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Mittwoch 29. August �92S
Unterhaltung und ÄNissen
Beilage des Vorwärts
Hochzeit auf Lava. Von Max Oauthendey. Max Dauthendey  , d«r gelegentlich einer Weltreis« im Jahre 1914 vom Ausbruch des Krieges übe'raschl und aus Java festgehalten wurde, starb dort vor zehn 3ahren am 29. August 1918 an Heimweh. Die surchtbaren Seelen- quälen, die er in diesen Jahren du.'chzumachen hatte. schildert das aus seinen Tagebüchern, Briesen   und Aus­zeichnungen zusammengestellte BuchL e tz t e Reise". Mit Erlaubnis des Verlags Albert Longen, München  , entnehmen wir diesem Buch den jolgen-den Abschnitt. T o s a r i(Java), 24. April 1917. Ich werde ez nie vetgessen, wie wir am 23. Jmti 1914 abends in Priol im Kahn mit den Koffern vom Kai zum DampserManila  " im Dunkeln gegen neun Uhr abends fuhren und ich auf den schönen Sternenhimmel deutet«. Herr Sch.«rzühlte mir da vom großen Halleyschen Kometen, de: 1911 über dem ganzen Java-Nachthimmel glänzend und feurig zu sehen gewesen sein soll. Ich habe gesagt: Man behauptet, ein Komer bringt Krieg." Und ich fügte hinzu: Es ist leicht möglich, daß sich aus dem bulxarisch-türkischcn Balkan  - krieg der Europäische   Krieg entwickelt. Es ist das eine günstig« Ge- legenheit für die Diplomaten, wcnn sie einen K.'icg wollen, jetzt einen entstehen zu lassen."Nie, Herr Dauthendcy," sagte der junge selbstbewußte Herr Sch.,gibt es in unseren Zeiten einen Krieg. Wenn auch die Diplomaten wollen, die Völker wollen nicht mehr. Wie können wir, die wir so gut mit allen Engländern hier draußen stehen, Krieg anfangen wollen? Das würde kein Engländer tun." Ich glaub« es doch," sagte ich,daß ein Krieg nah ist." Ich sagte es bestimmt.Niemals, Herr Dauthendcy," lächelt« der junge Kauj- mann überlegen, als ob ich, als Dichter, so etwas gar nicht p:ophe- zeien könnte. Als ob Künstler nicht jo viel von Politik verstünden wie Kaufleute, gerade so überlegen lächelte er müh an. Nun ist's Krieg geworden. Nun liegen die deutschen Schiffe in- ternieU in Soerabaja und Priok und in Molukken  . Nun bin ich drei Jahre ausgehalten vom Krieg. Aus einer dreimonatigen Tou- ristenfahrt wurde ein« dreijährige Jaoa-Gesangenschast. Herr Sch. ist wohlbeleibt gewo.chen. Ich habe ihn kaum wiedererkannt, so massiv ist sein Gesicht, als wenn ihn der Krieg reicher und nicht . ärmer gemacht hätte. Und ich, damals wohlbeleibt, bin abgefallen und malariakrank und fühle mich arm und einsam geworden bei dem großen Sterben in Europa  , das ich von hie: aus behorchen muß, Tag und Nacht, atemlos und unzufrieden. Montag morgen, den 4. Juni, erkältet« ich mich beim Brief- schreiben auf der Veranda. Ich schrieb an Annie. Legte die Feder fort und fühlle mich noch im Schlafanzug eiskalt. Meine Finge: schliefen vor Kälte ein, ebenso meine Fußspitzen. So stach mich das Blut meiner Ijaut. So stand ich auf, weil ich im Bett immer kälter wurde, und ging hinaus auf die Ostveranda, vor mein« Tür auf einen Smhl. Dies« Veranda ist nicht verglast wie meine Wcstoeranda. Aber hie: aus der offenen Ostveranda scheint die Frühsonne an- genehm warm. Die Dienstboten, die Jovanen, sonnen hier alle Kleider, wichsen Stiesel, spülen Geschirr, Babuz spielen im Garten mit den europäischen   Kindern, und e» ist viel Lärm da. Alle staun« ten, alle Iavanen, wie ich in der Sonne auf meinem Stuhl vom Frost geschüttelt wurde und mit den Zähnen klapperte. Ich wurde ganz herumgerissen von dem gewaltigsten Fieberfrost, den