Oonnersiag 26. Zuli 1925
Änterhalwng unö �Nissen
Seilage des Vorwärts
Die Fahnenweihe.
Von Arnold Verlest.
In Damos bereitete nwn sich zur Einweihung der neuen Fahne des Gesangvereins vor. Die neue prächtige Fahne ruhte bereits, sorgsam eingerollt, in der Wohnung des Vorstandes. Der Ausschuß des Vereins tat sein Möglichstes, um das Fest glänzend zu gestalten. Als Fahnenmutter rgurde die Frau Ober- cespan gewonnen, die zwar nicht erscheinen und. am Tag« der Fahnenweihe gewiß krank sein wird, denn so machte sie es gewöhn- lich, jedenfalls ist aber dadurch jedem Groll unter den Vamoser Da- men vorgebeugt worden. Eine schwere Aufgabe war das Auswählen der Kranzjungfern, Me, weiß gekleidet, das Gefolge der Fahne bilden sollten. Zuerst mar nur von sechs oder acht die Rede, dann erhöhte man deren Zahl auf sechzehn, um ja kein Mädchen auszulassen, das sich viel- leicht beleidigt suhlen kömite. Aber zu dem Festkomitee kamen tagtäglich besorgte Väter oder begeisterte junge Leute, um nachzusrqgen, ob man nicht diese oder jene vergessen hat?„Ich bitte, es wäre ein großer Fehler, wenn man sie wegliehe. Es ist ein« vornehm«, einflußreiche Familie, sie waren auch immer unterstützende Mitglieder des Gesangvereins, bitte ste ja nicht zu vergessen." Einmal muhte aber doch«in Ende gemacht werden. Man beschloß, die Zahl der Kranzjungfern auf vierundzwanzig zu erhöhen. Dann wird schon jede Gesellschastsschicht, jede Klosse zertreten sein, damit sich ja niemand beklagen könne. Jetzt war nur noch übrig, die ausgewählten jungen Damen auch einzuladen. Der eifrige Präsident übernahm selbst dies« Misston und er besuchte in Begleitung dreier Ausschußmitglieder der Reih« noch die mit Töchtern gesegneten Häuser. Man begann bei den vornehmsten Familien: bei Bartha, Groß, 5° enderesty. Frau Barths war sehr gnädig, sie sagte nicht mir die Tcilnabme ihrer Gisela, sondern auch die der kleinen Margarete zu, obwohl diese erst zu Weihnachten vierzehn Jahre alt und das ihr erstes össentliches Auftreten sein wird. Die schöne, brünette Marie Groß war sofort dabei. „Warum nicht? Bon Herzen gern. Nicht wahr, Mama?" Die gnädige Frau hatte nur das beistimmende„Ja" auszu- spreäen. Auch die Kenderesiys weigerten sich nicht. Frmi Kenderesiy hätte nur gewünscht, daß man auch Familie Baron Waldburg aus 5' onya einlade. Baronesie Else wird mit ihrer Aurelia ein schönes Paar bilden. Als man sie aber aufklärt«, daß zu diesem Fest nur Orts- l'wal?ner eingeladen werden können, gab sich Frau Kenderesiy groß- niülig auch damit zufrieden. Der erste Tag begann sehr gut. lleberall wurde zugesagt, an dem Fest des Gesangvereins teilzunehmen. Am nächsten Tag >'achte man nur bei zwei oder drei bürgerlichen Familien Schmie- riakeiten: inan liebt keine Paraden und drängt sich nicht unter die Vornehmen. Die Mädchen jedoch hatten überall groß« Lust zur Sache, und der Präsident des Gesangvereins verstand es so beredt zu beweisen, daß dies ein Fest des ganzen Bamos, ein Fest der ganzen Bürgerschaft sei, daß selbst die verwitwete alte Schneider- frau Hanko sagte: nun gut, sie läßt ihrer Enkelin ein schönes weißes Kleid machen, darin kann sie gehen. Aber schon am dritten Tag kam«m Brief von Frau Kende- ressy. Sie bedauert sehr, ihr« Tochter kann aber an der Fahnen- weihe nicht teilnehmen. Isnmittelbar darauf kam ein Schreiben der Frau Bartha. Der Inholt war derselbe: sie bedauern, auch sie können nicht teilnehmen. Der Präsident des Gesangoereins eilte sofort zu ihnen. „Aber, ich bitte