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Die Feier im Reichstag.

Die Ansprache des Reichskanzlers Hermann Müller  .

Nach der Feftrede des Universitätsprofeffors Dr. Rabbruch, über die wir schon berichteten, nahm bei der gestrigen Berfassungsfeier im Reichstag  

Reichsfanzler Hermann Müller  

das Wort. Er führte aus:

Herr Reichspräsident, meine Damen und Herren!

Wenn das deutsche   Bolt in seiner Mehrheit auch heute wieder ben Tag festlich begeht, an dem die in Weimar   in schwerster Zeit geschaffene Verfassung gefeßliche Grundlage des Reiches geworden ift, so darf uns das mit stolzer Genugtuung erfüllen. Denn diese erfte große ftaatsrechtliche Schöpfung nach dem tragischen Ausgang des Weltkrieges, in einer Zeit grenzenloser Innen- und außenpoliti scher Not und Bedrängnis, mar eine Iat ungebeugten deutschen   Lebensmillens, ein lebendiger Beweis für den nationalen Zusammenhalt des ganzen Boltes in allen seinen Ständen und Schichten und ein startes Bekenntnis zum freiheitliche n demokratischen Boltsfta a t. Weimar   ist das Symbol deutscher   Einheit geworden und darauf sind wir stolz.

Immer mehr mächst von Jahr 31 Jahr die Zahl derer im deut­ schen   Bolf, die dankbar und freudig die Wiederkehr des Geburtstages der Weimarer Verfassung feiern. Die Erkenntnis setzt sich durch, daß nur auf der Grundlage dieser Verfassung ein Wiederaufstieg Deutschlands   möglich ist.

In dieser Feierstunde mollen wir alle geloben, für den Schutz und die Achtung der Reichsverfassung und ihrer Symbole einzutre­ten( der Reichskanzler hat diese Worte mit erhobener Stimme ge­sprochen), indem mir, worum ich Sie Herr Reichspräsident und Sic, meine Damen und Herren bitte, in den Ruf einstimmen: Das in der Republit geeinigte deutsche   Bolt, es lebehoch! Die Versammlung hatte sich bei den letzten Worten des Reichs­tanglers erhoben und stimmte dreimal in den Hochruf ein, um darauf die erste und legte Strophe des Deutschlandliebes zu singen, Ankunft der Auto- Staffel aus Frankfurt   a. Main  .

Heute morgen fuhr der erste von den sieben Wagen des repu­blikanischen Deutschen   Automobil- klubs von der Pauls firche in Frankfurt   a. M. ab, um die Botschaft, die der Frant­furter Oberbürgermeister Dr. Candmann anläßlich des Ber­faffungstages an seinen Berliner   Kollegen Dr. Böß richtele, auf der Fahrt nach Berlin   mitzunehmen. Alle fieben Wagen, die sich in den verschiedenen Städten ablösten, haben die Fahrt nach der Reichshauptstadt ohne Zwischenfälle gemacht, so daß der letzte, der von Erfurt   aus gesteuert wurde, noch vor 20 Uhr am Berliner  Rathaus einftas. Die Gäste begaben sich zum festlich geschmüd­ten Empfangsraum des Rathauses, wo sie von Oberbürgermeister Dr. Böß erwartet wurden. Während. vor dem Rathaus Reichs bannerzüge mit flingendem Spiel zum Platz der Republik   marschier. ten, richtete der Präsident des Deutschen   Auto- Klubs, Rechtsanwalt Dr. Brandt, die Begrüßungsworte an den Oberbürgermeister, die dieser sehr herzlich erwiderte, um dann die Rolle mit der Botschaft zu öffnen und diese selbst zu verlejen. In der Botschaft heißt es, daß Frankfurt   a. M. als Stadt des alten Reiches Berlin   als Haupt­fladt des neuen Reidyes begrüßt und der Hoffnung Ausdrud gibt, daß die große 3dee des Einheits- und Freiheitsgedankens fich bald refflos verwirkliche. Der Oberbürgermeister dankte nach Berlejung der Botschaft nochmals den Ueberbringern und teilte ihnen mit, daß die Botschaft im Archiv der Stadt Berlin   niedergelegt werden joll. München  : Die Reichsbehörden feiern, die bayerische Regierung drückt sich.

München  , 11. Auguft.

Am heutigen Berfassungstage waren die Gebäude der Reichs­behörden der Stadt in den Farben des Reichs geflaggt, zum Leil auch in den Farben Bayerns  . Die banerischen Staatsgebäude waren meißblau geflaggt. Für die Beamten der Reichsbehörden in München  fand im Festsaal des Verkehrsministeriums eine Feier statt. Der Saal war dicht befezt. Unter den Festteilnehmern waren die Ver­treter des Reichs, Gesandter von Haniel  , Staatssekretär von Frank, der Präsident der Gruppenverwaltung Bayern der Deutschen Reichss bahn- Gesellschaft, Eisenbahnpräsident von Bölder, Staatssekretär Neumayer von der Reichspost, Präsident Troll von der Reichspost­direktion, cin Bertreter des preußischen Gesandten, hohe Offiziere der Reichswehr   und der Stadtkommandant General von Sauer, dienst­leitende Beamte des Reichsfinanzhofes, des Münchener   Landes­finanzamtes und anderer Behörden. Die Feftrede hielt Staats­fefrètör Neumaŋer. Mit einem Hoch auf das deutsche   Volk und mit dem Gesang des Deutschlandliedes schloß die Feier.

