Beilage
Donnerstag, 9. August 1928.
Ferienfahrt ins linksrheinische Land.
Auch die Berliner Arbeiter suchen in den letzten Jahren mehr denn je ihre farge Ferienzeit auf Wanderungen zu verbringen. Dabei werden oft auch Fahrten in weiter entfernte Gegenden unter nommen, die Naturerlebnisse in reichstem Maße bieten. Eins der gesuchtesten Gebiete ist das Rheinland . Der Rhein selbst mit feinen Burgen, Ruinen und Rebenhügeln wie auch das Mofeltal
bieten Anlaß zu fangesfrohen Fahrten. Daß dabei auch im Weinfeligen nicht immer das rechte Maß gehalten wird, sei diesmal über. gangen, wenngleich unsere Jugend hier glücklicherweise auch schon beffere Wege geht.
Aber nicht nur die weitbekannten Gebiete um Rüdesheim , Bacharach und Loreley sollten für Arbeiterwanderer Fahrtenziele fein. Wer Reize der Natur sucht, findet sie auch abseits in den Bergen, im Sieg. und Lahntal , im rheinischen Schiefergebirge und im Siebengebirge . Noch wertvoller für den wahren Naturfreund aber sind die linksrheinischen Berggebiete. Der Hunsrüd mit feinen stillen Tälern trägt zwar nicht soviel ungesunde Burgruinen romantik ins menschliche Gemüt. Auch die Stätten des Schinder hannes wirten heute auf die Jugend nicht mehr. Viel eher finden mir hier das wahre Naturgeheimnis, das fich dem Wanderer auf verschwiegenen Pfaden in stillen Tälern und in tiefen Schluchten offenbart. Man muß nur nicht immer im ausgetretenen Gleife der großen Heerstraße wandern wollen. Man muß die nerven und herzstärkende Wirkung der Natur auf Proletarierförper wirten lassen, denen das für den Alltagskampf fo außerordentlich nottut. Besondere Möglichkeiten frisch frohen Naturerlebnisses aber bietet das von Arbeiterwanderern immer noch zu wenig erforschte Eifelgebiet. Es heißt, die Eifel sei ein armes Land, weil den Bewohnern gewiß keine Reichtümer in den Schoß fallen. Ein hartes Leben ringt hier um Gestaltung auf hartem Boden mit färglichen Nährstoffen. Dennoch ist die Eifel voller Reichtum für den, der zu schauen und zu erleben versteht. Und für jeden rechten Arbeiterwanderer wird immer aus dem Erlebnis das starke Wollen nach Um- und Bessergestaltung der menschlichen Gesellschaft er wachsen. So ersteht dem Bewohner der schwarzen Eifelgebiete in den Arbeiterwanderern eine Schar mitfühlender und mitlebender Kampfgenoffen, die im Gesamtziel des Kampfes auch Erlösung für den einzelnen, für die kleinere Volksschicht bringt.
*
M
Ueberall, vor allem auch in der Bordereifel, bietet die Landschaft stets neues Erlebnis. Sei es schon von der Mosel aufwärts, von den schönen Stätten um Trier , Cochem , Bullay und Burg Eltz oder sei es im nördlichen Gebiet vom schönen Ahrtal aus zur Hohen
A
Burg Eltz nördlich der Mosel . Acht über Adenau , nach Schloß Dürresheim, nach Maŋen usw., immer wechseln die Bilder. Die Perlen der Eifel aber sind ihre Seen. Und unter diesen wieder darf man mit Recht als schönsten wohl den Laa cher See betrachten. Von allen Seiten ist er auf
prächtigen Begen erreichbar. Bom Rhein aufwärts über Burg brohl , vom Norden über Mayen , von der Mosel an Burg Eltz und Monreal vorbei nach Niedermendig ziehen Wege nach rechter Wanderer Art.