ich je hatte. Eine Amerikanerin, die vorbeikam, sah mich entsetzt und lief voll Schrecken davon. Ich legte mich wieder zu Bett, in all« Wolle gekleidet, mit allen Mänteln und vier wollenen Decken bedeckt, und es dauerte zwei Stunden, bis de: Frost nachließ. Dabei hörte ich draußen meine Nachbarin da mein Fenster offen stand, verstand ich jedes Wort, sie zeterte und jammerte zu anderen englisch sprechenden Damen, sie wollte nicht neben einem Sterbenden wohnen. Ich wollte ein anderes Zimmer haben. Sie ve:wünschte mich. Ich sei auch ein enemz?(Feind). Ich wurde eben durch Gamelangmusik vom Schreiben vor die Tür gelockt. Aus der mittleren der drei Gartenterrassen, wo Tennis­platz und E:quickungssaal liegen, kam von dem Villenweg bergab herein«in langer javanischer Hochzeitszug. Ein langes Gedränge von weißen Jacken, braunen Köpfen, blauen, roten und grünen Sarongs, lieber der Menge schwebten große Federsträuß« an langen Bambusstangen. Ab«: die Sträuße waren nur dünn« Ruten, um- wickelt mit Streifen gefransten Seidenpapiers in gelben und rosa und hellgrünen Farben. Di« Ruten staken alle in einer Riesen- orange, die an der Spitze der Bambusstangc saß! Auch die grünen Stangen waren mit grün und lila Seidenpapie:streis«n umwickelt. Das ganze war ein äußerst einfacher, billiger Schmuck, aber von weitem sahen diese strahlenden Riesenbüschel in der Luft kostbar und blendend aus. Wir standen am Geländer unter de: Vorgalerie des Eßsaales und ließen uns von einigen neben uns stehenden javanischen Hotel- dienern erzählen, daß die Braut, die winzige, in der Sänfte, die ganz allein dort saß, wie ein Pllppchen mit schmalen Gliedern und großem vorgebeugten Kopf, nur sieben Iah:« alt war. Der Bräuti- gam, der mitten im Zuge der Hunderte von Iavanen hinter der Sänfte ritt, war zwanzig Jahre alt. Er wa: aber klein und sah einem angekleideten Aeffchen ähnlich, das man mit Musik in einem Zirkusumzug spazieren führt. Er hatte eine schwarze Tuchjacke, mit Goldborden verziert, an. Um die Beine einen b:aunen Sarong und an den Füßen Sandalen. Quer über der schwarzen Jacke, von der Schulter zur Hüfte, glänzte eine smaragdgrüne Schleie:schärpe. Er trug eine Schirmmütze,«in« schwarze, wie sie hohe Beamte tragen, mit Golrand: und ein« große, schwarze Brille im schwarz. braunen Gesicht mochte ihn lächerlich würdevoll. Auch er saß vor- gebeugt auf dem Pferd. Trotzdem alle Iavanen gut« Reiter sind, saß er wie ein Püppchen, unbeweglich und entrückt aus dem Pserd, als wäre es nicht wirklich, als würden nur seine Kleider vom Pferd auf einem kleinen dünnen Kleiderstock spazieren getragen. Di« Gongs, die Trommeln, die Schallbecken aus Bronze und die eine Menschenstimme nachahmende, in Fisteltönen kreischende Flöte�die sich anhörte wie«in Dudelsack, umgaben das Brautpaar mit Fast- nachtsmusik. Die Flöte ging so laut und ewig näselnd und singend in die Lüste, als ginge ein unsichtbarer menschlicher Dämon von riesiger 5iöh« mitten unter den Leuten, hoch in den Himmel ragend und das Menschenschicksal, das armselige, nachässend. Die Flöte zog wie ein Irrsinniger die Menschen. Ratten gleich, hinter sich her. Vor dem Erquickungssaal, am Fuß der breiten sechsstufigcn Frei­treppe, auf der die Hotelgäste, Herren und Damen, in weißen Klei- der» aus dem Saal drängten und zuschauten, blieben die Hunderte von bunten Iavanen Kopf an Kopf stehen, und javanische Kinder tummOim sich und ietzteu sich unter die großen Farreybäume. und
Die Stimme des Toienkopfs.
