Beilage
Mittwoch, 29. August 1928.
Der Abend
Spalausgabe des Vorwärts
Bei den Pfeifenmachern.
Wenn du gemütlich deine Pfeife rauchst, was fragst du da viel| müssen sie aber auch einigermaßen feuerfest und gut bearbeitbar sein. nach denen, die dir zu diesem Genuß verhelfen? Pfeifenmachen, Bedingungen, die nicht immer beieinander wohnen. Die ersten in meinst du, ist ein Beruf, und Berufe übt man aus um des Brot Ruhla gefertigten Pfeifenköpfe waren aus Meerschaum, einer an der erwerbes willen. Nun wohl, ich will dich aber dennoch zu den Luft sich erhärtenden weißen Erde, die sich aber noch schneiden läßt. Pfeifenmachern führen. Man findet diese Erde in der Gegend von Eski in Kleinasien . Infolge des weiten Transportes ist dieses Produkt natürlich teuer und man verwandte gar bald auch unechten Meerschaum, zu dessen Herstellung man etwas Abfall von Meerschaum verwendet. Man er hält so ein Produkt, das anfangs dem echten Meerschaum sehr ähnelt, dann aber die bei diesem geschätzten hellgelbe bis braune Färbung verliert.
Im schönen Lande,
Der Westen des Thüringer Landes ist wegen seiner Schönheit niel gerühmt. Oberhof , Friedrichsroda , Ruhla und Gatha sind bes fannte Orte. Und im Dreied dieser Städte ist die Bfekenmacherei zu Hause. Der viel besuchte Inselsberg mie auch die schönen und stillen Täler des Thüringer Waldes um Schwarzwald , Tabarz ,
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Baltershausen, Schweina usw. fiegen in ihrem Gebiet, traumper. Ifegte bald auch Wert auf fünstlerische Ausbildung der Arbeiter, richtete eine Schule ein und ließ sich sogar aus Wien loren gebettet in das Grün der Wälder. Der Verkehr brandet an einem bedeu den Flanken vorbei, und nur eine dürftig befahrene Eisenbahnlinie tenden Ort für solche Sachen gute Meerschaumschnitzer fommen. zieht ihre Geleise durch diesen Gothaer Landkrets. Wunderschöne Es wurde also mancherlei unternommen, um auch gediegene QualiLandschaft. Angenehmes Wandergebiet. Aber was geht das die Fabrit und Heimarbeiter in der Pfeifenindustrie an? Sie fristen jeit Generationen ihr fümmerliches Dasein.
Das schmale Gebirgstal, in dem Ruhla liegt, war schon von altersher dicht bevölkert und landwirtschaftlich wenig ertragreich. Im Mittelalter lag man dort dem Messerschmiedehandwerk ob, aber später ging das blühende Hausgewerbe start zurüd. Die Bevölke rung fann auf neue Beschäftigungsmöglichkeit. Da führte ein Ruhlaer die Herstellung von Pfeifenbeschlägen und ein anderer Einwohner die Herstellung von Meerschaumpfeifentöpfen ein und legten damit den Grundstein zu einem neuen Erwerbszweig, der sich rasch ausbreitete.
Wie die Pfeifenmacherei Boden gewann. Um 1815 hatte Ruhla bereits einen Umfag von 630 000 Talern
in Pfeifen und Zigarrenspigen. Der preußische Bolltarif von 1817 brachte allerdings einen starken Rückschlag, so daß der Umjaz im
Eine
Jahre 1820 bis auf 228 000 Taler heruntergegangen war. empfindliche Schlappe für die Pfeifenindustrie, der die Fabrikanten durch Verlegung ihrer Betriebe auf preußisches Gebiet zu entgehen versuchten. Aber ohne großen Erfolg! Erst der preußisch- deutsche Zollverein von 1833 schaffte hier Wandel. Nun nahm die Zahl der Betriebe rapid zu. Schon in wenigen Jahren waren ihrer 40 vor= handen und der Umfaß auf 8 bis 9 Millionen Mark gesteigert.
