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Die Turner als Friedensarmee.

Rede Geverings im Namen der Reichsregierung.

Köln , 30. Juli.

Auf dem 14. Deutschen Turnfest ergriff Reichsinnenminifter Se vering das Wort: Er sei gekommen, um den Veranstaltern und den Teilnehmern am Deutschen Turnfest die herzlichen Grüße der Reichsregierung zu übermitteln. Wer vom Opernhausplatz aus Zeuge des farbenprächtigen Bildes des Festzuges gewesen sei, habe Eindrücke gewonnen, die er in seinem Leben nicht vergessen merde. Was er heute früh gesehen habe, erinnere ihn an andere Eindrüde und Erlebnisse, die er in Köln 1924/25 anläßlich der Jahr tausendfeier in technischen Ausstellungen gewonnen habe und die

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Der Unpopuläre.

Darf ein Borer philosophieren?

Die Welt verlangt Eindeutigkeit. Ben sie liebt, bewundert, von dem will sie auch ganz bestimmt wissen: das ist der und der. Der Dichter, der Filmstar, der Schnelläufer, der Forscher. Für die Deffentlichkeit hat der Betreffende nichts zu tun, als egal zu

in ihm Befürchtungen aufkommen ließen, daß bei der fortschreiten Deutschlands Dichterfürsten.

den Technik die Maschine die Oberhand über den Menschen gewinnen tönnie. Nicht die Maschine soll herrschen, sondern der Mensch. Das Turnen sei ein Mittel dazu, sich nicht von der Technik unter­friegen zu lassen.

Der Minister wies dann auf das Deutsche Sängerfest in Wien hin und erwähnte in diesem Zusammenhange den Doppelflang von Mustelund Kehle. Der Minister schloß: Bildet eure Männer nicht nur zu tüchtigen Turnern und frohen Sängern, sondern auch zu guten Staatsbürgern aus und, ich füge hinzu, hier am Rhein zu guten Weltbürgern. Der Aufmarsch der Turner ist der Aufmarsch der Friedens armee, und damit wird Deutschland am meisten gedient!

Im Stadion waren am Nachmittag etwa 200 000 Menschen. Nur unter den größten Anstrengungen aller Berkehrseinrichtungen und der Sicherheitspolizei war es möglich, die Massen wieder in die Stadt zurüczuleiten. Das am Sonnabend wegen Regenwetters abgesagte Feuerwerk in der Preffa befchloß den letzten Festtag.

Ein tollfühner Bursche hatte am Nachmittag wieder einmal den südlichen Domturm erflettert und an dem Blizableiter an der Turmspige eine meiße Flagge mit der Aufschrift Olympiade Amsterdam gehißt. Abends 8 Uhr wehte die Fahne noch in der luftigen Höhe.

Rundfunk zensiert Reichsbanner. Ebert- Rathenau- Erzberger Dentmal in Osnabrüd.

Osnabrüd, 30. Juli. ( Eigenbericht.)

Am Sonntag fand in Osnabrück die Enthüllung eines vom Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold errichteten Ebert Erzberger Rathenau Denimals ſtatt. Die Weiherede hielt Abgeord neter Bogel Berlin, der in treffenden Ausführungen die Ber dienste diefer drei Männer um die deutsche Republit würdigte. Re­gierungs- Vizepräsident Dr. Schmieder Dsnabrück legte im Auf­trage des Oberpräsidenten von Hannover am Dentmal einen pracht­nollen Lorbeertrang mit schwarzrotgoldenen Schleifen nieder. Es tprachen meiter Vertreter der SPD. , des Zentrums und der Demo fraten. Da der Magistrat der Stadt Osnabrüd es merkwür digerweise abgelehnt hat, das Denkmal in seinen Schutz zu nehmen, übernahm das Osnabrüder Reichsbanner diesen Schutz. Zur Feier hatte sich eine pieltausendföpfige Menschenmenge ein­gefunden, die den Blag des Denkmals umfäumte und begeistert in das Hoch auf die deutsche Republit einstimmte. Mit Gesang des Deutschlandliedes schloß die Feier.

Es war beabsichtigt, die Rede des Genossen Bogel durch den westdeutschen Rundfunt übertragen zu lassen. Dieser hatte aber den Entwurf der Rede in einer derartig vormärzlichen Weife 3ent= siert, daß der Redner im Einverständnis mit dem Reichsbanner auf eine Uebertragung durch den Rundfunk verzichtete und sie so hielt, wie er es für richtig befand.

Friedensfeier in Frankfurt .