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Von Willy£cy.
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Keine Furcht! Es ist weder ein« Gespenstergeschichte noch«in« Besprechung des neuesten Sensationsfilms, sondern lediglich ein kleiner Beitrag zu einer großen papierfressertden wissenschaftlichen Streitfrage. Der Totenkopf, der hier gemeint ist, ist nämlich der bekannte große Schmetterling, der in der Fachwissenschaft /eck«. raniu atropos heißt. Also ein Problem aus dem Iirsektenreich«, wo wir ja so vieles verwunderliche kennen. Es gibt einen Schwimnrkäser, der geteilte Augen hat, mit der oberen Hälfte steht er in die Luft, mft der an­deren unier Wasier; es gibt Ameisen, die Blätte: zusammenspinnen und dabei ihre Larven als Weberschiffchen und Spinnrocken benutzen; es gibt Schmetterlinge, die wie Blätter aussehen und andere, die gar keine Flügel haben: es gibt Käfer, die mit rauchender Salpetersäure spritzen, und es gibt auch sogar einen Sandläufer in Mexiko  , aus dem man Schnaps brauen kann über keins dieser interessanten Ding« ist aber so viel zusammengeschrieben worden wie über den Ton, den der Totenkopfschwärmer von sich gibt. Ein Professor Prell, der sich der Sache 1929 einmal ausführlich annahm, verzeichnete rund 89(achtzig!) Fachschriften darüber, lieferte selbst die einundachtzigst«, und seitdem wi'd wohl ein« runde Hundert voll geworden sein. Das Sonderbare am Schrei des Toten- kopfes, den man einige Meter weit hören kann, ist nämlich die von allen anderen Insekten abweichende Art, wie er hervorgebracht wird. Die anderen Insektenstimmorgane sind, wenn man so sagen kann, durchweg Streichinstrumente, jedermann kennt da» Zirpen der Gril- len und anderer Kerfe. Was es an anderen Lauten im Insekten- reiche gibt, ist gar völlig mechanischen und außerkörperlichen Ur- sprunges, der Holzkäfer klopft im zcrnachten Tischbein und läßt die Anwohner vor derTotenuhr" erschrecken, einige Spinnen trommeln auf dürren Blättern den Liebsten herbei, der dann nach de: Be- gattung vom Weibchen aufgefressen wird. Der Totenkopf aber schreit, wenn man ihn beunruhigt. Zuerst suchte man die Quelle dieses Schrei« auch irgendwo am Hinterleib, dacht« an Reibung von dünnen Chitinteilen aneinander (so, wie die anderen Insekten ihr« Zirplaute erzeugen), ander«
suchten verzweifelt an der Brust nach den Lautorganen, xatürlich ohne Erfolg, denn das Organ sitzt am Kopf. Ein Forscher, der einem schreienden Schmetterling schnell den Kops abschnitt, hörte, daß auch der soeben abgetrennte Kops noch weiter schrie, womit die Annahme, daß die Töne dort ihren Ursprung nähmen, bewiesen war. Und als man dann dem Kopf des Totcnkopfcs mft Seziermesser und Mikroskop näher auf de» Leib rückte(man verzeihe das anato- mische Durcheinander), löste sich die ganz« Angelegenheit wie immer recht einfach, man war nur vor lauter Einfachheit nicht früher darauf gekommen. Im Kopf des Totenkopfs liegt nämlich, wie die Fackjleute ver­sichern,«in Teil des Vorderdarms, den man den Schlundkops nennt. Es ist noch«in wahres Glück, daß zum Schlundkops wenigstens Pharynx gesagt wird, sonst fände man sich sicher vor lauter Köpfen nicht heraus. Der Schlundkopf nun kann durch kräftig« Muskeln verengt und erweitert werden, je nachdem, ob die