Panzerschiff und Partei.
Die Parteipreffe Westfachsens fordert den Aus. tritt der Sozialdemokratie aus der Koalition. Gegen diese Auffassung mendet sich der folgende Artikel des Genoffen Keil.
Es war zu erwarten, daß der Beschluß des Reichsfabinetts, die vom Reichsrat in Sachen des Panzerfreuzers A gemachten Vorbehalte für erledigt zu erklären, in der Partei Aufsehen erregen würde. Die gesamte Partei und die gesamte Reichstagsfrattion haben den Bau dieses Kriegsschiffs aus politischen und finanziellen Gründen be fämpft und bei der letzten Reichstagswahl hat diese Frage eine große Rolle gespielt. Trotzdem wird die Inangriffnahme des Baues nur denjenigen veranlassen, der Forderung der Leipziger Boltszeitung", 5) eraus aus der Koalition!" zuzustimmen, der grundsäzlich gegen jede Roalitionspolitif ist.
Zunächst ein Wort zu der Frage, ob im Wahlkampf zu dem Beschluffe des alten Reichstags überall die richtige Haltung eingenommen worden ist. Es war richtig, daß wir die Parteien, die den Panzerfreuzer zu bauen beschlossen hatten, vor den Wählern antlagten. Das war unser gutes Recht und entsprach unserm Berhalten im Reichstag. Wenn aber da und dort die Hoffnung geweckt wurde, daß eine Stärkung der Sozialdemokratie bei den Wahlen die Durchführung des Beschlusses des vorigen Reichstags unmöglich machen würde, so war das gewagt. Es lag ein verfassungsmäßig gefaßter, mit dem Etatgesetz für 1928 bereits in Kraft getretener Beschluß des alten Reichstags vor. Einen solchen Beschluß rüdgängig zu machen, ist viel schwerer, als einen noch nicht gefaßten Beschluß zu verhindern.
Der Reichsrat hat den Anstoß dazu gegeben, daß sich das Reichskabinett noch einmal mit der Frage des Kreuzerbaues beschäftigen mußte. Der Reichsrat hat seinen ursprünglich erhobenen Einspruch zurückgezogen und nur verlangt, daß vor der Bauausführung die gesamte Finanzlage noch einmal überprüft werde. Diese lleberprüfung ist erfolgt mit dem Ergebnis, daß die Reichsverwaltung erklärt hat, die Kosten des Baues durch Einsparung an anderen Stellen aufbringen zu wollen. Selbst wenn wir die ganze Angelegenheit als eine rein finanzielle ansehen wollten, und ihre politische Bedeutung außer acht lassen wollten, fönnte uns Sozialdemokraten diese Erledigung nicht befriedigen. Gibt die Reichsmehrverwaltung jetzt zu, daß Ersparnisse möglich sind, ohne den Zwecken der Reichswehr zu nahe zu treten, so wünschen wir, daß die ersparten Summen für soziale und kulturelle 3 wede Verwendung finden. Haben wir aber die Macht, diese Forderung durchzusetzen? Die Kommunisten berufen sich darauf, daß bei einer miederholten Beschlußfassung über den Panzerkreuzer sich eine Mehrheit gegen den Bau ergeben würde. Sie unter stellen dabei, daß die Parteien genau so stimmen würden, mie sie im alten Reichstag bei der Etatsberatung geftimmt haben. Sicher missen sie, das aber doch nur von sich selbst und der Sozialdemokratie. Ob die Demokraten und die Wirt schaftspartei, die durchaus keine einheitliche Stellung zur Banzerfrage einnehmen, bei dem Antrag aus dem bereits in Kraft getretenen Etatsgefez den Panzerfreuzer nachträg lich zu streichen, ebenso stimmen würden wie im alten Reichstag, ist zunächst sehr zweifelhaft. Angenommen aber, has wäre der Fall, so entstünde sofort die Frage, ob eine solche gegen den Kreuzerbau gebildete Mehrheit auch regierungsfähig wäre. Die Kommunisten als Be standteil dieser Mehrheit, fommen für eine Regierungsbildung nicht in Frage. Das ist ja eben der große Miß brauch, den die Kommunisten mit einigen Millionen deutscher Arbeiterwähler treiben, daß sie diese Wähler nur negativ in die Wagschale werfen, fie aber ausschalten, menn es gilt, die deutsche Politit positiv zu beeinflussen. Bei der politischen Bedeutung, die der Kreuzerfrage zufommt, würde ein übrigens höchst unwahrscheinlicher Reichstagsbeschluß, den früheren Beschluß aufzuheben, zu einer Regierungskrise und in der Folge bestenfalls zur Auflöfung des Reichstags führen. Würde uns aber eine Neuwahl, bei der mit großem Geldaufwand der Rechten alle nationalistischen Instinkte gewedt würden, eine sichere regierungsfähige Mehrheit die gegen bringen? Rreuzerpolitit Aeußerstenfalls doch wiederum nur dann, wenn die Kommunisten zur verantmortungsbewußten Mitarbeit in der Regierung bereit mären. Da sie das nicht sind, fallen ihre gegen die Sozialdemokratie gerichteten Vorwürfe auf sie selbst zurück.
