Mittwoch
1. August 1928
Unterhaltung und Wissen
Nein, diefe Meine Marie
richtiges Hausmütterchen!
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elf Jahre erst alt und schon ein
,, Melie, laß deine Puppe und wiege den kleinen Moumouche!" ,, Er weint aber!"
...
„ Gib ihm den Lutscher... Und du Bebert, decke den Tisch! Schau, daß du keine abgestoßenen Teller nimmst... suche die schönsten aus... und reibe fie, damit sie glänzen... 3erbrich aber nichts, gib gut acht, du bist ja schon ein Mann, sechs Jahre alt.. Und den Teller mit dem Hahn darauf, der die schönen blauen Federn hat, wirst du auf Papas Plaz stellen. Wo ist denn Julot? Er treibt sich noch im Hof herum... ich werde ihn rufen. Der Nichtsnut! Julot! He, Julot! Höre einmal, gehe zu Frau Pienu und hole einen Liter um zweiundzwanzig, den guten versiegelten Roten. Du wirst sagen, daß er für Papa ist, für unseren Papa, der heute auf Urlaub fommt!... Und dann Julot, gehe zu Barbagna, dort taufst du ein Viertelpfund Brie, einen recht flüssigen, es ist für Papa! Warte, ich werfe dir das Geldtäschchen hinunter... verliere es nicht, es sind die letzten Sous. Und dann komm' rasch zurück..." Julots dünne schrille Stimme erflingt vom Hof herauf: Ich naloppiere schon! Aber was gibst du den Boten für die Besorgung? Darf er sich ein Buderl faufen?"
,, Schau, daß du weiterfommst, du Näscher," schalt Marie. ,, Man sollte es nicht glauben, so ein großer Junge." Bebert fpudte gewissenhaft auf die Teller und wischte sie mit dem Zipfel seiner Schürze ab. Melie, ein achtjähriges Mütterchen, wiegte Moumouche und schwätzte ihm halblaut das absonderlichste Zeug vor:
,, Heute kommt der Papa und wird dich auffressen... Ja, du dickes Schneckchen, heut wirst du gefressen..." Marie stand nach denklich vor dem Tisch und überlegte ein paar Minuten lang. Die Wachsleinwand war so abgenüßt, verblaßt und schäbig! Das Tisch arangement erforderte um jeden Preis ein Tischtuch Aber sie besaß feines, ebensowenig wie eine Serviette. Auf dem Platz, der für den Soldaten bestimmt war, breitete sie sorgfältig ein fariertes Sacktuch aus, das sie mit der Hand glättete.
Bebert, der sich an die Lade des Büfetts hängte, brummte: ,, An jeder Gabel fehlen Zähne!" Marie befahl gebieterisch: Also Papa die, an der die wenigsten fehlen."
Melie, die trällernd den Kleinen wiegte, meinte:
Blumen
Es fehlen
,, Blumen sind teuer," seufzte die Meine Hausfrau. ,, Und es ist kein Sou mehr da." ,, Mache dir nichts daraus Nimm die auf dem alten Hut von Mama, da drinnen im Schrank. Es sind Rosen und Gänseblümchen, sein, nicht? Sie sind aus Stoff, man wird sie in eine Heine Base stellen. Und dann," fuhr Melie fort ,,, unter dem Glas, wo die Bilder der toten kleinen Schwestern sind, ist auch Mamas Brauttronz. Wenn man den auf Papas Teller legt, wird sich das
fehr gut machen."
Der Krebs ist heilbar.
Beilage des Vorwärts
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Ein Bierteljahr ist vergangen, seit in Wiesbaden auf dem| andere Tätigkeiten während des Krieges Kongreß für innere Medizin das Krebsproblem zur Erörterung gestellt wurde. Schon dieser medizinische Kongreß gab einen bemerkenswerten Ueberblid über dieses umstrittenfte Gebiet der Heilwissenschaft, und seine Verhandlungen waren nicht nur für Gelehrte von Bedeutung, sondern für die gesamte deutsche Deffentlichkeit, da nach zuverlässigen Schähungen Deutschland jährlich über 50 000 Krebsopfer zu beflagen hat. Aber der Krebs ist nicht nur eine deutsche Volkskrankheit, die schlimmer als die Tuberkulose wütet, sondern ein internationales Leiden, das fortwährend in allen Ländern Menschen dahinrafft. Man hatte deshalb kürzlich zu einem Internationalen Krebskongreß nach London eingeladen, an dem die berühmtesten Gelehrten von achtzehn Nationen teilnahmen, und der soeben geschlossen worden ist. Dieser Weltfongreß der Krebsforscher war wohl die bedeutsamste Konferenz, die zur Bekämpfung dieser Weltseuche je abgehalten worden ist. Ein hervorragender Teilnehmer des Kongresses, Sir Thomas Horder , der Chefarzt des Londoner Krebshospitals, faßte die Ergebnisse der Zusammenkunft einem englischen Journalisten gegenüber in einigen Leitsätzen zusammen, aus denen hervorgeht, daß die Ursache der Krebserkrankungen zwar noch immer nicht sicher erkannt, aber doch vermutet werden kann, und er stellte gleichzeitig fest, daß der Krebs heute kein unheilbares Leiden mehr sei, da sich auf der Konferenz eine Reihe von erfolgreichen therapeutischen Methoden herausgestellt habe.
