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(Beilage Freitag, 3. August 192S.

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Indianer In Bolivien . Kinderraub für die Kautschukgewinnung. Das Leben im Urwald.

Immer wieder wird man in den UrwaldsiedlungSn des süd- amerikanischen Bolivien gefragt: chaben Sie viele Kinder gesehen? Aeltere, jünger« Mädchen oder Knaben, letzter« sind hier nichts Ungewöhnliches. Ein Junge hat einen Wert bis zu 300 Bolivianos und darüber, Mädchen werden nach dem Aussehen bezahlt. Weißt du, wie so ein Diebstahl vor sich geht? Eine Strafexpedition rüstet sich zum oberen Rio Itonama, irgendein Grund wird ge-

Bäume werden für den Kanubau hergerichtet. funden, damit sich die Räuber, die von der Regierung sanktioniert wurden, beleidigt fühlen; irgendein Zwischenfall kommt vor: Man verlangt Futter für die Pferde oder eine Frau wird belästigt. Nachts wird dann die Siedlung in Brand gesteckt, die alten Ein- geborenen werden niedergemetzelt, die Kinder geraubt und als Arbeitsfutter nach den Kautschukbaracken geschleppt. Wer kümmert sich um diewilden" Indianer?..Niemand, am wenigsten die Mission, da sie keine Gläubigen sind. Di« Räuber finden nichts dabei, daß sie unrecht handeln, denn dieseSndianerHunde" sind ja keine Christen, und was liegt an ein paar Lumpenhunden mehr oder weniger? Das Gesindel mußzivilisiert" werden, das heißt soviel, daß der Kautschuk gewonnen werden muß, mit welchen Mitteln, ist gleich. Di« Kinder kommen in Obhut der Jesuiten - Mission, dort lernen sie Gebet, Arbeit, Alkohol und Berbrechen kennen, dos ihnen bis jetzt fremd war. Kein Wunder, daß diese armen Unterdrückten Mordbrenner und Taugenichtse werden, wenn ihre Jugend so mißbraucht wird. Man stell« sich vor, daß der Kautschukarbeiter seinen niedrigen Tagelohn in der mörderischen 5)itze des Urwalds verdient und dann noch, nach der schwer geleisteten Arbeit, auf Rechnung der Mission arbeiten muß, um Gott gefällig zu sein. Wenden wir uns denen zu, die der.�Zivilisation" entgongen sind: ruhige, sympathische Menschen, die Freude an der Natur und ihren Schätzen haben. Hauptsächlich widmet sich der Guaroyu, der Indianer in Bolivien , dem F i s ch s a n g mit Pfeilen, Lanzen, Gift, Netzen, Reusen und Angeln. Mit großer Geschicklichkeit schießen sie die Fische mit Pfeilen aus harten Palmholz mit Widerhaken. Auf der Jagd nach Kleinticren bedienen sie sich einer Art Hand- schleuder. Ein rundes, mit einer hakenförmigen Umbiegung an einem Ende versehenes Stäbchen, 25 Zentimeter long, liegt am

anderen Ende auf einer 6 Zentimeetr breiten, 14 Zentimeter langen Platte, die ein Loch hat. Durch dieses wird der Zeigefinger gesteckt, dos Stäbchen liegt auf dem Vorderarm und der Pfeil, nur leicht mit dem Finger dirigiert und durch den Haken, dem er hinten anliegt, losgeschleudert, saust mit großer Kraft und großer Be- stimmtheit hinaus. Die Zubereitung der Fische ist einfach, sie werden auf Gestellen gebraten. Man setzt sie dem Feuer so lange aus, bis die Fische von einer dicken Kohlentruste umgeben sind. Auch Eapioarakeulen, die wie fetter Fisch schmeckten, und Affensteak waren derartig verkohlt. Die knusprige Kohle gibt dem faden, nicht mit Salz versetzten Fleisch«inen verbessernden Beigeschmack. Di« Indianer kennen auch ein aus Baumasch« hergestelltes, recht medizinisch schmeckendes Salz, das sie jedoch nicht für die Zu- bereitung der Speisen nehmen. Interessant ist, aus welchen primitiven Mitteln sich der Indioner in Bolivien sein Kanu baut. Er geht durch den Urwald und sucht sich«inen starken Jatobabaum, unserer Ulm « nicht unähnlich, nur höher. Hat er einen gesunden und gewählt, so errichtet er um den Stamm ein Gerüst und löst mit Messer und Beil aus der Rinde einen richtigen Zylindermantel. Nachdem er die Rinde ein paar Stunden eingewässert hat, beginnt er zu formen, macht die Rinde durch ein Feuer in der Höhlung geschmeidig, so daß mit Hebeln die Faltung am Vorder- und Hinterteil gelingt; eingetriebene Querhölzer sorgen dafür, daß sich der Rand nicht zu stark nach innen umlegt. Die feste Basthaut liefert den wasserdichten Schutz. In der Trockenzeit ist das Holz meist spröde, die Rinden zer- springen eher, darum wird die Wässerung auf Tage ausgedehnt. Das Iatobakanu hat überdies den Dorteil der überaus raschen Herstellung �nd der Stabilität. Mit Messer und Beil hacken sich die Indianer«in Ruder zurecht, von der Größe eines Spazier- stockes. Es hat einen krückenartigen Griff, Stiel und«in langes lanzenförmiges Blatt, das wie eine Schaufel leicht gehöhlt ist. Jedes Kanu hat seinen Namen: nicht solche, wie wir sie oft an

