Einzelbild herunterladen
 

Grid

Diex

Befreiung Filete Fernleitner

( 26. Fortsetzung.) Sie sah noch andere Damen und Herren in Reitkostümen und elegante Diener, die die schlanken, nervösen Pferde betreuten, von denen die Gesellschaft herabgestiegen war. Edi war auch da und fah in seiner Dreß viel stattlicher aus als sonst, das merkte sie. Hilde hörte das laute, heitere Gezwitscher der Gäste, die ihren Pferden noch Zuder gaben, ehe sie sie den Dienern anvertrauten. Und Mama Gruber stand an einem Fenster und rief den Herren etwas zu, was diese im Chor beantworteten.

Alles sah und hörte Hilde, aber es war ihr, als hätte sich zwischen ihr und den anderen ein Schleier gesenkt, der die Gestalten verschwommen und die Rufe und Scherze und Worte, die sie Sprachen, undeutlich machte. Heller Sonnenschein lag über der frohen Szene, die sich vor ihr abspielte, und doch mar es, als ob sich da, durch eine Wand von Nebeln getrennt, Schemen vor ihr auf und abbewegten und als ob ihr Lärm nicht direkt zu ihr herüberdränge eine andere Welt, eine unwirkliche Welt, eine Gespensterwelt!

-

Der Edi ging gleich auf Hilde zu, als er sie erblickte, und zog fein Pferd nach.

Wo waren S' denn, Fräulein Hilde? Sie müssen reiten lernen! Es war wunderschön! Schauen Sie, wie lieb so ein Pferder ist! Oder haben Sie wieder in einem verstaubten Zimmer, oder wie man in ein' Schloß sagen muß, in einem Gemach herum­geframt?"

Hilde war nie Spielverderberin und ging auf den Ton, in dem man zu ihr sprach, stets gern ein. Aber jetzt fagte ste:

,, Herr Edi, ich hab' was Furchtbares gesehen!"

,, Um Gottes willen," antwortete Edi ironisch. Sind S' viel­leicht einem Schloßgespenst begegnet, der weißen Frau vom Wunder aller Welt?"

Herr Edi, ich hab' was Furchtbares gesehen!" wiederholte Hilde.

Und Edi bemerkte, daß sie ernst war. Er mintte einen Diener heran, dem er das Pferd überließ.

,, Aber was haben S' denn? Sie schauen wirklich ganz ernst und erschrocken drein," fragte er, und er ließ doch nicht von seiner wie gewöhnlich gleichgültigert und ironischen Art.

Hilde fah ihn an und sagte: ,, Nein, das läßt sich nicht so rasch erzählen."

Zuerst machen G' einen neugierig und bann brechen S', bevor Sie ang'fangen haben, ab. Daß Sie fo raffiniert sind, Fräulein Hilde! Sie fant ja ganz außer fich. Na, das müssen Smir aber erzählen, das wird ja superinteressant sein! Jetzt geb' ich nicht nach." ,, Nicht hier! Nicht jetzt!"

,, Hier und jetzt! Ich bitte Sie!"

-

D

,, Wenn Sie unbedingt wollen jetzt. Aber hier nicht!" ,, Na, an Gemächern fehlt's nicht. Oder genügt Ihnen eines der Bosketts, die in so reicher Anzahl für Gespräche und noch sonstige Gelegenheiten Raum bieten?"

Hilde schritt wortlos voran, weg von der Gesellschaft, die auch schon auseinanderzugehen begann und darum nicht merkte, daß die Zwei sich von den anderen zurückzogen. Sie faßen bald in einem kleinen Liebestempel, zu dem man über mehrere Stufen hinaufgehen mußte, einem runden, säulengetragenen, von duftenden Rosen umrankten Pavillon, der von einem hüpfenden Amor ge­frönt war und mehrere Blumenwege überfah.

Jetzt aber im Ernst, Fräulein Hilde, was ist Ihnen denn passiert? Was haben S' denn g'seh'n? Bielleicht die Dely in allzu verfänglicher Situation? Mit wem denit, daß ich den Kerl erschlag'!"

Hilde reagierte nicht auf diesen Scherz. Der Edi konnte nun einmal nicht ernst sein. Sie fragte ihn brüst:

"

Sagen S, Herr Edi, waren Sie schon auf dem Meierhof?" ,, Nein. Wahrhaftig nicht. So neugierig bin ich nun nicht. Um die Wirtschaft fümmert sich ja die Mama."

"

Warum waren S' noch nicht auf dem Meierhof?"

Ich weiß nicht. Dort ist nig zu sehn, hab' ich mir gedacht.