flüssig« Nahrung aus der Blüte eingesaugt oder in das Körperinnere weiter befördert werden soll. Steckt nun der Rüssel nicht in einer Flüssigkeit, so wird eben Luft eingesaugt oder ausgestoßen, die aber nicht zur Atmung dient, denn die Atmungsorgane der Schmetterlinge liegen am Hinter- leib. Beim Einsaugen und Ausstoßen der Lust in den Schlundkopf streicht die Luft nun an einem kleinen Anhang der Oberlippe ent- lang, den man bei allen Insekien findet und der Epipharynx heißt. Und nun kommt es. Dieser Anhang ist beim Totenkopf-ganz besonders kräftig entwickelt, er ist also groß genug, um in Schwin- gungen zu geraten und somit Töne auszusenden. Der Rüssel ist lediglich Schallverstärker, was all« diejenigen ungern lasen, die in ihm selbst die Trompete gesucht harten. Das Geheimnis liegt also nur im etwas größeren Epipharynx. Das eigentlich Beschämende habe ich aber noch verschwiegen. Setzt man statt Schlundkopf Luftröhre und statt Epipharynx Gaumen- segel, so kann man sagen, daß recht viele Menschen die Stimme des Totenkopfs hervorbringen. Nur heißt man das schnarchen! Warüber e» übrigens etwa 89 Abhandlungen gibt.
einige Iavanen begannen zu tanzen: die Musik winselte, sang, brummte, näselte, läutete mit Glocken und pochte mit Hölzern, schlug vereinzclt« Trommellaut« an; es war wie«ine Musik riesiger In- selten, die, durcheinanderschwirrend, Flügellaute und schwirrende Luftwcllen erregten. Es war heller Mittag, ein Uhr. Die großen Papierbüschel leuchteten wie gelbe strahlende Sonne, die man an Stöcken spazieren trug. In einer Ecke der Gartenterrasse knatterte Feuerwerk: Schwärmer und Feuerjrösche. Alle Farben im Zug, auch die Fahnen, waren rosa, grün, gold und purpur.(Man sah kein Blau.) Die Gesichter der Kinder waren weiß geschminkt. Die Lippen und Augenränder rot bemalt. Ebenso die Braut. Wenn man bedenk:, wie prächtig fröhlich, farbig und doch so edel einfach«in solcher bunter Hochzeitszug hier oben im armen Ge- birgsdorf sechshundert Meter hoch im Himmel ausgerüstet wird, so erstaunt man über den graziösen, zarten Geschmack der Iavanen, der alles Grobe, Rohe vermeidet und alles zu einem Feensest an Farben, Tänzen und Freudigkeit macht, wenn auch die Menschen, die das Fest veranstalten, ärmste Bergbewohner in weltentlegensten Berghöhen sind. Die Grazie des Festes, der Schmuck und die ge- fällige Art der Ausschmückung, die hochkünstlerisch ist, könnte sich auf jedem europäischen   Maskenfcst, auf jedem Künstlerball in Mün- chen und Berlin  , Paris   und London   sehen lassen. Die Insel Java kommt mir immer vor wie die Insel, wie das Königreich der G:a- zien. Jede Bewegung des ärmsten Bauen: ist graziös, ist voll edeln Anstandes, ist göttlich zierlich, künstlerisch und dem Europäe: unnach- ahmbar. Weil dem Europäer diese wunderbar zarten Gelenke, dies« dünnen, überschlanken, zarten Gliede: am schmalen Leib fehlen, wie sie von allen Menschen der Erde nur die Iavanen von der Natur mitbekommen hoben. Hier wird täglich besprochen, wann der Krieg enden könnte. Es ist ungewiß, einig« behaupten 1918 oder 1919. Ich erbebe bei dem Gedanken, als würde in meiner Brust in der Tief« ein Minengang gesprengt, der meine Hoffnung verschüttet und begräbt. Wie soll ich das noch zwei Jahre aushalten?! Es ist nicht auszudenken.