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Eine ganz ähnliche Situation würde entstehen, wenn die Sozialdemokratie im Kabinett die Ausführung der etat gesetzlichen Bestimmung, daß ein neuer Panzerfreuzer zu bauen ist, zu hintertreiben versuchte. Das hätte ihren Austritt aus dem Kabinett, aber nicht die Verhinderung des Kreuzerbaues zur Folge. Wir würden dann möglicherweise ähnliche Regierungsverhältniffe im Reich be
Englische Luftmanöver. nov
77.7
Theoretisch ist London jetzt ein Trümmerhaufen."
Ach- praktisch wird das noch viel interessanter aussehen."
Die Zukunft der Piscator Bühne.
Das Theater am Nollendorfplatz kann nicht gehalten werden.
Die Katastrophe, die diesen Sommer aus inneren und äußeren Ursachen über die Piscator- Bühne hereinbrach, wirkt sich weiter aus. Die Hoffnung, das Theater am Rollendorfplatz halten zu tönnen, hat sich nicht realisieren lassen.
Die Leitung der Bühne gibt bekannt:
Piscator eröffnet sein Theater aus folgenden Gründen zu einem späteren Termin. Das neue Finanzkonsortium hat die Sanierung zugesagt für den Fall, daß die Arbeitsbedingungen nach den Schwierigkeiten der vorigen Winterspielzeit erträglich gestaltet
würden.
nicht zu erreichen, Dabei rückte die Saison so nahe, daß Disposi tionen für den rechtzeitigen Anfang nicht mehr getroffen werden konnten. Infolgedessen beschloß Piscator , von seinem Bertrag mit bem Nollendorf- Theater zurückzutreten, ohne Rücksicht darauf, daß jetzt Meinhard und Bernauer 100 000 m. ohne Gegenleistung in den Schoß fallen.
Demgegenüber zieht Piscator eine andere Lösung vor. Das von dem neuen Konsortium bereitgestellte und noch zu erhöhende
Rapital bleibt die Grundlage einer neuen Gesellschaft, die sich zum Biele gesetzt hat, der Bühne nicht nur ein anderes Haus und
eine gesicherte Eristenz, sondern vor allem auch die Möglichkeit zu ruhiger und organischer Borbereitung zu schaffen. Die Arbeiten am Repertoir und Ensemble nehmen ihren Fortgang. Geplant ist bis zu diesem Zeitpunkt eine verkürzte Winterspielzeit in Berlin und anschließend daran Gastspiele durch Deutschland und das Ausland."
Es wurden zunächst 150 000 m. zur Verfügung gestellt und es hinterlag für den Mietvertrag mit dem Theater am Rollendorfplatz eine Raution von 100 000 m. Dazu kam ein Fundus von außer ordentlichem Bert. Piscator fonnte also schon am 1. September eröffnen! Wenn er sich im Einverständnis mit seinem Konsortium dennoch entschloß, nicht zu eröffnen, so nur deshalb, meil sein MietEs ist leicht, die Ursachen für das nunmehr offen eingestandene vertrag ihm ein Rifito auferiegt hatte, das auch bei gutem Ge- Fiasto nachzuweisen. Indessen, Piscator hat ja selbst schon seine fchäftsgang eine Rentabilität des Theaters aufs neue gefährden Fehler eingestanden. Revolutionäres Gesinnungstheater läßt sich mußte. Die Bestimmungen dieses Mietvertrages fahen eine auf die Dauer nicht mit einem gut zahlenden KurfürstendammJahresmiete von 250 000 m. vor und weitere Beistungen der publikum aushalten. Außerdem hätte es auch an einem zugkräftigen Biscator- Bühne in Höhe von 100 000 m. Dazu kommt, daß die Repertoir selbst für ein profetarisches Theater gefehlt, das nicht bereits hinterlegte Raution von 100 000. zugleich eine Ronden mit der hohen Wiete, den tostspieligen Engagements und den Geld tionalstrafe darstellt, die beim geringsten Verstoß gegen die Be- verschlingenden Regieerperimenten belastet gewesen wäre. Wenn ftimmungen des Mietvertrages von den Herren Meinhard und Berber Kritifer der Volksbühne, Herr Thering, diese zusammenhänge nauer ohne Verrechnung Passiert werden fonnte.