Experimente, um bei Hühnern Krebsgeschwulste zu erzeugen. Er sprigte einen bestimmten Reizstoff in die Adern dieser Tiere, und es ist ihm gelungen, fast ausnahmslos dadurch Krebsgeschwulste hervorzurufen. Das widerspricht der Ansicht, daß Mikroben notwendig seien, um den Krebs hervorzurufen, und stimmt mit den Forschungen des englischen Arztes Neve überein, der in Tibet viele hundert Fälle des sogenannten Rangrikrebses behandelt hat. Da die Winter in Tibet außerordentlich falt sind, die Eingeborenen aber nur sehr dürftige Unterkunftsmöglichkeiten befizen, tragen die Tibetaner im Schlaf einen Tontopf, den sie Kangri nennen, und der mit glühender Holzfohle gefüllt ist, zu ihrer Erwärmung auf dem Leib. Dabei verbrennen sie sich häufig die Bauchhaut, und das führt zur Bildung Don Brandnarben. Dr. Neve hat nun festgestellt, daß zwei Drittel aller tibetanischen Krebsfälle in Gewebezerfall und Geschwulstbildung der Bauchhaut bestehen, und es liegt nahe, diesen sogenannten Rangrikrebs auf die ständige Reizung dieser Körperstellen zurüdzuführen. Für die Reizungstheorie trat auf dem Wiesbadener Kongreß auch Professor Dr. Bernhard Fischer- Wafels ein, der Direktor des Pathologischen Instituts der Universität Frankfurt a. M.
Die Ursachen der Krankheit sind noch immer umstritten; es stehen sich zwei Gruppen von Gelehrten gegenüber, von denen eine behauptet, daß der Krebs durch chemische oder mechanische Reizungen bestimmter Gewebegruppen hervorgerufen werde, während die andere die Ansicht vertritt, daß es sich um eine Infektionskrankheit handelt, die auf einen vorläufig noch unbekannten Erreger, irgend eine parafitäre Mikrobe zurückzuführen sei. Die Barafitentheorie hat nun in letzter Zeit erheblich an Boden gewonnen. Der Kopenhagener Forscher Profeffor Fiebiger, der für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Krebsforschung mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden ist, hat schon früher behauptet, daß gewisse Parasiten durch giftige Absonderungen die erste Krebserscheinung in einem Organismus hervorrufen, dann aber an den Ausstrahlungen der Verbreitung des Krebses an dem übrigen Körper nicht mehr beteiligt sind. Professor Fiebiger hat seine Theorien durch Versuche erhärten fönnen, bei denen er Ratten und Mäuse durch bestimmte Einspritzungen frebsfrant machen konnte. Vor genau drei Jahren, im Juli 1925, behaupteten zwei englische Aerzte, den Krebsbazillus gefunden zu haben; nach dem ersten Aufsehen, das die englischen Veröffent lichungen erregten, ist es inzwischen um die Untersuchungen der beiden Engländer wieder sehr still geworden, während der holländi sche Forscher van Calcar, Profeffor an der Universität Leyden, in allen Krebsgeschwulsten bei Lieren und Menschen spulförmige fleinste
Famos dekoriert!" rief Bebert begeistert. Ja," sagte Marie vor sich hin, als dächte sie laut. Er wird Lebewesen entdeckt hat. zufrieden sein, der Papa!"
Der Tisch wurde herrlich geschmückt. So wie bei reichen Leuten wurde das Brot in Scheiben geschnitten und in Beberts Schultörbchen pyramidenförmig aufgehäuft. Der Käse wurde auf dem Dedel einer Schuhschachtel angerichtet und die künstlichen Blumen, entfärbte Rosen und verstaubte Gänseblümchen streckten ihre entblätterten Drahtstiele aus einer winzig fleinen Base Fast alle Teilnehmer des Festmahls hatten Gläser, und das des Heimkehrers war mit einem Brautfranz umwunden. Julot tam zurüd und schwenkte seine Literflasche Rotwein, während er den Brie zeremoniell auf der Handfläche präsentierte, wie auf einer Platte. Haft du genug Geld gehabt?" fragte Marie unruhig. Julot nickte bejahend mit dem Kopf. Barum antwortest du nicht?"
