Der Kammerpräsident. (Fortschung von der 1. Seite.) Wie sehr Kleefeld dabei auch an sich dachte, geht darou» hervor, daß er sich mit dem Grafen Hermesbcrg auf Kottulin und mit einem zweiten Verwandten des Fürsten in das Kuratorium der ganzen Erbschaft testamentarisch bestimmen ließ. Ohne ihn und llzermesberg geschieht auch heute nichts im Hohenlohcschen Besitz, ganz gleich, ob es sich um Jndustriebcsitz oder landwirtschaftliche Angelegenheiten handelt. Wie war es in der AuffiandSzeit? Eine Tatsache berührt besonders merkwürdig: die enge Der- bindung, die zwischen der fürstlich Hohenloheschen Verwaltung und den Polen während der oberschlesischen Aufstände bestand. Auch hierbei spielte Kleefeld die Hauptrolle. Er war es, der pol- nischen Agitatoren Pferd und Wagen zur Verfügung stellte! Heute zwei neue Beweise für die zweideutige Haltung des Herrn Kleefeld: der erste befindet sich in einer Beschwerdeschrist eines Revisors der fürstlichen Verwaltung. Es heißt darin: Am 29. Juni 1919 besaß ich das Vertrauen des fürstlichen Kammerpräsidenten noch in dem Maße, daß er in Gegenwart des Herrn Kammerdirektor Pierkart nach meinen polnischen Sprach- kenntnissen forschte, in der Absicht, mich bei seiner v e r- traulichen Verhandlungen mit dem polnischen Staatskommissar in Kattowitz zu verwenden." Und der zweite Beweis, der vielleicht noch stichhaltiger ist: das eidliche Zeugnis eines sürstlichen Försters a. D., das folgenden Wortlaut hat: „Kammerpräsident von Kleefeld' wurde 1920 und 1921 von der Leitung des Selbstschutzbataillons Gleiwitz auf Grund seiner deutschfeindlichen Bestrebungen im Hotel „Esplanade"(Berlin) dauernd unter Bewachung gestellt, ist aber stets entwischt. Zeuge: Hauptmann Nitsch-Gleiwitz , Bataillonsschreiber Schwientek in Dudnau(Kreis Gleiwitz ) vom Selbstschlitzbataillon Gleiwitz.", Und dieser Mann bemühte sich, Reichskommissar in Oppeln zu werden! Nur scharfe Angriffe in der Oeffentlichkcit konnten dieses Unglück verhüten! Vor 14 Iahren nichts, heute 2 Millionen schwer. Was bleibt. übrig, um dieses oberschlefische Sitten- bild abzuschließen? Vor vierzehn Jahren noch ohne Besitz— heule sieben Millionen schwer, Besitzer eines Schlosses in Thüringen »nd eines Rittergutes, nahezu uneingeschränkter Verwalter des fürstlich Hohenloheschen Besitzes, Schwager des deutschen Außew Ministers, ist Kleefeld der typische Vertreter einer bestimmten Gattung von Emporkömmlingen. Was die großen Industriekapitäne bereits im 18. und 19. Jahrhundert dem Fürstentum nahmen, das tat Kleefeld in diesem Jahrzehnt am Fürsten Hohenlohe. Allerdings ohne geschichtliche Größe, ohne eine versöhnende Menschlichkeit. Emporkömmling, der er war, bleibt er auch heute ein Mensch, den viele hassen und den niemand liebt.
Oer Kampf gegen Hugenberg. Oeuischnationale Aucharbeiter löken wider den Siachel.
