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Die Loire hinauf. Vom Frankreich der Arbeit und der Freiheit.

Frankreich : Frankreich iZer Arbeit ich suche dich! Ich lege mein Ohr an deinen schönen Körper ich höre dein Blut pul- leren, ich sühle die Stränge deiner Nerven und Flüsse und dieses hier ist deine Hauptschlagader: La Loire , Frankreichs be- deutendster Fluß, der das Land von Ost nach West mitten durchblutet. La Loire , dein Stromgebiet: das wirkliche Frankreich ! Die Arbeit in ihren hundert Formen. Kohle, Eisen, Ackerland und Viehzucht. Paris möge das Haupt Frankreichs bleiben aber ohne das Stromgebiet der Loire wäre Paris ein Kopf, der ver- trocknen müßte. O schöner Fluß Loire ! O freier Fluß Loire ! Tausend Kilo­meter lang. Herab vom Gebirge der Cevennen mitten durch Frankreich hin ins Riesenbecken des Vaters Atlantik . Die Cevennen: hier lebten die Albigeiiser und die Waldenser die früheren Vor­kämpfer um geistige Freiheit. Hier stritten um chr« religiöse Ge< wissenswertung die.Freigläubigen" gegen den.Sonnenkönig" Louis XIV. (Dragonaden, um 1680 herum). Und wiederum kämpften die freien Cevennenbauern als Kamifarden, als Rot- Hemden: von 1702 1705, unter ihrem Führer Cavalier, ein kleiner Hutten. Die Freiheit der Berggipfel zeugte freie Menschen. Und von den Cevennen her trägt der schön« Fluß Loire «inen guten Freiheitsgeist mitten durch Frankreich hin. Die Loire verbindet den Freigeist der Berge mit dem Freigeist der See. Denn kühn ist auch der Geist der Fischer und Schiffer in Saint Razair«, der Hafenstadt an der Mündung der Loire in den Atlantik . Di« Fischer von Saint Razaire befahren die Neusundland-Bänke vor Amerika und Island .« Wir fahren stromauf. Die, Loire in ihren Städten zu sehen. Auch in ihrer Landschaft. Stadt Nantes . Bis hierher fahren klsin«re Seeschiffe. Nantes hast du davon nicht schon mal gehört? Sardine? de Nantes? Jawohl: viele Konservenfabriken. Eine Stadt mit fast 200 000 Einwohnern. Metallsabriken. Und Jen- trale der neueren Medizin: hier in Nantes ist«in bedeutendes Pasteur-Jnstiwt, Pasteurl, ein große? Mensch, der das Heil- serum gegen Tollwut und Epidemien erfand. Pasteur :«in Name wie Napoleon , Goethe, Beethoven , Newton, Kolumbus oder Einstein. Die Loire aufwärts. Links und rechts: Wiesen, Wiesen, Wiesen. Bunte Rinder auf saftigem Grün. Das Windgerausche der breiten Pappelbäume. Und die niedrigen Dörfer in stiller Friedlichkeit. Stadt Tours an der Loire . Buchdruckereien. Chemische Fa» briken rauchen schwefelgelb. Teppichwirkerei und Seidenweberet. Schöne Spinnerinnen schenkt uns ein Glas von eurem schweren Touroinewein«in aber ihr lacht, ihr habt kein« Gläser: her dann den Kelch eures rotbraunen Mundes, kein schönerer Wein, als der Dust von reinen Mädchenlippen. Spinnerinnen von Tour» euch küßte die Freiheit. Stromauf. Orleans. Mit seinem alten behäbigen Dom: Sainte-Croix. Hundert Textilsabriken. Wieder Spinnerinnen und Weberinnen. Wo aber ist Johanna? Da steht sie ja. auf der Place du Martroi als erzenes Denkmal; Johanna: das Freiheit«. Mädchen, die den Kettenpanzer und das Schwert nahm um die Freiheit chrer Heimat von dem Uebermut englischer Ritter und Räuber zu säubern. Johanna von Orlöans wir legen