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Nr. 402
45. Jahrgang
sig
Technik
Sonnabend,
25. August 1928
Das Meter ist für Deutschland in diesem Monat 60 Jahre alt geworden. 3m August 1868 wurde durch die Maßund Gewichtsordnung des Norddeutschen Bundes das metrische Syftem eingeführt.
Früher herrschte auf dem Gebiete des Maßwesens in allen Ländern Anarchie. Die einzelnen Maßeinheiten waren zudem oft recht ungenau bestimmt. Normalmaßstäbe waren nicht nur aus unzuläng: lichem Stoff engefertigt, sondern auch den Einflüffen der Temperatur, zumeilen auch der Witterung ausgefeßt, so daß sie ständigen Veränderungen unterlagen. Talleyrand , der Bischof von Autun , unterbreitete daher der französischen Nationalver= [ ammlung von 1790 einen Plan zur Vereinheitlichung des Maßsystems. Die Versammlung beschloß zunächst, ein natürliches" Maß, die Länge des Sefundenpendels unter dem 45. Breitengrad, zu wählen. Später einigte man sich, den zehnmillionsten Teil des Erdmeridianquadranten als Normalmaß zu bestimmen. Man ließ aber trotzdem die Länge des Sekundenpendels unter dem 45. Breitengrad feststellen. In siebenjähriger Arbeit wurde ein Bogen von 9% Grad zwischen Dünkirchen und Montjuich bei Barcelona ausgemessen. Den stürmischen Drängern in der Nationalversammlung dauerte diese höchst mühevolle Arbeit aber viel zu lange. Schon am 1. August 1793 beschloß sie die Herstellung eines vorläufigen Meters auf Grund einer um 1740 ausgeführten Gradmessung. Nachdem aber die Ergebnisse der Gradmessungen und-berechnungen vorlagen, fertigte Fortin ein Endmaß aus Píatin mit einem Querschnitt von 25 X 4,05 Millimeter an, das dem zehnmillionsten Teil des Erdmeridianquadranten entsprechen sollte und nun von der Nationalversammlung am 10. De zember 1799 als das wahre und endgültige Meter" bestimmt wurde. Dieser Maßstab aber, der im Archiv niedergelegt wurde, mich um etwa 1/100 Millimeter von der tatsächlich errechneten„ natürlichen" Länge ab. Außerdem hatten spätere Messungen des Erdbogens andere Ergebnisse, nach denen der Normalmaßstab nur um 1/10000 von dem natürlichen" Maßstab abwich, während nach neueren Messungen dieses ,, Normalmeter" gar um 1/6 Millimeter zu kurz mar.
Die Form des in Paris aufbewahrten Urmeters. Von diesem Urmeter wurden unter Aufsicht einer internationalen Kommission 30 Kopien angefertigt und durch Los unter den Kulturstaaten verteilt.
Troßdem bedeutete diese Arbeit einen großen Fortschritt, und es tennzeichnet den konservativen Sinn der Menschheit, wenn das neue Maß fast allgemein nicht beachtet wurde, so daß es in seinem Geburtslande, in Frankreich , erst eines fategorischen Gesezes bedurfte, nach dem vom 1. Januar 1840 ab teine andere Maßeinheit neben dem Meter benutzt werden durfte. Nach dem Willen der Nationalversamm lung aber sollte das Meter eine internationale Maßeinheit werden. Damit hat es jedoch gute Weile gehabt. Die Menschen der anderen Länder waren genau so fonservativ wie die Franzosen . Jedes noch so kleine Ländchen war stolz auf seine überlieferte Maßeinheit. Als 1860 der Bundesrat in Frankfurt die Einführung des Meters für Deutschland anregte, fezte Preußen dem einen heftigen Widerstand entgegen. Es glaubte sich dazu berechtigt, weil es sein Maßsystem gut geordnet und die dazu nötigen Arbeiten erst 1839 vollendet hatte. Nachdem Preußen seinen Widerstand aufgegeben hatte, wurde das Meter durch Beschluß des Norddeutschen Bundes vom 13. Mai 1868 und dann durch Reichsgesetz vom 1. Januar 1872 in Deutschland eingeführt. Der Beschluß des Norddeutschen Bundes trat am 17. August 1868 in Wirksamkeit. Als Normalmaßstab wurde eine Kopie des französischen Normalmeters bestimmt, die 1817 durch Humboldts Vermittlung gekauft und bei einer Temperatur von 0 Grad Celsius einige Tausendstel Millimeter größer war als das Original.