Frankfurt a. M., 30. Juli. ( Eigenbericht.) In Frankfurt a. M. hatte die Parteileitung am Samstag abend zu einer Friebenstundgebung auf dem Waldfriedhof auf­gefordert, die sich beim Fackelschein des Reichsbanners zu einer eindrucksvollen und tiefergreifenden Feier gestaltete. Sie wurde umrahmt non Trauermärschen der Reichsbannerkapelle und von Liedern zweier Arbeitergesangvereine und eines Sprechchors. Die Gedentrede hielt Genosse Jacob Altmaier.

Die Kirchen endlich für Abrüftung. Die erste Aussprache: 10 Jahre nach dem Bölferbunde. Prag , 30. Juli. In der legten Augustwoche treten in Brag über 500 Bertreter fast fämtlicher nicht römischer Kirchen der Erde, darunter etma 50 Deutsche , zu einem Internationalen Kirchen ab rüftungstongreß zusammen. Die Hauptthemen der Berhand limgen find: Die moralischen und religiösen Grundlagen des Welt friedens", Das Abrüftungsprogramm vom moralischen Standpunkt", ,, Moralische Abrüftung eine erste Notwendigkeit", Sozialer Fort fchritt und Weltfriede". Unter den Rednern befinden sich Reichs. gerichtspräsident Dr. B. Simons Leipzig und Univ. Profeffor Rabe Marburg. Bom Ausland haben die Teilnahme zugesagt: Albert Thomas vom Internationalen Arbeitsamt in Genf , Sir B. H. Dickinson( England), der bekannte Spezialist in Minder. heitsfragen, der tschecho- slowakische Staatsminister Dr. Benesch, der schwedische Erzbischof Dr. Söderblom.

G

Schiller

Herr von Hühnefeld.

Goethe

dichten, zu filmftaren, zu schnelläufern, zu forschern. Gemiffe Dinge, die gleichsam als Attribute, als schmückendes Beimert seiner Haupt­tätigfeit gelten, sind natürlich gestattet: Der Dichter darf eine Geliebte haben, der Filmstar nicht unter drei Dugend, der Läufer darf sich die Sehnen zerren und der Forscher verhungern.

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Treibt aber einer was, das traditionsgemäß nicht mit seiner Ruhmeslaufbahn verbunden ist, so wirft er verdächtig. Die Menge wittert Verborgenes, Kompliziertes, das nicht ins Schema paßt. Kurzum: der Mann wird unpopulär.

Der Da ist ein Meisterschaftsboger, Weltmeister Tunnen. Mann versteht sein Fach, das ist ausgemacht. Einen Konkurrenten nach dem anderen haut er entzmei. Aber er wird nicht populär. Und woran liegt das? Er tut etwas, was mit einem Boger un­vereinbar ist: er lieft in seiner Freizeit Bücher, treibt Philosophie, hält Vorträge über Dichter und Denker.

Nun bitt' ich, warum tut der Mann das? Sind das Dinge, die sich für den Weltmeister einer Sportgattung ziemen, die schon den alten Griechen als die rohefte galt?( Vergleiche darüber den Sportbericht des alten Homer von den Wettkämpfen zu Ehren des Patrofius.) Er fönnte sich doch so viel anderes gestatten: Er dürfte eine Filmdina poussieren, er dürfte beim Heimmeg aus einer Bar fechs Rowdies auf einmal verdreschen, er dürfte sich mit einem jungen Lömen im Arm photographieren lassen, er dürfte im 150- Kilomter Tempo Auto fahren, er dürfte die beim Borkampf verdiente Million innerhalb von vier Wochen durch unfinnige Spekulationen verpulvern, furz und gut: alles Exzentrische und Unvernünftige wäre ihm zu tun gestattet.

Aber Verstand zeigen, Geist haben? Ein Mann, der nach der Borstellung der Welt nur aus Körper zu bestehen hat? Das geht eben nicht. Man stelle sich bitte vor, ein preußischer General finge plöglich an, Verse und Satiren von der Qualität Hans Reimanns, Joachim Ringelnagens zu schreiben. Glatt um den Ruhm von zehn gewonnenen Schlachten würde ihn das bringen.

Ich höre den Einwand: Und der Ozeanflieger mit dem Theater stud? Doch nicht: Hier war schlechtes Theater durchaus am Blaze Der Gesamteinbrud blieb unverändert. Wesentlich, daß das Theater fchlecht war.( Ibsen hatte fliegerische Borbereitungen zum Bühnen­erfolg nicht nötig. Sie hätten dem Erfolg seiner Stüde höchstens gefchadet. Ganz gewiß aber hätten ,, Nora" und Wildente" seinen sportlichen Ruhm vernichtet.)