Oer Plattfuß- eine Volkskrankheit. Die Plattfußerkrankung ist lange Zeit nur vom rein ärztlich- chirurgischen Standpunkt aus betrachtet worden, aber in neuester Zeit tritt die soziale Fragestellung immer mehr in den Vordergrund, da man erkannt hat, daß es sich hier um eine überaus verbreitete Erscheinung handelt. Ein hervorragender Kenner tonnte das Wort prägen,daß es kaum eine Krankheit gibt, die soviel soziales Elend schafft, wie der Plattfuß", und der bekannte Orthopäde Dr. Gustav Muskat fordert jetzt in derDeutschen Medizinischen Wochenschrift" auf, alles daranzusetzen, um dieseVolkskrankheit" zu bekämpfen und zu verhüten. Dos eigentümliche des Plattfußes ist es ja, daß alle Länder, Rossen und Völker, alle Berufsstände, Altersklassen und Geschlechter davon betroffen werden, ohne daß sich außer der prozentualen Beteiligung erhebliche Unterschied« nachweisen lassen. Es gibt einzelne Berufe, wie z. B. die der Kellner, der Bäcker, auch der Zahnärzte, dl« besonders daran leiden, aber man findet auch«ine große Zahl von Plattfüßen gerade bei Bergbewohnern, die schon von früher Zeit an schwere Lasten schleppen und in klobigen Stiefeln gehen. Ein großer Prozentsatz der Plattfußleidenden wird eine Zeit- lang arbeitsunfähig, so daß dadurch der Allgemeinheit große Werte verloren gehen. Wähnend früher die Männer annähernd doppelt so viel Erkran- kungen an Plattfuß aufwiesen als die Frauen, ist heute der Plattfuß mehr und mehr geradezu zu einemFrauenleiden" geworden. Während sich früher die Zahl der männlichen zu den weiblichen Kranken wie 9 zu 5 verhielt, ist jetzt das Verhältnis wie 3 zu 5. Dies läßt sich leicht daraus erklären, daß die Frauen heute viel mehr als früher im Berufsleben tätig find, daß sie auch im Haushalt größere Laste» zu tragen haben. Der Plattfuß wird direkt als Berufs- krankheit der Hausfrau und der Hausangestellten bezeichnet, d. h. die meisten Frauen müssen infolge ihrer häuslichen Arbeit erkraakt{«in. Berücksichtigt man die erschreckend hohen Zahlen bei
den Schuluntersuchungen, bei denen weit über 59 Proz. aller Kinder Plattfüße oder die Anlage dazu besitzen, so muß man um die fort- schreitende Schädigung der Volksgesundheit dadurch sehr besorgt sein. Auch in Ländern mit besseren wirtschaftlichen Bedingungen, wie in den Vereinigten Staaten  , hat man auf diese Entwicklung sein Augenmerk gerichtet und eigene Anstalten und Schulen fürFußheil- kunst" gegründet, an denen hervorragende Unwersitätslehrer unter- richten und durch die man das Interesse der weitesten Kreis« für eine rechtzeitige Verhütung gewinnen will. Alle Untersucher stimmen darin überein, daß der Plattfuß in mehr al» 99 aller Fälle erworben wird und bei rechtzeitiger Erkenntnis allen Schäden vorgebeugt werden kann. Nach den Schuluniersuchungen ergibt sich eine Zu- nähme des Plattfußes mit steigender Klasse und steigendem Alter; die größte Häufigkeit dürfte neben dem Kindesalter im zweiten uni> dritten Jahrzehnt liegen. Plattfußkranke können nach diesem Alter ihren alten Beruf nicht mehr ausfüllen und nur leichtere Arbeit ver- richten. Man muß daher bereits im Kindesalter, in der Schule, betn> Sport, beim Turnen, bei der Berufswahl und im Erwerbsleben alle Schädigungen ausschalten. Die ärztliche Kunst vermag die ent- stehende Krankheit einzuschränken und schwere Veränderungen durch Operation so zu beeinflussen, daß die Gchfähigkeit und damit die Lebensfreude wieder hergestellt wird.