Oer Konflikt in der Herrenkonsektion. Morgen beginnen Streikaktionen. Bekanntlich war für die Herrenkonfektion«in Lohnschiedsspruch gefällt worden, der eine durchschnittliche Lohnerhöhung von etwa 11 Proz. vorsah. Die Unternehmer lehnten diesen Schiedsspruch ab. die Arbeiter nahmen ihn an und beantragten seine Verbindlichkeitserklärung. Die Verbindlichkeitserklärung wurde jedoch im Rcichsarbeitsministerium abgelehnt. In der Begründung dieser Ablehnung hebt das Ministerium neben sormalrechtlichen Bedenken hervor, daß«ine weitere Lohn- c-höhung auch von den Unternehmern als billig erachtet werde, wes- halb diese sich bereit erklärt hätten, auf der Grundlage einer Er- h ö h u n g vonbbis 7Proz. zu verhandeln. Das im Schieds- spruch vorgeschlagene Ausmaß der Erhöhung sei nach Ansicht der Unternehmer wirtschaftlich nicht zu rechtfertige» und es bestünden in der Tat begründete Zweifel, ob diese Lohnerhöhung für alle Unternehmungen der Branche tragbar sei. Zu dieser Sachlage nahmen die Vertreter der Konsektions- orbeiter am 14. August Stellung und beschlossen, die Anerkennung des Schiedsspruchs vom 19. Juli von den einzelnen Firmen zu fordern. Wo diese Anerkennung verweigert wird, soll die Arbeit eingestellt werden. Morgen, Mittwoch, soll bereits die Arbeitsein- st« l l u ng an den größeren Konfektionsplätzen wie Berlin , Breslau , Stettin , München , Stuttgart , Mannheim , Frankfurt a. M., Afchaffen» bürg und Elberfeld ihren Anfang nehmen. Durch diese Aktion wird bereits ein echeblicher Streikumfanz erreicht. Von der Haltung des Arbeitgeberverbandes wird es ab- hängen, ob der Kampf eine weitere Ausdehnung in den nächsten Tagen ersährt oder ob es zu einer Verständigung kommt. Die noch nicht am Kampfe beteiligt« Konfektionsarbeiterschaft hält sich in Kampfbereitschaft, um dann, wenn Anweisung gegeben wird, mit für die Forderung zu kämpfen.
Die Meiallafbetteraussperrung im Oilttreis. Dillenburg , 21. August. Am gestrigen Montag erfolgten hier auf Einladung des Land- r a t s Besprechungen der an der Aussperrung in der Metallindustrie an der Dill und Oberlahn beteiligten Unternehmer- und Arbeit- Nehmerverbände, die jedoch zu keiner Einigung führten. Der Landesschlichter für Hessen-Nassau , Gewerberat S ch i ll i n g-Hanau , wohnte den Verhandlungen bei und hat sich erboten, den Parteien einen Einigungsvorschlag zu machen. Am 23. August soll eine weitere Sitzung in Siegen über den Bor- schlag endgültig entscheiden._ Die Wirbelstürme in(Südamerika . Minnesota schwer heimgesucht. Sl. Paul. 2t. Augusi.(USA .) Die w i r b e l st ü r m e, die gestern abend IN i n n e s o l a heimsuchten, haben besonders starke Verheerungen in Südminne- sola angerichtet. Eine Frau wurde aus ihrem Haufe von dem Sturm eine halbe Meile durch die Luft in einen Sumpf geschleudert, wo sie t o t ausgesunden wurde. In der Stadt Austin wurde durch den Tornado ein großes Theater vollkommen zerstört.
Die hugenberg-partei hat dem Deutschnationalen Arbeiterbund gnädigst erlaubt, in Bielefeld am 19. August zu tagen und neue Sahungen zu„beschließen". So stand es wenigstens aus dem Programm. Sie logen aber bereits am gleichen Tage gedruckt vor. wurden jedem Dele gierten mit auf den weg gegeben und das war die ganze „Beratung". Ueber die unter Ausschluß der Oesscntlichkeit lagende Konferenz wird uns zuverlässig berichtet: Da saßen sie, die kleinen Packesel der Großkapitalisten- und Großagrarierpartci, im schwarzweißrot dekorierten Saal des Evan- gclischen Vercinshauses und wollten„mit Gott für Kaiser und Hugenberg" die„marxistische Flut" bekämpfen. Aber so fein die Regie auch arbeitete, man konnte selbst auf diesem gelben Kongreß nicht verhindern, daß sich die Klassengegensätze a u s t a t e n. Anstatt Karl Marx totzuschlagen, grollte es gegen Hugen- b e r g und seine Freunde, bis man schließlich wehleidig feststellte, die Arbeiter hätten in der vllvp. ja doch gar nicht» zu sagen. Das ging schon ganz deutlich aus dem Referat des preußischen Landtagsabgeordneten L i n d n e r hervor. Er war des Glaubens gewesen, daß der Zug im deutschen Volke immer weiter nach rechts ginge, während man nach dem 20. Mai feststellen müsse, daß man sich nach rückwärts entwickle und die Sozialdemokratie stärkere Kräfte zeige als 1918. Die Niederlage der Deutschnationalen führte er auf die Zurückweisung der Agitation des Arbciterbundes zurück. Der Bundesvorstand habe der Partei vorgeschlagen. von sich aus 8000 Versammlungen durchzuführen, es seien aber nur 2000 genehmigt worden! Statt dessen habe die Partei geglaubt, mit der Beamtenbesoldung Geschäfte machen zu können, es sei aber nichts dabei herausgekommen. Lindner wurde dann deutlich —„wir sind ja unter uns!" sagte er— und gestand zu, daß der M i t t e l st a n d und die