eine rote Rose zu deinen erzenen Füßen. Hat sie nicht gelächelt? Di« Schwalbe sagt: Oui, oui, krikri, oui, oui. Immer stromauf die Loire ! Weizenfelder schon abgeerntet. Di« Dreschmaschine singt ihr brummelndes Lied, das Lied vom guten Sattsein. Schnitter und Schnitterin tanzen abends in den weißen Dörfern um den Erntekranz, der hängt am Freiheltsbaüm. Weiter. Gegen den Strom und dennoch: mit dem Strom, denn unser« Liebe zu dem arbeitenden Frankreich kennt kein Auf und Ab: der Strom der Liebe zu den Menschen, der ist der Strom der Ströme: der überslieht alle Länder, Städte, Dörfer und Ge- birg« Meer« und Ozeane. Die Liebe zum arbeitenden Menschen ist es, die uns klar sehen läßt, die uns erfreut und beglückt. Die Loire wird schmal. Sie brandet in scharfem Kurs gegen das Bergland de» Nwernais. Alt« Burgen Wingert und Winzer- Haus sind wir am Rhein ? Und die Obstbäume: Pfirsich, Apfel, Birne welch ein DufU Ießt die Stadt Nevers . Klein. Ganz Provinz. Rokokobauten. Alles zierlich. Und die Kunst der Bevölkerung: Porzellan! Fayence! Fabriken von Weltruf. Revers! Revers!

Stromauf mit dem Volldampf des suchenden Herzens nun: Stadt Roanne . Papierfabriken. Gerbereien. Und springende Ge­wässer. Heilquellen, Mineralquellen. Doch weiter. Der lustige Schilfvogel, die stinke kleine Rohr­dommel ruft und ruft: En avantl En avantl Die Loire bricht schäumend durchs Gebirge. Dann weite Becken. Schlote rauchen. Türme zeigen ihr seines Filigran in den Köpfen der Türm« surren und schnurren flinke Räder Förder­seile da herum: wir sind im Kohlenbecken der oberen Loire . Kohle: der Schlüssel aller Industrie. Der Bergmann aller Arbeiter erster Vorarbeiter. Reben dem Eisenmann. Kohle. Erz. Eisen. Stahl. Maschin«. Feinfabrik. Verkehr. Güter des Bc- darfs. Luxus. Leider auch Waffen. Drüben raucht sie, abseits der Loire : die Kohlen- und Eisen- stadt Saint-Etienne . Hochösen flammen wild durch die Nacht. Du hörst schwer« Riesenhämmer zischen und prusten hydraulische Presien verarbeiten Panzerplatten für die Kriegsmarinen. Kanonen, Gewehre, Hieb- und Stichwaffen. Alles liefert Saint-Etienne . Ueber die ganze Welt hin. Waffen nach China , Mexiko , Tschechien , Marokko . Polen und dem Balkan . Saint-Etienne !Es war ein Schmied mit starken Armen Da» Lied vom roten Forgeron von Beranger, der Bolksschmied: der Waffen für die Armeen der Freiheit schmieden wollte, mit hellem Gesang. Aber der Teufel Mammon riß Ihm die Zunge aus der Forgeron von Saint- Ettenn« darf nicht schmieden, wie er möchte: Er schmiedet Waffen gegen sich selbst, gegen die Arbeiterklasse der ganzen Welt. Was ist da zu machen? Das, was dl« Arbeiter von Saint- Etieim« tun: sich organisieren, im freien Verband und in freiheit- wollender Partei. Einmal soll die Arbeit selbständig sein voll schöpferisch und nicht ausbeuterisch oder gar zerstörerisch: Waffen! Doch Saint-Etienne Ist nicht nur Waffe. Es fabriziert auch gut« Autos. Messer, Scheren, Werkzeug ein kleines Solingen . Frankreich . Sein« Hauptschlagader: das Stromgebiet des Flusses Loire . Kohle, Eisen, Maschinen, Viehzucht, Weizen, Wein, Obst. Wir suchten das Frankreich der Arbeit wir sahen in das wirkliche Herz Frankreichs hinein Paris ist nur der Kopf ohne den goßen