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Notabene unsere heutigen Dichter. Bielleicht würde mancher populärer werden, wenn man ihn nicht ständig im Sportbreß und mit Hünefeld- Monotel abgebildet sähe. Der Dramatifer Sowieso beim Stilaufen in Davos erweckt dieselben dunklen Zweifel in der Boltsfeele mie der Weltchampion Tunney den Kant studierend. es ist viele Jahre her beinahe Ein Parlamentarier wäre einmal dadurch erledigt worden, daß ein findiger Gegner im Anti­quariat einen Band Jugendgedichte des Mannes entdeckte. Und zum Unglüd des Betroffenen die Gedichte waren gut! Holper­verse, mühsam zusammengeschwigt zu einem Vereinsjubiläum, mären unbeachtlich gewesen. Aber daß er einmal hatte gute Berse machen fönnen, entlarnte ihn als Mann, der unmöglich sich fürs öffentliche Leben eignete.

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Fazit: Mensch, sei eindeutig! Könne nur das, wozu du öffent= lich abgestempelt bist. Rannst du anderes und gar Wesensfremdes, fo wird feine Meisterschaft dich von dem Verdacht reinigen, über Jonathan. haupt nichts zu fönnen.

Technische Geistigkeit.

Bon Paul Gutmann.

Der Rektor der Technischen Hochschule" zu Berlin , Professor| schichtsfälschung zwei Jahre, nachdem die betreffenden Reden gehalten Hamel, versandte dieser Tage an den gesamten Lehrtörper, an befreundete Körperschaften usw. eine fostspielig ausgestattete Druck schrift: Dem Gedächtnis der Gefallenen der ,, Technischen Hochschule ". Da es der Reftor für angezeigt hält, heute, zwei Jahre nach der Ent­hüllung des Gefallenendenkmals der Technischen Hochschule, über dessen gehässig militaristischen Geist seinerzeit der Borwärts" be richtet hat, die damals gehaltenen Reden in einer Festgabe zu ver öffentlichen, so erscheint es nicht minder angebracht, jene Geistigkeit, deren unsere Hochschulen sich rühmen, wieder einmal unter die Lupe zu nehmen.

Was verlangen mir von einem staatlich besoldeten Hochschul­lehrer? Vor allem, daß er der Erforschung der Wahrheit diene. Jene Herren, die sich über das meitpropagandistische Lügennet" entrüften, das gegen Deutschland gesponnen wurde, spinnen munter die alten Lügen weiter, womit die akademische Jugend in eine falsche Geschichts- und Staatsauffassung gefesselt wird. Jedem Waffenfähigen, so sagt der Festredner, liegt es aus jahrhunderte langer altpreußischer Tradition in Blut, sich für das Baterland zu opfern. Daß der Breuße noch zu Friedrichs II. Zeiten den Begriff des Baterlandes nicht tannte, daß die aus den verschiedensten Län dern zum Dienst gepreßten Refruten zu Tausenden desertierten, daß die barbarischsten Prügelstrafen die Massenflucht vor dem Heldentum nicht hindern fonnten, weiß der Herr Professor nicht. Er zitiert Ludwig XIV. , der ebenso wie die Hunnen und Römer Deutschland überfallen hat, und unterschlägt die landesverräterischen Dienste, die der Große" Kurfürst den Franzosen leistete. Er erzählt der Jugend, daß in Breußen der heldische Gedanke stets in der Mitte von

murden, zu beschäftigen, menn nicht jene offizielle Veröffentlichung der Technischen Hochschule " dazu herausforderte. Wer gibt die Mittel, so müssen wir fragen, um eine luguriös ausgestattete, mit einer photographischen Nachbildung des Gefallenendenkmals ver­fehene Broschüre heute, unter dem Zeichen des Kellogg - Bates, herauszugeben und in wahrscheinlich Tausenden von Exemplaren zu verbreiten? Ferner, wie können wir uns in der Republik dagegen schützen, daß unter dem Decmentel patriotischer Gesinnung eine einseitig nationalistische und militaristische Propaganda getrieben wird?

Filme aus Papier.

in

Nach vierjährigen Versuchen ist es einem Berliner Ingenieur gelungen endlich ein neues Filmmaterial herzustellen. Während bisher die Filme auf das teure und leicht brennbare Celluloid übertragen werden mußten, soll es nach der neuen Erfindung möglió sein, die Filme auf Papier zu topieren. In einer Papierfabrik m der Nähe von Schwerin sollen bereits alle grundlegenden Versuche zur vollständigen Zufriedenheit abgeschloffen sein. Das neue Ver­fahren soll sich in feiner Weise von dem hergebrachten Filmmaterial unterscheiden. Die Herstellungskosten des Papierfilms würden nur einen geringen Bruchteil der Kosten des Celluloidfilms betragen. Und damit könnte die ganze Filmproduktion bedeutend billiger und rentabler arbeiten. Nachdem es nun auch gelungen ist, unverbrenn­bares Papier herzustellen, das selbst bei einer Hize von 2000 Grab weder verbrennt noch ankohlt, so dürfte auch damit die große Ge­

Der Kampf um den Präsidentenmord. Tugenden stand und verschweigt, daß der König Friedrich Wil- fahrenquelle beseitigt fein, die bisher ſtets der Celluloidfilm dar­

Merifanische Gewerkschaften weisen die Angriffe auf Arbeiterführer zurüd.

