Der Abend
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Spalausgabe des„ Vorwärts
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Nr. 376
B 186 45. Jahrgang.
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Auf den Straßen, die aus der weiteren Umgebung Berlins in die Stadt führen, macht sich in den letzten Wochen eine zunehmende Unsicherheit bemerkbar. In der vergangenen Nacht wurde auf der Spandau - potsdamer Chaussee ein in Fahrt befindliches Auto von einem Mann aufgehalten, der sich auf die seitlichen Triffbretter schwang.
Kurz vor Mitternacht tam der Kaufmann Kurt Jeschte aus der Neuendorfer Str. 38 zu Spandau mit seiner Innensteuerlimousine, die er selbst steuert, von Spandau her die Chauffee entlanggefahren. Im geschlossenen Wagen befand sich eine Dame. Nicht weit von Karolinenhöhe, etwa dort, wo die Chaussee nach Seeburg abzweigt, steht ziemlich einsam das Haus des Landjägerpostens, während jenseits der Wegefreuzung dichte Gebüsche sind. Die Gegend ist um größten Teil noch unbebaut, unbeleuchtet und einsam. Als Joke sich mit seinem Wagen dem Gebüsch näherte, sah er einen Mann auf der Chaussee stehen, während gleichzeitig von irgendwoher ein Pfiff ertönte. Jeschke setzte seinen Winter in Tätigkeit und wollte in langsamer Fahrt um die rechtwinklige Biegung der Straße fahren. Da sprang plöhlich der Mann auf das seitliche Trittbrett des Autos, verfuchte den Schlag zu öffnen und einzufteigen, hatte aber feinen Erfolg, weil der Wagen abgeschlossen war. Der Fremde, der es offenbar auf einen Raub abgesehen hatte, rutschte von dem Trittbrett wieder ab. Zur gleichen Zeit hörte die mitfahrende Dame an der Rückwand ein Geräusch und sah durch das kleine Fenster ein Gesicht. Jeschke, der befürchtete, daß mehrere Männer ihn angreifen würden, zog seinen Revolver und gab durch die Scheibe einen Schuß auf den Räuber ab, der sofort verschwand. Er muß auf dem hinten angeschnallten Reserverad gestanden haben. Jeschte fuhr in be schleunigtem Tempo nach Spandau zurück und erstattete auf dem 144. Revier in der Zimmerstraße Anzeige. Beamte machten sich mit Suchhunden sofort auf den Weg, konnten aber in der nächtlichen Dunkelheit zunächst teine Spur finden. Erst als es dämmerte, fand man auf einem nach Seeburg führenden Feldweg die Radspuren eines Motorrades mit Beiwagen, das dorf gehalten und auch gewendet hat. Leichte Blutspuren führten etwa 11 Schritte weit von der Chauffee bis zu den Radspuren, hörten dann aber auf. Allem Anschein ist der Mann, der hinten auf das Auto stieg, von dem Schusse des Kaufmanns getroffen und von seinen Helfershelfern in den Beiwagen gelegt worden.
Nach der Schußrichtung zu urteilen, muß der Räuber wohl in Brust oder Arm getroffen worden sein. Die Dame, die das Gesicht am rückwärtigen Fenster erblickte, erklärt, daß der Mann etwa 25 Jahre alt war und breite Backenknochen hatte. Obwohl das alarmierte Ueberfallkommando die ganze Gegend absuchte, konnten die Räuber nicht mehr gefunden werden. Sie haben die Zeit der Rückfahrt des Jeschte nach Spandau benutzt, um mit ihrem Fahrzeug
zu verschwinden.
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Ein Anschlag wurde in der vergangenen Nacht auf den Domtaplan Josef Montinisch vom Elisabeth- Heim am Fichtenweg 17 zu Spandau verübt. Das Heim ist vor etwa einem Jahr erbaut. An der einen Straßenseite ist der Zaun noch nicht fertiggestellt und diese Lücke benutzten die Attentäter, um sich Zugang zu verschaffen. Das Zimmer des Raplans liegt im Erdgeschoß nach dem Garten zu. In der vergangenen Nacht gegen 11% Uhr erwachte der Kaplan von dem Klirren der Fensterscheibe. Man hatte von außen her einen Als der ziemlich großen Stein in das Zimmer hineingeworfen. Bedrohte an das Fenster trat, sah er mehrere Männer draußen im Garten stehen, die einige Schüsse auf ihn abgaben. Der Geistliche schoß nun ebenfalls aus einer Scheintodpistole. Männer ergriffen jetzt die Flucht. Das alarmierte Ueberfallfommando suchte nach den Geflüchteten, fonnte sie aber nicht mehr finden. Was die Uebeltäter zu dem Attentat veranlaßt hat, ist unflar.
Fünf Opfer einer Wahnsinnsfahrt.
Perfonenzug überfährt ein Auto
Die
Der Personenzug Feldkirch- Buchs( Tirol) ist bei der Straßenkreuzung in Altenstadt gegen das Auto des Arztes Dr. Kohler aus Nenzing in Boralberg gefahren, in dem sich sechs Bersonen befanden. Fünf Personen find fot und eine Berfon ist schwer verleht. Das Unglüd ereignete fich dadurch, daß der Schrankenwärter um ein zwischen den Schranken festgehaltenes Fuhrwert freizulaffen, die schon halbgeschlossene Schranke nochmals öffnete. Als Dr. Kohler mit seinem Wagen auch noch schnell hin
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Fahrt zum Verfassungstag.