I merd' hingehn, wenn Sie's wünschen."

,, Ja, gehen Sie hin, es ist ja furchtbar!"

,, Aber was denn?"

Ein Wiener Roman von Paul Burgftaller

Der Edi merkte, daß er da ein bißchen tattlos geworden war und zog sich behutsam zurück.

,, Na, ich mein', Sie sind ja doch ein Großstadtkind, da werden S' doch wissen, daß es Reichtum und Armut gibt, nicht? Bir find eben im Schloß Wunder aller Welt und dort sind der Meier­hof und die Landarbeiter. I werd's nicht ändern, und wenigstens, was das Schloß betrifft so mag ich's nicht." Pause.

-

,, Sie werden halt bei denen drüben ein trantes Kind gesehen haben und das regt Sie auf. Sie fan ja so a Kindernärrin. Gut, ich werd' sagen, man soll ihnen an Ratao hinüberschicken oder a

Suppen, meinetwegen a Flaschen Weint. Geben mir die Adreff oder den Namen, daß es nicht zu an Falschen tommt." Pause.

,, Beruhigen Sie sich doch, Fräulein Hilde. Ich ertenn' Sie gar nicht wieder. Sie sind ja sonst ein festes, tapferes Mädel, nicht so a lahmladkertes, bleichsüchtiges Geschöpf wie die Lug oder die andere Sorte von den Unsrigen, die ich schon jetzt seh', wie sie als Frauen von einem Sanatorium ins andere laufen werden. Was haben S'denn plöglich, daß Sie sich von einer Sache impressionieren laffen, die Sie... die Sie doch gar nichts angeht. Oder fürchten

ST

Sie sich etwa, daß da vom Meierhof Krankheiten zu uns herüber. tommen könnten? Das wär' übrigens eine Idee, die man dis futieren müßte... Ob man nicht den Meierhof anders wohin verlegen sollt', weiter vom Schloß entfernt, es muß ja noch wo Blazz sein."

Ich ertenn' Sie nicht wieder, Herr Edi!" ,, Ja, warum denn?"

,, Sie sind doch, ohne Rompliment gesagt, ein guter Junge." ,, Wenn Sie's nur einsehen!"

,, Gewiß haben Sie noch niemand etwas Schlechtes getan." ,, Hilde!"

Edi wurde weich und sah hier eine Gelegenheit, wieder einmal auf seine Werbung zurückzukommen, die er seit jentem Ausflugstag in Auffee nicht mehr erneuert hatte. Er ergriff den Arm der Hilde und drückte ihn fest. Aber Hilde zog den Arm zurüd.

,, Bitte, Herr Edi, ja! Ich hab' gesagt mas hab' ich nur gefagt: daß Sie doch ein guter Mensch sind. Aber wenn es fich nicht um jemand aus Ihrem Umkreis handelt, sind Sie ja schlecht, grundschlecht, grausam schlecht."

,, Gehen S' weg. I, der Edi!"

In einer anderen Situation hätte sie gelacht, so tomisch sagte dies der Edi. Aber jetzt machte seine Art gar keinen Eindruck auf fie.

,, Das Reden mußt ja nig," sagte Hilde. Und ich war vielleicht wirklich eraltiert. Entschuldigen Sie, Herr Edi, daß ich Sie von Ihrer Gesellschaft abgezogen habe."

,, Aber Fräulein Hilde, warum reben Sie mit mir so förmlich? Sind Sie mir bös, id) fann ja nig für den Meierhof. Ich hab' das Schloß Wunder aller Welt mit seinen Wundern und seinem Meierhof nicht gekauft. Aber ich mein' halt, die Wirtschaft auf dem Gut muß doch in Gang erhalten werden, das wär' ja a Sünd, wenn ma's nicht tät', und das wird halt auf normale Weise ge­macht mit den Landarbeitern, die, soviel ich weiß, ihre Wohnung, thr Deputat und noch a Taschengeld frieg'n und von ihrem Standpunkt aus besehen... natürlich von ihrem, nicht von unserem, aber es fan ja andere Menschen.. ganz zufrieden sein dürften."

Hilde sah Edi immer wieder an, soweit sie es fonnte, daß es ihm nicht auffalle und er sich gar vielleicht etwas einbilde. War das der Edi, den sie so gut zu kennen glaubte? Der immer freund­liche, gefällige, bei aller Behäbigkeit diensteifrige, liebenswürdige Edi, der für jeden einen netten Spaß hatte? Wie er hart sein Tonnte? Wie er hier eine unangenehme Sache von sich abschob, das war seine gewöhnliche Bequemlichkeit, wie er aber ihre Er­regung aufnahm, weil sie nicht sie selbst, sondern einen Haufen fremder Menschen betraf, das war ihr an ihm neu. ( Fortsetzung folgt.)

