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Morgenausgabe

Ar. 353

A 180

45.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Sonnabend

28. Juli 1928

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

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Washington   begünstigt Nanking  . Der Faschismus in Argentinien  

Handelsvertrag China  - Bereinigte Staaten.

Washington  , 27. Jull

Der neue Zolltarifvertrag zwischen den Vereinigten Staaten and China ist am 25. Juli in Peting unterzeichnet worden. Der Bertrag gewährt China   volle Autonomie in allen Fra­gen der Zolltarifpolitit und trift am 1. Januar 1929 in Kraft, falls er bis dahin von belden Regierungen ratifiziert worden ist.

Freudiges Echo in China  

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Japaner.

Mißstimmung der

Pefing, 27. Juli. Die chinesische Presse äußert sich höchst befriedigt über ben neuen Zolltarifvertrag mit den Bereinigten Staaten und deutet ihn als einen erneuen Beweis der freundschaftlichen Gesinnung Ameritas. Die Unterzeichnung des Bertrages sei ein Ereignis von weitefttragender Bedeutung für die Weltstellung des neuen China  , bedeute dessen moralische Anerkennung feitens der Bereinigten Staaten und werde zwangsläufig auch den anderen Mächten den Weg vorzeichnen.

Die in. Beling erf heinenden japanischen Zeitungen bezeichnen den Vertrag als eine Gefte ohne materiellen Gewinn für China  , da. Amerita damit feinerlei Rechte aufgebe, solange die anderen Mächte ihre bisherigen Privilegien behaupten. Sie frisi­fleren befonders abfällig den von der Washingtoner   Regierung befonders a biatlig

und über die japanische Politit in der Mandschurei   muß die natio nale Regierung eine dirette Einmischung der japanischen Regierung in die inneren Angelegenheiten Chinas   und eine Ber­legung der nationalen Souveränität erblicken. Die Bereinheitlichung Chinas   und die Abschaffung der Verträge sind zweierlei. Die erstere betrifft die innere Politit, die letztere die Außen politit Chinas  , die man nicht miteinander vermengen darf Dadurch, daß Japan   sich der Abschaffung der ungleichen Berträge widerfeßt, hofft es, feine besonderen Privilegien in der Mandschurei  aufrechtzuerhalten. Diese Haltung Japans   steht aber in traffem Widerspruch zum Geiß und Buchstaben des Bölterbund statuts und des in Washington   von den neun Mächten unterzeichneten Ab­fommens über die territoriale Integrität und Souveränität Chinas  .

Japan   fontrolliert die Mandschurei  .

New York  , 27. Juli.

,, Herald Tribune" veröffentlicht an hervorragender Stelle eine Depesche ihres Berichterstatters in China  , in der es heißt. daß Ja. pan tatsächlich jetzt die Mandschurei   kontrolliere. Nanting fönne feit drei Tagen nicht mehr mit Mufden verkehren, da der Funkverkehr von den Japanern unterbunden worden sei. New York Times  " spricht die Hoffnung aus, daß das Beispiel, das Amerika   in feiner Note an China   gegeben habe, von den an­deren Nationen befolgt werde.

zur Unterzei- hmung des Bertrages gewählten Zeitpunkt, der nichts Japanische   Oppositionspartei gegen Machtpolitit.

melter als eine Stimmungsmache für die grundlägliche Bereitwilligfeit zur Revision der China  - Berträge bebeute, die ja fchließlich auch von den anderen Mächten einschließlich Japans  Längft, und wiederholt: betont morden sei.

Tofio, 27. Juli,

Chinesischer Proteft gegen Japans   Einmischungs japanische   Regierung würde die Belange der japanischen Bürger in

versuch.

Paris  , 27. Juli.

Die Barifer Bertretung der Sanfi Regierung ver öffentlicht einen aus Ranting stammenden Brotest gegen die Haltung ber japanischen Regierung. Diese Kundgebung besagt a. a.: In den Erklärungen des japanischen Ministerpräsidenten und bes japanischen Ronfuls von Mufben über die ungleichen Berträge

Schärffte Antwort Polens   an Litauen  . ,, Dauernde Unterschiebung friegerischer Absichten." Genf  , 27. Juli.  ( Eigenbericht.)

Der ständige polnische Delegierte beim Bölferbund hat dem Böllerbundssekretariat am Freitag im Auftrag feiner Regierung eine Rote übergeben, die eine sehr deutliche und scharfe Antwort Bolens auf die fürzliche Klage Litauens   über an­geblich bevorstehende große polnische Manöver im Wilnagebiet dar stellt. Die polnische Note betont, daß Bolen alljährlich in ver.

schiedenen Teilen feines Landes militärische Manöver abhält und in diesem Jahre wie im vorigen Jahre im Wilnagebiet, zwar nicht im Auguft, wie Litauen   angab, aber im September die üblichen Manöver stattfinden. Die Manövergegend läge weiter von der polnisch- litauischen Grenze entfernt als im vorigen Jahre. Im An­schluß an diese Angabe bezeichnet die polnische Note die litauischen Behauptungen daß die Sicherheit der litauischen Grenze gefährdet fet, als eine Anschuldigung, die jeder Begründung ent. behrt. Die polnische Rote geht dann zu folgenden allgemeinen Bemertungen über:

