Der Weg zum frieden.
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Die Wanderungsfrage. Die Interparlamentarische Union für zwischenstaatliche Lösungen. i ZIm Vontag b«f�oh die Interparlamentarische o n f« r e n z zunächst, die Entschließung Lindhazen- chweden nicht zu behandeln. Darauf beschloß man die Absendung folgenden Telegramms: „Die 25. Interparlamentarisch« Konferenz, die die gewählten Vertreter von 38 Nationen vereinigt, begrüßt aufs herzlichst« im Namen der Interparlamentarischen Union die Verfasser des Paktes zur Verdammung des Krieges, die cherren B r i a n d und Kellogg , sowie die Vertreter der Staaten, die heute feierlich den Vertrag unterzeichnen werden. Sie spricht den Wunsch aus. daß all« anderen Staaten ihn ebenfalls unterzeichnen werden. Seit ihrer Konferenz' in Bern vom Jahre 1324 hat die Interparlamentarische Union die Aechtung des Krieges proklamiert. Sie wird es in Zukunft als eil« ihr« wichtigsten Aufgabe» be- trachten, sich für die uneingeschränkte Annahme dieses hohen Prinzips in allen Staaten einzusetzen. (gez.) Schücking. Lange." LÖas Auswanderungsproblem. Die Konferenz tritt daraus in die Erörterung der Probleme der in. und Auswanderung ein. Es liegt folgende Ent- Ichließung vor: „I. In Anbetracht der großen Bedeutung der Wanderungsfrag« als Weltproblem, in der Erwägung, daß jedem Staat kraft seiner Souveränität das Recht zusteht, die Einwanderung für sein Gebiet zu regeln, in der Erwägung, daß die in Ausübung dieses Rechts getroffenen Maßnahmen durch ihre Rückwirkungen auf die allge- meinen Lebensbedingungen und den Wohlstand anderer Staaten die guten Beziehungen zwischen Nationen und deshalb den Völker- frieden stören können, spricht die 25. Interparlamentarische Konferenz den Wunsch aus, daß die Staaten z» Zeitige vertrage abschließen. die geeignet sind, entgegengesetzte A'. ichten zu versöhnen und die wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisse de» Auswanderer, sicherzustellen. Diese Vertröge sollen besonders folgende Fragen regeln: 1. Einrichtung von nationalen und internationalen Auskunfts» stellen; 2. Zulassung der Auswanderer; 3. Schutz des Auswanderers, insbesondere Bereinfachung des Paßwesens und Schutzbestimmungen aus sanitärem und sittlichem Gebiet, mit besonderer Berücksichtigung des Frauen-, Kinder- und Jugendschutzes-, Kampf gegen Mädchenhandel und Prostitution: 4. Regelung des Gesundheitspolizeiwesens: Wohnungsverhältnisse, Kampf gegen die Einführung ansteckender Krankheiten und gegen den Mißbrauch schädlicher Rauschgifte usw.; 5. Anwendung der Sozialgesetzgebung des Einwanderungs - lande? auf den Eingewanderten, insbesondere auf dem Gebiete der Sozialversicherung: 5. Naturalisation: 7. Militärische Dienstleistungen. II. Die 25. Konferenz lädt ferner die Landesgruppen«in. ihren Parlamenten alle Maßnahmen vorzuschlagen, welche geeignet sind, die in obiger Resolution aufgezählten Wünsche der Verwirk- lichung näherzubringen." Bikisoross. der Generalsekretär der bulgarischen Gruppe, bringt Klagen über den B e r l u st großer Gebiet« Mazedoniens und über schwere finanzielle Folgen de, Friedensvertrages vor, wobei er hervorhebt, daß sich dadurch auch in bevölkerungspolitischer chin- ficht große Schwierigkeiten herausgestellt hätten. So feien allein 73 333 Bulgaren nach den Vereinigten Staaten ausgewandert. Be- fonders zahlreich feien Angehörige seines Landes auch nach den füd- amerikanischen Staaten gegangen. Ameriftmifche Vorbehalte, Andre« 5. Montague(Dereinigt« Staaten) bringt kurz den van jeher eingenomntcnen Standpunkt seiner