Megifo- City, 30. Juli. ( Eigenbericht.)

Auf Anordnung der Regierung find am Sonnabend sämtliche Kommissare der hauptstädtischen Bolizeireviere ihres Amtes enthoben und durch Bertrauensleute der Obregon- Bewegung er fetzt worden. Am Montag soll das vorläufige Ergebnis der polizei fichen Untersuchung über den Mord an Obregon veröffentlicht werden. Der Korrespondent des Soz. Prefsedienstes" in Megiko ist von der Leitung, der Gewerkschaften zu der Erflärung ermächtigt, daß. alle im Zusammenhang mit der Mordtat gegen einzelne Führer der Arbeiterbewegung erhobenen Boruürfe unberechtigt find und sich durch das Ergebnis der Untersuchung als vollig halte Ios erweisen werden. Die Meldungen über die Flucht des bis­herigen Arbeitsministers Morones nach Amerifa find ebenfalls frei erfunden. Morones befindet sich nach wie vor in Mexiko .

Wetterbericht der öffentlichen Wefferdienststelle Berlin und Um­gebung.( Nachbr. verb.) Zeitweise heiter und am Tage mäßig Deutschland . Im Süden heiter, troden und warm, im Norden etwas mehr Bewöltung bei wenig höheren Temperaturen.

marm.

helm III. folange in fläglichster Weise fich vor Napoleon budte, bis die nationale Erhebung in Desterreich auch die zaghaften Breußen mit fortriß. Er verschweigt, daß der preußische Rationalheros Fried rich Franzosen und Türfen zum Kampf gegen das übrige Deutsch­ land herbeirief. Er crdreiftet sich hingegen zu fragen ,,, aus weffen unfühnbarer Schuld nach einem so rühmlichen Feldzug mitten in den Waffenstillstandsverhandlungen die Revolution ihr Haupt er heben durfte?" Deutschland ist eingeengt, so behauptet er, auf anfische, parteiegoistische Doktrinen". was soviel heißen foll, daß jede Doftrin außer der auf der Akademien propagierten deutschnatio­nalen, parteiegoistisch fei. Er spricht von unsern herrlichen Siegen, von den russischen Horden und von den deutschen , rein sittlichen Be weggründen, deren Gegenfaz natürlich die teuflifden der Feinde bilben. Daß unsere Kunst heldisch durch und durch ist, wie die| ftolze Quadriga auf dem Brandenburger Tor beweist, wie das, mas die Billy's, Bater und Sohn, fozusagen im Flammenstil schufen" usw. ist selbstverständlich.( Gemeint ist natürlich die preußische Hoffunft.) Der höchfte Ruhmestitel aber ist ihm die technische Geistigfeit, womit mir ,, ganz besonders im Stellungsfrieg Wissen und Leisten( die an­deren leisteten nichts!) erfolgreich an die Rettung des Baterlands legen fonnten". Er verherrlicht mit einem Wort die Technit haupt

fächlich als Mittel zum Krieg.

Es wäre überflüffig, sich mit diefer Häufung verfogenfter Ge.

stellte. Mit einem Schlage wäre damit die Filmvorführung zu, einer abfoluten Sache gemacht, während bisher die Zahl von Film­bränden während der Borführung doch noch immer ziemlich hoch ist.

Die thüringische Theaterfrage.

Bei dem Zusammenschluß der thüringischen Kleinstaaten zum Freistaat Groß- Thüringen ging das Land seinerzeit die Verpflich tung ein, die Garantie für die Erhaltung der Theater in materieller und fünstlerischer Beziehung zu übernehmen. Nunmehr hat der Staatsgerichtshof die Klage der Stadt Gotha , die fich aus dieser Garantie ergebende Beitragspflicht für ungültig zu erklären, ab. gewiesen und damit zugleich eine prinzipielle Entscheidung über die Berpflichtung der Theaterstädte zur Zuschußleiftung getroffen. Auch für das weitergehende Theratergefeß. Durh welches alle am Theater interessierten Städte und Landkreise an der Aufbringung der Zu. schußleistungen beteiligt werden sollen, hat der Staatsgerichtshof burch seine Enfcheidung den Weg gebahnt.

Thüringen ist wie fein zweites Land für eine Theaterplanmirte fchaft; hoffentlich gibt diese Entscheidung endich den Anlaß dazu, die Theaterversorgung des Landes organisatorisch aufzubauen. Die Rechtsregierung hat sich bislang mit System um diese Lösung gebrüdt.