Um einem solchen Vertrag die Stirn zu bieten, bedarf man eines Kapitals, das das Doppelte bis Dreifache des vorhandenen hätte ausmachen müssen, und einer Geschäftsführung", die jedes fünstlerische Arbeiten als ristant ausgeschlossen hätte, und trotzdem ein Gelingen nicht mit Sicherheit hätte garantieren können.
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Ein Entgegenkommen der Herren Meinhard und Bernauer mar
Abstimmung flar zum Ausdrud zu bringen, daß sie wie die gesamte Partei entschiedene Gegner des Baues des Panzerfreuzers A sind. Vor allem miß billigt der Parteiausschuß der Landesorganisation Hamburgs die unmögliche und unangebrachte Eile, mit der der Beschluß des Reichsfabinetts gefaßt murde. Die sozialdemokratischen Minister hätten dafür wirken sollen, daß die Frage erst entschieden werden dürfe, nachdem den Barteien Gelegenheit gegeben wurde, in der durch die Reichstags. mahl geschaffenen neuen Situation zu dieser umstrittenen Frage Stellung zu nehmen.
Der Parteiausschuß erklärte gleichzeitig und entgegen den durchsichtigen Uebertreibungen der kommunistischen und nationali stischen Bresse, daß er es für einen großen politischen Fehler halten würde, wenn die Panzerfreuzerangelegenheit zum Anlaß einer Regierungstrise genommen würde.
fächsischen Regierungsverhältnisse finden aber nicht einmal den Beifall der Leipziger Volkszeitung ", geschweige den der Parteigenoffen im Reich.
Die Sozialdemokratie trägt für den Bau des Panzerfreuzers feine Verantwortung. Der Beschluß war vom alten Reichstag gegen ihre Stimmen gefaßt, und rückgängig machen tönnte sie ihn nur, wenn fie allein start genug wäre, eine Regierung zu bilden. Bollte sie aber, weil sie einen Beschluß aus der Vergangenheit nicht aufheben kann, sofort die Flinte ins Korn werfen und aus der Koalition austreten, wie es die Leipziger Bolkszeitung" verlangt, so würde sie sich auch der Möglichkeit berauben, in der Zukunft ähnliche Beschlüsse zu Beschlüsse zu verhindern.
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Ein Beschluß des Hamburger Parteiausschusses.
Hamburg , 17. Auguft.( Eigenbericht.)
Der Parteiausschuß der sozialdemokratischen Landesorganisation Hamburg befaßte sich am Frei tag mit der politischen Lage und der Frage, ob die Haltung des sozialdemokratischen Reichsministers zum Bau des Panzerfreu zers A Anlaß zu einer Regierungsfrise geben fönnte oder müßte. Der Parteiausschuß trat mit 28 gegen 6 Stimmen dem Beschluß der Vorstände der sozialdemokratischen Bastei Deutschlands and der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion vom Mittwoch, bem 16. August 1928, bei, in bem bedauert wird, daß die sozial demokratischen Minister nicht die Möglichkeit gefunden haben, durch
Chemnih.
Zur Baubewilligung des Panzerfreuzers A burh das Reichsfabinett hat die Chemnitzer Bezirksleitung der SPD . folgenden Be fhluß gefaßt:
richtig erfaffen würde, fönnte er für fünftige Fälle manches lernen. Die Volksbühne hat den unvermeidlichen Fall Piscators vorausgesehen und natürlich keine Luft gehabt, diesen Sturz mitzumachen. Der Künstler Piscator , der durch sein Experiment die Unmöglichkeit eines reinen Gesinnungstheaters bewiefen hat, behält seine Be
deutung. Die Sonderabteilungen der Boltsbühne merden eine Stüße seiner weiteren Pläne sein.
