Die neue Flaggen Verfügung.
Ein ordentliches Flaggengesetz für Preußen zu erwarten.
Die Berfügung des preußischen Innenministers betreffend die diesjährige Feier des Verfassungstages, über die wir schon furz berichteten, hat folgenden Wortlaut:
Durch Beschluß des preußischen Staatsministeriums vom 26. Juni 1928 ist angeordnet worden, daß auch in diesem Jahre die Bestimmungen des Beschlusses des preußischen Staatsministeriums Dom 8. Juli 1927 Anwendung zu finden haben. Im Absatz 1 dieses Beschlusses vom 9. Juli 1927 war angeordnet worden, daß neben fämtlichen ftaatlichen Dienstgebäuden auch die Gebäude ber tom> munalen Selbstverwaltungstorperschaften am Berfassungstage in den Reichs- und Landesfarben zu flaggen haben. Die Rechtsgrundlage für diesen Beschluß bildete, soweit es sich um die Gebäude der fommunalen Selbstverwaltungsförperschaften handelte, die Verordnung über die Beflaggung der gemeindlichen Dienst und Schulgebäude vom 8. August 1927. Der Staats. gerichtshof des Deutschen Reiches hat jedoch diese Verordnung am 9. d. M. für nicht vereinbar mit der Preußischen Verfassung er flärt. Die damit fortgefallene Rechtsgrundlage sollte allgemein durch ein vom Verfassungsausschuß des Landtages bereits angenommenes Gefeß über das Flaggen der öffentlich- rechtlichen Körperschaften und außerdem noch besonders für den Verfassungstag durch den§ 2 bes dem Reichstag vorliegenden Gefeßentwurfs der Reichsregierung über den Nationalfeiertag vom 4. Juli 1928 wieder geschaffen werden. Landtag und Reichstag haben jedoch vor der Sommerpauſe beide Gesetze in der Vollversammlung nicht mehr verabschieden tönnen, so daß zurzeit eine gesehliche Grundlage für eine rechtliche Verpflichtung zum Flaggen der kommunalen Selbstver waltungsförperschaften nicht besteht.
Auf Gemeinden und Gemeindeverbände, die am bevorstehenden Verfassungstage nicht aus eigenem Entschluß die im Artikel 13 der Reichsverfassung gefeßlich festgelegten Reichsfarben zeigen, kann deshalb im Hinblick auf die gegenwärtige Rechtslage von Aufsichts wegen ein 3wang nicht ausgeübt werden. Ich ersuche die Regierungspräfidenten, mir bis zum 1. September 1928 zu berichten, welche Gemeinden und Gemeindeverbände am Verfassungstage die Reichsfarben nicht gezeigt haben."
Wie das Nachrichtenbureau des Vereins Deutscher Zeitungsverleger hierzu noch erfährt, soll das Material, das in diesen Berichten der Regierungspräsidenten bei der preußischen Staatsregierung eingehen wird, nur zu den bereits gesammelten Gründen für die Notwendig feit einer or dentlichen Flaggen gefeßgebung in Preußen hinzugefügt werden. Das Ministerium woll den Landtag auf jeden Fall im Herbst ersuchen, die Flaggengefeßgebung unter Dach und Fach zu bringen, unabhängig davon, ob das Reichsgesetz über den Nationalfeiertag kommt oder nicht.
Der Landtag befaßte sich am Mittwoch mit der Inter pellation über das Münchener Eisenbahnunglüd: Ministerpräsident held erflärte in seiner Beantwortung der Interpellation, daß die Reichsbahngesellschaft es zweifellos an der notwendigen Betriebssicherheit hat fehlen lassen. Man müsse aber das Ergebnis der Berhandlungen abwarten, die von der Reichsregie. rung als der zuständigen Instanz mit der Reichsbahn geführt würden. Die bayerische Regierung, in deren Bereich sich die schwersten Unfälle der letzten Zeit ereignet hätten, werde bei der Reichsregierung mit allem Rach brud auf eine Klärung ber: Ursachen der Katastrophen drängen. Sie feien nach allgemeiner Ansicht in der Personaleinsparung, der überlangen Dienstzeit des Personals und der ungenügenden Instandhaltung der Bahnanlagen zu suchen.