Die Reichsbannerfameraden des Gaues Berlin -| unerflärlich. Kurz vor Weißenfels merften wir, was Brandenburg sind auf der Fahrt zur Verfassungsfeier in Frankfurt am Main . Aus dem Kraftwagen heraus geht uns folgender Bericht zu:
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Schon vor Potsdam grüßen uns die Fahnen der Re publik . An der Chaussee stehen Reichsbannerleute und winken uns zu, Arbeiter auf Rädern und uns entgegenkommende Autler grüßen In Potsdam ertönt unsere Signaltrompete. Prompt jángt ein alter, sehr deutschnational aussehender Herr an zu schimpfen zwei Stahlhelmer fommen vorbei. Sie staunen, reißen Mund und Nase auf und vergessen das Schimpfen. Hinter Pots dam wird die Straße ausgebessert. Die Arbeiter begrüßen uns freudig: mur einer brüllt ein ,, Rot- Front", das aber von den Frei Heil- Rufen bei weitem übertönt wird. Treuenbrießen. Langsam fahren wir durch den Ort. Da plötzlich werden wir angerufen. Wandernde Arbeiterjugend grüßt. Hinter dem Ort geht es gleich im 45- Kilometer- Tempo weiter. Unser Führer, Kamerad Crome, fizt vorne neben dem Chauffeur, mit der Karte in der einen Hand und der Uhr in der anderen. Pünktlich- fast wie ein D- 3ug, fahren wir. Um 1 Uhr langen wir in Leipzig an. Ueber den Hauptbahnhof zur Zeißer Straße. Im Gewertschaftshaus essen wir. Gerade ein Jahr ist es her, da haben wir an der gleichen Stelle gestanden. 10 Kilometer hinter Leipzig steht ein Motorrad mit zwei Kameraden. Uns sehen, wenden und fortrasen, war das Werk einer Minute. Uns war dieser Vorgang
durchfahren wollte, wurde das Automobil mitten auf den Schienen vom 3uge erfaßt, 30 meter weiter mitgeschleift und vollständig zerfrümmert.
Die Bundesbahndirektion Innsbrud teilt zu dem bereits gemeldeten schweren Autounglück auf der Eisenbahnstrede Feldkirch Buchs mit: Die Lokomotive eines Personenzuges erfaßte auf der Bundesstraßenübersetzung in Kilometer 2,1 der Strecke Feldfirch Buchs bei halbgeschloffener Schranke das Automobil des
Aufmarsch für den Frieden. Urteil im Einsponprozek.
( Berichte 2. Seite.)
es bedeutet hatte: Boten von Weißenfels ! Kurz vor dem Drt wartete eine Kolonne Radfahrer. Festlich wurden wir eingeholt. Auf dem Marktplatz stand eine vielhundertföpfige Menge. Eine kurze Ansprache des Ortsleiters, ein Ummarsch, und dann waren wir Gäste unserer Kameraden! 30 Minuten Pause, dann Wieder vor dem geht es weiter. Naumburg nächstes Ziel. Die
Drt Motorradfahrer, die uns in den Ort bringen. alte Kirche wird uns gezeigt. Aufnahmen gemacht. Alte Genoffen, Sportler und Kameraden, haben sich zu unserer Begrüßung eingefunden. Sie grüßen gute Fahrt". Das Nest ist freilich schrecklich völlisch, und viele feindselige Blide treffen uns. Unser Wagen muß jeßt mächtig lettern. Die Gegend des Bad Kösen tommt, völkische Saaletals ist wunderbar. Hochburg. Wir denken an die Rathenau - Mörder, die sich hier versteckt hatten. Einige Billen haben am Dachfirst große Hatenfreuze. Geschäft! Republikaner tommen fast gar nicht hierher. Hinter Rösen haben wir eine längere Panne. Zwei Stunden bleiben wir liegen. Inzwischen ist die Dunkelheit eingebrochen. Ueber die Höhen in Richtung Weimar geht es weiter. In Apolda warten Weimarer Kameraden und begleiten uns. Auch in Weimar festlicher Empfang. In allen Städten, durch die wir tamen, sind die Vorbereitungen zum Verfassungstag im Gange! Ueberall wird der Berfassungstag Boltsfeiertag. 280 Kilo meter sind wir gefahren, noch muß ein großes Stück Weges gemacht werden, über die Gebirge bis ins Mainta!!
Arztes Dr. Hans Kohler aus Nenzing , das mit sechs Personen besetzt war. Das Auto wurde auf einer Strecke von 30 Metern mit geschleift und in Hunderte von Stücken zertrümmert. Von den sechs Insassen wurden fünf getötet, und zwar Dr. Kohler und Frau, Hermann Suchardt, gebürtig aus Darmstadt , und eine Frau Nellesen, ferner eine Frau, deren Persönlichkeit noch nicht feftgestellt werden konnte. Fräulein Karoline Ellers, gebürtig aus Essen( Ruhr), wurde schwer, aber augenscheinlich nicht lebensgefährlich verletzt. Das Unglück ereignete sich um 2,20 Uhr nach mittags. Während der Bahnwärter die Schranke schloß, fuhr ein Pferdefuhrwerk in der Richtung auf Feldkirch unter die niedergehende Schranke. Um dieses Fuhrwert nicht einzuschließen, lüftete der Wärter ein wenig die Schranke. Das Fuhrwerk kam hindurch, das aus der Gegenrichtung kommende Auto aber, dessen Lenker die Halbstellung der Schranke benutzte, um noch durchzuschlüpfen, wurde von dem heranbraufenden Zuge erfaßt.