Arbeitsleib der Loire könnte Paris nicht leben. La Loire ! Frankreichs Mitte. Nacht. Usber Saint-Etienne. Plöfelich was schreibt sich da golden an den hohen Himmel? Ein« unsichtbar« Hand schreibt in Sternenschrtft dieses: Roches-la-Moliir«! Der Ruhm der Arbeit! Die Helden der Arbeit! Wir sind am Friedhof. Im Loirebecken. Bei den schwarzen Felsen, die steil vom Cevennengebirg« abbrechen. Nachts Doch die Zechenrädcr wirbeln und wirbeln. Und elektrische Mond« schaukeln im scharfen Bergwind. Und hier der Friedhof. Der Friedhof von der Bergmannssiedlung Roches-la-Moliere. 55 Gräber. Roch frisch. Mit roten Rosen geschmückt(in Töpfen). Mit bunten Dahlien(Sträuße in irdenen Vasen). 55 frische Bergmannsgräber. Wir lesen Namen Franzosen Polen Ungarn Marokkaner Italiener und«in Deutscher (vielleicht Oesterreicher ?). 55 Helden der Arbeit schlafen hier ihren letzten Schlaf. Ihre Waffe war Fäustel und Haue. Das Dynamit, da» sie nutzten, war keine Zerstörung, sondern Aufbau. Tote Kameraden, ihr internationalen Kumpels von Rochen !o-Moliere, wir verneigen uns vor euch. In uns sollt ihr weiter- leben. Der Liebe und der Schönheit willen. Ihr Opfer der Arbekt seid die größeren Helden! Denn oll euer Leben war Dienst an der Allgemeinheit. Morgens. In oller Frühe. Das arbeitende Saint-Etienne zieht auf Schicht. Wie staunt es aber: da neben dem gestrigen Kriegsdenkmal steht heute noch«In anderes Denkmal,«in Denk- mal des Friedens, ein Denkmal der Arbeit: zu Ehren der 55 toten Kumpels von Roches-la-Moltire. Und unter dem Denkmal des Friedens steht tn goldenen Lettern dieses: AUS TRAVAIIXEURS! Rodin . Max Dort«.

Gretchens Kind. I Von Werner ZUchter. M? achtzehn Vahren, als noch Krieg war, hatte Gretchen stolz-! ullt den schönen Feldwebel Nagel geheiratet und liebte ihn noch, 5 der Friede ihn aus der goldbordierten Uniform herausgeworsen tte, so daß er nur noch ein arbeitsloser Elektrotechniker war. Ihm 'erdings lag nun nicht mehr viel an ihr; sie behinderte ihn beim !«adronierenden Umhersitzen in Destillen und dem nicht unbedingt rlichen Spiel mit fettigen Karten, dem er sich dort widmete. Und s gar ein Kind sich ankündigte und sie entstellte, wurde er auch cht mehr um seine hübsche Frau beneidet. Damit aber war diese he für ihn erledigt: sie wurden zwei Monate, nachdem der klein« udi geboren war, geschieden. Was sollte Gretchen tun? Gelernt hatte sie nichts; um etwas achzuholen, fehlte es vollkommen an Geld und darum an Zeit. >ie Eltern zeterten sie ohnehin schon an, wenn sie sich blicken ließ. or allem aber: ihn ihrem Kopf hatte nichts Platz als Rudi. Sie lbst mit der kindlichen, unterernährten Gestalt, den übergroßen, hwarzen Augen, sah, wenn sie ihn schleppte, wie eine Zwölsjährig« lit der Weihnachtspuppe aus. Sich etwa irgendeines Berufes legen den ganzen Tag von ihm zu trennen, war undenkbar. Den equemsten Ausweg bot daher das Etablissement der Frau Lauben- )al, ein etwas abseits liegendes Haus, das seine Entlegenheit da- urch wieder ausglich, daß es über der Tür eine riesig vergrößerte, on innen erleuchtete Nummer zeigte; außerdem beanspruchte es, Me aus einem ebenfalls transparenten roten Schild hervorging, den kamenNachtfalter". Allnächtlich pflegten hier festlich