Julot zuckte mit einer ausweichenden Gebärde die Achseln. Bebert stieß einen wilden Schrei aus.„ Er antwortet nicht, er hat sich von unserem Geld ein Zuckerl getauft!"
Marie wurde ernst. Ist das wahr?" Und sie hielt dem Elenden die Nase zu, ihn damit zwingend, den Mund weit auf zureißen, um atmen zu können. Der Beweis seiner Missetat murde in seiner ganzen Scheußlichkeit sichtbar. Eine klebrige grüne Masse haftete an seinen Kiefern und verband sie mit dünnen Sirupfäden, die beim ängstlichen Keuchen des Schuldigen erzitterten, und seine 3ähne bedeckte eine zähe Schicht, in der kleine Bapierschnitzel sichtbar waren. Bebert bebte vor But und Neid und schrie:
,, Das Fertel hat sogar das Papier mitgefressen!" Marie machte dem betrügerischen Julot gründlich den Standpunti flar, und zur Strafe wurde er mit dem Besen auf die Treppe fommandiert, um den Gang zu fegen, den Türvorleger auszubeuteln und die Ankunft des Urlaubers am Geländer abzufassen. Marie war sehr aufgeregt. Bapa hat geschrieben, daß er Schlag fieben Uhr ankommt. In zehn Minuten ist er da. Also hört, wir machen es alle so, wie es besprochen wurde, wenn er die Tür öffnet. Melie gibt Moumouche den Lutscher, Bebert hält die Vase mit den Blumen, Julot hebt den Deckel von der Suppenschüffel auf, damit Papa sieht, wie sie raucht. Dann werde ich sprechen."
Draußen signalifierte der Wachtposten:„ Er ist da... er fommt, er fommt, ich sehe seinen Helm. Julot rannte zum Tisch, um seine wichtige Rolle zu übernehmen: ,, Ich lasse die Suppe rauchen!"
Marie feuchte:„ Und daß mir ja feines weint..." Ein langes Stillschweigen entstand, das mur Dom wollüftigen Glucksen des faugenden Moumouche unterbrochen wurde. Dann hörte man schwere Schritte, unter denen die Treppenstufen dröhnten und das Geländer
bebte.
,, Er steigt herauf," murmelte Bebert. ,, Da ist er," hauchte Marie.
Die Tür tat sich auf, ein Krieger erschien auf der Schwelle. Sofort bemerkte er den gedeckten Tisch, die rauchende Suppenschüssel und die Kinderschar ringsum, und seiner Freude Ausdruck gebend, rief er mit ausgebreiteten Armen:
ift...
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,, Da bin ich... Das werden sieben Festtage sein... Es Aber plötzlich hielt er inne. Sein Blick schweifte erstaunt und beunruhigt um 3inimer herum, dessen Winkel durchforschend. Wo ist eure Mutter?"
"
Marie trat vor. Sie senkte den Kopf und erwiderte bebend: ,, Sie... fie tft fort..." ,, Wohin?"
Bor wenigen Monaten hat nun der deutsche Chirurg Heidenhain aus Worms auf dem deutschen Chirurgentongreß in Berlin eine aufsehenerregende Rede gehalten, die ebenfalls zur Stärkung der Parafitentheorie dient. Seit dem Jahre 1924 hat Heidenhain in faft 2000 Fällen Krebsbildungen von Menschen und Tieren auf Mäuse 2000 Fällen Krebsbildungen von Menschen und Tieren auf Mäuse überimpft und dabei festgestellt, daß in ungefähr 7 Prozent der Fälle diese Mäuse krebskrank wurden. Auch diese Versuche haben noch feine Beweiskraft. Auf dem Londoner Kongreß sind sie aber durch die Arbeiten des New- Yorker Arztes Dr. James Murphy und feiner Mitarbeiter in gewisser Weise miderlegt worden. Seit nahezu zwanzig Jahren veranstaltete Dr. Murphy- nur unterbrochen durch
,, Ich weiß es nicht... vor acht Tagen... mit dem Nachbar von unten... sie ist nicht mehr zurückgekommen.
Der Mann wanfte. Er hielt sich am Türrahmen fest, um nicht umzufinfen, und mit seinem ganzen Gewicht preßte er den Rucksack gegen das Schloß. Sein rauhes Soldatengesicht, das schmerzliche Furchen voller Straßenstaub durchzogen, wurde totenbleich. Er stotterte: ,, Sie ist fort... ah. fort..."
