Krauen im Kriege. Wozu man sie mißbrauchie.
Wenn heut« in Gesprächen oder Zeitungsberichten das Gespenst des kommenden Krieges auftaucht, dann steht er vor uns als furcht- barstes aller Schicksale, dos weder Frauen noch Kinder verschont vom Tod« und der Todesarbeit, lind doch stand auch der letzte Krieg säion ganz im Zeichen der Teilnahme der Frau an der Kriegs- Handlung. Denn der letzte Krieg war nur dem Schein nach ein Krieg der Männer. hinter den dünnen Schützenlinien standen in allen Ländern die Frauen, die den Kämpfenden die Munition reichten, die für ihre Verpflegung sorgten, die alles dos auf ihren schwachen Schultern trugen, was getragen werden mutzt«, um den Krieg, wie er einmal geführt wurde, fort- führen zu können.- Welchen Anteil die Frau am Kriege nahm, das zeigt eine von der Leitung des englischen Kriegsmuseums veranstaltet« Sonder- schau, die unter dem Titel Frauen im Kriege seit einiger Zeit der Oeffentlichkeit zugänglich ist. An Bildern und Modellen, unter Glas- stürzen und auf Fresken an der Wand hängend, sehen wir da die Zeugen der Kriegsorbeit der Frau. Als Briefbotinnen sehen wir die Frauen die Strotzen durcheilen und als Schaffncrinnen in den Trams, als Fensterputzerinnen und beim Anstreichen der Schisse in den Wersten . Sie standen an den Pumpen der Torpedoboote, und schaufelten Kohlen in die Glut der Schiffskesscl. Aber auch in die Fabriken gingen sie. 25000 Frauen arbeiteten während dcs Krieges in blauer Leiaeahose in den Doolwicharsenalen, wo sie Granaten drehten. Bohrmaschinen bedienten und an den Stanzen standen. Mit durch Brillen geschützten Augen füllten sie hier mit verbrann- ten Händen Pulver in die von ihren Sckzwestern gedrehten Granaten. Auch die Arbeit des Londmanns wurde von den Frauen über- nommen und so sehen wir denn auf Modellen und Bildern Frauen hinter dem Psluge, beim Zureiten von Pferden und beim holz- fällen dargestellt. Auch jener Frau wird in dieser Ausstellung gc- dacht, die es jungen Belgiern möglich machte, unter der Fahne ihres Vaterlandes Wassendienste zu tun und die dafür starb. Ein großer Teil der Frauen war damit beschäftigt, die Pakete zu packen, die Wache um Woche an die in deutschen Gefangenen- logern lieaenden Soldaten geschickt wurden. Auch als Fürsorgerinnen für die Vertriebenen Belgiens fanden sie Arbeit. Andere nähten mit flinken Händen graue Luftschiffhüllen und wieder andere pfleg- ten in Lazaretten und Kirchen die Opfer des Krieges. Aber das waren Arbeiten, die den Angehörigen der oberen Schichten vorbc- hatten blieben, die zu schade dazu waren, in den Gasfabriken mil maskiertem Gesicht Gasgranaten zu füllen. zu schade dafür waren, sich Abend für Abend eine genaue Unter- � suchung gefallen zu lassen, ob sie nicht in irgende'ner Falte des Körpers Sprengstoffe mit in das zivile Leben nahmen, denn es war die Zeit des organisierten Mordes und nur wer eine Uniform trug, durste die Dinge befitzen, mik denen man tötet. Alle anderen durften nur helfen, dem Tod die Arbeit zu erleichtern, auf das fein tägliches Pensum pünktlich erledigt wurde. Wenn oll diese in Wort und Bild dargestellten Tätigkeiten, der am Kriege teilnehmenden Frau noch erträglich erscheinen, oder wenigstens dem Gleichgültigen kein besonderes Entsetzen cinflötzen, weil sie es der Frau immerhin ermöglichten, der eigentlichen Todes- arbeit fern zu bleiben, die Opfer der von den Frauen gedrehten Granaten, der von Fraueichändcn bcreiteien Gase nicht sehen zu müssen: ein großer Teil englischer Frauen hatte auch diese lctzie Konsequenz zu ziehen. Zu einer Zeit, als in den Schreibstuben und Etappen der Zentralmächte noch die Abkommandierten sich breit machten, schickten die Alliierten sich an. die Frauen bis auf das Schlacht. feld zu schicken. 30000 Frauen verließen England im Frühjahr 1018 in Uniform und wir sehen sie auf den Slrotzen Fwnkreichs in Viererreihen an die Front marschieren. Nicht in die Gräben zogen sie. Aber sie trieben die letzten Männer aus den Schreibstuben und fch'ckicn sie mit den Kantiniers in die Gräben. Eine große Photographie zeigt, daß sie auch die Arbeit der Totengräber übernahmen.