Die polnische Regierung meift jeden ausländischen Brotest gegen fein Recht, auf seinem Gebiet militärische Uebungen abzu halten, fategoris zurüd. Die Barschauer Regierung stellt feft, daß das dauernde fitauische Bestreben, Bolen einzig und allein auf Grund infontrollierbarer Breffemeldungen friegerische Ab.. fichten zu unterschieben, ein ernstes unrecht ist, das vom Bölkerbund nicht geduldet werden barf. Dieses Bestreben ist um so verdammenswerter, als Litauen   die polnischen Borschläge auf Abschluß eines Nichtangriffspattes zurüdgewiesen und im Gegensatz zu der Resolution des Bölterbundsrates vom 10. Dezember 1927 seit mehr denn sechs Monaten unzählige Schwierigkeiten, hervorgerufen hat, um ein Ergebnis der polnisch­Litauischen Berhandlungen, die das gute Einvernehmen... von bem der Frieben abhängt, zum Ziele hatten, zu verhindern.

Die polnische Regierung, die auf die feierlichste Weise die Berficherung abgegeben hat, baß fie bie friedlichen Beziehungen zu Litauen   aufrechterhalten will, die den guten Willen gezeigt hat, in diretten Berhandlungen zu einem guten Einvernehmen zu ge langen, protestiert auf das farffte gegen die von der fitauischen Regierung angewandten Methoden. Diese stelen darauf hin, am Borabend der Bölterbundsversammlung eine Atmo sphäre der Unsicherheit zu schaffen und die Berant wortung Litauens für bas Sheltern der Berhandlungen mit

Die Oppositionspartei Minjeito bat dem japani­fchen Rabinett eine Erklärung überreicht, in der gegen die ja pa nische Politit in China   Einspruch erhoben wird. Die China   beffer wahren, wenn sie Verhandlungen mit. der Ranting- Regierung einleiten würde. Die bisherige Politit erinnere an eine Macht politit gegenüber einem Kolonialvolt, die bei den heutigen Verhältnissen nicht mehr angebracht sei. Im Widerspruch zu dieser Machtpolitik stehe das Verhalten der japani schen Regierung gegenüber den energischen Forderungen der Mantingregierung bezüglich der alten und neuen Verträge. Es liege nicht in dem Interesse Japans  , in China   sich einen Feind zu schaffen.

Die letzten Bombenattentate.- Der Führer des Faschio als Attentäter schwer fompromittiert.

L. G. Buenos Aires  , im Juli.

Das Bombenattentat gegen das italienische Konsulat in Buenos Aires  , durch das nicht weniger als acht Menschen getötet und vierzig zum Teil schwer verlegt wurden, hat Mussolinis Bruder, Arnoldo, in einem Leitartikel feines römischen Blattes die argentinischen Behörden der Nachlässigkeit und Duldung antifaschistischer Elemente be­schuldigen und die verfassungsmäßigen Freiheiten der Re­publit als ,, verbrecherisch" bezeichnen lassen, weil sie die Re­gierung verpflichte, den verbrecherischen und politischen Ballast mit dem Mantel der Freiheit zu decken und zu schützen!" Deshalb, so sagt Mussolini  , sei es ,, notwendig, mit einem so gefährlichen Zustand ein Ende zu machen". Und er sagt weiter, solange das nicht geschehe, sei es ,, lächerlich und grotest, von guten Beziehungen zu sprechen, wenn man die Verbrechen gegen Italien   duldet, unterstützt und rechtfertigt". Es sei daher dumm und verbrecherisch, aus dieser Duldsam­feit eine Frage der Freiheit zu machen".

Diese herausfordernde Sprache hat auf die Argentiner, denen die Verfassung vom 16. Juli 1816 ein unantastbares Heiligtum ist, eine Wirkung gehabt, die lange anhalten und alle Bemühungen der offiziellen faschistischen Emissäre, als die der Gesandte des Duce und seine Konsuln offen für den Faschismus werben, zum Scheitern bringen wird. Bei einiger Kenntnis der politischen Psyche des argentinischen Boltes hätten die Unfehlbaren" in Rom   wohl unterlassen, das argentinische Bolt und seine Preffe in so herausfordernder Weise zu reizen. Da man aber im Chigipalast anscheinend nicht weiß, daß ,, Amerika  " aus zwei Hemisphären besteht, von denen jede ihr eigenes politisches und fulturelles Leben hat, beurteilt man es von dem Gesichtspunkt aus, der in Washington   vorherrscht und von dort durch den Botschafter Child nach Rom   übertragen wurde. Die politischen Ge­sichtspunkte Washingtons und Roms werden aber hier a b= gelehnt, seit der große Bruder" im Norden aufge­hört hat, ein Vorbild der Demokratie und ein Hort der Freiheit zu sein, und seit der Faschismus das freie Italien  Cavours, Garibaldis und Mazzinis in einen Sklaven­staat umgewandelt hat. Das Schicksal Nikaraguas und die von der Dollardiplomatie ausgegrabenen Grenz= streitigkeiten zwischen mittel- und südamerikanischen Re­publiken mit drohender Intervention Washing­tons haben das auf seine Unabhängigkeit und Freiheit stolze

Bolen, die die litauische Regierung nicht bestreiten kann, vor der argentinische Bolt ebenso mit Mißtrauen erfüllt, wie die öffentlichen Meinung der Welt von sich abzuschieben."