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beiden Striche auf dem im Bureau International des Poids et| Stellen verstärken, an anderen vernichten. Da Lichtwellen ein stets Mesures aufbewahrten Normalmeterstabes bei der Temperatur des unveränderliches Maß find, läßt sich mit ihrer Hilfe jederzeit das ge. schmelzenden Eises. Das Urmeter ist gut in einer Büchse verschlossen, wünschte Maß einwandfrei darstellen. die nur mittels dreier Schlüssel geöffnet werden kann, von denen je einer im Besitz des Präsidenten des Comité International des Poids Staatsarchivs ist. Einige Staaten, unter ihnen Deutschland , haben et Mesures sowie der Direktoren des Bureaus und des französischen fich außerdem Normalmeterstäbe von Xförmigem Querschnitt herftellen lassen, die als Endmaße ausgeführt sind.
In neuester Zeit ist es gelungen, das Meter auf die Wellenlänge des Lichts zurückzuführen. Die Lichtwellen sind frei von allen Aenderungen, denen stoffliche Maßstäbe ausgesetzt sind. Man nußt Aenderungen, denen stoffliche Maßstäbe ausgesetzt sind. Man nutzt der sich zwei gleiche Lichtwellen beim Zusammentreffen an gewissen bei der Lichtmessung die Interferenz aus, d. h. jene Erscheinung, bei
Der Weg des Meters konnte nur kurz angedeutet werden. Er führte von der ersten ungenauen Erdbogenmessung bis zur Dar= wellen. stellung einer festgelegten Längeneinheit durch unveränderliche LichtSo zeigt sich auch auf diesem Teilgebiet menschlichen Strebens, daß nichts still steht, daß sich alles ständig wandelt. Es
zeigte sich aber auch, wieviel Zeit und zähe Arbeit nötig ist, um felbst so verhältnismäßig einfache Dinge durchzusehen, und es dürfte gut fein, sich das gerade in unseren Tagen vor Augen zu halten, wenn es manchem troß eifriger Arbeit zu langsam vorwärts geht. Es setzt neu, d. h. wahrhaft revolutionär iſt. sich eben nichts schwerer durch als eine vernünftige Sache, wenn sie W. M.
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Licht als Maßstab.
Ein Meßgerät, bei dem das Licht zur Erhaltung der| größten Meßgenauigkeit benügt wird, ist der InterferenzPomparator. Mit ihm können die genauesten Meßresultate erzielt werden. Im Vergleich mit einem bekannten Urmaß beträgt hier die höchste Meßgenauigkeit fünf Millionstel Millimeter. In der Praxis wird dieses Meßgerät por allem zur Brüfung sogenannter Parallel Endmaße auf Maßhaltigkeit verwandt. Zur Messung selbst werden Lichtwellen von betannter Länge benugt. Die Lichtinterferenz, durch die das Meßergebnis erzielt wird, ist eine Störungserscheinung des Lichtes, die dadurch entsteht, daß zwei gleiche Lichtwellen, die zusammentreffen, sich an gewissen Stellen verstärken, an anderen vernichten. In dem in unserem Bilde gezeigten Interferenzfomparator, der nach einem Entwurf von Dr. Köfter bei 3eiß in Jena gebaut wird, wird die Interferenz durch die Verschiebung, der von einer punktförmigen Lichtquelle ausgehenden und im gleichen Schwingenzustande befindlichen Lichtwellen hervorgerufen. Die Interferenz zeigt sich in diesem Meßgerät in Form von Farbstreifen( Regenbogenfarben), die durch eine feilförmige Luftschicht zwischen den spiegelnden Meßflächen von Endmaßen einerseits und einer gegenüberliegenden Blanglasplatte( einer ganz ebenen Platte aus Glas) andererseits entstehen. Geringe Unebenheiten, die mit gewöhnlichen Meßgeräten gar nicht festgestellt werden fönnen, martieren sich sofort durch die Form der Streifen. Durch Auszählen der Farbstreifen wird die Abweichung des zu prüfenden Stüdes vom Urmaß festgestellt. Die Meßzahl des Streifenabstandes ist durch die Berwendung von Heliumlicht einwandfrei bestimmt. Es gibt jedoch auch Interferensfomparatoren, mit denen man ohne Bezugnahme auf ein bestimmtes Urmaß Längen mit der oben genannten Genauig teit messen kann. Der Interferenzkomparator erlaubt also eine weit über die normalen Bedürfnisse der Praxis hinausgehende Messung. Als Normalmaßstäbe, auf deren Länge der Komparator eingestellt wird, dienen die sogenannten Parallel- Endmaße" mit ebenen und parallelen Endflächen, wie sie zuerst von J. C. Johannsson in Estilstuna in Schweden hergestellt wurden. Aeußerlich scheinen diese Endmaße sehr einfach zu sein: sie sind nichts weiter als bescheidene Stücke aus besonders behandeltem, optisch poliertem
Von der Funkausstellung.