Fahrt durch die Stromschnellen. unseren heimischen Seen lesen, wie Liesewiesel, Scesarg oder Nauke , nein: Fliegender Affe, Schwebende Krähe, der schnell« Fisch. Di« Zauberei spielt eine große Rolle, bevor es zur Herstellung eines neuen Konus kommt. Das Kanu wird mit Zeichen irgend- eines Ungeheuers bemalt und dann geht es in rasender Fahrt durch die stille Natur, nebelumflorte, sanft gebogene Bergrücken, steinwallumgürtete Jnselchcn entgegen. Megerle von M ü h l f e l d.

Verödung der deutschen Landschaft. Eine ernste Mahnung an die Jägerwelt.

Dem Wanderer, der mit einer gewissen naiv-kindlichen Freud« durch die Natur geht, wird fast immer der Gedanke fern bleiben, daß irgendein Lebewesen, das er draußen trifft und beobachtet, unbedingt und ohne Gnade der Kugel eines Jägers verfallen muß. Der Wanderer als Freund der ganzen Natur hat nur dann ein« rechte Froude, wenn er weiß, daß auch die Tiere sich ihres Lebens und ihrer Freude erfreuen dürfen. Damit soll nun keineswegs gesagt sein, daß Wanderer und Jäger unvereinbare Gegensätze darstellen insofern, als der Jäger einzig und ollein auf das Töten aus ist. Der rechteIäger ist vielmehr zuerst einwahrerundtreuer Freund der Natur und ihrer Geschöpfe und die Be- tätigung jagdlicher Leidenschaft kommt bei ihm als Ausdruck seines Wesens erst in zweiter Linie. Das darf aber nicht verhindern, darauf hinzuweisen, daß in den letzten Jahrzehnten durch die ge- waltig« Ausdehnung, die die Iagdpassion in Deuffchland genommen Hot, der gesamte jagdliche Tierbestand in erschreckender Wesse zurück- gegangen ist, so daß es berechtigt ist, von einer drohenden Verödung der deutschen Landschaft zu sprechen. Diese Gefahr ist durch den berufsmäßigen Vogelfang, durch W i l d d r« b e r e i und Aasjägerei der Kriegs- und Nachkriegsjahre noch erheblich ge- steigert worden. Von Adlern und Eulen. lieberblicken wir einmal kurz die gegenwärtigen Zustände, so ergibt sich folgendes: Der Adler, von dem jeder Junge schon in der Schule hört, wird lebend kaum noch erblickt. Zeigt er sich aber einmal irgendwo, sei es am Meer, sei es im Gebirge, so darf man sicher sein, daß sofort Dutzende von Büchsen hinter ihm her knallen. Warum das stolze und seltene Tier sein Leben lassen muh, das weiß keiner. Der Schaden, den es anrichtet, ist nicht der Rede wert. Jagdliche Leidenschaft kennt keine Schonung. Das gleiche ist der Fall mit den Bussarden, Sperbern und H ü h n e r h a b i ch- t e n, die als schlimmer Räuber verschrien sind, so daß ihnen eigent- lich niemand das Leben gönnt. Tatsächlich ist aber dieses Getitr gleichfalls schon so dezimiert worden, daß da» Auftauchen eines solchen Gesellen geradezu Aufsehen in der Gegend erregt. Professor Dr. Roth kennzeichnet sie auch alsNatur- und Feldpoliz«'. die die tranken Individuen vernichten und nur die gesunden und wehr-