Ja, fort," wiederholte Marie.
Bebert, der aufgestanden war, schluckte seine Tränen hinunter und hielt dem Vater von fern die kleine Base hin. Julot rührte mit feiner Gabel die Suppe um, damit sie noch mehr raucht. Und Melie ließ hinter den von der Suppe ausgehenden duftenden Dämpfen den kleinen Moumouche auffigen, der, gesättigt, die Augen lider schloß. Marie hielt jetzt den Hals des Baters umflammert und stammelte findische Trostesworte:
,, Sei nicht traurig, Bappi..., es hat sich ja nichts geändert... wo ich doch schon selbst Suppe tochen fann..."
( Berecht. Ueberfegung non EII en Golbenzing)
Seit vielen Jahren streiten sich Länder und Städte um den Ruhm, die älteste Zeitung zu befizen. Nun wäre der ganze Streit Ruhm, die älteste Zeitung zu befizen. Nun wäre der ganze Streit für Europa überhaupt sinnlos, wollte man von der ältesten Zeitung überhaupt sprechen, da diese wohl in China in nahezu unvordentlicher Zeit erschienen sein dürfte. Auch für das alte Rom sind schon derartige Nachrichtenblättchen anzunehmen, aber alle diese Erscheinungen fönnen nicht als Zeitungen in unserem heutigen Sinne angesprochen werden. Zu allen Zeiten und fast bei allen Bölkern gab es derartige Nachrichtenübermittlungen. Das mannigfaltigfte Material fand dabei Verwendung, und die verschiedensten Schrift arten dienten zur Nachrichtenübermittlung. Bereits seit dem Ausgang des Mittelalters wurden auch gedruckte Blätter verbreitet, die noch vor der Erfindung der beweglichen Lettern auf Holzschnittafein abgezogen wurden. Auf solche Weise fand z. B. schon der Bericht Christoph Kolumbus ' über seine Entdeckungsfahrten nach Westindien im Jahre 1493 in ganz Europa Verbreitung. Aber alle diese Naájrichtenbriefe, wie sie im 16. Jahrhundert massenhaft umgingen, fönnen doch nicht als Zeitungen in unserem Sinne gelten. Hier handelte es sich um zufällige Ausgaben von Mitteilungen, die gedruckt wurden, wenn sich irgendetwas Dentwürdiges ereignet hatte. Erft Anfang des 17. Jahrhunderts erschienen die ersten periodischen Beitschriften, die allmonatlich oder auch bald schon allwöchentlich über Neuigkeiten aus aller Welt berichteten. Erst diese Gazetten oder Relationen, wie die frühesten Zeitungen fich meist nannten,
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Es ist sehr schwer, eine Krankheit zu heilen, deren Ursachen nicht genau feststehen. Aber man war auf der Londoner Konferenz übereinstimmend der Ansicht, daß früh erkannter Krebs. auch geheilt merden könne. Dazu ist notwendig, daß sich alle Menschen sorgfältig beobachten und Veränderungen ihres Gesundheitszustandes rechtzeitig dem Arzt mitteilen, Verhältnismäßig leicht ist ja der Krebs an äußeren Organen zu erkennen; schwieriger ist es dagegen beim Magenkrebs , und man muß bei der Ausbreitung dieser Krankheit fordern, daß sich alle Aerzte mit der genügenden Apparatur versehen, also vor allen Dingen Untersuchungen durch Röntgenstrahlen vornehmen können. Ist der Krebs erst einmal diagnostiziert, so gibt es verschiedene Wege zur Heilung. In London behauptete eine wachsende Zahl von Aerzten, daß die Bestrahlung mit Radium und auch die Anwendung von Röntgenstrahlen gerade bei Krebsgeschwulsten im Inneren des menschlichen Organismus hervorragende Dienste leisten. Die Rombination beider Bestrahlungsarten scheint geradezu ideale Erfolge in vielen Fällen gehabt zu haben. Aber noch ein anderes Mittel ist in letzter Zeit viel erprobt worden: Das ist die Anwendung metallischer Heilstoffe und besonders die Einführung von Blei. Professor Blair Bell hat darüber ein großes Referat gehalten, das dann zu heftigen Diskussionen Anlaß bot. Man hat mit der Anwendung von Blei Erfolge erzielt, doch ist die chemische Verarbeitung des Metalls noch nicht genügend gelungen, und es ist sicher, daß das schließlich verwertbare Medikament anders beschaffen fein muß als die Drogen, die den Kranken augenblicklich gereicht werden. Es scheint mit den Bleipräparaten ähnlich zu sein wie mit dem Salvarjan, dem Mittel gegen Syphilis , das zunächst ziemlich giftig war, und an dem unzweifelhaft viele Batienten gestorben find, bis es so verbessert wurde, daß es heute von jedem gewissenhaften Arzt verwendet werden kann. Wenn man Blei oder ein anderes Metall so weit verbessern könnte, daß es die Krebszellen
zum Absterben bringt, ohne den übrigen Organismus zu schädigen, so wäre das ein ungeheurer Fortschritt, schon deshalb, weil sehr viele Fälle nicht operiert werden können, und selbst wenn eine Operation möglich ist, besteht doch keine Sicherheit, daß der Kranke nicht rüdfällig wird. Die wichtigste Regel für das Publikum ist aber, niemals. solche Sturen auf eigene Fauft oder auf Veranlassung von Quadfalbern auszuführen, sondern sich sofort, wenn irgendwelche Erfrankungserscheinungen auftreten, zu einem Arzt zu begeben.