Fernsehen und Gleichlaufkino.
Bei der diesjährigen Deutschen Funkausstellung wird die Telefuntengesellschaft in einer Sonderschau hervortreten, in der zum ersten Male Fernseher und Gleichlaufkino der Deffen: lichkeit gezeigt werden. Solange der Unterhaltungsrundfunk besteht, ist es bekannt. lich der Wunsch aller Hörer, das gesprochene Wort oder die gesendete Musit durch eine Bildbeigabe erläutert oder illustriert zu wissen. So naheliegend und verständlich dieser Wunsch ist, so schwer mar es bisher, ihn auch nur einigermaßen in der Praxis zu erfüllen. Langlangen, das heute vorliegt. Dem berühmten Physiker Professor Karolus in Leipzig ist es gelungen, ein Gerät zu entwickeln, das in seinen Leistungen sehr nahe ay das herankommt, was im Geiste der Rundfunkhörer liegt. Zum ersten Male also wird man Fern sehen können, und zwar nicht nur Standbilder, sondern ein beweg: es Bild. Professor Karolus wird im Verein mit Telefunken dieses Gerät auf der Funtausstellung der Deffentlichkeit vorführen und auf diese Weise den Besuchern einen Einblick in den gegenwärtis gen Stand des Fernsehproblems gewähren. Ein Beweis dafür, daß auch in Deutschland an dieser Frage erfolgreich gearbeitet wurde und die erzielten Ergebnisse hinter den viel besprochenen Leistungen des Auslandes nich: zurüdstehen. Es ist, wie gesagt, heute nicht nur möglich, kleine, in den Aufnahmebereich der Sendeeinrichtung gebrachte Gegenstände und Diapositive auf einer Mattscheibe des Empfängers wahrzunehmen, sondern auch einen senderseitig laufenden Film auf der Empfangsfeite auf einer Projektionsfläche sichtbar zu machen. Das zweite Gerät, das auf der Ausstellung zu bewundern sein wird, ist das Gleichlauffino, das auf folgenden Voraussetzungen beruh:: In einer Zentralstelle läuft ein Film, zu dem ein Vortragender erläuternde Worte spricht. Diese werden mit einem Mitrophon aufgenommen und von einem Rundfunksender ausgestrahlt. In beliebig vielen Orten läßt man nun den gleichen Film abrollen und bringt gleichzeitig den Vortrag mittels eines
Trok mancher Schwierigkeiten ist der Wunsch der französischen Nationalversammlung von 1791, das Meter als internationale Maßeinheit anerkannt zu sehen, nach etwa 100 Jahren in Erfüllung ge= gangen. Nur England und Nordamerika messen mit dem Ward, aber sie lassen das metrische System auch in ihren Ländern zu. Be- jährige Arbeit war deshalb no: wendig, um zu dem Resultat zu gemerkenswert ist, daß das in Amerifa benutzte Meter gegenüber dem internationalen um fast 3/1000 Millimeter zu furz ist. Am 1. Januar 1876 trat die Internationale Metertonvention in Kraft, der heute 26 Staaten angehören. Die Beobachtungsräume dieser Vereinigung im Pavillon de Breteuil in Sèvres bei Paris sind burch Doppelmauern, zwischen denen eine Isolierschicht liegt, geschüßt und außerdem von Fluren umgeben. Unter Bermeidung direkter Sonnenbestrahlung werden sie von oben her beleuchtet. Dadurch sind Temperaturschwankungen, die die Meßstäbe und Meßwerkzeuge beeinflussen könnten, fast gänzlich aufgehoben. Selbst die Körperwärme eines Beobachters würde sich hier störend bemerkbar machen, daher wird in seiner Abwesenheit ein kleiner Ofen geheizt. Die wichtigste Arbeit dieses Instituts war am 26. September 1889 beendet: an diesem Tage wurde das neue Urmeter aus der Taufe gehoben. Es ist dies ein Platinstab von Xförmigem Querschnitt, der eine so große Oberfläche besitzt, daß er leicht die Temperatur seiner Umgebung annehmen fann, von geringstem Gewicht ist und verhältnismäßig wenig Material zu seiner Herstellung erfordert. Das neue Urmeter wurde aus 30 gleichzeitig angefertigten Stäben ausgewählt. Es ist der Stab, der dem ersten von Fortin 1799 gefertigten Maß am genauesten entsprach. Die übrigen Stäbe wurden unter den Bertragsstaaten verloft. Das neue Urmetar ist nicht als Endmaß, fondern als Strich maß ausgebildet. Es wird crklärt als der Abstand der Achsen der
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Stahl mit viereckigem Querschnitt, doch sind die Anforderungen, die an diese einfachen Stahlstücke gestellt werden, sehr schwer zu erfüllen. 3unächst muß der benutzte Werkstoff unveränderlich sein. Dann wird der Stahl einer monatelangen Behandlung durch Warmmachen und Abkühlen unterzogen, um die inneren Spannungen auszugleichen. Jeder Mechaniker weiß, wie schwer es ist, zwei Flächen möglichst eben und parallel zu gestalten. Bulegt wird aber verlangt, daß die Genauigkeit in einem ganz bestimmten Verhältnis zur Meßlänge stehe, das sich auch nicht ändern soll, wenn durch Aneinanderreihen mehrerer fleinerer Endmaße ein längeres Maß gebildet wird.