sie. mein« Damen!" Frau Kenderesiy blieb unerbittlich. Kalt, hochmütig wies sie den Flehenden ab und ließ sich in keine weiteren Erklärungen«in. Frau Bartha ging mit dem armen Präsidenten schon milder um. .Lieber Bodor, sie können doch nicht verlangen, daß unsere Töchter zusammen mit den Töchtern irgendwelcher Schuster, Schnei- der und Tischler auftreten. Was fällt Ihnen ein, ich höre, daß sie auch Iulcas Hanko eingeladen haben, deren Mutter einmal bei uns Stubenmädchen gewesen ist." Der Präsident entschuldigte sich:„Wir konnten dem nicht aus- roeichen. Es ist eine wohlhabende Familie und sie hoben eine ausgebreitet« Verwandtschaft. Iulcas Vater ist Ausschußmitglied des Magistrates. Auch der Obergespan ladet ihn ein. wenn er ein großes Diner gibt." Bei Frau Bartha fingen solche Erwägungen nicht. „Der Obergespan, das ist etwas ganz anderes. Die Männer können gar manches tun, was wir Frauen nicht tun dürfen. Rein, lieber Bodor. das kann nicht fein, daß mrfere Töchter... wohin denken Sie?" Dem Präsidenten traten die Schweißtropfen auf die Stirn«.� „Wir haben sie schon«ingeladen, wir können nicht mehr zurück- treten. Und dann, bitte, unter den Mitgliedern des Gesangvereins gibt es viele einfache Dürrer, Kleinkaufleute, Gewerbetreibende, auch auf diese muß Rücksicht genommen werden." Frau Bartha zuckte die Achseln. Sie sagt ja nicht, daß man je» mand ausschließen soll. „Sie dürfen' nur nicht oerlangen, lieber Bodor, daß auch wir dort sein sollen. Das können Sie wirklich nicht verlangen. Man geht ja wohl zu einer Bauernhochzeit, auch zu einer Taufe, wir lassen uns gern zu den Leuten niedrigen Ranges hinab. Das ist aber etwas ganz anderes." Ms es in der Stadt bekannt wurde, daß Familie Bartha, Ken- deresiy und die übrige vornehme Welt an der Fahnenweihe nicht teilnehmen werden, begann sich plötzlich die ganze Intelligenz -"rückzuziehen. Die Komitats- und Kommunalbeamten, die Richter des Bezirksgerichtes, die Beamten der Finanzdirektian, sie alle über- legten, ob ihre Töchter bei der Fahnenweihe erscheinen können, wenn Aureli'e Kenderesiy, Marie Groß, Gisela Bartha einmal erklärt habe», daß sie nicht zugegen sein werben. Der Präsident raufte sich die 5)aore. Entsetzlich. Das wird aus der glänzenden Fahnenweihe werden? Von den oierundzwonzig Kranzjungfern sind mir mehr neun übrig, und auch diese sind meist Töchter einfacher Dürgersfamilien. Uber auch den Uebriggebliebenen ist nicht zu trauen. Eine Woche vor der Fahnenweihe kommt der Rechnungsbeomte de? To- bakeinlösungsamres mit großem Gepolter zu dem Präsidenten ge
stürzt. Man beliebe auch seine Tochter zu streichen. Er ist ein königlicher Beamter, auch er will nicht, daß seine Tochter zu den Leuten niedrigen Ranges zähle. Von der Intelligenz war nur mehr die Tochter des Doktor Ho- marod übrig. Auch dia weint, daß sie gehen muß, ober sie wagt nicht zu widersprechen, denn ihr Vater will von einer Absage nichts wissen. Warum nicht gar! Er wird doch nicht wogen einer Mädchen- laune seine besten Patienten verlieren. Die Schneider, Schlosser sind mehr wert, als die vornehmen Herren, denn jene zahlen, diese aber nicht. Der reiche Metzger Valentin Zsiros begab sich aufgebracht zum Präsidenten des Gesangvereins. „Wer ist es also, der sich mit meiner Tochter nicht in eine Reihe stellen will?" Der Präsident beschwichtigte ihn, so gut er konnte. „Einige haben allerdings abgesagt, doch liegt darin, bitte, durch- aus keine beleidigend« Absicht, nur aus Fomiliengründen. Man braucht deshalb nicht aufgebracht zu sein. Das Festkomitee hat