kräftigen Exemplare sich fortpflanzen lassen". Es wird also diesen Raubvögeln ein« wichtig« Roll« zugemessen, die der Mensch nicht stören sollte. Und was ist aus unserer E u l e n w e l t geworden? Sie muß man", nach Professor Roth,geradezu als nützliche Ge- nassen des Menschen ansprechen. Im Kampf gegen Wald-, Feld- und Ackermäuse, gegen Ratten, Hamster und Kaninchen haben Förster wie Landwirte keinen treucrn Bundesgenossen als die Eule. Und doch steht auch sie bereits auf dem Aussterbeetat. Man muh den berühmten Eulenroman von Svend Fleuron , Strix, der Uhu, lesen, um die ganze Tragik ermessen zu können, die in dem Sterben des freien Tieres aus der freien Wildbahn liegt. Ein Sterben, das oft weiter nichts ist als ein kaltes Morden und Hinschlachten durch den Menschen. Wie S. M. die Tierwelt vernichtete. In peinlicher und unangenehmster Erinnerung sind da die Treibjagden des ehemaligen Kaisers Wilhelm. der die Tiere des Waldes einkesseln ließ und dann mit der Freude des Sadisten in die Masse der hilflosen Geschöpfe hineinknallte und sich schließlich an dem Anblick der Strecke weidete, wo das Wald- getier zu Tausenden tot nebeneinander lag. Was ist aus dem Reiher in Deutschland geworden? Wo sind seine Horste geblieben? Di« Förster, die sie kennen, wachen eifersüchtig darüber, daß kein Fremder und Unberufener sich den Horsten naht. Das ist schon richtig, aber besser wäre gewesen, wenn man beizeiten den Nesträubern und den übereifrigen Jägern das Handwerk gelegt hätte. Jetzt ist es nahezu zu spät. In der Nähe von Berlin haben die Besucher des Naturfreundehauses in Klein-Käris Gelegenheit den legten Reiherhorst bei Berlin zu sehen. In Würdigung dieser Naturseltenheit hat sich das Heim selbst auchR e i h e r h o r st" genannt. Wie selten ist die Trappe geworden, wie leiten bereits der S t o r ch in Gegenden, in denen er früher selbfwerständlich war, wie selten selbst die Schwalbe. Die Wachtel verschwindet aus manchen Gegenden auf Nimmerwiedersehen, Hirsch und Reh wird man bald nur noch in Zoologischen Gärten sehen können, der fleißige und interessante B i b e r ist uns schon ein sagenhaftes Tier geworden, und als jüngste Trauerbotschaft geht die Nachricht durch die Welt der Natur- und Heimatfreunde, daß auch Meister Grimbart , der