U 9 WAS DER TAG BRINGT.

Ein sonderbares Amt.

Da hat neulich der Kreiskriegerverband Frankenstein in Schlesien eine Delegiertenversammlung abgehalten. Zuerst wurde ein Oberst warm" begrüßt, dann wies der Vorsitzende ,, auf die Notwendigkeit der Erneuerung des Verbandslebens" hin und schließ lich nahm man einige Vorstandswahlen vor. Es ist hierbei, wir tönnen es nicht verschweigen, etwas eigenartig zugegangen. Hören wir den Bericht der Frankenstein- Münsterberger Zeitung" vom 2. August:

,, Den ausscheidenden stellvertretenden Vorsitzenden, Studien­direktor i. R. Major Seidel, pries der Vorsigende als treue Soldaten natur, die niemals versagte, und widmete ihm namens des Verbandes herzliche Dankesworte, benen sich auch namens des Provinzialverbandes Oberst Schwert anschloß. Major Seidel wurde darauf zum Ehrenbeischläfer ge­

wählt."

,, Es ist ja furchtbar, wie es dort ausschaut. Wie die Leute Bertreter des männlichen Geschlechts eine ganz hübsche Mischung. dort leben, diese Kinder! Diese Frauen!"

Edi lachte hell auf.

,, Das also ist's!

"

Aber Fräulein Hilde, werden Sie sich ,, dieses... dieses

-

nie... er suchte nach einem Ausdruck Sorgen um die anderen Leut' abgewöhnen?" Hilde antwortete nicht und Edi fuhr fort: Na, es ist der Meierhof. Dort san die Landarbeiter, so viel weiß ich. Und... hier ist es schöner, gewiß, ja. Und die Damen in unserer Gesellschaft sind diesmal ganz reizend ausgewählt und schauen besser aus. Ich zweifle nicht dran. Es sind halt die Land­

arbeiter."

Hilde sah ihn erschrocken an.

,, Ja, wissen Sie, wie sie leben, wie ihre Kinder find?" ,, Nein!"

,, Sie leben von Tee und Erdäpfeln!"

Ist das schlecht? Trinken Sie fan Tee? Und essen wir nicht auch Erdäpfel zu jeder Mahlzeit?

Edt hatte einen seiner Wize machen wollen, aber Hilde war

aufgesprungen.

., Machen S' da feine Bize, Herr Edi, das bitt' ich mir aus." Aber Edi gab mur zögernd nach.

,, je, Gie haben das Soziale befommen, das So- zi- a- le." Hier ganz nebenan, keine halbe Stunde weg vom Wunder aller Welt. Hier wissen wir nicht, was wir vor lauter Ueberfluß anfangen sollen, und nebenan Hunger, Kindersterben, es ist ja furchtbar!"

Ja aber was soll man denn machen? Die Landarbeiter be tommen ja das Deputat, glaub' ich, und den Lohn, der vereinbart ist. Wenn's zu wenig ist, möchten f' ja nicht hier bleiben. Wahr scheinlich ist es für sie genug. Ich bitt' Sie, Fräulein Hilde, tun S' doch nicht wie eine Prinzessin, die nie aus ihrem Schloß heraus­gekommen ist..."

Wie meinen Sie das, Herr Edi?" fragte Hilde und wurde rot.

Studiendirektor, Major, treue Soldatennatur: das ist für einen Hoffen wir also, daß sich Herr Seidel auch in seinem neuen Amt den Dank des Frankensteiner Kriegervereins erwirbt. Hemdsärmel sind nicht unmoralisch.

Während der heißen Tage hatten sich in Prag mehrere Spazier gänger auf den Straßen in Hemdsärmeln gezeigt. Darob erhob sich zum Teil große Entrüstung, die Hemdsärmiel wurden als höchst unmoralisch und anstößig bezeichnet. Men bat sogar die Polizei, daß fie einschreite. Die Polizei hat aber nunmehr entschieden, daß zum Einschreiten fein Grund vorliege, Hemdsärmel seien feineswegs eine unmoralische Angelegenheit.

Budapest weint.