„ Die Versammlung erwartet von der Reichstagsfraktion eine turze Stellungnahme, die eine Mit verantwortung der Bartei für die Bewilligung der ersten Race zum Banzerfreuzer A ausschließt, gleichzeitig aber die Bewilligung der weiteren Raten für den Preuzer A und die Kreuzer B, C imb D verhindert. Die Reichstagsfraktion hat fofort die Einberufung des Reichstags zu verlangen, damit eine Entscheidung des Reichstags über den Bau des Panzerfreuzers herbeigeführt werden lann. Hält die Mehrheit des Reichstags an dem Bau des Panzerfreuzers fest, so hat die Sozialdemokratie ihre Vertreter aus der Regierung zurüdzuziehen. Wir fordern, daß eventuell ein außerordentlicher Parteitag zur schnelleren Märung des Falles einberufen wird."
Die Deutschen Werke bauen den Danzerfreuzer. Kiel , 17. Auguft. Das Reichswehrministerium hat den Deutschen Werken A.-G. in Riel den Neubau des Panzerfreuzers A übertragen.
Tadel für Sowjetgewerkschaften.
Weil sie nicht für die Offizierslaufbahn werben. Mostau, 16. Auguft.
Die Bezirksleitung des Bezirks Chemnitz- Erzgebirge hat mit Entrüftung von dem Abstimmungsergebnis in der Reichsregierung über den Panzerfreuzerbau Kenntnis genommen. In der Tatsache, Zu Anfang dieses Jahres war die Losung ausgegeben worden, daß selbst die sozialdemokratischen Minister entgegen dem Beschluß in allen Fabriken unter der jüngeren Arbeiterschaft geeignete Berder früheren Reichstagsfraktion dem Bau des Panzerkreuzers zugefonen zum Eintritt in die Kriegsschulen auszuwählen, um stimmt haben, erblickt die Bezirksleitung eine schwere Schädigung den Offizier nachwuchs der Roten Armee sicherzustellen. Die der Partei. Die Partei fordert von den maßgebenden Parteiinstan- Sowjetblätter führen jetzt Klage darüber, daß die Gewerkschaften zen, die Parteigenossen sofort aus der Reichsregierung und andere Organisationen diese Aufgabe sehr nachlässig bezurückzuziehen. Bom Landesarbeitsausschuß Sachsen der SPD . handelt hätten. Zum Beispiel wären für Leningrad 3250 Anmelfordert die Bezirksleitung die sofortige Einberufung der Landes- dungen berechnet, es hätten sich aber nur 914 gemeldet. Die Blätter instanzen.
3widau.
Eine Tagung von Funktionären der Sozialdemokratischen Partei im Zwickauer Bezirk hat sich einstimmig der Plauener Rundgebung zum Kabinettsbeschluß über den Bau des Panzerfreuzers A angeschlossen. Es wird der fofortige Austritt der Sozialdemokraten aus der Reichsregierung und der 3usammentritt der sozialdemokratischen Reichstagsfrattion gefordert.
Offfachsen.
Der Bezirksvorstand der SBD. Ostfachsens hat zu der durch den Banzerfreuzerbes hluß des Reichsfabinets geschaffenen Lage einen Beschluß gefaßt, in dem es n. a. heißt:
glauben, daß unter der Arbeiterjugend sich zahlreiche Personen befinden, die gerne Rote Offiziere werden würden, daß aber die Nachlässigkeit der Gewerkschaften ihnen die notwendigen Mitteilungen über den einzuschlagenden Weg vorenthalte.
Neuer Präsident der belgischen Kammer. An Stelle des zurüdgetretenen Sozialisten Brunet wurde der 1. Bizepräsident Tibbaut mit 169 gegen 131 Stimmen zum Kammerpräsidenten gemählt.
Kaffowitzer Straffonto. Wegen Beleidigung des Senators Karkoschka wurde Redakteur Helmerich vom sozialdemokratischen ,, Volksmille" zu 400 3loty oder zwei Monaten Gefängnis verurteilt.