gestimmte lerren mit zerrütteter Frisur und geknickter Hemdbrust vorzusprechen. i« geneigt waren, zärtliches Entgegenkommen hübscher junger Per- men mit unbedacht großherzigen Geldspenden zu beantworten. Zangigkeiten hatte Gretchen, da sie ja im Krieg« ausgewachsen und «her in jeder Hinsicht schreckensgewöhnt war, kaum noch zu über» vinden, zumal sie über etwelchen Anstoß der Gedanke an Rudi mmer glatt hwweghob. Bei einem Fräulein Koch, das mit kalten geicraugen eine Ecke weiter in winzigem Lädchen wüstfarbigss Kon- ckt verkaufte, hatte sie für sich und das Kind das Dachzimmer ge- nietet. Hier schlief sie sich in den Morgenstunden aus, um am Vor- nittag schon wieder strahlend frisch neben Rudis luxuriösem Kinder- vagen im Park zu sitzen, wo nicht selten Damen voll hochgezüchteter Keinheit sich bei ihr, die sie für die Bonne hielten, nach den Eltern ,es auffallend hübschen Knaben erkundigten. Meistens bekamen sie »nn eine von phantastischen Adelsttteln strotzende Geschichte erzählt. Von der Laubenthalschen Unternehmung blieb tagsüber wenig ,n ihr hasten, obwohl sie die Luft desNachtfalters", in der die Süße der Schminken sich mit der Säure des Weins unzertrennlich nischte, nahezu mit Begeisterung einsog. War es doch der Geruch zer Heimat, der ersten, die ihr eine feste, geschützte, planvolle Existenz verbürgte, mochte auch zuweilen!n Zellen flauen Geschäftsganges zas Abendessen nur aus Suppenwürfeln und Kartoffeln bestehen. Um so schöner waren dann die Feste, wenn man etwa bei der Hochzeit einer Kollegin da» Schild»Wegen Familienfeier geschlossen" »n die Haustür hängte, drinnen um«inen Schweinsbraten saß und, da man nichts andere» kannte, auch mitten im Sommer Weihnochts- lieder sang. Vor ollem aber bedeutete derNachtfalter" für Gretchen die Möglichkeit, Geld in für sie unabsehbarem Ausmaß zu verdienen. Denn der ganze Eifer ihres Hirns und ihrer Glieder galt Rudi, also dem Geldverdicnen für ihn, galt den ehrgeizigen, beinahe ver- oötternden Plänen, die sie um ihn spann, und damit dem, was sie ihren Beruf nannte. Was immer sie erübrigte, sparte sie sanatijch und schonte sich nicht: ihre Hand, zart wie Nogelknöchlein. streichelte vollblütige, rervelatwurstrote Wulstnacken nicht weniger zärtlich, als bleiche Bureaukratcnglatzen und die pomadisierten Locken der Lehr- linge. die sich zum ersten Male herzklopfend in das verrufen« Haus gewogt hatten. Sehr genau begriff sie, daß in dieser Laufbahn alles darauf ankomme, immer wach, frisch, lockend, Imer vornan zu sein, sich nie überholen, nie ausschalten zu lassen und selbstverständlich darum auch niemals krank zu werden.In unserem Beruf," so pflegte sie zu sagen,ist Vorsicht das halbe Leben. Man muß auf- passen wie ein Schießhunid und nie den Kopf verlieren. Aber schließ. lich ist das wohl bei allen Geschäftsleuten das gleicht." Und tatsäch- lich schien dieser entschlossen- Wille auch Ihre zerbrechlichen Glieder s» widerstandsfähig zu machen, daß ihr die Gifte, die sie allnächtlich reichlich umzüngellen, nicht» anhaben tonnten. So ging alle» gut bis zu jenem Abend, an dem Gretchen mit Dr. Schneemann»um erstenmal in ein« längere Untcrhallung geriet. Sie kannte ihn zwar schon lange, hatte sich jedoch nie um ihn be- kümmert, da