Abordnung zum Ausdruck, der dahin geht, daß die Wanderungsfrage, insbesondere diejenige der Einwanderung, eine reine interne, nationale Frage sei. Das gebe auch der Bericht im allgemeinen zu. Do indessen einige Slcllon des Berichts den Sindruck zu erwecken schienen, daß die Absicht bestehe, dieses Thema doch in internationalem Sinn« zu be- handeln, so werde sich seine Gruppe bei der Abstimmung der Stimme enthalten. Der Japaner Zigore Sana spricht für einen Ausgleich. Senator Lisbonne (Frankreich ) hält es für verhängnisvoll. msnn man die Wanderung dem Zufall überlasse. Der Staat müsse regelnd eingreifen. Das neue Land habe ein größeres Recht auf die Zuwonderer als die all« fcimat. Andererseits schulde aber auch das feinwartderuiigslond seinen neuen Bürgern Schutz und Fürsorge. Frankreich , das l>s Mil- lionen Menschen durch den Krieg verloren habe, sei notgedrungen zum Einwanderungsland geworden und habe deshalb das größte Interesse an diesen Fragen. Rogaro(Frankreich ) begründet einen Abändern ngs- ant rag, der die Sache nur etwas schärfer fassen möchte. In der Resolution 1 Ziffer 2 solle der Ausdruck.Lusassung der Ausländer" ersetzt werden durch„Bestimmungen betreffend die Ausreise der Aus- wanderer und ihre Zulassung im Ausland". Die Ausreise wie die Zulassung müßten beide liberaler behandelt und daher in der Resolution zusammengefaßt werden. Der Ausdruck„Naturalisa- tion" soll ersetzt werden durch„praktisch« Bestimmungen betreffend die Anwendung der Gesetz« über die Staotszugehörigkelt". Rassenproblem und Siedlung. cindhageu- Schwaden begründet nachstehenden Zusatz 3 zu der Resolution: „Eine besondere Frag« ist die Kolonisation von im wesentlichen unausgenutzten Siedlungsgebieten durch Auswan- derung von überbevölkerten Teilen der Welt. Sie ist ein« Lebens- frag« für große Teil« Asien » ebenso wie sür Europa . Dies« Be- völkerungsfrage der Welt hängt mit dem stets aktuellen Problem von der„Gleichstellung der Rassen" zusammen. Hinter diesen Realitäten verbirgt sich zusammen mit den ungelösten Nationalitätsstagen in den verschiedenen Weltteilen die größte Ge- fahr für den Weltstieden. Dies« Gefahr muß nach Möglichkeit durch internationales Uebereinkommen abgewickelt werden. Die Konferenz fordert die Landesgruppen der Union und den Völkerbund auf, der Sache ernsthaste Aufmerksamkeit zu schenken." Dr. Fraenkel-Dänemark stimmt der Bemerkung des nieder- ländischen Abgeordneten T r e u b zu, daß in den Parlamenten bei Behandlung der wirtschaftlichen Fragen groß« Oberflächlichkeit herrsche. Er möchte dem hinzufügen, daß dasselbe— auch auf den Konferenzen der Interparlamentarischen Union der Fall sei. Europa könnte nicht aus sich selbst leben, weil es einmal ein von der Natur am meisten stiefmütterlich behandelter Oekonomiekrels sei, sobann aber viel dichter mit Menschen besetzt sei als alle anderen Oekonomie- kreis«, mte Astev.«meriko, Sa 93«(echoe
kämen 70 Menschen auf den Quadratkilometer, in Asien dagegen nur 33, in R u ßland nur KL und in Amerika nur 5,2. Dazu komme noch, daß Europa der führende Kultursaktor sei, und Kultur sei eben außerordentlich teuer. Die gegenwärtigen Schwierigkeiten Europas , die in allererster Linie aus der Aenderung der ökonomischen Bedingungen infolge des Weltkrieges beruhen, beruhen darauf, daß es nicht mehr kolonisieren kann. Alan müsse wieder zu kolonisatorischer TSkigkeil übergehen: denn die halbe Welt liege noch unbewohnt da. Die Is olati on E uropas fei schon«n Gange. Dafür müsse Ersatz geschaffen werden. Die Untersuchungs komm i ssion sollte daher an