schon für die Besetzung der leeren Plätze gesorgt. Bitte, nur ganz ruhig zu sein, alles wird in Ordnung gehen." „Es sei aber auch so," drohte der erzürnte Metzger,„denn sonst..." Er sagte nicht, was sonst geschehen wird, aber der Präsident wußte, daß es sonst zu einem riesigen Skandal kommen wird. Der ganze Gesangverein schwebte in Gefahr. Aber wie immer sich auch der Präsident abquälte, er fand keinen Ausweg Davon, daß das Festkomitee für neue Kranz-. jungfern sorgen werde, war keine Rede, das war mir ein leeres Versprechen. Aber mich das Fest ließ sich nicht aufschieben. Di« aus- übenden Mitglieder des Gesangvereins, die Bürger, Handwerker, Kleinkousteutc forderten laut:„Es muß abgehalten werden. Justa- ment muß es abgehalten werden." Der Präsident sah die große Gefahr, hier konnte nur mehr ein Wunder Helsen . Und dieses Wunder geschah auch. Drei Tage vor dem Feste verschwand die neue Seidenfahne. Ein unbekannter Täter hatte sie bei Nacht aus dem Vorzimmer des Präsidenten ge- stöhlen. Man hat nie erfahren, wer es gewesen zst. Den Schaden Hot der wackere Präsident wieder ersetzt, er hat ober ausbedimgen, daß man für dieses Geld keine neue Fahne an- fertigen lassen darf. Der Vamoser Gesangverein kann unter der alten Fahne noch lange mit Triumph wirken. pSutorillerti Hebers efttma ons dem Ungarischen von L. Nenscha.l
Musik als Schlafmittel. Sanfte, getragene oder heitere Melodien?
Wie neroenaufreizend kaut« Musik wirken kann, beweist die ..Musik der Geräusche", die Jazzmusik. Auf der anderen Seite kann man dieselbe Wirkung auch mit ganz geringen Mitteln erzielen. So oersetzte seinerzeit Otto Brahm bei einer der ersten Aussührun- gen von Gerhort Hauptmanns„Elga" dos Publikum mit einem einzigen leisen Akkord in höchste Erregung. Er hotte gleich am Be- ginn des Stückes, schon während sich der Vorhang hob, auf einem Harmonium«inen Ouart-Sextakkord in Moll so leise anklingen lasten, daß er den Zuhörern während de« Dialogs gar nicht zum Bewußtsein kam. Aber dieser einzige stets gleich« Akkord wurde mit dynamischen Schwankungen ununterbrochen durch da« ganze Stück festgehalten und steigert« sich bis zur höchsten Krastentfalwng des Instruments, das in einem so großen Raum ja nie zu stark wirken kann. Wie ein Ohrenzeuge jener Ausführung berichtet, oer- ließen die Zuschauer schließlich wie betäubt das Hau». Prahm hat dieses gelungene Experiment übrigens nie mehr wiederholt: er hatte sich von seiner Wirkung auf die Nerven der Zuhörer hinläng- lich überzeugt.. Welche Art von Musik erreicht nun das Gegenteil:'eine wohl- tätige Beruhigung der Nerven? Vor ollem nur heiter« Musik. Gänzlich irrig ist die alte Annahme, sanfte getragene Musik sei im- stände, ein trauriges oder heftig bewegtes Gemüt wieder in ein harmonisches Gleichgewicht zu bringen. R. H. Stein in Berlin , der sich dem Studium der Heilung durch Musik widmet, erzählt hierzu zwei lehrreiche Beispiele. In einer Blindenanstalt wollte er zu seinen Zwecken Musik vorführen. Im Gefühl, daß leicht« Musik hier nur stivol klingen könne, begann er mit ernsten Weisen. Da flüsterte ihm der Kapellmeister des Blindenchors erschreckt ins Ohr: „Haben Sie denn nichts Lustiges?" So versuchte es denn der also Belehrte ein andermal in einem Zkrankenhaus mit froher Musik. Aber auch hier hatte er das falsche getroffen. Empört wies der Chefarzt das ihm vorgelegte Programm zurück und stellte nach eigenem Crmesten ein paar recht ernst« Nummern zusammen.