er nicht zur Kundschaft jählte. Dr. Schneemann näm. lich war ein noch jugendlicher Mann mit grünlich fettem Gesicht und von unklarer Herkunft; er machte allabendlich die Runde durch das galante Viertel der Stadt und war gern gesehen, weil er, einen weißen Arztkittel unter dem Poletot, eine leise klimpernd« Instru. mententasche in der Hand, durch gewisse medizinische Dienste den ängstlicheren Kunden Mut zum Abenteuer gab. Außerdem ver- kaufte er Hestpslaster, Rasierklingen. Natron und Pyramidon, trug aber auch eine kleine, flache Kokainflasche in der Westentasche und manchmal, sorgsam in Watte oerpackt, eine Garnitur Morphium- ompullen. Ob er wirtlich Arzt war, wußte niemand; vielerorts wurde behauptet, er sei nur«in Friseur, anderswo allerdinge, er fei, zuchthauswürdtger Derbrechen wegen, aus Stand und Fa- mille verstoßen worden. An jenem Abend nun e« war ein Freitag im April und stürmisches Wetter, das dl« Kundschaft fernhielt hatte Gretchen lange allein im großen Salon in einem der unbequemen, halbhohen Fautruils gesessen, die Frau Laubenthal aus dem reich betroddelten Nachlaß einer verhungerten Kanzleirättn erworben hatte. Sie häkelte on einem Spitzenstreifen, der späterhin die Wandbretter in der Iunggesellenküch« Rudi, zieren sollt«, als Schneemann, müde aufstöhnend, sich ihr gegenüber niederließ. Du bist hochmütig, kleines Luder," sagte er unumwunden. Mit der stillen Freundlichkeit, die sie gewöhnt war, niemandem vsrzuenthaltcn, fragt« sie:Wie kommen Sie darauf?" Es fällt mir auf, daß du unsereins nie eines Blickes würdigst. Deine Kolleginnen sind ganz anders; sie machen doch manchmal, wenn sie Zeit haben, ein bißchen Spaß mit mir. Für dich aber bin ich wohl nur ein verkommener Bummler. nicht, für honette Leute, wie du bist. Ich wette, du hast sogar ein Sparkassenbuch." Aber natürlich," bestätigte Gretchen arglos,glauben Sie. man denkt nicht ans Alter?" Schneemann lachte bös«.Du machst dir törichte Illusionen. Als ob es für euch ein Aller gäbe! Du schernst nicht zu wissen, wie die» Leben endet, das bei Frau Laubenthal halbwegs komfortabel ansängt: irgenba» in« Spital, vor Studenten auf dem Operations-

tisch, im Irrenhau», im Weibergefängnis. kurz und gut auf dem, Mist." Gretchen ließ die Häkelei sinken. Ach. wie schön war es, nun von Rudi sprechen zu können, der so prächtig gedieh. In stiller Seligkeit lächelnd, berichtete sie. wie er In sauberen weißen Matrosen- anzügen die hohe Schule besuchen würde da» Sparguthaben reichte heute schon dazu. wie er dann Student und endlich ein studierter Mann sein würde, ein Arzt vielleicht oder ein Ober» lehrer, an dessen begeisternden Lippen dreißig Gymnasiasten, Söhne erster Häuser, hängen würden. In einer reizenden kleinen Wohnung in der Gartenvorstadt aber würde seine glückliche Mutter ihm der, weilen die Wirtschaft führen. Sie geriet völlig außer sich, ihr« Stimme schwebt« durchsichtig wie ein Mückenschwarm. Du bist eine vollendete Spießbürgerin," sagte Dr. Schneemann auf einmal brllsk dazwischen. Wie er sie aus aufgeschwemmtem. algensarbigem Gesicht anglotzte, hätte ihr, wäre sie nicht so töricht selbstsicher gewesen, klar sein müssen, daß er sie haßte, daß er sie eben au» seiner Unsestigteit heraus