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Das Auslieferungsbegehren.

Es wird verhandelt und es wird gehetzt.

Das Auslieferungsbegehren der französischen  Besazungsbehörden hat noch mitten im Stadium ber Berhandlungen die Dimensionen einer hochpolitischen Angelegenheit angenommen, die dem gegenwärtigen Stand der Dinge in feiner Weise entsprechen. Schuld daran ist eine Mischung von nationalistischer Bösartigkeit und von preffe politischen somie diplomati­fchen Regiefehlern.

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Die am Donnerstag abend von der Telegraphen- Union" verbreitete Darstellung, monach die Reichsregierung dem Aus­lieferungsbegehren stattgeben würde, mußte den Ein­druck erwecken, als handle es sich um eine bereits abgeschlossene und entschiedene Angelegenheit. In Wirklichkeit wurde in Roblenz bereits seit längerer Zeit über den Fall verhandelt, und eine für beide Teile durchaus befriedi gende Lösung stand unmittelbar bevor, als offenbar nicht ohne Absicht die Tatsache der französischen   Forderung. in sensationeller Aufmachung durch gewisse Agenturen mit­geteilt wurde. Anstatt nun die Presse sofort über die wahre Sachlage zu informieren, haben die zuständigen Stellen sich darauf beschränkt, die Mitteilung zu bestätigen und zu ver sichern, daß das formale Recht auf französischer Seite liege. In Wirklichkeit hat es in den letzten Jahren Hunderte folcher Auslieferungsforderungen gegeben, die stets durch Berhandlungen glatt geregelt werden konnten. In einigen ausgesprochen friminellen Angelegenheiten ist unter früheren Regierungen die Auslieferung sogar tatsächlich erfolgt.

Im vorliegenden Falle, der einen politischen An­strich hat, muß natürlich ein Ausweg gefunden werden. Es mag sein, daß einige franzöfifche Herren in Koblenz  . die ein Interesse daran haben, eine frühere Räumung zu verhin­dern und die deutsch  - französischen Beziehungen zu trüben, es darauf angelegt haben, besondere Schwierigkeiten zu machen. Die französischen   Regierungsstellen in Paris   waren bis gestern über die Angelegenheit gar nicht informiert. Erst jest ist man auf den naheliegenden Gedanken ge­fommen, burch diplomatische Schritte in der französischen  Hauptstadt eine schnellere Beilegung dieses maßlos auf: gebauschten 3mischenfalles zu veranlassen. Auch auf franzöfifcher Seite find, wenn wir recht unterrichtet find, ähnliche diplomatische Bemühungen im Gange

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Das bysterische Geschrei der deutschnationalen Presse, die verrüdten Kundgebungen der vaterländischen Ver­bände beweisen lediglich, daß die Rechtsparteien ein Ab lenfungsmanöver Don ihrer eigenen schweren Lambach Krise dringend brauchten und daß sie aus innerpoli tifchen Hezgründen ganz bewußt einen außenpolitischen Kon­fliti schwerster Art heraufzubefchwören bemüht sind.

Das Echo der Pariser   Sehpreffe.

Baris, 27. Juli.  ( Eigenbericht.)

Das Muslieferungsbegehren bes franzöfifchen Rhein landkommissars findet in ber hiesigen Rechts preffe natürlich eifrigfte Unterstügung. Die ablehnende Haltung der deut­ichen Bresse wird dagegen als Scharfmacherei hingestellt. Die Links preffe häli sigh außerordentlich zurüd

Zeigt Schwarzrotgold!

Geebäder und Reichsflagge.

Die Deutsche Tageszeitung" menbet fidh gegen bie Absicht bes Reichsbanners, in den Seebädern fchwarzrotgolbene Werbeumzüge zu veranstalten. Das sei Provokation und Terror. Das Blatt droht mit Ausschreitungen, wenn die attive Flaggenpropaganda Tat werden sollte.

Es gab eine Zeit, in der die Gesinnungsgenossen der ..Deutschen Tageszeitung" in der Reichsregierung feierlich versprachen, den Reichsfarben die ihnen zukommende Achtung zu tommen zu lassen und sie vor der Befchimpfung Uebelwollender zu schützen. Die betreffenden Herren haben inzwischen abgewirtschaftet. Wenn man daraus, wie nach der Angabe der Deutschen Tages zeitung" angenommen werden muß, den Schluß ziehen soll, daß das feierliche Wort der deutschnationalen Parteiführer nicht mehr gilt, so ist das eine Propaganda für schwarzweißrote Cha ratierstärte, die für sich selbst spricht.