In der Kriegs. und Nachtriegszeit, vornehmlich aber in den Jahren der Inflation, erlebte die Pfeifenindustrie eine bisher nicht geahnte Blüte. Der Lohn, der am Arbeitsprodukt dieser Industrie einen sehr großen Anteil hat, war auf ein Minimum gefunfen. Pfeifen waren barum ein profitbringender Ausfuhrartikel, besonders dann noch, wenn auch die zur Fertigstellung notwendigen Rohstoffe aus dem Inlande stammten, wie das bei Buchenholz der Fall war. In einer großen Zahl Ortschaften des Thüringer Waldes entstanden Kleinbetriebe, zu deren Einrichtung nicht viel mehr als ein elektrischer Motor und einige Drehbänke notwendig waren. In den sonst so stillen Waldorten surrten und summten die Motore und bis mit dem Ende der Infla es herrschte ein geschäftiges Leben tion die Ernüchterung und der Zusammenbruch für die meisten dieser Betriebe fam. Gegenwärtig sind die Inflationsgründungen fast alle wieder verschwunden. Selbst die Großbetriebe in alters hausen und Schweina wurden schwer erschüttert, mußten die Belegschaftsziffer wesentlich herabfeßen und Kurzarbeit einführen. Die Besserung der neuesten Zeit hat noch nicht den normalen Stand wieder herstellen können.
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Woraus man Pfeifen und Zigarrenspitzen macht. Die Materialfrage ist natürlich für die Pfeifenindustrie von stoßer Bedeutung Einmal braucht man billige Rohstoffe, dann
tätsarbeit zu liefern. An billigem Material fam für die Herstellung bon Pfeifenföpfen in Frage Porzellan, Ton, dann aber Edelhölzer mie Rosenholz, Maferahorn, Brunere und schließlich auch Weichselholz.
Die heutige Lage.
Heute wird im wesentlichen die Pfeifenfabrikation fabrikmäßig betrieben, wobei der kleinere und mittlere Betrieb überwiegt. Dic Bigarren- und Garettenspitzen werden aber noch heute in der Hauptfache in der Heimarbeit hergestellt. Wenn man in eines der armen Dörfer hinter Waltershausen kommt, da sieht man in den Häusern immer noch Vater und Sohn an der einfachen Drehbank stehen, die mit dem Fuße betrieben wird. Wir trafen in Schwarzbach einen alten Mann, der wegen Krankheit feiern mußte. Es erzählte uns von seiner fümmerlichen Eristenz, die ihm das Fertigen von Zigarettenspitzen gewährt, trotzdem Sohn und Schwiegertochter tüchtig mitarbeiten müssen.
Aber nicht mehr, überall muß der Mensch die Drehbank in Betrieb setzen. In Schwarzbach trafen wir einen Heimarbeitsbetrieb, der schon den llebergang zum Kleinbetrieb bildet." Eine Stube der Wohnung ist zum Arbeitsraum erforen, ein Motor ist aufgestellt. Riemen flatschen über Transmissionen und die im Futter der Drehbant festgehaltenen Produktionsstüde drehen sich hurtig. Noch arbeiten nur Söhne und Schwiegersöhne. in dieser Werkstatt, aber der Weg zur Beschäftigung eines oder einiger fremder Arbeiter iſt nicht mehr weit. Borläufig steht einer solchen Bergrößerung des Betriebes freilich der Mangel an Absatz entgegen. Und dann eristiert ja die Heimarbeit immer noch infolge der grenzenlosen Ausnügung ber. Arbeitskraft aller Familienmitglieder. Das gibt ihr gegenüber der Beschäftigung Fremder einen Vorsprung. Erst wenn die Heimarbeiter mehr und mehr durch die Gewertschaft erfaßt, erst wenn sie sich der Unterbewertung ihrer Arbeitskraft bewußt sein merden, erst dann kann dieser Vorsprung eingeholt und die Heimarbeit zurückgedrängt werden. Das hat indessen noch gute Weile. Martin Bräuer.
