, faum eine Schnellzugſturde von Berlin , referierte in einer tommunistischen Bersammlung der bora tige Unterbezirksleiter der Kommunisten. Es gab natürlich das üb­liche Geschimpfe auf Partei und Gemertscheften; erwähnenswert ist es mur deshalb, weil der Redner den Brand des Wiener Justiz­palastes besprach. Er erzählte den erstaunten Bauern in schöner Unbefangenheit, daß Herr Schober, der reaktionäre Wiener Polizei chef, früherer Rechtsblodfangler und Schuldiger an der Niedermeßze lung der 85 Arbeiter ein Sozialdemokrat sei!

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Bei den Agitationsreden der KPD. darf man sih taum noch Die vom Ostdeutschen Heimatdienst herausgegebene Wochen- mundern. Daß sie es aber fertigbringen, ausgerechnet Herrn schrift Unsere Heimat" ist wegen ihres heimat, polts- und fultur­Schober, den Chef der besten Polizei" einen Sozialdemokraten zus fundlichen Inhalts zur Belebung des Unterrichts in Ge­jagen mir der Heimatkunde trefflich geeignet, außerdem nennen, das zeugt von einer unübertrefflichen wertvoll als Mitteilungsblatt für die a miliche Jugend- wandtheit. Wie lange wird es noch dauern, bis die Kommunister den Deutschnationalen Bestarp oder gar den Nationalsozialisten pflege im Regierungsbezirk Allenstein . Goebbels zum Sozialdemokraten gestempelt haben? Schaffen mera den sie's, daran ist kein Zweifel,

Wir empfehlen allen Schulen des Bezirks den Bezug der Zeit­schrift. Bestellungen nehmen alle Bostanstalten entgegen. Der