Berfaffungsfeier in Brüssel  .

Brüffel, 11. Auguft.( Eigenbericht.)

Die deutsche   Delegation versammelte fich am Sonn­abend vor Beginn der Schlußßigung des Internationalen Kongresses zu einer internen Berfassungsfeier. Der Reichstags­abgeordnete Schred hielt eine turze eftrede. Sie tlang aus in einem von den zahlreich erschienenen Delegierten aufgenommenen Hoch auf die deutsche   Republit.

An der Verfassungsfeier der Deutschen   Gesandtschaft in Brüssel   beteiligte sich die deutsche   Delegation durch eine starke Abordnung unter Führung des Reichstagspräsidenten Löbe.

Gegen Luther  .

August

11

Tag eines Studienrats.

Efelhaft, heut blieb ich am liebsten liegen!

Höchst   überflüssig, wozu die Leute nur geflaggt haben.

Jeht auch noch dieser entsetzliche Lärm!

Liebe Schüler, heute ist mir die Aufgabe zugefallen, Gie über die Bedeutung des Berfassungstages zu belehren."

Agrams Trauer um Raditsch.

Das Bolt besucht seinen toten Führer.

Agtam, 11. Auguft.

Bor dem Bauernheim   am 3ringi- Blas ftaut fich am Sonnabend eine unabsehbare Menge, die noch einmal ihren toten Parteiführer sehen will. Die Ordnung auf der Straße wird pon bewaffneten froatischen Turnern aufrechterhalten. Nach stun denlangem Harren werden die Leute in Doppelreihen in das Ge­bäude eingelassen. Es sind meist Bauern und Bäuerinnen in Nationalracht mit Trauerfloren an den Armen. Dazmishen be merkt man barfüßige Burschen und viele Arbeiter, die für eine Stunde lang ihren Betrieb verlassen haben. Stille und Trauer herrschen in der Menge. Auf den Treppenabjäzen brennen um­florte Lampen. Der Bug steigt langsam zum ersten Stoďmert hin­auf. Kein Zuruf, tein lautes Wort unterbricht die Stille. Im großen Sizungsfaal ist Raditsch aufgebahrt. Tausende von Kränzen tüzmen sich rings um den Saal auf. Der in Schwarz und Gold gehaltene Sarg ist offen und so aufgestellt, daß die Ein­tretenden die Leiche sehen können. Zu beiden Seiten des Sarges steht die Ehrenmache, die aus Abordnungen verschiedener Bereine zusammengesetzt ist, obenan zmei schwarzgefleibete Frauen, Ber­

Die Ermordung des Abg. Gareis. Oberleutnant Braun stellt sich der Budapester   Polizei. Budapest  , 11 Auguft.

Der frühere Oberleutnant Braun, der nach Mitteilungen reichsdeutscher Blätter das Attentat auf den bayerischen Abg. Gar eis verübt haben und mit einem falschen Baß nach Ungarn   ge flüchtet sein sollte, hat sich heute der Budapester   Polizei selbst gestellt. Er gab an, daß er Braun heiße und ehemals bayerischer Oberleutnant gewesen sei, mit der Ermordung von Gareis habe er aber nichts zu tun und sei mit dem angeblichen Attentäter Braun nicht identisch. Nach dem Berhör murde er auf freien Fuß gefeßt,

treterinnen bez froatischen Frauenvereine, bann tommmen Turner mit gezogenen Säbeln, Bauern in Lardestracht und bewaffnete Studenten in Schwarz In der ganzen Stadt ist kein Haus ohne schwarze Fahne, fein Schaufenster, das nicht schmarz verhängt ist und das umflorte Bildnis Raditschs zeigt.

Bor Terroraften in Agram?

Die Neue Freie Presse" meldet aus Agram, die dortige Polizei sei von der Belgrader   Bräfeftur verständigt worden, daß sich der ehemalige erbische Komitatschiführer Katowitsch mit drei seiner Anhänger nach Agram begeben habe, um den Mord an dem serbischen Journalisten Ristovitsch durch Terroratte zu rachen. So sei von ihnen auch ein Anschlag auf das froatische Blatt Hrvat" geplant. Heute mütag erschienen Beamte der Agramer Polizei in der Redaktion des genannten Blattes und e:- suchten die Angestellten, das Haus zu verlassen, das dann von der Polizei besetzt und umstellt wurde. Es ist der Polizei jedoch ge­lungen, die vier angefündigten Komitatschis ausfindig zu machen, In Agram herrscht große Erregung.

