1928
Der Abend
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Nr. 386
B 191 45. Jahrgang
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Autokatastrophe auf der Avus.
Der Wagen zertrümmert.- Ein Toter, drei Schwerverletzte.
Auf der Avusbahn ereignete fich heute vormittag eine furchtbare Autokatastrophe. Ein Privatauto, das mit vier Personen besetzt war, fuhr gegen einen eijernen Mast und überschlug fich mehrmals. Ein Jnfaffe war fofort tot, drei andere wurden schwer verletzt aus den Trümmern gezogen. Die Unfallstelle liegt auf der Höhe des Bahnhofs Grune mald, unmittelbar hinter dem Kilometerstein 16,2 Der Wagen, der von seinem Besizer, dem Magdeburger Arzt Dr. Mar Baldamus aus der Westendstraße 26, gesteuert wurde, war heute früh gegen 18 Uhr aus Magdeburg abgefahren und erreichte furz vor 10 Uhr die Avusbahn, die in ziemlich scharfem Tempo durchfahren wurde. Aus noch nicht einwandfrei geflärter Ursache prallte das Auto in voller Geschwindigkeit gegen einen eisernen Reflameständer. Die Folgen waren geradezu unbeschreiblich. Das Auto überschlug fich mehrmals und bildete nur noch einen Trümmerhaufen. Die Insassen wurden sämtlich unter den Trümmern begraben. Borüberkommende Automobilisten versuchten den Berunglückten Hilfe zu bringen. Gleich zeitig war die Feuerwehr alarmiert worden, die meherere Rettungs- und einen Rüstwagen an die Unfallstelle entsandte. Die Berlegten konnten nur schwer aus ihrer entsetzlichen Lage befreit
werden.
Bei Dr. Baldamus war der Tod bereits eingetreten, er hatte fchwere Kopfverlegungen erlitten. Die übrigen Infaffen, die Frau des Berunglüdten Anna Baldamus, eine Frau Frifter aus Magde burg und der Chauffeur Franz Rothart, wurden in bewußtlosem Zustande geborgen. Sie wurden mit lebensgefährlichen Berletzungen in das Hildegard Krantenhaus übergeführt. Leider ist damit zu rechnen, daß die Katastrophe noch mehr Todesopfer fordern wird.
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Die Avus war längere Zeit polizeilich gesperrt.
Autounfall bei Heiligenstadt .
Ein Zoter, ein Schwerverletzter.
Heiligenstadt , 16. Auguff. Auf der Straße von Heiligenstadt nach Mühlhausen ( Thüringen ) verjagten furz vor Dingelstädt die Bremsen eines von Hamburg fommenden und nach Mühlhausen fahrenden £ aftautos. Der Anhänger fam ins Schleudern, brach einige Bäume um und schlug am Stadteingang um. Zwei Männer, die auf der Durchreise waren und auf dem Wagen saßen, erlitten fchwere Berlegungen. Einer davon verslarb schon auf dem Wege zum Krankenhaus.
Brandstiftung in der Kaserne.
12 Feuerherde in einer Leipziger Polizeiunterkunft. Leipzig , 16. August. Heute früh gegen 5 Uhr bemerkte man in der Polizeifajerne in Leipzig - Mödern, daß aus dem Dachstuhl eines mit Mannschaften belegten und vom Kantinenwächter bewohnten Gebäudes Feuer schlug. In mehr als fünfftündiger Arbeit gelang es der Feuerwehr, den Brand wenigstens auf seinen Herd zu beschränken und namentlich das Weiterlaufen des Feuers nach unten zu verhindern. Bei der Brandbekämpfung machte man die Entdeckung, daß mit großer Umsicht und über zwei Stockwerke des Dachstuhls verteilt, wenigstens 12 Brandherde gelegt worden waren. Ein Brandstifter hatte auch die Schlösser an den eisernen Türen zum Dachboden beschädigt, sicherlich, um die Löscharbeiten zu erschweren. Zur Brandlegung wurden Hartfpiritus und Holzwolle verwendet. Die Ermittelungen der Kriminalpolizei haben hinsichtlich der Beweggründe für die Brandstiftung bereits einen ganz beftimmten Berdacht gezeitigt. Bisher find neun Festnahmen erfolgt.
