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BERLIN  Dienstag

21. Auguft 1928

Der Abend

Erfcheint täglich außer Sonntag d. Fugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Erpedition: Berlin   SW 68, Lindenfir.3

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Nr. 394

B 195 45. Jahrgang.

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Kammerpräsident und Beamte.

Wie es bei der Fürstlich Hohenlohefchen Verwaltung zugeht.

In unserer Ausgabe vom 2. August schilderfen wir auf Grund einer Denkschrift, die dem Reichstag zugegangen war, die Zustände bei der fürstlich hohenlohenschen Berwaltung in dem oberschlesischen Slawenzih. Aus einem Artikel, den das fozialdemokratische Hindenburger Tageblatt" veröffentlicht, ergibt sich nun, daß die Hauptschuld an diesen Verhältniffen den Kammerpräsidenten von Kleefeld, den Schwager des deutschen   Außenministers Stresemann  , trifft. Wir entnehmen dem Artikel folgende Einzelheiten:

Wenn wir uns heute mit der Persönlichkeit des Herrn von Kleefeld, des Kammerpräsidenten der fürstlich Hohenloheschen Ber­waltung in Slawenziz beschäftigen, so geschieht das nicht, um an ihren menschlichen Schwächen das Gefühl des Hasses oder der Rach­fucht zu ergötzen. Herr von Kleefeld ist ein typisches Beispiel jener neudeutschen Katastrophe, die sich in den Nachkriegsjahren und auch schon vorher in unzähligen fürstlichen und adligen Familien in größerem oder fleinerem Umfange vollzog: der Einfluß der Fürsten  auf ihre ureigensten Besitztümer wurde immer mehr zurückgedrängt, an ihre Stelle treten bürgerliche Emportömmlinge mit einem harten Gewiffen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß Herr von Kleefeld der Schwager Stresemanns ist und auch sonst zu ihm in Beziehungen steht.

Spikeldienst und Günfflingswirtschaft.

Kleefelds Werdegang bei der fürstlich Hohenloheschen Verwal­tung ist so eigenartig, daß es sich um anderer Dinge millen verlohnt, ein paar Minuten dabei zu verweilen. Als er 1914 zum Fürsten fam, mar Kleefeld preußischer Regierungsassessor a. D. Die fürst­liche Verwaltung hatte gerade einen großen wirtschaftlichen Zu­sammenbruch hinter sich. Auf Empfehlung des Grafen Hermesberg wurde Kleefeld zur Reorganisation der Riesen­betriebe herangezogen Mit einem Male war der feudale patriarchische Geist in der fürstlichen Verwaltung verflogen. Stand bis dahin der Fürst zu seinen Beamten wie der Freund zum Freund, so trat darin jetzt durch Kleefeld eine radikale Aenderung ein. Mit vielen Opfern wurde ein Spigeldienst großgezogen, der Kleefeld über alle Dinge, felbst der fürstlichen Familie, geschweige denn der Beamtenschaft, im laufenden hielt. Gemeinsam mit dem Spigeldienst hielt eine groß angelegte Günstlingswirtschaft in der Verwaltung Einzug. An die Stelle fachlich gut vorbereiteter Beamten traten neue Leute, die dem Vermögensverwalter des Fürsten   zum Munde sprachen, aber sonst nichts konnten.

Etagendirektor wird Kammerdirektor.

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Ein früherer Etagendiretter des Berliner  Hotels Esplanade" wurde mit einem Schlage Kammerdirettor. Heinrich heißt der brave Mann. Ein Schulfreund Heinrichs, ein Dachpappenfabrikant, wurde Forstdirektor(!), um allerdings recht schnell fläglich zu scheitern. Und so ging es fröhlich weiter. Ebenso schnell kehrte die dritte Begleiterin einer brutalen Machtpolitik ein: die durchaus ergreattionäre Behandlung der Beam ten und Angestellten, wozu ja gerade die Inflationszeit tausend Gelegenheiten bot. Sie spielen in der jetzt dem Reichstag vor­liegenden Dentschrift eine große Rolle. An dem Streik der Forstbeamten und an der darauf erfolgten fristlosen Entlassung alt­gedienter, braver Beamten war der Herr von Kleefeld schuld, der es sich sogar noch gestattete, die Beamten zu verhöhnen. Er, der nach der Angabe der Ostdeutschen Morgenpost" sechs bis sieben Millionen Mart Vermögen hat, wagte es, den in der Inflation ohne eine entsprechende Aufwertung ihres Gehalts not­leidenden Beamten ins Gesicht zu sagen:

,, Was wollen Sie denn, meine Herren. Ich für meine Perfon bin froh, wenn ich mir jährlich einen Anzug kaufen und ein Frauenzimmer aushalten fann."