tönnen als Vorläufer unserer heutigen Tageszeitungen und Wochenschriften angesehen werden. Es dreht sich der Streit also darum, welches Land und welche Stadt die älteste derartig periodisch erscheinende Zeitung besaß. Nach neuesten Forschungen, die auch auf der Pressa Ausdruck fanden, besigt nun Deutschland die älteste Zei tung Europas . Dies ist nicht, wie früher angenommen wurde, die ,, Ordinari- Reichszeitung", die seit dem Jahre 1620 erschien, sondern das Augsburger Aviso". Es ist auch noch um einige Monate älter als die sogenannte Heidelberger Relation", eine Beitung, die seit 1609 in Straßburg erschien. von der aber nur ein Exemplar in der Heidelberger Bibliothek erhalten ist. Das Augsburger Aviso" ist damit die älteste gedruckte Zeitung, nicht nur Deutschlands , sondern ganz Europas , und es bestehen begründete Bermutungen, daß dieses Blatt jogar vor dem Jahre 1609 zu erscheinen begann. Jetzt wurde auf der Pressa eine neue Ausgabe dieser ältesten Zeitung veranstaltet, die das beträchtliche Alter des modernen Zeitungswesens handgreiflich veranschaulichen soll.
Der gesunde Schauspielerberuf.
Obgleich der Beruf des Schauspielers so große Anforderungen an die förperlichen und seelischen Kräfte stellt, ist es doch schon öfters aufgefallen, daß die Schauspieler im allgemeinen dieses aufreibende Leben gut überstehen und daß sie ein ungewöhnlich hohes Alter erreichen. Auch die Zahl der Geisteskrankheiten und Selbstmorde ist bei ihnen gering. Prof. Julius Heller geht nun diesem Problem in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift" nach, in dem er die Baralyfesterblichkeit der hervorragenden Bühnenfünstler Deutsch lands untersucht. Auf Grund der ausführlichen Lebensbeschreibungen in den Bühnenlegifen und Theaterzeitungen hat er die Krankheiten Don 1429 bedeutenden Schauspielern statistisch verwertet und bei ihnen nur 22 Fälle von Baralyse, also 1,5 Prozent festgestellt. Dieser Brozentsatz ist überaus gering. Es ergibt sich daraus, daß etwa alle vier Jahre ein prominenter Bühnenkünstler in der Zeit von 1785 bis 1870 an dieser Folgeerscheinung der Syphilis gestorben ist. Nach syphilitischen Bühnenfünstlern nur 3,5 Prozent der Baralyse erlegen der Wahrscheinlichkeitsrechnung fann man annehmen, daß von den find; das ist im Verhältnis zu dem überhaupt nicht sehr großen Brozentjak sehr wenig. Prof. Heller erklärt diese Erscheinung daraus, daß in der Bühnenlaufbahn überhaupt nur förperlich und geistig hervorragend ausgestattete Menschen Ausgezeichnetes leisten. Rodann aber befizen die Schauspieler in ihrer Kunst die Möglichkeit, ihre Leidenschaften beruflich abzureagieren; fie finden in ihrem Spiel einen Ausmeg, um sich von ihren Erregungen zu befreien, und so Geiftesfrankheiten begünftigen kann. Der Gelehrte zieht daraus die fehlt bei ihnen die Berdrängung, die sonst die Entstehung von allgemeine Folgerung, daß die Häufigkeit der Baralyse in den einzelnen Boltstreisen nicht so von äußeren Umständen, wie der Behandlungsart usw. abhängt, sondern tonstitutionell begründet ist.