Aus der Ltrzeii der Mongolei  . Biesenfossilien und Funde aus dem Steinzeitatter. Uebcr die Ergebnisse der neuesten amerikanischen   Expedition nach der Mongolei   berichtet ihr Leiter Dr. Roy Ehapman Andrews aus Peking  , wo er mit 99 Fossilienkisten und vielen anderen Fund- stücken eingetroffen ist. Er ist darüber enttäuscht, daß es ihm nicht geglückt ist, die Spuren des Urmenschen in dieser Wüste zu finden, die er für dieWiege der Menschheit" hält; er hat aber eine be- deutende und langwährende Besiedlung der Mongolei   im Stein- Zeitalter entdeckt. Die menschlichen Ueborreste stammen aus der Uebergangszeit von dem älteren zum späteren Steinzeitalter, und sie waren so zahlreich, daß man annehmen kann, daß das ganze Gebiet von der chinesischen Grenze bis Sibirien   damals be- siedelt war. Tausende von Steinwerkzeugen wurden gesunden und zahlreiche Wohnungen und Feuerplätze zusammen mit Knochen von Vögeln, wilden Eseln und Fröschen, die die Art der damaligen Nahrung anzeigen. Die Frauen schmückte» sich mit Halskette» aus Fuchszähnen, durchbohrten Muscheln und Stücken von riesigen Strauheneiern. Jedenfalls lebte damals eine viel größere Bevölke- rung in der Mongolei   als heutzutage, und nirgends wo anders in der Welt sind Ueberreste dieser Steinzeitkultur in so großem Umfange gefunden worden. Die Wohnungen befanden sich stets in der Nähe von Sanddünen, an den Ufern von längst ausge- trockneten Seen, und waren aus Häuten hergestellt, die mit Zweigen von heute nicht mehr vorhandenen Bäumen gestützt wurden. Diese Lager müssen Tausende von Jahren gestanden haben. Es gibt keinen Feuerstein in der Gegend: die Messer, Bohrer, Speerspitzen und anderen Werkzeuge sind aus sehr hartem vulkanischen Gestein verfertigt. Noch interessanter als diese Funde sind die der Fossilien ans fernen Urzeiten. Der wichtigste diesjährige Fund sind zwei Schädel und das Skelett eines Tieres, das augenscheinlich mit dem Beluchitherium verwandt war: seine Höhe w>rd auf 25 Fuß ge- schätzt: die Länge des Schulterbcins ist 4 Fuß und«s hatte ün- geheure Halswirbel. Das Ungeheuer muß etwa zur selben Zeit wie dos in Beludschistan gefundene Riesenfter gelebt haben, also vor 2 bis 3 Millionen Jahren. Das Vordringen der Expedition nach Westen wurde durch ein so trockenes Gebiet gehemmt, daß man den Wcitermarsch aufgab und sich nach Osten wandte: hier fand man in der Gegend nördlich von Kalgan Ueberreste ver­schiedener neuer Dinosaurier-Arten, die als Iguanodons bezeichnet werden: die zerbrochenen Eier dieser Dinosaurier waren größer und nicht so lang wie die früher gefundenen: ihr Alter mag 6 bis 8 Millionen Jahre betragen. Hier wurde auch ein unge- hcurer Mammutschädel entdeckt, wie er bisher nur in Amerika   ge- funden worden ist, aber wahrscheinlich von einer anderen Art: der Schädel ist wenigstens 8 Fuß lang. Die Expedition legte etwa 8999 Kilometer zurück, nahm große Gebiete kartographisch auf und hatte sehr unter Sandstürmen zu leiden, 1
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