Das bedeutet aber nicht, daß damit schwarzweißrotem Uebel­mollen ein Freibrief ausgestellt wird. Der preußische Innen­minister hat in seinem Bädererlaß für den passiven Flaggenschu's gesorgt. Damit fann es nicht sein Bewenden haben. Die Reichs. flagge hot ein Anrecht darauf, allenthalben im Reiche gezeigt zu werden. Wenn die Herrschaften in den Seebädern diese Flagge sabotieren, so ist es nur zu begriißen, wenn sich Repu blikaner finden, die ihr Geltung verschaffen. Paßt das den schwarz­weißroten Herrschaften nicht, so mögen sie sich einen Aufenthalt wählen, der außerhalb der schwarzrotgoldenen Grenzen der Repu­

blit liegt.

Deutschnationale und Angestellte.

SUB­VEN­

TIONE

ZOLL

Ber von der Reichstagsarbeit eine Zweipfenniglobnerhöhung oder fonft einen materiellen Vorteil in seinem Beruf erhofft, für den ist tein Plag in der deutfcnationalen Partei."

( Aus einer deutschnail. Parteiforrespondenz)

, Wie dafür, daß Sie uns Ihre Stimmen geben, verlangen Sie wirtschaftliche Borteile? Wo bleibt denn da der nationale 3dealismus?

Frankreich   und der Separatismus

Eine Erklärung Poincarés und eine Antwort Harry Keßlers.

In Paris   lebt als politischer Flüchtling der ehemalige| Separatistenführer Matthes. Obwohl das Londoner Re­parationsabfommen eine allgemeine Amnestie für alle Taten aus der Separatistenzeit vorfah, zieht es Herr Matthes, ebenso wie Dr. Dorten und andere prominente" Führer der rheinischen Loslösungsbewegung, vor, in Frankreich   zu leben. Es fragt sich nur, wovon. An­scheinend beruht die Existenzgrundlage dieser Herren vor allem darauf, daß sie über die Zusammenhänge von 1919 bis 1923 sehr viel missen, und daß gewisse französische   Re­gierungsstellen verhindern möchten, daß fie zu reden an fangen.

Wie dem auch sei, Herr Matthes lebt in Paris   und ver= sucht, sich nützlich zu machen. Als fürzlich das Buch vom Grafen Harry Kepler über Walter Rathenau  , jein Leben und sein Werk" erschien, da schrieb Herr Matthes dem französischen   Ministerpräsidenten Poincaré  , Reßler hätte in diesem Buche behauptet, daß die Annexion des Rheinlandes das Ziel der französischen   Regierung zur Zeit der Ruhrbelegung gemefen märe.

Darauf antwortete Poincaré   in einem Brief an Matthes:

Diese Behauptung ist palltommen fatih, und die französische   Regierung hat memais banach gestrebt, has Rheinland   zu annettieren."

ein von der franzöfifchen Regierung verfolgtes Sief gewesen ist. Aber ich habe gefagt und tann nur meine Behauptung aufrecht erhalten, daß Ihre Politik darauf ausging, die Rheinlande vom Deutschen   Reich abzufrennen, indem ein autonomer" Rheinstoot geschaffen wurde, der staatsrechtlich weder zum Reich, noch auch zu Frankreich   gehört hätte, der aber auf unbestimmte Zelt von größten­teils franzöfifchen Truppen befeht und an Frankreich   durch die starten, vom Senator Dariac in seinem Bericht an Sie vom 23. Mai 1923 erdachten und genau beschriebenen Bindungen gefeltet, zwangs­läufig unter dem entscheidenen Einfluß von Frankreich   geraten wäre. Es handelt sich also in der Tat feineswegs um ,, Annegion", sondern um eine Angliederung ber Rhein­Iande an Frankreich   durch Einrichtungen, die denen analog gemesen wären, durch die Frankreich   sich Tunis  , England egypten, die Vereinigten Staaten Cuba angegliedert haben.

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Mir scheint, Herr Ministerpräsident, Sie selbst dürften nicht imftande sein, eine andere Deutung für die Erleichterung zu finden, bie die französischen   Besazungsbehörden der separatistischen Bewegung gegeben haben, die ganz offen einen Rheinstaat unter bem Schuße Frankreichs   errichten wollte.