dieses Problem von neuem herantreten. Nach einer Mittagspaus« wird die Aussprache fortgesetzt. Blaizel-Lettlond betont die große Bedeutung der Freiheit der Ein- und Auswanderung für"die großen Massen de» osteuropäischen Proletariats. Abg. Robert Schmidt-Deutschland weist daraus hin, daß noch dem Kriege in Europa die Neigung zur Auswanderung nach Nordamerika stark angewachsen sei bei den vielen Menschen, die ihre Existenz verloren hatten. Nur die Ab- sperrmo ßn a hmen der Bereinigten Staaten hätten den Umfang der Auswanderung beschränkt. Eine Notwendigkeit, den Menschenüberschuß an Amerika abzugeben, bestehe für Europa nicht. Hier sei. besonders im Osten, noch genügend Raum vorhanden, um Millionen von Menschen ein« wirffchoftliche Existenz zu schassen. Das Hindernis sei nur die mangelnde polltische und wirtschaftliche Einheitlichkeit in Europa . An sich sei«» kein Vorteil, wenn die«uropäffchen Länder ihre besten Kräfte abgeben. Bedenklich müsse die Taffache stimmen, daß auch in den Bereinigten Staaten die Zahl der Arbeitslosen in letzter Zeit angewachsen sei. Die wichtigste Aufgabe sei ein Internationales vorgehen gegen jene gewissenlosen Agenten, die unter falschen Vorspiegelungen die Leute zur Auswanderung verlocken. Die einzelnen Staaten sollten sich mit größerer Sorge der hilflosen und bedürftigen Einwanderer on- nehmen. Di« soziale Fürsorge dürfe keinen Unterschied machen zwischen fremden und einheimischen Arbeitskräften. Di« Tätigkeit des Internationalen Arbeitsamt» auf diesem Gebiete sei zu begrüßen und zu fördern. Aus eigennützigen Beweg- gründen sollte die Einwanderung nicht gesperrt werden. Die Ge- fahr, daß die Einwanderer zu Lohndrückern werden, lasse sich sehr leicht durch gesetzliche Festlegung bestimmter Mindestlöhne aus- schalten. In allen Ländern sollten Wanderungsämter errichtet werden, die mit Rot und Hilfe den Ein- mid Auswanderern zur Seite stehen. Abg. Candace, der kolonial-französffche Bertreter, erklärt«, er sei als Reger stolz daraus, hier zu einem internationalen Parlament sprechen zu können als Angehöriger der großen stanzüsischen Nation, als deren geistiger Sohn er sich fühl«, dieser Nation, die immer Wortführer der Brüderlichkeit der Rassen und der Solidarität der Menschheit gewesen sei. Der ausgezeichnete Ausschußbericht habe leider versäumt, sich mit der Lag« der noch nicht entwickelten oder noch weniger entwickelten Teile der Menschheit zu beschäftigen, die mit dem Schlagwort„Eingeborene" bezeichnet werden und die aus ihren Ländern in zivilisierter« auswandern wollen. Gerade diese Teile der Menschheit seien ganz besonders der Hilf« bedürftig. Damit ist die Aussprache beendet. Bei der Abstimmung wird aus Vorschlag des Generalsekretärs der Konferenz die Resolution des Berichterstatters mit den Aende- rungs an trägen Nogaro bei einer Enthaltung(Amerika ) angenommen. Die Entschließung Lindhagen wird von derDersamm- lung mit dem Ausdruck ihrer Sympathie einstimmig dem Ausschuß überwiesen. Damit fft die heutige Tagesordnung erledigt. Nächst« Sitzung DienS.ag vormittag. Kür das parlamentarische Regime. Gegen jede gewaltsame Beschränkung. Am Montag abend trat der Interparlamentarische Rai im Reichstagsgcböude zu einer Sitzung zusammen, um über die von dem ägyptischen Delegierten Makram Cbeid Bey m der Vovvechunmtuug«nMdmchte Enffchliehmig gegea die gesefr-