Der fozialdemokratische Redner, Abg. Herrmann, von Beruf Lotomotivführer, erblickte die Schuld an den Unfällen der leg
ten Jahre in dem von der Reichsbahngesellschaft beliebten Bera maltungssystem, nach dem die ständigen Bahnarbeiter mehr und mehr abgebaut und durch Zeitarbeiter erlegt werden, nach dem nicht genügend ausgebildete Leute im schweren Rangierdienst verwendet werden, die Stellwerfs- und Blodbeamten außer ordentlich lange Dienstzeit machen müssen und das Personal der Schnellzugslotomotiven im Durchschnitt fogar 58 Wochenstunden leisten muß. Wer in der Leitung der Reichsbahn für diese Dinge verantwortlich fel, gehöre auf die Anflagebant. Zur Beseitigung dieser Mißstände müsse die Reichsbahn mieber vollkommen unter die Kontrolle des Reichstags fommen, die privattapitalistischen Tendenzen müßten völlig aus. gemerzt werden. Der moderne Ausbau des veralteten Münchener Hauptbahnhofs fei schon vor 20 Jahren von der Sozialdemokratie gefordert, gleichzeitig aber auch von denen verhindert worden, die damals und heute noch die politische Macht in Bayern befizen, nämlich von der Bayerischen Boltspartei.
Die Interpellation wurde mit der Annahme verschiedener Anträge abgeschlossen, die u. a. für das gesamte Personal bei der Reichsbahn die achtstündige Dienstzeit verlangen.
Nach Kahr Roth. Putschminifterversorgung in Bayern .
Der ehemalige bayerische Justizminister und Butschist Roth ist zum Generalstaatsanwalt befördert worden. Die rechtsstehende „ Süddeutsche Sonntagspost" bemerkt dazu:
Deutschnationales Scheibenschießen.
D
KLEI NTNER REN
KLEIN
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ANGE STELLTER
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Fall Lambach, wieder ein Kernschuß in die eigenen Reihen der Deutschnationalen Partei!
Neuer Besatzungsfonflift in Sicht?
Angebliches vierfaches Auslieferungsverlangen.
Auf Grund des Artikels 4 des Rheinlandabkommens und der Ordonnanz 2 hat die französische Besaßungsbehörde 11. Juft dieses Jahres vom franzöfifchen Kriegsgericht in Landau an die deutsche Regierung das Berlangen gestellt, die am unter der Anschuldigung, die französische Fahne von dem Offizierstafino in 3 weibrüden herabgeriffen zu haben, in Abwesenheit zu fünf Jahren Zuchthaus verurfeilten drei deutschen Staatsangehörigen Bäder Weiß und die Arbeiter Schimmel und Cutz auszuliefern..
Die drei Angeschuldigten halien sich der ihnen drohenden Berhaftung dadurch entzogen, daß fie fich auf unbesetztes Gebiet begaben. Weiterhin ist von der franzöfifchen Besatzungsbehörde die Auslieferung des vom französischen Kriegsgericht in Candan am 16. Juli, ebenfalls im. Abwesenheitsverfahren wegen des fogenannten Maximiliansauer 3wischenfalls am 3. Juni unter der Anklage der Gewalttätigteit gegenüber einem franzöfifchen Offizier zu zwei Jahren Gefängnis und 200 Franken Geldstrafe verurteilten Arbeiters Merz aus Neupfok verlangt worden.
Nach Artikel 4 des Rheinlandabkommens haben die deutschen Behörden auf Berlangen eines hierzu ermädytigten Offiziers ber Befagungstruppen jede Person, die eines Berbrechens oder Ber. gchens gegen Angehörige oder das Eigentum der bewaffneten Streitträfte der Alliierten angeflagt und der Gerichtsbarkeit der alliierten Truppen unterstellt ist, zu perhaften und dem nächsten Befehls. haber der alliierten Armee zu übergeben. Gegen dieje Bestimmung hat die deutsche Abordnung schon nach Abschluß des Rheinlandabfommens bei den Alliierten Einwendungen erhoben, die aber von den Besatzungsbehörden abgelehnt wurden. Somit müßten also nach der Auslegung des Rheinlandabkommens die vier angefchildigten Deutschen , deren Aburteilung in Abwesenheit erfolgte,
ausgeliefert werden.
An maßgebender Berliner Stelle ist von einem derartigen fran3öfifchen Anfinnen noch nichts befannt.
Da eine Bestätigung des Auslieferungsbegehrens noch nicht vorliegt, muß man zunächst abwarten, mas an dieser
Aus dem russischen Arbeiterleben.