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Die Antwort Reßlers trifft in der Tat den Kern der Sache. Ohne eine formelle Annegion zu erftreben, ging die damalige Politik Frankreichs   auf eine 3erschlagung der deutschen   Einheit, oder zumindest auf eine Loslöjung Das ultrapazifistische" Blatt der F. W. Foerster des Rheinlandes vom Reichsgefüge aus. Ob nun die franzö Mertens- Gruppe, Die Menich beit", bie offenbar zufliche Regierung diefe offene Unterstügung der Separa Matthes gute Beziehungen unterhält, brudte alsbalb den tiften durch die Besagungsbehörden offiziell angeordnet Brief Boincarés ab. Daraufhin hat Graf Reßler an ben hatte oder ob fie sie nur ftillich mei ge n b billigte, ist ziem französischen   Ministerpräsidenten ein Schreiben gerichtet, in lich einerlei. dem es heißt:

Sie werden mir gestatten, Ihnen zu sagen, daß Herr Matthes Ihren guten Glauben getäuscht hat. Mirgends habe ich in meinem Buche gesagt, daß Eie die Absicht gehabt hätten, die Rheinlande su annettieren"; ich unterschreibe im Gegenteil Ihr Dementi, daß eine Annegion der Rheinlande im politischen und staatsrechtlichen Sinne nie in der Nachkriegszeit

Die belgische Militärdebatte. Sozialistische Friedensworte erregen nationalistische Kriegs heher.

Brüssel  , 27. Juli.  ( Eigenbericht.)

Die Regierung hat in der Kaminer bei der Militärdebatte eine neue Niederlage erlitten. Troß ihrer Bemühungen wird die Gene­raldebatte über den Gesetzentwurf auch diese Woche noch nicht be­endet, sondern auf nächsten Mittwoch verlagt werden. Db fich die Kammer dann noch entschließen wird sie steht turz nor den Ferien, die Spezialdebatte zu beginnen, bleibt abzumarten. In der Donnerstagnachtfizung fam es zu heftigen Zwischen fällen, besonders während der Rede des sozialistischen Abg. Som merhausen aus Eupen Malmedy. Sommerhausen  , ein früherer belgischer Kriegsfreiwilliger, legte ein begeistertes Frie auch Deutschland  , das im Kriege und nach dem Kriege so furchtbar zu leiden gehabt hat, teinen Krieg mehr entfeffein werde. Diese Erklärung erweckte die Entrüstung nationalisti­fcher Abgeordneter. Sie wurden von dem früheren sozialistischen  Arbeitsminister Wauters und dem Bergarbeiterführer De fattre gebührend zurechtgewiesen.

Aus dem Ostseebad Rügenwaldermünde wird uns ge­schrieben: Hier ist auch heute noch alles auf Schwarzweißrot ein gestellt. In einzelnen Hotelzimmern Raiserbilder. Nicht eine schwarzrotgoldene Flagge am Strande  . Biele Badegäste mit Stahl- ensbekenntnis ab und sprach feine Ueberzeugung babin aus, daß helmabzeichen und monarchistischen Emblemen dekoriert.

Es lohnt sich, diese antirepublikanischen Badegäste einmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Blättert man in der Kurliste, fo findet man zur guten Hälfte attive Beamte der Republif darunter: Oberregierungsräfe, Ministerialbeamte, Cehrer usw. Und das find die tonangebenden Antirepublikaner am Strande  . Reinem von ihnen fällt es ein, sich der Republik   gegenüber, die sie bezahlt, an­ständig zu benehmen.

Zur Blustration der schmarzweißroten Gesellschaft diente ein fogenanntes Reiterfest, das am Sonntag bier stattfand. Der Festplaß schwarzweißrot geflaggt. Der Herrenmeift ablige Gutsbesizer aus der Umgebung in roten Jagbröden aus Wilhelms Beiten, Mongtel ins Auge geklemmt. Die Knechte", d. h. die Mitglieder der Reitervereine, angeblich Bauern, durften zum Gau dium der Herren Wettrennen zu Fuß und ähnliche Scherze per­anstalten. Breisverteilung, an der sich auch ein Reichswehr  oberleutnant in Uniform aftip beteiligte. Der Abschluß ein großes Zechgelage in einem Hotel, das bis 5 Uhr morgens bauerte und in einen Lärm unterging, der alles andere als herrlich und herrschaftlich war.