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Siller Ludwigsburg und Wagnerobermeister Rent Lyd­migsburg.

Der Borstand besteht jetzt meist aus Angehörigen der Deut­fchen Boltspartei und der Deutschdemokratischen Partei. Die Ver fammlung wählte den früheren deutschnationalen Reichstagsabge ordneten Siller wieder, weil er im Prozeß freigesprochen mor den war und das Gericht die Anflage gegen ihn als zu Unrecht erhoben bezeichnet hatte.

Berfaffungsfeier bei Kroll.

Für die Verfassungsfeier in der Staatsoper am Plaz der

Reichsminister Dr. Koch Weser schreibt zu den Leit bleibt aber unter polizeilicher Beobachtung, bis sich die deutschen   Republif maren die ersten Kräfte des reichshauptstädtischen Musil

sägen des Luther- Bundes in der Bossischen Zeitung":

ch trage aber auch die schwersten Bedenken, einen Berzicht auf das Land Breußen auszusprechen, folange die füddeutschen Länder ihre jezige jouveränitätsähnliche Stellung behalten. Man tann die Schaffung des Einheitsstaats feinesfalls mit der Preisgabe Breußens beginnen. Breußen ist erst entbehrlich, wenn der neue Einheitsstaat die Zuständigkeit und Macht hat, die er haben muß. Solange es noch souverän fühlende Staaten in Deutschland   gibt, die sich den Anordnungen des Reichs ungern fügen und ihre Macht politisch und finanziell ausnügen fönnen, wirft der Bestand Breußen unitarisch und feine Auflösung zentrifugal. Die Neuordnung Deutschlands   darf nur in einem Zuge vorgenommen merben. Der Berzicht auf das Land Preußen ist der Schluß stein des Gesamtgebäudes."

Behörden über den Fall äußern.

Nach dem Stuttgarter   Prozeß.

Reuwahlen zur Handwerkstammer.

Stuttgart  , 11. Auguft.( Eigenbericht.) Am Tage nach der Verkündung des Urteils im Stutt. garter Handwertstammerprozeß trat die Kammer zu einer neuen Bellversammlung zusammen, um zur Lage Stel­lung zu nehmen. Die Bollversammlung richtete das Ersuchen an die Aufsichtsbehörde, sofort die Neuwahlen zur Kammer auszuschreiben. Ferner nahm die Bersammlung die Amts niederlegung des in Prozeß megen Untreue zu einer Geld strafe verurteilten 1. Borsitzenden Fischer entgegen und vollzog fofort die Neuwahl des gesamten Borstandes. Erster Borsigender wurde der Schneidermeister und Gemeinderat Reb mann Stuttgart  ; als weitere Borstandsmitglieder wurden, gee­Staatsräjon. In dem Artifel Staatsräion" unferer Spätaus: wählt: Glaserobermeister und Landtagsabgeordneter Mayer gabe nom Sonnabend muß es in der 9. Zeile von oben state poli- Blingen, Bädercbermeister und Gemeinderat Schwan Stuttgart, Flaschnerobermeister Ritter Stuttgart  , Schreinerobermeister tijche Unmichtigkeit" heißen: politische Unri htigteit".

Die Leitfäße des Luther  - Bundes haben im übrigen allge­meine Ablehnung erfahren.

S

lebens aufgeboten: Unter Wilhelm Furtwänglers Leitung mar das Philharmonische Orchester und das Berliner Sinfonie Drchester mit dem Rittelschen Chor und dem Sopran Lotte Leonards zu einem imposanten Apparat ner­eint Ehrwürdige Namen, Händel und Brudner, zierten bas mufi­talische Programm der Veranstaltung. Aber zum Schluß gab es auch eine llraufführung".

Aus dem Bedürfnis, der jungen deutschen   Republif on threm Festtage mit heutigen Tönen zu huldigen, hat Waldemar non Baußnern einen hymnus zur Berfaffungsfeier" geschaffen, der gestern zum erstenmal erffang. Gebrauchsmufit, im besten und gehobensten Sinne des Wortes, wir sind daran im Land der deutschen   Musit nicht reich. Das Wert, wirtungssicher gestaltet, befundet die befennte Rönnerschaft feines Schöpfers und erfüllt in glücklichster Weise die durch Gelegenheit gestellte Aufgabe. zugleich zeitgemäß und doch frei von zeitgebundener Problematif, breiter Wirkung machtig zu sein.

Wie dieser Hymnus, in seinem letzten. Teil mitreißend und effektvoll gesteigert, im Deutschlandlied gipfelte, in das mit den Chören das ganze Haus mit einstimmte, gab er der mürbig ver­faufenen Feier einen mahrhaft festlichen Austlang..

K. P.