Und das will mir als das Graucnhaficstc erscheinen, was in diesem ganzen Museum zu sehen ist. Frauen, die die Opfer de? Krieges begraben. Wie müssen sie den Krieg hassen, wie mutz er sie bis in die Träume hinein versolgen, jener unselige Krieg, der sie zwing, die Männer, mit denen sie hätten glücklich sein können, cinzu- scharren. Wie mag der Schauder sie packen, abends, wenn sie in ihren Betten liegen, wenn sie an den Geliebten sich lehnen und sie zurückdenken müssen an die Zeit, da sie blühendes, männliches Leben noch warm verscharren mußten, da die Not sie zwang, eine Tätigkeit auszuüben, vor der der Frieden immer die Frauen bewahrt. Denn der Frauen Sache ist es, Menschen in das Leben zu bringen, nicht aber die von den Männern getöteten zu bestatten. Mag darum auch in diesem Museum, das den Frauen gewidmet
ist es Eonstanee T a l m a d g e— die Schwester Narrvas—, die den Sieg der klugen Frau über olle Schwierigkeiten und Gohren demonstriert. Wie sie den Großfürsten zwar abblitzen läßt, dann aber» um den Geliebten, der ihretwillen desertiert ist, zu retten, scheinbar aus seine Wünsche eingeht, sind Kabinettstück« ihres seinen Spiels. Tullio Eorwingte, der Leutnant, und Edward Martindcl, der Grotzfürft, sind ihre gut abgestimmten Gegen- spiel«. Es lebe die Talmadge, aber nun Schluß mit diesem Droßsürstenkitsch! r. Tiere als Mm- und Bühnenkünstler. (Titania-palast) Di« Instinkthandlungen der Tiere sind(wenn es gilt, sich Nahrung zu verschaffen, um dos eigene Leben zu kämpfen, als Leit- tier den Weg einer Herde zu sichern) oft über menschliches Bsrftehen hinaus zweckmäßig, aber ein Tier reine Zweckhondlungen ausführen zu lassen, um ein Filmmanuskript zu füllen, das geschieht ohne jede Berechtigung. Und die Amerikaner verraten wenig Kenntnis des
Erinnerung an 1914.
„Ich habe es nicht gewollt- aber Ich habe es getonnt!"
ist, kein Wort der Kritik zu finden sein, das sich gegen den Krieg richtet, der Frauen solche Aufgaben stellte, die Tatsachen, die hier unverhülll ihre Darstellung fanden, zeigen, was der Krieg von den Frauen forderte, zeigen aber auch, was der kommende Krieg, der grausamer sei» wird als jeder vergangene Krieg, fordern wird von den Frauen, fordern wird von denen, die heute mit Schaudern nur denken an das was war. Und darum muß es Ausgabe vor allem der Frauen sein, jeden tcmmcnden Krieg verhüten zu helfen, der solches und Schlimmere» von ihnen verlangt. Aufgabe der Frauen muß es sein, olle Schwestern aufzurütteln, die gedankenlos den die Straßen durchziehenden Soldaten zujubeln, und sie oufzutlorcn über die wichtigste Aufgabe dieses Jahrhunderts: Di« Aechiung dcs Krieges und derer, die einen Berus aus ihm machten. Erich Grlstrr.
Theater und Mm.
Ein Bariton flüstert. Jack Smith im„Künstlertheater". An sich ist das keine seltene Erscheinung. Nicht nur In der Provinz sondern auch in Berlin werden viele Baritonpartien, der Not gehorchend, geflüstert bleiben unter dem Orchester, versacken einfach. Aber mit dem Amerikaner Jack Smith, dem„flüstern- den Bariton", dem Star amerikanischer Kabaretts, verhält es sich anders. Er singt gar nicht Wotans Abschied oder den Holländer- monolog, nein, er begnügt sich mit kleinen amerikanischen Songs mit jenen winzigen Melodiesragmenten, noch deren Rhnihmue die Glieder im Charleston und Trott konvulsivisch ausgekugelt werden. Lohnt es sich nun, daß sich ein Herr für eine märchenhaft hohe Gage an das Klavier fetzt, um zu erklären, daß der Himmel blau ist? In Amerika bedeulen diese Dinge scheinbor den Inbegriff der Seligkeit, denn sonst würde man Herrn Smith kaum ein paar lausend Dollar Wochengage zahlen. Jack Smith ist eine außerordentlich? Begabung, selbst wenn man die Gattung, die er betreut, ablehnt. Dieser elegante Mann, dessen Frack als Meisterwerk wohlrenoinmierter Londoner Schneider bewertet werden kann, fetzt sich an das Klavier und beginnt zu impro- vssieren ollein zu seinem Vergnügen, ohne die Herrschasten im Parkett zu beachten. Er flüstert den Text vor sich hin(übrigens können dies« Texte nur geflüstert werden), beginnt ganz zart und vorsichtig zu singen zu den ebenfalls sehr vorsichtigen Geräuschen der Saxophon«, und seine Stimme entfaltet dabei einen weichen Klang, einen dunklen saintensn Schmelz . Der Mann beweist ein seltenes musikalische» Feingefühl, und in den Augenblicken entschiedener Sentimentalität macht sich bei ihm wie bei den großen, amerikani- sehen Filmschauspielern der leise Schimmer einer überlegenen Ironie