BA

Unter diesen Umständen tann man sich nicht wundern, wenn der hier piel gelejene Rösliner Anzeiger", der zugleich die amt­lichen Anzeigen bringt, nichts unterfäßt, um sich an der Repu­blit und der preußischen Regierung zu reiben,

Vor Schluß der Sigung sprach noch der kommunistische Abg Jacquemotte, der bas Signal zum Herunterwerfen von Flugblättern von der Zuschauertribüne gab.

Auch ein Sowjetrichter!

Ein Film aus der ruffifchen 3uftiz.

In den nächsten Tagen erscheint vor dem Moskauer   Gericht eine Anzahl von Justizbeamten, u. a. auch der Richter Dmorin Die Antlage lautet wie üblich auf Bestehung und sonstige Beamtenverbrechen. Bon dem Prozeß perlohnte es sich nicht, Notiz zu nehmen, wenn nicht die eigenartige Persönlichkeit dieses Genossen" Dworin wäre. Selbst unter den Sowjetverhält nissen stellt dieses Bürschchen etwas Außergewöhnliches vor.

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Auf der anderen Seite glauben mir gern, daß die franzö fische Politit seit 1924 diese 3iele pöllig aufgegeben hat, nachdem sie erfennen mußte, daß sie fogar unter den durch die Ruhrbefeßung erzeugten Zuständen nicht erreicht werden konnten. Wir haben sogar Grund zur Annahme, daß der Ministerpräsident Poincaré   auf diesen Teil der franzö fischen Nachkriegspolitik alles eher denn stolz ist.

( präche zu führen, so fürchtete man ihn und ließ ihn in Ruhe. Woher dieser 27jährige Volksrichter stammte, mußte niemand

genau; bald nannte er eine Stadt, bald eine andere, bald eine britte. Auch sein ursprünglicher Beruf war nicht ohne weiteres festzustellen; in den Fragebogen nannte er sich bald Gärtner, bald Friseur, bald Metallarbeiter. Wo und unter welchen Umständen er Mitglieb der Kommunistischen Partei gemorben ist, ist bis heute unbekannt.

Im Alter von 15% Jahren will er als freiwilliger in die es bis zum Divisions Rote Armee   eingetreten sein, und fommandanten gebracht haben. Im Jahre 1923 wird er Revier auffeber im Kiewschen Gouvernement und Sekretär der Parteizelle. Einige Monate später hat er sich wegen Ermordung einer Frau, passiver Bestechung und Erpressung zu ver antworten. Er entweicht aus dem Gefängnis, fehrt acht Monate später zurüd, bie Staatsanwaltschaft ftellt das Ber­fahren gegen ibn ein. Im Mai 1924 erhält er den Bosten eines Gefängnisleiters in Tscherkasst. Nach zwei Monaten wird er en die Luft gefeßt; unter anderem liebte er es, ohne jeden Anlaß Nun arbeitet er anderthalb die Gefangenenzellen zu beschießen. Monate in der Kiewer   GPU  . In schneller Aufeinanderfolge ist er Gefängnisleiter in Nologda, Propagandist in einer großen Fabrit im Moskauer Gouvernement, höherer Polizeibeamter in einent Mostauer Bezirt, Untersuchungsrichter und Boltsrichter in Rostom; hier befindet er sich übrigens zeitweilig wegen dem Kiewer Frauen­morb in Haft. Schließlich taucht er in Mostau auf, arbeitet zuerst in perschiedenen staatlichen Institutionen, wird dann im Gouverne mentsgericht angestellt und zum Boltsrichter gewählt; in biefer Also Rolle treibt er anderthalb Jahre die unmöglichsten Dinge. zu lesen in der Prawda" vom 25. Juli dieses Jahres.

Reflame mit Krassin  ". In der Roten Fahne schildert ein fommunistischer Postbeamter, wie er in seinem Betrieb mit der Mobile- Rettung durch den Eisbrecher, rassin" politische Propa­ganda gemacht hat. Besonders effektvoll sei sein Argument gewesen: Man habe die Bolschewisten immer als Barbaren hingestellt, und nim sei es doch tomisch, daß die angeblich, darniederliegende In­dustrie Rußlands   den größten Eisbrecher der Welt banen fönne." Wobei der Mostquer Reklameapostel aller­bings vergessen hat hinzuzufügen, baß der Krassin  " bereits im

Die Kollegen bezeichneten ihn nicht anders als dummen Jungen, frechen Kerl und dergleichen mehr. Da er aber die Gewohnheit hatte, mit Sowjetgrößen telephonische Gel Sabre 1912 gebaut worden ist.***