Wahrhaft vorbildliche Zustände.
land, spielt die Torfgewinnung, weil hier( namentlich in den In der Industrie der Sowjetunion , insbesondere in Zentralruß neuerrichteten Elektrizitätsmerken) Torf als Brennmaterial Bermen dung findet, eine bedeutende Rolle. Die Lage der Torfarbeiter wird in dem nachstehenden Bericht aus dem Gouvernement Wladimir, den wir dem Tru d" vom 1. Juli entnehmen, recht anschaulich geschildert: Fast auf allen Torfabbaustellen herrschen die standalöse ft en misst ände. Ausbeutung der Arbeiter, Nichterfüllung der sten mißstände. Tarifverträge, das find alltägliche Erscheinungen. Die Betriebsräte führten dagegen einen verzweifelten Kampf, sobald aber die Angelegenheit vor die Bezirksverwaltung des Berbandes( Bergarbeiterverband. D. Red.) fam, wurde ihr dort sogleich ein Begräbnis bereitet. Große, sehr große Mißstände herrschen auf den Torfabbau stellen. Die Torfarbeiter von Sobin arbeiteten z. B. im Jahre 1927 12 Stunden, die Torfarbeiterinnen statt 8 Stunden 10 bis 11 Stun beiter 10, die Arbeiterinnen 8 Stunden arbeiten. D. Red.). Gearden( nach dem Tarifvertrag sollten die erwachsenen männlichen Arbeitet wurde zu wahrhaft höllischen Bedingungen. Die Torfarbeite rinnen wurden gezwungen, bei Regenwetter zu arbeiten,
bis zu den Hüften im Wasser watend Torftörbe mit einem Gewicht von 57 Kilo zu schleppen. Eine Untersuchungskommission stellte all diese Tatsachen fest und leitete die Akten an die Bezirksverwaltung des Verbandes meiter. Glaubt man, die Bezirksverwaltung hätte Krach geschlagen, die nötigen Maßnahmen ergriffen? Keine Spur! Die Angelegenheit wurde ebenso begraben wie Dußende von anderen, nicht minder wichtigen. Halbwüchige Kinder
Herr Dr. Roth hat einen gewaltigen Sprung in feiner Karriere getan. Der ehemalige Justizminister, der feit 1921 mit Wartegebühr auf der Gehaltsstufe eines Oberamtmannes und mit dem Rang und mit dem Titel eines Ministerialrates beurlaubt war, also feit sieben Jahren feinen Dienst getan hat, läßt sich plöglich auf den Seffel des Generalstaatsanwalts nieder, mit Uebergehung einer großen Reihe von tenntnisreichen, hervorragenden, für diesen wichtigen Posten besonders geeigneten und vor allem politisch unbelasteten Beamten. Bir lassen die Person des Herrn Dr. Roth völlig aus dem Spiele; arbeiten auch je 10 bis 12 Stunden pro Tag. Mädchen werden auf aber an der Tatsache, daß der jezige Präsident des Ber - die Torfabbaustellen wegen der schweren Arbeitsbedingungen nicht maltungsgerichtshofes, Herr von Kahr, einstmals Herrn Dr. Roth, den frischgebadenen Generalstaatsanwalt, an
demselben Gerichtshof megen feiner Beteiligung am Deutscher Nordlanddampfer in Not?
Hitler Butsch hatte perhaften lassen, fann man nicht Dorübergehen. Ist die Aufrechterhaltung eines solchen Zustandes möglich? Wie tam diefe merkwürdige Ernennung zustande? Wurde feines von diesen Bedenten hinter den verschlossenen Türen des Ministerrats zur Sprache gebracht?"
Es ist nicht ersichtlich, an wen das Blatt feine Fragen richtet. Die Banerische Boltspartei hat jebenfalls deutlich genug gezeigt, daß fie an eine Aenderung der Zustände nicht benit,
Kraffin" eilt zur Hilfe.
Mostau, 25. Juli.
Der auf der Fahrt nach Stavanger befindliche Eisbrecher raisin nahm heute nachmittag 5,20 Uhr Kurs auf Belfund zum deutschen Dampfer Monte Cervantes mit 1500 Fahrgäften an Bord, der einen Funtnotruf ausgefandi hat,
beunruhigenden Meldung wahres ift. Trifft sie zu, dann beweist sie wieder einmal, wie es die Militärs glänzend verstehen, die Beziehungen zwischen den Völkern unnötig zu eg beschritten werden. Wir fönnen aber nicht glauben, belasten. Es müßte zumindest der diplomatische daß die französische Diplomatie fich dazu hergeben würde, eine Forderung zu unterstützen, von der sie wissen muß, daß fie für jede deutsche Regierung schlechterdings unerfüllbar wäre.