E» ist nachgewiesen, daß Rundfunkdarbietungen oder Gramms- phonmusik das Nervensystem viel weniger angreisen als direkte Musik, da sie sozusagen die Musik erst„aus zweiter Hand" geben: Maschinenmusik wird daher in Sanatorien auch unbedenklich zu- gelasten. Andererseits können aber Nervenkranke, die durch nichts mehr aus ihrer Apathie zu erwecken sind, durch auf Lautsprecher- stärke eingestellt« Radiotöne, die, wie Stein sogt, scharf rhythmi- siert sind und in regelmäßigen Abständen gebracht werden, doch wieder emporgerüttelt werden: vorausgesetzt natürlich nur solche Kranken, deren Gehirn noch nicht angegriffen ist. In England, wo viel mehr als bei uns die Musik als Heil- mtttel angewendet wird, bestehen schon seit den achtziger Jahren de» vorigen Jahrhunderts eigen« Kapellen, die niemals öffentlich, sondern nur in Krankenhäusern zu Heilzwecken konzertieren. Dort gibt es auch einen eigenen Harmoniumspielerberuf, der darin be- steht, daß bei besonderen Ausregungszuständen solche Harmonium- spieler durch ihr Spiel, das sich genau dem jeweiligen Gemütszu- stand der Kranken anpaßt, die Patienten beruhigen: sie sind in dieser Beziehung mit Hypnotiseuren vergleichbor. Diese Kunst bringt dem. der sie ausübt, große Summen ein.' es soll aber auch Idealisten geben, die sich ihr menschenfreundliches Werk nickst honorieren lasten. In England und in Amerika sind auch die sogenannten Schlaf- Maschinen bereits bekannter, deren Wirkung sich Opern- und Kon- zertbesucher leicht vorstellen können, denen es gelegenttich wider- fährt, daß sie sich mangels genügender Begeisterung mit dem besten Willen nicht des Schlafes erwehren können. Diese therapeutische? Schlafmaschineu sind nämlich Mustkapparate, die mit leisem sym- pathischen Klang stundenlang, ohne aufzuhören, dieselbe freundliche Melodie immer wieder herunterspielen: also eine Mutter, die un- ermüdlich Wiegenlieder für„große Kinder" singt, das unschädlichste Schlafmittel, das sich nie abnützt, und das der natürliche Mutter- infttnkt schon seit Jahrtausenden ersonnen hat und noch heute ver< abreicht. Mathilde von Leinburg.
Im Schlangeniempel aus pettang. Do« Dr. Gerhard Denzmer. Der Weltreisend«, der Gelegenheit hat. im Abend- und Morgen- land die Heiligtümer miteinander zu vergleichen, die der Mensch seinen Göttern baut, erstaunt innner wieder darüber, wie gar so abweichende Pfade die Sterblichen wandeln, wenn sie den Weg zu Gott suchen. So abgrundtief verschieden sind ja in West und Ost die äußeren Hilfsmittel, deren sich der Gläubige bedient, um die Gottheit an sich zu verwirklichen, daß es bisweilen schwerfällt, in der Manniqfalttgkeit der Erscheinungsformen das Gemeinsame wieder- zusinden. Kaum ein Heiligtum aber wird den Westländer mit solcher Verwunderung erfüllen, wie ein seltsames Tempelchen, das der nach Ostasien Reisende im Maloienlande aus der Insel der Betelpalme Penang findet. Im dichten lstrün üppiger Palmen träumt hier mit kühn geschweiften Dächern ein hölzernes Gotteshaus, das zu den merkwürdigsten Andachtsstätten der Welt zählt: der Schlongentempel. In dem kleinen halbdunklen Raum entdeckt dos Auge zunächsi weiter nichts als ein paar goldstrotzende Buddhasiqnren und ein Tischchen, aus dem aus Bronzeurnen trockene Sträncher ihr Geäst erheben. Betrachtet man aber aufmerksan�r die Zweige, so sieht man mit Staunen, daß ein jeder um sein Astwerk geringelt ein buntes Schlönglcin trägt. Selbst die ausgestreckten Arme der Götter- bilder an den Wänden dienen den geschmeidigen Tieren als Ruhe- platz. Und so unbeweglich verharren die Schlangen, daß man sie für leblos halten würde, kündete nicht bisweilen ein Züngeln, daß Leben in den schlanken Leibern wohnt. Niemals»erlassen sie ihren Platz: wozu auch— füttern doch die Priester die heiligen Tiere alltäglich mit leckeren Voqeleiern! Auch die gesürchteten Kobras, deren Biß in Indien in jedem Jahre Taufende von Opfern fordert. gibt es in diesem sonderbare» 5)elliqtum. Frei und ungehindert