Hier bietet der Pflanzenreichtum wechselvolle Gestal tung für den Naturfreund, der mit wissenschaftlich geschärftem Blick durch die Auen wandert. Auch in geologischer Hinsicht zeigt das früher in lebhafter vulkanischer Tätigkeit befindliche Gebiet einzigartige Beobachtungsmöglichkeiten. Erloschene Vulkane umkränzen den Laacher See und bringen ihm mit hohem Mischwald den schönsten Waldgürtel der ganzen Eifellandschaft. Basaltbrüche lassen Eindrücke vom sozialen Leben in den Basalt- und Bimssteinwerfen, in der Herstellung der Niedermendiger Mühlsteine und sogar in den Bierbrauereien gewinnen, denn die tiefen Lavabrüche boten 30 Meter unter der Erbe beste Kellereien, um das frisch gebraute Bier fühl zu erhalten. Vieles wäre gerade aus dem sozialen Leben der Bevölkerung und aus der Einwirkung der Kirche auf das Volksleben zu berichten. Aber man muß mit eigenen Augen schauen, mit eigenem Herzen erleben fönnen, um so recht in die Tiefe der Natur und des menschlichen Lebens eindringen zu können. Nur ein Hinweis auf zahlreiche Refte altrömischer Kultur, die hier frühzeitig Eingang fand, sei noch gestattet. Auch dabei schaue man um sich.
Beste Gelegenheit zum Besuch dieser herrlichen Gebiete hat auch hier wieder die Organisation der Arbeiterwanderer, der Touriftenverein Die Naturfreunde", geschaffen. Schon das
Der Abend
Spalausgabe des Vorwärts
fleine Bonner Naturfreundehaus im Norden im Bischeltal, unweit der Ahr, hat sich als guter Stüzpunkt bewährt. Demgegenüber aber darf das neue große Naturfreundehaus bei Niedermendig , unweit des Laacher Sees, das„ Laacher- SeeHaus" mit seinen 130 Betten und großen Aufenthaltsräumen, mit Bade- und Heizanlagen modernster Art, als Mittelpunkt des fünftigen Wander- und Jugendlebens in diesem Teil der Eifel an= gesprochen werden. Im Wandern wie bei Kursen, in sportlichen und tänzerischen Spielen wie in geistiger Arbeit soll dieses Heim ein Hort neuer Menschheitsideen sein und kommende Geschlechter auf das hohe Ideal einer sozialistischen Gesellschaftsordnung vor bereiten. Auch norddeutsche, Brandenburger , Berliner Arbeiter wanderer werden gern die Gelegenheit fünftiger Fahrtentage in diesem Gebiet benutzen, um am Gemeinschaftsstreben der Arbeiterklasse neuen Anteil zu nehmen. Adolf Lau.
Ein Schatz wird gehoben.
Die Bergung der Flotte von Scapa Flow .
Wie türzlich gemeldet wurde, ist es gelungen, die bei Kriegsende in Scapa Flow versenkten deutschen Schiffe zu heben, um sie zu verschrotten. Bulegt ist der deutsche Schlachtf: euzer Meltte gehoben und zum Schrottplag transportiert worden. Die Bergungsarbeiten haben zwei Jahre gedauert, schließlich hat man das Brad nach Rosyth geschleppt.
Es wird berichtet, daß die Schiffe: in den Gewässern bei Rosyth ein seltsames Schauspiel erlebten. ein seltsames Schauspiel erlebten. Eine ungefüge, schwimmende Maffe, in der Gestalt einem Bal ähnlich und doch hundertmal größer als ein solcher, bewegte sich, von drei schweren Schleppern gezogen, in langsamer Fahrt nach Süden. Beim Näherkommen fah man, daß die gewaltige Masse, die in feine: Weise an ein Schiff erinnerte, doch der Körper eines Riesens hiffes war, das kieloben die Nordsee durchquerte, und nur ein bis zwei Meter aus dem Wasser emporragte.