Andererseits ist es das Interesse Deutschlands , selbst gegen die Beschuldigten gerichtlich vorzugehen, um festzustellen, ob sie sich tatsächlich dieses ebenso bösartigen mie finnlosen Dummenjungenstreiches schuldig gemacht haben, wegen dessen fie vom französischen Kriegsgericht in Abwesenheit verurteilt wurden. Es geht nicht an, daß Menschen, die die ganze Bevölkerung des befeßten Gebietes so leichtfertig neuen Repreffalien und Schifanen ausgelegt haben, im un besetzten Gebiet ein straffreies 2fyl finden und womöglid, fogar als ,, Helden" von den Deutschnationalen und Böllischen gefeiert merden. Im Interesse nicht nur der Verständigungspolitik, fonderu der beorüdten Bepofterung des befeßten Gebietes liegt es, daß die deutschen Behörden non fich aus tüd fichtslos gegen die Schuldigen vorgehen.
Bergendetes Dawes Geld. Rheinlandbefahung auf Reparationstonto.
Auf die Anfrage eines Arbeiterarbgeordneten über die Kosten der englischen Besazung im Rheinland erwiderte Chamberlain, daß England dafür aus dem Reparationsfonds jährlich 950 000 fund fügung gestellt werden, sobald die englischen Truppen auruda Sterling erhalte. Dieser Betrag würde, nicht mehr zur Ber. gezogen seien. Im übrigen sei es feineswegs un mahra fcheinlich, daß bei einer Burückziehung der englischen Truppen andere Mächte die bisher von England befesten deutschen Gebietsteile nicht besetzen würden.
geschickt, trotzdem hat sich ergeben, daß auf der Torfabbaustelle von Sobin 24 Mädchen arbeiten. Als der Betriebsrat dies erfuhr, ftrengte er sofort eine gerichtliche Klage gegen die Betriebsleitung an und benachrichtigte die Bezirksverwaltung des Berbandes. Die Bezirksſtützt. verwaltung hat die vom Betriebsrat eingeleitete Alage nicht unter
Die Arbeiter haben Angff,
in Bersammlungen aufzutreten, weil sie befürchten, hinterher nicht zur Arbeit zugelassen, zu werden. Die Befürchtungen find begründet. Alle erinnern sich noch dessen, wie zwei magemutige Torfarbeite rinnen des Bezirks Popadjino, attiv Verbandsmitglieder, im vergangenen Jahre die Mißstände aufdeckten, Eingaben beim Betriebs rat machten unt im Endeffett bei der Einstellung von Arbeitskräften für die diesjährige Saison zur Arbeit nicht mehr zugelassen wurden. Der Betriebsrat nahm fich sogleich der beiden Arbeiterinnen an, entsandte einen Vertreter zur Bezirksverwaltung, aber die Leute vont der Bezirksverwaltung schwiegen fich aus, als hätten sie den Mund voll Wasser. Der Vertreter des Betriebsrates fuhr zum Zentral porstand des Verbandes, po ihm recht gegeben wurde. Als der Bes vorstand von dem Vorsitzenden der Bezirksverwaltung vorgehalten: triebsratsvertreter zurückfain, wurde ihm seine Reise zum Zentralnicht genug damit: der Vorsitzende der Bezirksverwaltung verein Wie fonnten Sie wagen, fich an den Zentralvorstand zu wenden?" barte am nächsten Tage mit der Betriebsleitung, daß entgegen der die Torfarbeiterinnen nicht wieder eingestellt werden sollten, und Abrebe des Betriebsrates mit dem Zentralvorstand des Verbandes setzte den Trust hiervon in Kenntnis. Der Betriebsrat ist niederge-. brüdt. Seine Autorität ist untergraben. Und das Ergebnis ist, daß die Arbeiter sagen: Jegt werden wir schweigen, somit ergeht es uns wie den Torfarbeiterinnen von Bopadjino."
Der ganzo, bem maßgebenden fomjetruffifchen Gemertschafts blatt entnommene Bericht, ist ein schöner Beweis dafür, wie die sogenannte Diftatur des Proletariats zu einer Diftatur der kommu nistischen Parteibureaufratie über das Proletariat gemors den ist.
Der böse Nachbar im Lesebuch. Wir werden darauf aufmertfam gemacht, daß die Reichszentrale für Heimatbienst, das amtliche Aufklärungsorgan der Reichsregierung feinerlei Einfluß befigt auf den Ostdeutschen Heimatdienst", der eine rein private Organisation ist. Die Reichszentrale für Heimatdienst , ebenjo mie die von ihr herausgegebene Zeitschrift bote stehenden Mitteln das Verständnis des deutschen Boltes für Der Heimatdienst" find selbstverständlich bestrebt, mit allen zu Ge I die Bolitit von Locarno und Genf au vertiefen und zu erweitern.
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