ruhen sie, träge zusammengerollt, in ihren flachen Sandkästen. Aber wenn man sie mit dem Stock reizt, richten sie sich empor und spreizen den Halsschild! Ein furchterweckender Anblick. Geheimnisvolles Halbdunkel liegt über dem Raum. An den Wänden lächeln die goldschimmernden Götterbilder. In bronzener Opscrschale slnckert blau die Flamme des Weihrauchs, mit süßlichem Dust die Lust durchschmängcrnd. Der Priester rührt den heiligen Gang, die Schlangen züngeln. Welch seltsamer Kult! Aber kommt nicht auch in ihm letzten Endes imr dos gleiche Empfinden zum Ausdiuck wie in allen übrigen Andochtsstätten der Welt: einen den Hauch des Geheimnisvollen atmenden Ort innerer Einkehr zu schaffen, der dem Erdenmenschen Hilst, jenes Unsichtbare und Unfaßbare auf sich wirken zu lasten, das er ungewiß� und doch überall und allgegenwärtig über sich ahnt? Wunderbar isf», wie duldsam weite Reisen den Menschen in diesem Betracht machen. Wa» einem an den Kultgebräuchen fremder Länder und Völker ansang» sinnlos,
la abstoßend und barbarisch dünkt, offenbart gar bald die tiefe innere Bedeutung. Und angesichts so mannigfaltiger, zu Gott führender Pfade fühlt man's mit einem Male, daß Peterskirche und Buddha von Kanmturo, Kölner Dom und Maduro-Pagode, Hagia-Sofia und Tempel der Tausendlindein-Kwanonstatuen, Dorfkirche und Schlangentempel letzten Endes alle das gleiche wollen. Und mir die Art, in der sie den Menschen zu beeindrucken suchen, ist der wechseln- den Wesensart ihrer Gläubigen angepaßt. So mag auch das kleine, unscheinbar« Heiligtum des Schlangen- tempels denen, die in ihm beten, helfen, im Anblick der seltsamen geschmeidigen Geschöpfe, die der Mensch von je mit dem Nimbus des Geheimnisvollen umgab, das wundersam« und unbegreifliche Walten der Schöpfung zu erschauen.___ Die Höhlenmalerei der Buschmänner. Eine Theorie, nach der die in den Felsenhöhlen Südafrikas auigefun denen Zeichnung?» nicht unbedingt das Werk primitiver Buschmänner zu sein brauchen. daß vielmehr das verhältnismäßig hohe künstlerische Niveau dieser Bilder viel«her aus alle Zivilisationen schließen lasse, vertritt der englische Oberst Inipcy in einer Abhandlung, die kürzlich in einer Sitzung des Londoner Anthropologischen Instituts verlesen wurde. Leider mußte die Versammlung aus die Vorführung erläuternder Filmaufnahmen verzichten, da der Oberst, der viele Jahre dem ver- gleichenden Studium von Höhlenzeichnungen in verschiedenen Län- dern gewidmet hat, durch Krankheit am Erscheinen verhindert war. Der Grundgedanke seiner theoretischen Ausführungen stützt sich auf die Annahm«, daß die Völker, die vor vielen Jahrtausenden im Süden der Sahara lebten, teils nach Spanien , teils nach Südafrika auswanderten, als ihre ursprüngliche Heimat unbewohnbar geworden war, woraus sich auch die zwischen den verschiedenen Höhlenzeich- nungen bestehende Aehnlichkeit erkläre. Der Oberst ist auch der Meinung, daß die Sabäer aus Sudarabien , die unter Benutzung phönizjscher Schisse zwischen Indien und der afrikanischen Küste Handel trieben, solche Felsenzcichnungen auf ihrem Wege hinterlassen haben. Einer der bemerkenswertesten Bilderzyklen war ein« Reihe von Zeichnungen am Dachgewölbe einer Höhle in der Nähe van Fort Victoria. Sie wirkte in der Auffassung erstaunlich modern und stellt nach Impeys Meinung Frauen dar, die, in altgriechische Gewänder gekleidet, auf den Straßen Schaustellungen gaben, indem sie Musikinstrumenre spielten und zu dieser Musik tanzten. Eine andere Entdeckung wurde in einer Höhle aus der Spitze eines Felsens gemocht, der eine Meile lang und zweihundert Meter hoch war. Für die dort gestmdenen Figuren, die in einem ausschließlich in Südafrika bekannten Stil dargestellt sind, gibt der Oberst eine eigen- artige Erklärung. Impey hält die Gestalten für Männer, die Vogel- masken tragen, und für Frauen, die zum Sonnengott um Regen zur Erhaltung der heiligen Bäume beten. Er hält dies« Zeichnungen für die Arbeit der alten Sabäer.