Dachs, den Goethe den Neffen Reinekes, des Fuchsen, nennt, im Aussterben begriffen sei. Die Kugel der zünftigen und unzünftigen Jäger ist auch ihm zum unentrinnbaren Verhängnis geworden, und unser Deutschland wird wiederum um ein eigenartiges Tier ärmer sein. Angesichts dieser Zustände darf man berechtigt sein, von einer drohenden Verödung der deutschen Landschaft durch die Ausrottung der Tierwelt>zu sprechen, und da der rechte Jäger, der die Tierwelt liebt und schützt, zuerst Heger ist, so ergeht gerade an ihn die Bitte aller Heimatfreunde, sich der aufs schwerste bedrohten deutschen Tierwell nunmehr als Heger und Schützer anzunehmen. Einst war dos Raubzeug eine große Gefahr, aber diese Gefahr besteht nicht mehr. So gibt es denn in Wahrheit heute keinen vernünftigen und stichhaltigen Grund mehr, um kaltherzig ein Tier nach dem andern abzuschießen. Mit den Jägern verbünden aber sollten sich unsere Gebirgs-, Heimat-, Fremdenverkehrs- und Ortsvereine, um die heimische Tierwell in liebevolle schützend« Beobachtung zu nehmen. Denn, um mit Professor Roth zu sprechen, die Tierwelt der Heimat, einmal vernichtet, bleibt unwiederbringlich verloren. _ Tr. Naturwissenschaftliche«Ferienreise". Auch in der allernächsten Umgebung der Welfftadt gibt es noch Schönhellen, die dem Wanderer manchen Anreiz zu Naturbeobach- tungen zu geben oermögen. Die Naturwissenschaftliche Abteilung Berlin des TouvifteiwereinsDie Naturfreunde" hat es sich deshalb zur besonderen Aufgabe gemacht, größere Kreise auch in diese Gebiete zu führen, um so Heimatliebe und Beobach- tungsfähigkeit der heimischen Natur und Kultur zu wecken. Gewiß sind sie nicht unabhängig von den anderen Erscheinungen in Natur und Menschenwelt zu betrachten. Dennoch ergibt erst das rechte Ein- dringen in Teilgebiete unter Zusammenfassung und Fortführung des gewonnenen Erkenntnismaterials zu einem Gesamtbilde den rechten Einblick ins naturgesetzlich« Geschehen. Die nächste Fahrt der wissenschaftlich interessierten Naturfreunde führt in den Schulgarten nach Blankenfelde . In nächster Nähe großer Industrieanlagen hat hier die Berliner Schulverwallung große Gärten als Gegenstück zum Botanischen Garten in Dahlem an- legen lassen, um daraus vor allem Pflonzenmoterial für den Schul- Unterricht zu gewinnen. Nur ist dieses Gebiet nicht so berühmt und deshalb weniger bekannt als jenes in Dahlem . Unsere Arbeiter- wanderer sollten es sich um so mehr zur Aufgabe machen, Arbeiter- kinder auf die Schönheiten ihrer engeren Umwelt aufmerksam zu machen.. Als Anfang für den Norden wird daher auch die Fahrt am Sonnabend, dem 4. August, mit dem Treffpunkt an den Straßen- bahnendhaltestellen in Nordend(48, LI, 1S9) um 16,45 Uhr sehr willkommen sein. Der Garten in Blankenfelde zeigt wertvolle Ab- teilungen, so für Arznei- und Giftpflanzen, Nöhrpflanzen und Küchen- kräuter. Sämtliche Arten unserer Zierpflanzen findet man hier ver- einigt, und auch sonst bietet sich manches schöne Bild aus dem Pflan.zenleben. Für Arbeiterwanderer ist aber noch ein weiteres Gebiet beson- der» beachtenswert. Lebensgemeinschaften in der P f l a n z e n w« l t ipit ihren soziolog-ischen Verknüpfun- gen dürfen immer besondere Beachtung finden. In Blankenfelde lassen sich prächtige Beispiele beobachten. Neben dem Buchenwald sehen wir den Eichenwald. Dann wieder den wundervollen Misch- wald, dem unsere allbekannte märkische Kiefernheide folgt. An feuchteren Stellen sind Bestände von Birken und Erlen angelegt. Mit dem zu diesen Abteilungen gehörigen Unterholz, mit Blumen und dem sonstigen Pflanzenreichtum solcher Gebiete eng verbunden, finden wir so in diesem großen Schulgarten nicht nur prächtiges Ma- terial für unsere naturwissenschaftliche Erkenntnis, sondern e« ist auch eine vorzügliche Zusammenstellung des Land- fchaftsbildes der ganzen Mark den Sinnen des erlebnis- himgrigen Beschauers nahegebracht. Außer diesen landschaftlichen Schönheiten kann man sich auch noch Lurche, Reptilien und Schild- kröten der Mark im Vivarium ansehen. Aus dem Humboldthain bracht« man dazu vor dem Kriege bereits diegeologische Wand" hierher, die einen guten Einblick in den Aufbau derErdrinde gestattet. Was so also ein« Ferienreise an guten Eindrücken aus der Landschaft mit sich bringt, dos wind auch dieser Rundgang in Blankenfelde in kleinem Maßstab dem Besucher bieten können.

Wer weiß das? König Gustav von Schweden ließ Lederkanonen zur Benutzung in offener Feldschlacht herstellen. * Der gewöhnlichste Platz im Theater in China kostet nach unserem Gelde etwa 4 Pfennige, die besten Plätze werden mit 1216 Pfennigen bezahlt. » Das Gewicht des Wakfisches kommt dem Gewicht von 30 Ele- fanten oder 150 Ochsen gleich. k Eine japanisch« Braut liefert die erhaltenen Hochzeitsgeschente ihren Eltern ab, als«ine kleine Entschädigung für die Mühe und Unkosten, die diese für ihre Erziehung gehabt haben. Ursprünglich hieß nur die Gegend um den Tiber Italien und ihre ersten Bewohner Brutier. Die Zähne des Nilpferdes geben ein vorzügliches Elfenbein, da» nie gelb wird. * Um das Jahr 500 v. Chr. wurde in Indien bereits die Kunst ausgeübt, aus der Haut eines Körperteils eine Nase herzustellen. * Das Wort Kommißbrot stammt aus der Zeit des Dreißig- jährigen Krieges. Sicher ist, daß es schon bei den Soldaten Wollen- steins Im Gebrauch war. Wallenstein setzte nämlich, al» er nach Stralsund zog, sogenannte Brotkommissionen ein, die die Brotvcr- sorgung seiner Soldaten zu organisieren hatten, da die arme Be- völkerung nicht In der Lage war, seine Truppen mit Brot zu ver­pflegen. Diese Kommission besorgte also das.Lommissionsbrot", woraus die militärische AbkürzungKommißbrot" entstand. Später hat sich von Kommißbrot die weitere AbkürzungKommiß" abge­spalten, womit man nach dem oft von der Sprache gemochten Ge- brauch, mit dem Ausdruck für einen Teil dos Ganze zu bezeichnen. den gesamten millärischen Betrieb bezeichnete.