Die Bergung de: Schiffe hat eine lange und wechselvolle Geschichte. No im Jahre 1925 hielt man es nach einigen, mir unzureichenden Mitteln unternommenen und daher fehlgeschlagenen Ber suchen für aussichtslos, an die Arbeit heranzugehen. Die Tatsache jedoch, daß die Brad's gefährliche Hindernisse für die Schiffahrt find bei Ebbe ragen einige aus dem Wasser heraus, ferner der Wunsch, an den deutschen Schiffen Beobahrungen und Studien anzustellen, brachte nach so langer Zeit neue Bergungsversuche zustande.
-
Den mittelbaren Anstoß gaben anscheinend amerikanische Kreise, die die Schiffskörper mit ihrem gesamten Inhalt an Stahl und Eisen zur Verschroitung antaufen wollten. Zuerst ging man an den Schlachtkreuzer Hindenburg" heran. Nach zweijähriger Arbeit entglitt das Schiff und lehrte in die Fluten zurück. Man gab die Bergung des Hindenburg" deshalb zunächst auf und wandte sich dem Schlachtkreuzer Moltke" zu, der auf der verhältnismäßig ge= ringen Bassertiefe von 22 Metern gesunten war. Hier fiel allerdings erschwerend ins Gewiht, daß das Schiff beim Sinfen gefentert war und fieloben mit starter Schlagfeite auf dem Grunde lag.
Der ganze erfte Abschnitt der Bergung war den Bemühungen gewidmet, zunächst die Bage des gefenterten Schiffes zu verändern. Zu diesem Zwed befestigte man zahlreiche Stahltrosse an den Geschüßtürmen, die mittels Handminden auf zwei Pontons steif zu holen waren. Die Pontons besaßen die außerordentliche Trag. fähigkeit von 2400 Tommen, die mit steigender Flut als Drehmoment auf das gefrängte Shiff übertragen wurde. Zur Verstärkung diefes Drehmomentes wurde ein gehobener deutscher Zerstörer auf den Schiffsboden des Schlachtkreuzers aufgesetzt und voll Wasser gepumpt. Schließlich wurden riesige Abteilungen auf der überhängenden Seite des Schiffes unter größten Schwierigkeiten unter Waffer abgedichtet und mit Breßluft entleert. Als letztes veranter: e man noch ein 800- Tonnen- Shwimmponton an der tiefliegenden Seite. Durch gemeinsamen Angriff dieser Drehkräfe gelang es, die Schlagfeite des Schiffes allmählich zu verringern.
Das jetzt auftretende schwierigste Problem an der Bergung war die luftdichte Abschließung der Unterwasserräume, um sie durch Einpressen von Luft entleeren zu können. Außerordentlich verzögert und erschwert wurde diese Arbeit jedoch durch völlige Unkenntnis der Engländer von der Lage der zahlreichen, bei der Versenkung geöffneten Ventile.
Man entschloß sich daher, zunächst durch Taucher nah Schiffs. plänen forschen zu lassen. Um einen Zugang zu, dem Innern des fieloben liegenden Schiffes zu erhalten, wurde aus dem Schiffsboden eine Deffnung herausgeschnitten, auf die ein Einsteigeschacht in Gestalt eines mehrere Meter hohen Eisenzylinders gesetzt wurde. Nach dreitägigem Suhen entdeckte man die gesuchten Pläne in der Schiffszentrale. Da ein Teil von ihnen, darunter die wichtigsten Flugpläne, auf nicht rostenden Metallplatten eingegraben und nach Entfernung der Berfruftung gut erkennbar waren, kamen die Dihtungsarbeiten lett rajcher vorwärts. Manche Deffnungen fonnten durch Holzpflöde leicht zugeschlagen werden. Andere wurden nach Herstellung eines geeigneten Dichtungsprofils durch einen Sauer ftoffschneidebrenner mit Berg und Segeltuch verstopft. 3u waffer
|
dichtem Abschluß verkleidete man die Dichtungsflähen mit einer dicken Talgschicht, die jedoch von den Fischen aufgefressen wurde und durch Portland - 3ement ersetzt werden mußte. Nah mühseliger Kleinarbeit gelang es so, mehrere hundert Deffnungen zu schließen.