Wer weiß das?
Die Abfälle beim Schleifen des Diamant Regent" hatten allein einen Wert von 18 000 Franten.
Ein Rind liefert höchstens 5 Kilogramm Fleischertraft.
Englische Sovereigns( Goldmünzen) verlieren jährlich durch Abnutzung nur 0,21 Tausendstel am Gewicht.
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32 Gänse liefern 1 Kilogramm Daunenfedern.
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Jm Unabhängigkeitstriege der Niederländer wurde Ledergeld als Notmünze herausgegeben.
Von den Negern werden diejenigen am häufigsten vom gelben Fieber befallen, die am meisten europäische Lebensweise angenommen haben.
Das Wort Pferd ist wahrscheinlich gallischen Ursprungs, und stammt von veradus, der lateinisierten Form des feltischen vehorėda. Rheda ist der gallische Ausdruck für Wagen, dessen Name sich in Sanstrit als rhate, im Lateinischen als rhatas( Rad) wiederfindet. Aus veredus wurde dann verdus und schließlich verd oder Pferd.
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Ein Heim der Hunde.
Hundebehausung wird durch einen festen 3aun eingefriedet, damit Tierfeinde, die sich leider überall einfinden, den Hunden nicht durch zuwerfen von vergifteten Brocken schaden können. Angegliedert wird eine Bade- und Scheranstalt, sowie von den übrigen Räumen genügend isoliert, eine Krantenstation. Eine ständige tierärztliche Aufsicht ist für das ganze Hundeheim vorgesehen.
Für jeden Menschen, der bestrebt ist, gerecht zu denken, ist| die leicht schwerere Erkrankungen im Gefolge haben. Die ganze Tierschutz fein Problem, sondern eine Selbstverständlich feit. Wissen wir doch ganz genau, daß der Unhold, der eine Kreatur absichtlich quält, der unter Anwendung von Grausamkeiten das letzte bißchen Kraft aus ihr herausschindet, sich auch an körperlich oder wirtschaftlich schwachen Menschen vergeht, sobald sich ihm nur die Gelegenheit dazu bietet. Daher mutet es oft etwas grotest an, wenn sogenannte Tierfreunde so viel Aufhebens von ihrer Tierliebe machen und sie zu persönlicher Retlame
bemuzen. Dazu kommt noch das oft alberne Eingeschworensein der Tierfreunde auf eine Tiersorte. Da haßt beispielsweise die Kazen freundin den Hund, der Hundefreund die Katze, der Bogelfreund Raße und Hund usw. Als Schlimmstes gesellt sich aber noch die ausgesprochene Menschenfeindschaft vieler Pseudo- Tierfreunde hinzu.
Praktische Arbeit.
Hilfe für Mensch und Hund.