Kleefeld will es.

I

Die Milch der frommen Denkungsart.

Um den Verbrauch der Milch zu fördern, wurde in Hamburg   ein Propagandazug durch die Stadt veranstaltet. Unser Bild zeigt Schornsteinfeger, Kammerzofe und Milchmann in trautem Verein als Propagandisten der Milch der frommen Denkungsart,

Die Grönlandflieger verschollen.

Keine Nachricht von Haffel und Cramer.

Von den Ozeanfliegern Hassel und Cramer liegen noch immer teine meldungen vor. Es verstärkt sich die Ver­mutung, daß die Flieger auf das Waffer niedergehen mußten und den Tod in den Wellen gefunden haben.

Der amerikanische Dampfer ,, Marion", der sich augenblicklich in Labrador befindet, hat von der amerikanischen Regierung den Befehl erhalten, Nachforschungen nach dem vermißten Flugzeuge anzustellen.

Verloren gegeben!

Die Ueberseeflieger Hassel und Cramer werden nunmehr verloren gegeben, nachdem von jämt lichen Schiffen, die sich im fraglichen Gebiet be­finden, gefunkt worden ist, daß sie keine Spur von den Fliegern gefunden haben.

Die Suche nach der Latham". Ein interessanter Brief. Keine Spur von Amundsen. Oslo  , 21. Auguſt.

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· Derselbe Herr von Kleefeld ist es, der die Prozesse der Forst­beamten und deren Hinterbliebenen vor vielen Gerichten Deutsch­ lands   jahrelang hingeschleppt hat, so daß die bedauernswerten Leute heute noch um ihr Recht lämpfen müffen. Es bedarf keiner Erwässer füdwestlich von der füblich von Spitzbergen   gelegenen Hoff. Der Dampfer ,, Michael Sars  " hat in den legten Tagen die Ge­wähmung, daß derselbe Mann, der für die Beamten kein Herz hatte, wässer füdwestlich von der südlich von Spißbergen gelegenen Hoff­mähmung, daß derselbe Mann, der für die Beamten fein Herz hatte, nungsinsel und die Hütten auf der Insel selbst abgesucht, ohne eine für sich selbst um so mehr besorgt war. Es liegen Zeugenaussagen und Briefe in Hülle und Fülle vor, die bestätigen, daß Herr von Spur von der Latham" zu finden. Der Dampfer wird seine Nach. und Briefe in Hülle und Fülle vor, die bestätigen, daß Herr von forschungen nun in nordöstlicher Richtung fortsetzen. Während der Kleefeld der eigentliche Herr des fürstlichen Befizes mar. Was er wollte, mußte der alte Fürst tun. Es geschah bisweilen, daß der alte Christian Kraft von Hohenlohe meinend dem einen oder anderen Bemerken: Kleefeld will es.

datierten Brief des Holländers van Hoggendorf, in dem er mitteilt, er sei irrtümlich auf der Hoffnungsinsel gelandet und sei ohne Lebensmittel und Waffen. Trotz der Nachforschungen auf der ganzen Insel wurde niemand aufgefunden. Man glaubt, daß van Hoggendorf an Bord eines vorbeifahrenden Schiffes ge­gangen ist.

Ein neuer Flugreford.

Um 8 Stunden gedrückt!

Der befannte amerikanische Pilot Arthur Göbel stellte für

den Flug quer über den amerikanischen kontinent einen neuen Reford auf, in dem er die Strede von Cos Angelos nach New Yort in 18 Stunden, 58 Minuten zurücklegte.

Der bisherige Rekord für diesen Flug betrug 26 Stunden, 50 Minuten, so daß beinahe acht Stunden durch den neuen Rekord aufgeholt find. Göbel hat sich bereits im vorigen Jahre als Sieger in dem Wettfliegen St. Franzisto- hawai einen Namen gemacht.

Weber 300 Tote! Der Orfan auf Haiti  .

Suche auf der Hoffnungsinsel fand man einen vom August 1928 Orfan 200 übersteigt. Man glaubt aber, daß außerdem in den

Aus Haiti   wird gemeldet, daß die Zahl der Tofen bei dem Teilen des Landes, wo die Verbindungen noch unterbrochen find, sich noch mindestens 100 Tote befinden. Die Zahl der Etwa 600 Häuser sind zerstört worden. Der Ernteschaden wird auf eine Million Dollar geschäht,

alterprobten Beamten fündigte, meinend aber mit dem verzichtenden Arbeiterkampf gegen Hugenberg. Berlebten beträgt annähernd 1000.

Gortschung auf der 2. Seite)

Bericht 2. Seite.