Die Budapester Blätter berichten, daß Budapest Freitag den Eindruck einer Stadt machte, über die furchtbares Unglück herein­gebrochen ist. Man fonnte den Zustand der Stadt nur mit der Trauer vergleichen, die Budapest ergriffen hat, als befannt wurde, daß der Krieg verloren war. Die Hauptstraßen, insbesondere die Ringstraße, waren von tausenden Menschen erfüllt, die weinend und klagend die furchtbaren Ereignisse besprachen. Vor den Ge­bäuden der Zeitungen sammelten sich große Menschenmassen an, aber die Redaktionen wagten taum, die Hiobsbotschaften anschlagen zu lassen. Schließlich ließ sich aber nichts verbergen und in den späten Abendstunden wußte jeder in Budapest , daß die ungarischen Waffer. ballspieler in Amsterdam ihr Match gegen die Deutschen 5: 2 ver­loren hatten. Am Nachmittag waren Gerüchte verbreitet worden, die Ungarn hätten einen Sieg errungen, und die Masse, die all­gemein auf den Sieg gerechnet hatte, stimmte in den Straßen die Nationalhymne an und es fam zu großen Freudenkundgebungen. um so furchtbarer mar aber dann die Enttäuschung. Hunderte von sportbegeisterten Budapestern formierten sich zu Zügen und demon­strierten mit lauten Rufen gegen die ungarischen Spieler, die Ungarn mit Schmach und Schande bedeckt hatten. Eine Abteilung Polizei

auf Fahrrädern wollte die Menge zerstreuen, es gelang ihr aber erit, als ihr noch eine größere Anzahl berittener Polizei zu Hilfe fam. Das offigiöse Blatt ,, Budapesti Hirlap" veröffentlichte Freitag einen spaltenlangen Leitartikel über das verlorene Spiel unter dem Titel Budapest meint" und stellt fest, daß die Budapester Straßen ein revolutionäres Bild boten. schreibt dann: Das Herz Budapests ist gebrochen. Der Schmerz der Ungarn ist so arg wie nach der Schlacht von Mohacs ." Der Kanarienvogel im Kabarett.

Das Blatt

Die großen englischen Barietékünstler haben einen fleinen Kon furrenten bekommen: einen Kanarienvogel. Es flingt zwar parador, daß ein Kanarienvogel unter die Stars" geht, aber Little Tweed" rechtfertigt seinen Ruf. Er tritt allabendlich auf und fingt, von zwei Mufifern begleitet, einige Konzertstücke. Er singt auf Befehl, nur nicht nach 10,30 Uhr abends, denn dann kommt seine Schlafens< zeit.

Alkohol und Sowjetarbeiter.

Das kommunistische Jugendblatt ,, Der Weg der Jugend" hat in Gemeinschaft mit der Parteizelle der Fabrit Nr. 13 unter den Ar­beitern der Fabrit eine anonyme Umfrage über den Alkoholismus durchgeführt. Bon 120 Arbeitern, die den Fragebogen ausgefüllt haben, vertrinken zehn Arbeiter bei einem Gesamtarbeitslohn von etwa 1200 m. 500 m., für Kino, Theater, Zeitungen, Zeitschrif ten und Bücher geben fie 70 m. aus. Die jüngeren Arbeiter im Alter von 20 bis 24 Jahren vertrinken bei einem Monatseinkommen von 180 m. durchschnittlich 40 M. Erwachsene Arbeiter es handelt fich um zehn Arbeiter pertrinken bei einem Arbeitslohn von 140 m. 80 m. monatlich.

-

Bon 67 Jungtommunisten trinken 40 Bier und Schnaps, 27 trinken überhaupt nichts. Dagegen waren unter den 16 parteilofen Arbeitern 10 abstinent. Charakteristisch ist es auch, daß es unter den Alkoholikern wenig qualifizierte Arbeiter gibt. Acht der schlimm­sten Alkoholiker, die etwa 20 bis 50 Broz. ihres Arbeitslohnes ver­trinken, find Mitglieder der kommunistischen Jugend im Alter von 18 bis 22 Jahren.

Das wird der kommunistischen Jugendprawda" vom 13. Juni aus Brianst berichtet!

Das Fahrrad in Frankreich .

In Frankreich vertraut sich auch heute noch eine ganz be trächtliche Anzahl von Arbeitern und Angestellten der Beförderung durch eigener Füße Kraft an. Nach der Steuerausweisung für 1927 gab es in Frankreich 6 583 728 Personen am Ende des Jahres 1927, Die Fahrräder besaßen und insgesamt 118 837 000 ranten Steuer aufbrachten. Die Zahl der Motorräder betrug zur gleichen Zeit nur 4591. 3m übrigen gelten für Fahrradbefizer in Frankreich strenge Borschriften, auf deren Beachtung die reitende Polizei genau achtet. Jedes Rad muß Nummer, Handbremse und Laterne haben,