Die Luftkompressoren wurden nun auf das tief im Wasser liegende Achterschiff des Schlachtfreuzers geschaltet, mit dem Erfolg, daß das Heck sich schließlich hob und, vollständig mit Muscheln und Tang bewahsen, die Schrauben und das Ruder an die Oberfläche tamen. Jetzt war die Hauptarbeit geschafft. Durch weiteres Ei. preffen von Luft wurde das Schiff weiter gehoben, bis es oweit schwimmfähig war, daß es in Schlepp genommen und bei der Insel Cava auf Strand gesetzt werden konnte. Es stellt dem deuishen Schiffsbau ein gutes Zeugnis aus, daß die Vernietung des Bodens, de: Seitenwände und der Schotten nach sechsjährigem Aufenthal: auf dem Meeresboden noch immer wasserdicht waren. Sonst wäre jeder Bergungsversuch zwecklos gewesen.
Das auf Strand gesetzte Schiff wurde dann wieder aufge= schnitten. In langwieriger Arbeit wurden gewaltige Metallmassen aus dem Schiffsinnern entfernt und der Rumpf um etwa 3000
Tonnen erleichtert. Bor wenigen Wochen wurde er wieder verschlossen. Stahlplaten wurden luftdi ht auf die gewaltigen Deffmungen aufgenietet. Auf dem breiten Schiffsboden wurde eine Kraftstation errichtet, mit einer Lichanlage und Luftkompressoren, fähig, 800 Kubiffuß Luft pro Minute zu liefern, falls irgend ein Bruch oder eine Undichtigkeit auftreten sollte. In der Nähe steht ein Rettungsboot für den äußersten Notfall. Zum zweiten Male trat jetzt die Preßluft in Kraft, die das Meerwasser hinausdrückte und den Shiffsrumpf langsam mit einer riesigen Luftblase anfüllte. Kieloben schwamm das Schlachtschiff auf und hing mun frei bewegfich im Wasser. Damit fonnte die Reise nach dem Berschrottungshasen Rosyth beginnen, die inzwischen glücklich beendet ist. lich im Waffer. Damit fonnte die Reise nach dem Verschrottungs.
Megerle von Mühlfeld.
*
Der Mensch schläft am tiefsten und ist von allen Kreaturen am schwersten zu wecken.
*
Die Japaner haben gleiche Fertigkeit im Gebrauch der rechten und der linken Hand, sind also doppelhändig.
*
*
Die Eingeborenen der früheren deutschen Kolonien von Togo und Kamerun bestreichen die Innenwände ihrer Hütten mit Kuh dünger, der in erhärtetem Zustand immer noch genügend Ammoniat ausscheidet, um jedwedes Ungeziefer fernzuhalten.
*
Kaiserin Ratharina die Erste von Rußland tonnte weber schreiben noch lesen, sprach jedoch vier Sprachen: russisch, schwedisch , deutsch und polnisch. Ihre Tochter Elisabeth schrieb und unterzeichnete an Stelle der Kaiserin die von ihr verfaßten und diftierten Beschlüsse.
*
Bu einer Schlittenfahrt der Allerhöchsten Herrschaften" während des Wiener Kongresses wurde der Schnee in Körben zusammengetragen.
*
*
Um die Berdunstungsoberfläche auf ein Mindestmaß herabzu drücken, haben sich bei den Kakteen die Blätter zu den gefürchteten Der nun das Blattgrün tragende Stamm Stacheln verwandelt.
ist so gezwungen, die Aufgabe des Blattes zu übernehmen.