Ansicht des Interferenzkomparators.
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Wenn also beispielsweise bei einem Endmaß von 20 Millimeter Länge eine Abweichung von 2/10000 zuläffig ist, so darf die Abweichung einer Länge von 100 Millimeter, auch wenn diese Länge durch mehrere kleinere Endmaße gebildet wurde, nicht größer als 10/10 000 Millimeter sein, wenn das Verhältnis der Abweichung von der Maßlänge das gleiche sein soll wie bei dem Endmaß von 20 Millimeter Länge. Es werden also an diese Endmaße recht hohe Anforderungen gestellt, die sehr schwer zu erfüllen sind. Es bedarf jahrelanger Erfahrungen und sehr geschulter Arbeiter zu ihrer Herstellung. Eft in neuerer Zeit ist es gelungen, auch in Deutschland solche Endmaße in hervorragender Genauigkeit herzustellen.
Lautsprechers zu Gehör. Wenn man mit der Vorführung des Films überall zugleich beginnt und den Ablauf bei allen Apparaturen genau gleich schnell vor sich gehen läßt, wird das Filmbild und der begleitende Vortrag an allen Stellen übereinstimmen. Daß diese Aufgabe mit Hilfe der von Telefunken entwickelten Gleichlaufrege= lung als gelöst betrachtet werden kann, soll durch Vorführung einer folchen Anlage gezeigt werden.
,, Technik im Heim."
Die Wanderausstellung des VDI . Keine Veranstaltung ist mehr geeignet, die Unmittelbarkeit der Beziehungen der Technik zur Allgemeinheit deutlicher und überzeugender aufzuweisen, als eine Ausstellung unter der Devise heim und Technik". In München hat man sich dieser dankenswerten Aufgabe mit dankenswertem Eifer angenommen, und es tann tein Zweifel bestehen, daß dieses in Gemeinschaft mit dem Deutschen Museum durchgeführte Unternehmen vielleicht gerade dert, wo es noch den einen oder andern Wunsch unerfüllt läßt, am eindringlichsten die unbedingte Notwendigkeit zum Bewußtsein bringt, die Technik weit mehr als bislang in den Dienst der Hauswirtschaft zu stellen. Solcher Erkenntnis aber in der breitesten Deffentlichkeit in wünschenswertem Umfange den Boden zu bereiten, vermag feine Veranstaltung, deren Wirkungsbereich durch die Bindung an einen einzigen Ort notwendig begrenzt ist. Darum hat es der ,, Berein deutscher Ingenieure"( BDI.) übernommen, durch eine Wanderausstellung, Technik im heim" das in München begonnene Bert weiterzuführen und die ihm zugrunde liegenden Absichten durch Aufklärung über das Wesen und den Wert technischer Hauswirtschaftseinrichtungen allen Boltsschichten nahezubringen, insbesondere die Vereinfachungsmöglichkeiten der Hausfrauenarbeit durch technische Hilfsmittel in Anpassung an die verschiedenen Einkommensverhältnisse nachzuweisen. Zum ersten Male soll diese Wanderausstellung, deren Geschäftsstelle fich in Berlin NW 7, Friedrich- Ebert- Straße, Ingenieurhaus, befindet, im November diesen Jahres in Bremen gezeigt werden.