Bauern sich abgesondert und in eigenen Parteien zusanimengeschlossen hätten, wit den Dauern habe man verhandelt, mit den Arbeitern habe man so etwas nicht für nötig befunden! Sehr ungehalten äußerte sich der Redner dar- über, daß die Arbeiterkandidaten überall an eine aus- sichtslose fünfte o'er sechste Stelle auf der Kandidatenliste gestellt seien. Um aber auch hier kein Unglück aufkommen zu lassen, bestimmt die neu diktierte Satzung, daß„über Er»st- Arbeiter- kandidaten mit dem Vorstand des Dcutschnationalcn Arbeiter- bundes eine Verständigung herbeizuführen ist". So behält Berlin alles in der Hand, das Renommieren dürfen die deutschnationalen Arbeiter im Lande besorgen. Von den Rednern der Deutsch nationalen im Wahl- kämpf stellte Lindner fest, daß sie viel Unheil angerichtet hätten, da sie kamn für ein« Festrede zu gebrauchen gewesen wären. Interessant war die Stellung dieses Redners zur Republik . Er propagierte den Kampf umdie Macht„in diesem Staate, wie er nun einmal ist". Die deutschnationale Arbeiterschaft werde am allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrecht keine Ab- st r i ch e z u g e b e n, da sich jede Aenderung gegen die Arbeiterschaft auswirke. Er erklärte seine bejahende Stellungnahme zu den Grundsätzen der Weimarer Verfassung , soweit sie gestatte, für die große deutschnationale Bewegung zu arbeiten. Sic dürfe vorläufig nicht geändert werden! Den Fall Lambach bezeichnete er als eine der Krisenerscheinungen in der Partei. Es handele sich nicht um die Frage Monarchie oder Repu- b l i t, dieser Streit sei nur vorgeschoben vor das Auf- begehren der Berufsstände(er meint den Proletarier) gegen Großkapital und Großbourgeosie. In diesem Zu- sammenhang erzählte Lindner einige interessante Vorgänge in der Hugenbevg-Partei, einmal ein Schreiben des Arbeitsausschusses deutschnationaler Industrieller(Gruppe Hugenberg) an die Leiter der Landesverbände des Deutschnationolen Arbeitcrbundes, in dem gegen jede V e r.ö f f e n t l i ch u n g des Artikels von Lambach Stellung genommen wurde. Gleichzeitig wurde dem Deutschnationalcn Arbeiterbnnd verboten, ohne Genehmigung der Partei ein Rundschreiben de» berufsständigen Ausschusses ins Land gehen zu lassen. Es zeige sich ganz deutlich, daß der Fall Lambach aufgeworfen sei, um einen Machtkampf zwischen Unkernehmern und Arbeitern in der Partei zu entfesseln. Ironisch erwähnte Lindner den„Bergmannstag" in Berlin , mit dem Hugenberg renommiert habe, ohne daß Bergleute anwesend gewesen seien. Lindner schloß mit einem wehleidigen Aufruf:„Wir lassen uns nicht herausdrängen aus der Partei, nicht von Drahtziehern, nach von neugebackenen Reichs- tagsmitgliedern gefügig machen. Wir verlangen Heimatbercchli- gung(!) der Arbeitervertreter in der DNVP . Eine Schlacht ist oer- loren, sie soll nicht zur Niederlage werden." Aus diesem Grunde verlangt« der Redner«ine genügende Sozialpolitik und vor allem auch Landarbeiterschutz, an deren Ge- staltung der Arbciterbund ein Mitwirkungsrecht haben müssen. Auf der Grundlage dieses Referats bekam Herr Westarp als Parteivorsitzender ein Telegramm, in dem es ungefähr heißt:
„Der achte außerordentliche Bundestag de« Deutschnationalen Arbeitcrbundes wird an der Einheit der Partei nicht rütteln lassen. Wir stehen als doutschnational« Arbeiter im Kampf um Einheit, Sozialpolitik und Vaterland. Nicht die Vorrechte einzel- ner dürfen maßgebend sein. Wir sind entweder sozial oder sind es nicht." Die nachfolgende Diskussion zeigte die vollkommener Zerfahren« heit und Gegensätzlichkeit der schwarzweißroten Aucharbeiter. Die einen schwammen in nationalistischen Phrasen, man wollte sogar die schwarzweißrote Fahne wieder auf das Straßburger Münster bringen, die andern appellierten an die Gesinnung der Arbeitgeber! Cm Redner ging in der Kriecherei so weit, zu verlangen, daß die deutschnationalen Industrieherren aufgefordert werden müßten, sich besonders der arbeitslosen Mitglieder anzunehmen, damit sie nicht immer zum Stempeln ziehen brauchten! Es sielen auch Worte, daß die Arbeiter Ausbeutungs» Objekte seien, aus deren Blutstropfen die Arbeitgeber ihr Vermögen zusammenrafften. Es wurde sogar von der„perversen Sozialpolitik" der �Deutschnationalen Volkspartei gesprochen. Sobald aber die radikale Gruppe deutlich werden wollte, oder Namen wie Hugenberg , Klöckner nannte, wurden solche Ausführungen durch einen Hagel von Zwischenrufen erstickt. Das hinderte aber nicht, daß die Ausführungen fast aller Redner dem Kampf der Arbeiter um die Geltung in der Deutsch - nationalen Volkspartei gewidmet waren. Man wolle nicht immer Anhängsel bleiben, sondern Mitberater sein. Fromme Wünsche ohne Aussicht auf Erfüllung, denn Schafe sind' im Löwen- zwinger weder Anhängsel noch gleichberechtigt.