beneidet« und vielleicht tödlich haßte. So aber fragte sie, die kleine, gedankenlose Stirn befremdet gekraust:Aber warum schimpfen Sie auf mich? Wa» tu« ich Ihnen denn?" Ich schimpf- nicht," sagt« Schneemann,ich stelle nur fest. Laß dich warnen, Kleine. Denn bei all deiner Gewissenhaftigkeit bist du doch dumm und im Begriff, dich schwer zu verrechnen. Es wird nichts werden, verrate ich dir. aus der reizenden kleinen Wohnung in der Gartenvorstadt. Soviel ist sicher.. Im gleichen Augenblick ober fuhren draußen unter durch- dringendem Hupengeblök zwei Autodroschken vor; dl« Haustürklingel schallte: die Laubenthal schlug in die Hände, daß ihre Ohrgehänge klirrten:Allans, allonsl" Und die Mädchen verteilten sich pslicht- bewußt mit einem letzten Blick zum Spiegel im Salon. Es war ein« norwegische Gesellschaft, die das Haus für den Rest der Nacht völlig in Anspruch nahm, viel Geld ausgab, ober Gretchen nicht mehr zur Besinnung komme» ließ.(Schluß jolM

j Die Entstehung der Irrlichter. Die Irrlichter spielen In un- serer Sagenwelt ein« große Rolle und haben Anlaß zu jenen Ge­schichten gegeben, in denen von guten und bösen Geistern erzählt wird, die bald den nächtlichen Wanderer in Sümpf« und �r.od locken, dann aber auch den Verirrten auf den richtigen Weg führen oder Glückskinder zu Schätzen hinleiten. Solche Irrlichter können manchmal auf Reflexerscheinungen beruhen, die von wirklichen Lichtern ausgehen; auch das Glimmen fauligen Holzes kann wohl als Irrlicht gedeutet werden. Es gibt aber auch echte Irrlichter, die aus der Entzündung von Gasen entstehen. Ueber diese Er- scheinung hat H. Sven imNaturforscher" interessant« Beobach- tungen mltgeteill. Er hat festgestellt, daß das Auftreten von Irr- lichtem von der Lufttemperatur unabhängig ist, dagegen in einer gesetzmäßigen Beziehung zum Luftdruck steht. Es ist bekannt. daß bei höherem Luftdruck weniger, dagegen bei niedrigerem Lust- druck mehr Irrlichter auftreten. Dem Boden entströmen verschieden zusammengesetzte Gasarten, die sich in kleineren oder größeren Mengen in den obersten Erdschichten befinden. Wenn nun der Luftdruck nachläßt, so steigen die Erdgas« hoch, entzünden sich selbst und rufen dann jenes so romantisch wirkende Spiel der Irrlichter hervor, das die Phantasie der Menschen von jeher an- geregt hat. Keimsähigkcil und Verdauungskanal. Viele Früchte werden von Tieren verzehrt; die Samenkerne werden dann wieder ausgeschieden und weiterverpslanzt. Es wird aber dadurch nicht nur eine Aus­breitung de» Samens herbeigeführt, es steht auch fest, daß mancke Samenteme durch das Passieren«ine» Lerdauungskanals«ine weit höhere Keimfähigkeit erreichen. Ganz besonders soll der Samen verschiedener Gewürzarten erst recht keimfähig werden, wenn er durch den Derdauungskanol eines Tiere» oder eine» Menschen ge- gangen ist. In den Hauptgewürzgebietm Niederländlsch-Indiens wird Gewürzfamen, der ausgesät werden soll, zunächst von Menschen verzehrt, und kommt erst mit den Ausscheidungen zur Zluelaat. Auch bei uns gibt es einige Pilanzenorten, deren Samen auf dies« Weise ein« höhere Keimfähigkeit gegeben«erden kann. So ver- füttern die Gärtner Samen von Weißdorn, der ausgesät wrben soll, zuerst a, Hühner oder Truthühner.