1928
Der Abend
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Nr. 402
199 45. Jahrgang
" Unzeigenpreis: Die einfaltige Nonpareillezeite
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Auf der Station Times Square , im Herzen des Geschäfts- und Theaterviertels, ist gestern ein Zug der Untergrundbahn entgleist. Obwohl der Umfang der Katastrophe noch nicht genau fest. steht, heißt es, daß 20 Personen getötet und 100 verlegt worden sind. Die Wagen waren stark überfüllt. Nach dem New York Herald " be trägt die Zahl der Toten 22.
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Ueber die furchtbare Katastrophe wird weitergemeldet: Der legte Wagen eines Untergrundbahnzuges entgleiste. Eine Seite des Wagens murde weggerissen. Sofort wurden Polizei, Krantenwagen und Feuermehr alarmiert, die schnellstens zur Un glüdsstätte eilten. Der elektrische Strom murde abgestellt, wodurch der gesamte Untergrundbahnverkehr im Westen New Yorks lahmgelegt wurde. Da sich das Unglück in der verkehrsreichsten Nachmittagsstunde ereignete, entstand auf allen anderen Stationen ein riefiges Gedränge. Biele verließen die auf der Strede stillgelegten Züge wegen der in der Untergrundbahn herrschenden erstidenden hiße und begaben sich an den Geleisen entlang zur nächsten Station.
Ueber die Zahl der Opfer ist bei der Schwierigkeit der Die Bergungsarbeiten nichts Zuverlässiges bekannt. Ziffern schwanken zwischen 20 bis 30 Toten, 100 bis 150 Verlegten.
Unhaltbare Zustände.
Auf der Station Times Square der Untergrundbahn, wo schon an gewöhnlichen Tagen unhaltbare 3ust än de herrschen, da sich dort drei Linien treuzen, entstand, als das Unglüc geschah, ein wahres Chaos. Obwohl faum eine Viertelstunde, nachdem donnerndes Krachen weithin vernehmbar das Unheil verfündet hatte, jämtliche Polizeireserven Manhattans, die Feuerwehr und andere Hilfsmannschaften sowie alle verfügbaren Krantenwagen zur Stelle waren, gelang es der Polizei nur mit größter Mühe, die aus allen Straßen andrängenden Massen zurüdzuhalten. Viele Bersonen stiegen auf die Berdecke der Omnibusse und anderer Fahr. zeuge, so daß diese infolge der Ueberfüllung auf die ringsherum flutende Menge umzu stürzen drohten.
Die Menschen mußten von der Polizei gewaltsam herabgetrieben werden, aber die Schreie, die aus der Tiefe hervordrangen, stachelten die nach Zehntausenden zählende Menge in ihrer Neugier an, immer wieder ungeffüm vorzudrängen. Inzwischen machten sich die Rettungsmannschaften daran, in dem herrschenden Chaos Ordnung zu schaffen. Da das Unglück zur Zeit des höchsten Verkehrs des ganzen Tages, zwischen 5 und 6 Uhr abends, wenn Hunderttausende vom Nordende New Yorts nach Brooklyn und umgekehrt fahren, geschah, machten fich die Folgen in wenigen Minuten über die ganze Stadt hin bemerkbar. Auf allen größeren Stationen entstanden ungeheure Berkehrsstockungen, und die Polizei hatte größte Mühe, die vorund zurückflutenden Massen nach anderen Berkehrsmöglichkeiten hinzuleiten und eine Panit zu verhindern. Der Eindrud von dem fchweren Unglück ist in der Stadt so gewaltig, daß selbst die Pariser Nachrichten über das Eintreffen Relloggs und die Wahlnachrichten in den Morgenblättern hinter den Schilderungen von dem Unglüd zurücktreten.
Der aus neun Wagen bestehende Zug war voll besetzt von Bureauangestellten, die nach Hause fuhren. Fünf Wagen des Zuges waren bereits durch die Weiche hindurchgefahren, als diese sich umftellte.
Der sechste und der siebente Wagen wurden gegen die Tunnelwand gedrüdt und zerirümmert.
Die zwei letzten Wagen wurden start beschädigt. Es entstand eine furchtbare Panit. Die Menge suchte sich in wilder Flucht zu retten, und in ihre Schreie mischten sich die Wehflagen der Verlegten und der Sterbenden.