Kabinett Korosetsch gebildet. Unter Führung des Glowenen Korosetsch.

Belgrad  , 27. Juli. Dem Führer der Slowenisch- kleritalen Partei korofetich, der schon im alten österreichischen Nationalrat eine Rolle spielte,

ist es gelungen, ein kabinett zu bilden, das am Freitag nach mittag vom König bereidigt worden ist. Es jetzt sich zum größten Teil aus Mitgliedern des vorigen Kabinetts zusammen. In die neue Regierung wurden acht Radikale, vier Demotraten und zwei kleritale aufgenommen, darunter als Ministerpräsident und Innenminiffer Dr. Korosetsch( Slow.­Kler.) und als Außenminister Dr. Marinkowitsch( Dem.).

faschistische Dittatur mit ihren Greueltaten ihm die Erinne­rung an die Schreckensherrschaft des Diktators Manuel Rojas dauernd wach hält. Das argentinische Bolk ist demo­fratisch und republikanisch aus Ueberzeugung. Der Ab­scheu vor jeder Dittatur wird hier den Kin dern schon in der Schule durch den Geschichts­unterricht eingeimpft und das Urteil über die 22jährige Diftatur Rojas wird in den Worten zusammengefaßt: Nicht die Asche seiner Knochen darf in argentinischer Erde ruhen!

Ein Bolt, das so im Haß gegen die Diktatur und in der Liebe zur Demokratie und Freiheit erzogen wird, setzt natürlich allen reaktionären Bestrebungen, die es auch hier natürlich allen reaktionären Bestrebungen, die es auch hier gibt, den stärksten Widerstand entgegen. Das hat die ,, ig a Patriotica" erfahren, der so lange die Massen zu­strömten, als das bolfchemistische Gespenst im Lande herum­spukte, der sie aber den Rücken fehrten, als sie sich mili⭑ tärisch organisierte, indem sie ihre Mitglieder in Flieger­brigaden, Eisenbahnerbrigaden, Chauffeurbrigaden und so weiter organisierte, zugleich auch rückschrittlich in den politi­

Riefenaussperrung in England.schen und arbeiterfeindlich in den ſozialen Kampf einzugreifen

500 000 Zegtilarbeiter werden aufs Pflaster geworten.

London  , 27. Juli  .( Eigenbericht.) Die englischen Spinnereibesiker beschlossen in einer Versammlung in Lancaster, am 11. August sämtliche Arbeiter auszusperren und die Betriebe still zulegen. Bon diesem Beschluß werden mehr als 500 000 Arbeiter betroffen werden.

Der Konflikt innerhalb der englischen Textilindustrie war schon seit längerer Zeit latent. Die Arbeitgeber be­standen auf einer Lohnkürzung und auf einer Ver­längerung der Arbeitszeit.

Lohnherabsetzung bei der Eisenbahn  .

London  , 27. Jufi.

Zwischen den Eisenbahngesellschaften und den Eisenbahngewertschaften ist heute em provisorisches blommen für die Dauer von 12 Monaten getroffen worden, wonach vom 13. Auguft ab alle Löhne und Gehälter, einschließlich der jenigen der Direktoren und Geschäftsführer, um 2,5 Prozent herabgelegt werden.

begann. Mittlerweile ist die Mitgliederflucht so stark ge= worden, daß die Liga nur noch ein Scheindasein führt. Wie das Volk jede Absicht verurteilt, eine Gewaltherrschaft in irgendeiner Form einzuführen, hat auch der Kriegsminister Justo erfahren, als er den Bersuch machen wollte, nach dem Beispiel des chilenischen Diktators General Ibanez alle Macht an sich zu reißen. Damals hat ihm das Militär den Gehorsam offen verweigert und die ganze Landespresse hatte eindringlichst vor den Folgen gewarnt, die derlei Gelüfte haben müßten. Auch der gegenwärtige Außen­minister Dr. Gallardo ist in der heftigsten Form getadelt worden, als er bei seinem jüngsten Besuch in Rom   seine Sympathien für den Faschismus und den Duce lauter ge­äußert hatte, als er das als Außenminister einer demokratisch regierten Republik tun durfte.

Bielleicht sind es derartige Sympathiebeweise gewesen, die Mussolini   veranlaßten, die Propaganda für den Faschis­mus hier offiziell zu organisieren und in Buenos Aires   einen Hauptfaschio für ganz Südamerika   einzuseßen; seitdem ge­bärdeten die Faschisten sich so, als ob Argentinien   eine Kolonie Mussolinis wäre. Die Folge war eine tiefgreifende anti­faschistische Bewegung mit flammenden Reden über bie Schreckensherrschaft in Italien   an den Straßenecen im