widrige Ausschaltung des Parlaments zu beraten. Nach längerer Aussprache beschloß der Rat, der Dienstag-Sitzung der Konferenz folgende Entschließung vorzulegen: „1. In der Erwägung, daß das Prinzip der Volksvertretung durch sreigewählt« Parlamentarier die Grundlage der Union selbst bildet. 2. getreu der Tradition, welche die früheren Konserenzen ge-> leitet hat, 3. in dem Bestreben, jede Meinungsäußerung, welch« als«in Urteil über Fragen der aktuellen Politik, insbesondere der internen Politik der Staaten aufgefaßt werden kann, zu vermeiden, 4. ertlärk die 25. Interparlamentarische Konferenz, daß sie jeden gesetzwidrigen Akk ablehnt, der das parlamentarische Regime dauernd oder vorübergehend aufzuheben beabsichtigt. Sie erklärt, daß sede Modifikation de» parlamentarischen Regimes nur auf Gruud der Verfassung de» betreffenden La«- de» vorgenommen werden kann." Die Entschließung wurde vom Rat einstimmig ongenommen bi« auf den Absatz 3, der mit zwanzig gegen fünfzehn Stimmen angenommen wurde. Ein Ratsmitglied hat sich da» Recht vorbehalten. die ursprüngliche Fassung der ägyptischen Resolution der Bollver« summlung zur Annahme vorzuschlagen. Gegen den Kaschismus. Kundgebung der sozialistischen Jnterparlamentarier. Di« sozialistischen Delegierten der Interparla« mentarischen Union haben folgend« Kundgebung an die ver- trieben«» italienischen Deputierten beschlossen: „Liebe Genossen! Die unterzeichneten Mitglieder von Gruppen der Interparlamentarischen Union sprechen allen italienischen Depu- tierten in der Verbannung ihre herzlich« Solidarität aus. Sie sind gleich Ihnen der Meinung, daß das Selbstbestimmungsrecht de» Volkes, wie es nn allgemeinen Wahlrecht und in den demokratischen Grundrechten der Bereins- und Versammlungsfreiheit sowie der freien Rede und Press« zum Ausdruck kommt, das oberste Gesetz der Völker ist und darum höher steht als jede durch Gewalt usurpierte Macht. Sie sind auch der Meinung, daß zweideutig« Redensarten nicht genügen, um einem Parlament den Charakter einer freien Volksvertretung zu geben. Sie sind der An- ficht, daß die Arbeit der Interparlamentarischen Union in ihrem Sinn« verfälscht und in ihrer Autorität verletzt wird durch die An- Wesenheit von Vertretern einer Körperschaft, die im Widerspruch zu den Grundsätzen der Demokratie rechtswidrig zustande- gekommen fft."_
Sie feiern Tolstoi . Aber Tolstois Sekretär darf nicht nach Roßland zurück. Sowjetrußland rüstet zur Feier des 133jährigen Geburtstages Tolstoi». Des großen Schriffftellers nächster Freund, sein Sekretär, der ihn bis zu seinem tragischen End« betreut hat, erhält aber von der Sowjetregierung keine Einreiseerlaubnis. Di« bolsche- wistischen Machthaber seiern den großen Menschen Tolstoi , seine» Geistes in jeder Hinsicht bar. Zwar haben das Tolstoische Museum in Moskau , das Iubiläumskomitee, die Museumsabteilung der Hauptzentral« der Mssenschaften und die Staatliche Akademie für Kunstwissenschaften um die Einreiseerlaubnis für B u l g a l o w nachgesucht— die GPU. und insbesondere die sogenannte Außen- abteilung des Volkskomnnssariats für dos Innere hoben aber zu verstehen gegeben, daß Tolstois ehemaliger Sekretär im Falle seiner Rückkehr nach Rußland die Verbannung kennen lernen würbe. An- gesichts dieser nicht mißzuverstehenden Andeutung der allmächtigen GPU ha'r der Allriffstsch« Vollzugsrat selbstverständlich die Einreise verweigert. Es wäre eine hübsche Groteske: der tote Tolstoi ge- feiert, sein ihn überlebender Sekretär in der Verbannung. O, Mütterchen Rußland! O, armer Tolstoi? Wenn du noch au» dem Grabe deine Stimme erheben könntest, du riefest wohl den bolsche- wistischen Machthaber«, die dich feiern, wie ehemal» dem Zaren und seinen Popen, die über dich den Kirchenbann ausgesprochen .Hab«, m gIK tarn Mt 1