Das Wulfener Explosionsunglück.
3wei Arbeiter getötet.
Die Explosion, die bei der J. G. Farbenindustrie in Wulfen erfolgte, hat einen weit größeren Umfang angenommen, als man von vornherein annahm.
Während nur von vier Berlebten gesprochen wurde, steht jetzt feft, daß zwei Arbeiter den Tod gefunden haben. Zwei Schwerverletzte find erblindet und schweben in Lebensgefahr. Mehrere kleinere Explofionen, die nachher noch erfolgten, erschwerten die Rettungsarbeiten sehr und verwandelten die anze Anlage in ein einziges Trümmerfeld.
Der Hugenbergsche Lokal- Anzeiger" befommt es fertig,| liefern mußte, deren jedes größer war als die jetzt erbauten seinem Bericht über den Stapellauf der„ Europa " folgende geschmackvolle Einleitung zu geben:
1918! Admiralstabsbericht der Marine: Unsere U- Boote verfentten im Mittelmeer und Atlantischen Ozean weitere 13 Dampfer und Segelschiffe mit einer Gesamttonnage von 92 000 Tonnen." 1928! 3ehn Jahre später: Die Werft von Blohm u. Boß und die Deutsche Schiffs- und Maschinenbau A.-G. geben sich die Ehre, zu dem Stapellauf ihrer beiden neuen Dampfer Europa " ( 46000 Tonnen) und ,, Bremen "( 46000 Tonnen) ergebenst einzuladen."
Wenn es nicht wie Blasphemie flänge, wäre man versucht, zu fagen, me I ch neue Wendung durch Gottes Fügung. Vor zehn Jahren benutzte Amerika die Torpedierung der Lufitania" als Borwand, um in den Krieg einzutreten heute meilt der ameritanische Botschafter Dr. Shur man in Hamburgs Mauern, um den Riefendampfer ,, Europa " aus der Taufe zu heben.
Dem amerikanischen Botschafter dürfte es nicht schwer fallen, sich über diese Geschmack und Taftlosigkeit hinwegzusezen, falls er über den bekannten amerikanischen Humor verfügt. Denn ihm ist ja bekannt, daß infolge des U- Bootkrieges Deutschland beim Friedensschluß drei Riesenschiffe ab
Berichte 2. Seite.
Schiffe ,, Europa "" und" Bremen ". Davon haben die Ver einigten Staaten mit ,, Leviathan"( früher ,, Baterland", 50 000 Tonnen) das größte bekommen. Ganz offenbar auch durch Gottes Fügung...
Großschiffe zu verkaufen.
Nordamerika schlägt sie billig los. Washington , 16. August.
Die nordamerikanische Regierung beabsichtigt 15 Staatshandelsdampfer zu einem sehr günstigen Preis zu verkaufen; auch den 50 000- Tonnen- Dampfer Leviathan"( ehemals Hapagdampfer„ Baterland").
Dritter Tag.
London , 15. August. Im Verlaufe der Luftmanöver unternahmen heute abend zum drittenmal in drei Tagen Bombenflugzeuge einen Scheinangriff auf London . Der Angriff wurde mit großem Nachdruck durch geführt und richtete sich gegen die strategischen Punkte in der Um gebung Londons . Mehrere Geschwader von Kampfflugzeugen stiegen auf, um die Angreifer zu vertreiben. Das Ergebnis des Kampfes steht noch nicht fest.
Diese Manöver haben den bundesfreundlichen Zweck, den Eng ländern zu zeigen, daß sie noch viel mehr Armeeflugzeuge haben müßten, um einen französischen Luftüberfall abzuwehren.