Die poisdamer Typhuserkrankungen. Ein Toter, weitere Erkrankungen. Die Typhuscrkrankungen in Potsdam und Umgegend zeigen noch immer keinen Stillstand. Von gestern zu heute sind ungcsähr sieben neue Fäll« in die Krankenhäuser eingeliefert worden, so daß die Zahl der Erkrankten jetzt über 40 beträgt. Glücklicherweise sind die neuen Fälle nicht allzu schwerer Natur, so daß die Aerzte hoffen, die Erkrankten am Leben erhalten zu können. Leider ist heut« der erst« Todesfall an Typhus zu verzeichnen. Es ist einer der Kranken aus der Stadt Potsdam selbst gestorben. Falls nicht noch ein den Behörden bisher nicht bekannter Typhusherd besteht, dürften die neuen Typhusfälle durch Kontakt mit Bazillen- trägcrn oder Kranken entstanden sein. Typhus und seine Ursachen. Wir erlzalten zu unserem Aufsatz„Typhuscrkrankungen und ihre Ursachen" diese Zuschrift:„Am 16. August, vormittags. stellte der Arzt bei meiner Tochter Scharlach- und D i p h t c r i e verdacht fest und ordnete«ine sofortig« Ueberführung in ein Krankenhaus an. Sowohl der aufnehmende, als auch der Stationsarzt gaben die gleiche Diagnose. Bis heute, Sonntag, den 20. August, ist noch keine Desinfektion meiner Wohnung vorgenommen worden. Ich bin der Auffassung, daß zur Vermeidung einer Verbreitung der Krankheit eine Desinfektion sofort vorgenommen werden muß und nicht erst nach«inigen Tagen, in welchen die Ansteckungskeime weitergetrogen werden können." Wir vermögen dem nur zuzustimmen.
Nieger in Gesangenschast. Von afrikanischen Eingeborenen festgehalten. Paris , 21. August. Dem„Journal" wird aus Rabat berichtet, daß die Be« mühungen zur Befreiung der seit etwa zwei Monaten von einem Maurenstamm gefangen gehaltenen französischen Berkehrssliezer Reine und S c r r c, die an der Nordwestküste von Afrika not- landen mußten, noch immer nicht zu einem Ergebnis geführt haben, obwohl man den Eingeborenen hohe Belohnungen angeboten habe. Zwei Tatsachen erschweren die Verhandlungen, erstens, daß die völkerrechtlichen Abmachungen nicht die Verfolgung auf das s p a- nische Gebiet des Rio del Oro erlaubten und die spanischen Behörden selbst eine Politik der Neutralität einnähmen, und zweitens, daß der kleine Stamm von einem größeren Stamme im Innern des Landes gezwungen worden sei, ihm seine Gesänge- ncn auszuliefern.
Achtung, Kürschner
Wegen Lohndisferenzen bei der Pelzwarenfirma M a y« r u. E o.. Lindcnstraße 30, haben sämtliche Kürschner und Näherinnen die Arbeit niedergelegt. Zuzug ist streng fernzuhalten. Deutscher Bckleidungsarbeiter-Verband, Filiale Berlin , Sebastianstr. 37/38.
Gowjet-Bureaukratie in der eigenen Karikatur.