Nicht im entferntesten wird der Gedanke erwogen, dieses neue
Hundeheim zu einem Stapelplatz für herrenlose Hunde zu machen. Trotzdem soll tatkräftigst dem heimlichen Hundehandel zum Zwecke der Bivisettion entgegengearbeitet werden. Darum werden auch herrenlose Hunde aufgenommen. Sie sollen aber nicht für Lebenszeit im Heim verweilen, sondern bei passender Gelegenheit in vertrauenswürdige Hände weitergegeben wer den. Ebensowenig joll das Heim eine verschleierte Hundesteuerhinterziehung ermöglichen. Aber für alle wirklichen Notwendigfeiten will es bereit sein. Es müssen in der heutigen Zeit des wirtschaftlichen Mißmuts viele Menschen, die aus ihrem Beruf gerissen find, jedwede Verdienstmöglichkeit wahrnehmen. Infolge= deffen spielt im Wirtschaftsetat mancher Menschen auch die HundeMuttertier und von ihr einen vielversprechenden Burf, jedoch nicht genügend Play in der Wohnung, um die Welpen großzuziehen. Ja, die jungen Hunde nehmen womöglich dem Kinde der Familie den Raum. In solchem Falle fann das Heim be ansprucht werden, wo die Tiere in betömmlicher Freiheit heran wachsen. Der Befizer tann ruhig eine günstige Verkaufs gelegenheit abwarten, und ihm und seiner Familie bleibt de Nebenverdienst, der zuweilen der einzige Verdienst ist, erhalten. Sel trasse Fälle sind schon bei der Unterbringung von Blinden hunden eingetreten. Wird z. B. durch die Erfrantung eines Blinden seine Ueberführung in ein Krantenhaus nötig, fo barf er natürlich, aus rein hygienischen Gründen, seinen Hund nich mitnehmen. Wird das Tier nun, mitunter erst nach großen Schwierigkeiten, bei mildtätigen Menschen untergebracht, so dö st der Hund dort stumpfsinnig vor sich hin. In Stahnsdorf jedoch, in dieser Hundekaserne mit individuell behandelten Infaffen, müßte ein solches Tier tägliche Uebungsstunden machen, damit seine Fähigfeiten für den Herrn erhalten bleiben. Genau so müßten die in Aufbewahrung gegebenen Polizei und Such hunde behandelt werden. Ferner will das Heim den auf Reisen gehenden Hundebefizern eine Sorge abnehmen. Denn die Frage: Wo laffe ich mein Tier?" bringt manchen nichtbegüterten Menschen um seine Erna Büsing. targen Erholungstage.
Go tommt es, daß hysterische Frauen und nicht minder hysterische Männer, denen nicht einmal die elementarsten Grundsäge einer richtigen Tierhaltung befannt sind, dem praktischen Tierschuß oft hindernd im Wege stehen. Wer Tierschuh treiben will, muß recht feft mit seinen beiden Füßen im Leben stehen, prat- zucht eine Rolle. Oft haben nun die Züchter ein wertvolles fisch veranlagt sein, und das Tier nicht nur als Ausbeutungsobjekt oder Spielkamerad betrachten, fondern auf die Bedürfnisse des Tieres eingehen. Darum soll auch die Parole: ,, Luft, Licht und Bewegung hat ein jedes Tier nötig", der Leitsaz bei der Errichtung des Hunde heims in Stahnsdorf sein. Dieses wird auf dem Grundstüd einer leer stehenden Fabrit errichtet, das sich schlecht zu Fabrifzwecken eignet und ebensowenig für eine landwirt schaftliche Ausbeutung in Frage fommt. Man lebt dort nämlich, fünf Gehminuten vom Stadtbahnhof Stahnsdorf , recht und schlecht in der Sandwüste. Auf diesem Gelände will Joachim von Brauchitsch praktisch für die Berliner Hunde und die Hunde: befizer arbeiten. Jedes bort untergebrachte Tier soll eine etwa zwei Quadratmeter große Hütte mit etwa 10 Quadratmeter Auslauf unter Maschendraht erhalten. Dabei ist der Hund in seiner Hütte, selbst bei einer Dutchlüftung, vor 3ugluft geschützt. Der behält seine volle Freiheit, er Hund fann dauernd unterwegs sein, er tann aber auch in seiner Hütte liegen, ganz, wie es ihm beliebt. Im Winter sind die Hütten heizbar. Der Auslauf wird zu einer zwangsläufigen Gebirgstour gestaltet, denn es macht dem Hunde großen Spaß, wenn er etwas flettern darf, zudem ist eine ausgiebige Bewegung für sein Wohl befinden unbedingt erforderlich. Fehlt die Bewegung, sehen bei dem Hunde sogleich Berdauungsstörungen ein,