Im Laufe des gestrigen Tages find wieder zwei Typhus.
franke in das Josephspital in Potsdam eingeliefert worden, und zwar ein Mann aus Sanssouci , sowie ein Arbeiter aus Seddin. Es hat den Anschein, als ob in Seddin durch den Genuß von Milch mehrere Personen infiziert sind.
Zur Unterzeichnung des Kriegsächtungspaktes sind der amerikanische Außenminister Kellogg und der kanadische Ministerpräsident Mackenzie King in Le Havre gelandet. Unser Bild zeigt von links nach rechts Herrn King, Frau Kellogg und Herrn Kellogg beim Verlassen des Schiffes.
Geheimnisvoller Todesfall in Spandau .
Nach Rauferei auf der Landstraße gestorben.
In der Franzenstraße in Spandau wurde gestern nacht gegen 12 Uhr der 20jährige Schloffer Karl Sommerfeld aus der Pichelsdorfer Straße 8 auf den Bürgersteig bewußtlos aufgefunden. Man schaffte den jungen Menschen in das Span dauer Krankenhaus, wo er furze Zeit nach feiner Einlieferung, ohne die Besinnung wiedererlangt zu haben, geftorben ist.
Nach den bisherigen zolizeilichen Feststellungen ist S. mit Roten Frontfämpfern in Streit geraten, in dessen Vervon seinen Angreifern niedergeschlagen und lauf er hilflos liegen gelassen wurde. Sechs Rote Frontkämpfer, die an der Schlägerei beteiligt gewesen sein sollen und zwei weitere Perfonen, die der Schlägerei zugesehen hatten, wurden noch im Laufe der Nacht der Abteilung I A im Polizeipräsidium zugeführt.
einer Schlägerei gekommen, wobei Sommerfeld von seinem Gegner und fünf oder sechs weiteren Personen angegriffen und niederge fchlagen worden sei. Mehrere Zeugen behaupteten fogar mis Sicherheit, daß sie gesehen haben, wie der Gegner Sommerfelds auf seiner Brust gekniet habe.
Auf diese Ermittlungen hin wurde der mutmaßliche Täter, der gleichfalls in Spandau wohnt, heute früh verhaftet und in der Abteilung I A im Polizeipräsidium vernommen. Auch dieses Verhör verlief völlig ergebnisios, und der Verhaftete bestreitet, den Tod Sommerfelds verursacht zu haben. So war es bisher noch nicht möglich, den eigentlichen Hergang der Schlägerei zu klären, Hinzukommt, daß, wie einwandfrei festgestellt worden ist, die Beteiligten zum Teil betrunken waren. Sämtliche Berhafteten werden wegen Beteiligung an einer Schlä gerei, die den Tod eines Menschen zur Folge gehabt hat, dem Untersuchungsrichter vorgeführt werden.
Heute früh wurden die Festgenommenen im Polizeipräsidium einem eingehenden Berhör Verhör unterzogen. Alle be= Sonderbarerweise konnte die Todesursache noch nicht er stritten ihre Beteiligung an der Schlägerei. Schließlich gelang mittelt werden. Weder der Arzt im Spandauer Krankenhaus, noch es dem vernehmenden Kommissar. im Verlaufe des Kreuzperder hinzrgezogene Gerichtsarzt konnte an der Leiche des Getöteten hörs zu ermitteln, daß der Getötete in einem Restaurant in der auch nur die geringsten Berlegungen feststellen. Erst die Obduktion, Franzenstraße mit einem gleichaftrigen Handwerker, dessen Name die im Laufe des Tages im Schauhaus vorgenommen werden soll, von der Polizei vorläufig noch nicht genannt wird. einen heftigen wird die genaue Todesursache ergeben. Bemerkenswert erscheint Wortwechsel gehabt hatte. Es sei dann auf der Straße zu noch die Tatsache, daß Sommerfeld in den Abendstunden wege starter Truntenheit fiftiert worden war, später aber wieder freigelassen wurde.
Herbstregaffen der freien Segler. Mit dem Kinde ins Wasser. Gegen Diktatur und Trusts!
Berichte 2. und 3. Seite.
Eine Nacht der Schlägereien.
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