bemerkbar. Schade, daß sich dies Können ausgerechnet an amerika - Nische Songs verschwendet. Berlin ist jetzt erst auf der Höhe der Kultur. Im Künstlertheater und im Kabarett der Komiker wird der„flüsternde Bariton" dem Publikum freudestrahlend als prachiiger Luxusgegenstand serviert. Die Berliner hoben oben Geld für alleriei merkwürdige Dinge. Jack Smith ist ein groß« Künstler, ober der Gegenstand seiner Kunst blecht trotzdem nichtig. 1�. S. „Hoheii incogmio." (Marmorhaus) In dieser merkwürdigen Republik, jenseits des großen Wassers, die nun doch schon anderthalb Jahrhunderte alt ist, scheint die Freude an der monarchistischen Tradition mit ihren Großfürsten. Uniformen und dem sonstigen Klimbim noch nicht erloschen. Wenigstens wenn man noch dem Film, der doch«in Barometer des Volksgeistes sein soll, urteilen darf.„Hoheit inkognito", dessen Manuskript Hans Kröl?, einmal einer der besten Manuskript- Verfasser, frei noch einem Lustspiel von Brody gestattet hat, führt wieder einmal ins Land des Zaren vor dem Kriege. Der Glanz der Uniformen und die pompöse Etikette, der lächerliche Servilismus wird vom Regisseur Sidney Franklin in«ine? frei erfundenen Architektur schmissig in Szene gesetzt. Mcr über den galanten Großfürsten, der seinem Leutnant vergeblich die Tänzerin aus- spannen will und in dem H-n und Her der Verwechslungen schließlich froh ist, vor bar gestrengen Großfürstin sein Alibi nachweisen zu können, und über den schwärmerischen Leutnant erhebt sich natürlich Ihre Majestät die amerikanische Königin: dos Tanzgirl. Zu? Abwechslung— es gibt schon mehrere Variationen des Stoffes—
Hundes, dieses dem Menschen am leichtverständlichsten Tieres, in ihrem neuen Rin-Tin-Tin-Film. In ihm hagelt es nur so von Kinnhaken, Magcnschlögen, Flintenschüssen und Mordversuchen, damit der vierbeinig« Held sich als mchrsacher Lebensretter betätigen kann. Cr kämpft sogar, um eines Menschen willen, gegen sein Rudel, das er einst geführt. Das ist eine tolle Sache, denn«in Führer, der seine eigene Gefolgschaft verrät, der ist nur unter Menschen, niemals aber unter Tieren zu finden. Howard Brctherton, der Regisseur, arbeitet mit Hoch- spannung: ein empsindsames Publikum hat stetiges Herzklopfen um seinen Liebling. R i n- T i n- T i n selbst macht wieder den oller- besten Eindruck, gleich, ob er allein spielt ober gemeinsam mit seiner Freundin, einer hellfarbigen Hündin von ganz besonderer Zartheit. Sic ist ohne Zweifel ein sehr schönes Tier, ober diese wunderbaren Augen, diese interessante Maske und das ausdrucksvolle Mienenspiel (dos sich m> Laus« der Zeit stark verändert), hat nur Rin-Tin-Tin . Er ist wirklich zu schade, der Held verfilmter Schundliteratur zu werden. Eine Vühnenschau, die vorzüglich in das Programm paßt, ist Franz G o l e m a n n j u n., Tierdrefsurrevu«. Geduld und Liebe dieses Dresseurs bringe» icdes Tier in ein Vertrauensverhältnis zu ihm. So bringt er es fertig, einen Fuchs, die Füchse«erden an und für sich wohl zahm» bleiben jedoch immer scheu, vorzuführen. «.b.
Rat an Lebensmüde, Mancher Art gibt es Methoden, Diesem Dasein zu enlflieh'n. Man erhängt sich auf dem Boden Oder nimmt als Gift Slrydmin. Jeder Strick, der nidit zu kurz ist, Endet deines Trebens Pein. Audi ein Tausendmetersturz ist Wirksam ä la fjömmstein, Oder such dein letztes Stünddien An de» Gases offnen Hahn. Doch das beste: Fahr nach München ! Dort besorgt's die Eisenbahn! _ Jonathan. Bezahlies Gprengkommando. politische Sitten in Polnisch -Oberschlesien . Königshülle. 1. August. Gestern wurde In Ehorzow auf eine Ortsgruppenverfammlung der Chriftlich-Demokratifchen Partei, der sogenannten Kor- f o n t y st c n, van einer Gruppe van zehn Ausständischen ein U e b e r f a l l verübt, wobei der Referent mißhandelt wurde. Das Sprcngkommando konnte von der Polizei festgenommen wer- den. Die Festgenommenen erklärten bei der Vernehmung, daß ihnen für die Sprengung der Versammlung eine gute Entschädigung von dem früheren Sejmabgeordneten der Eh ristlich. Demokratischen Partei, Ianicki, zugesagt worden fei.