Die Wahrheit über die ,, Spartakiade".
Was Berliner Kommunisten nicht sagen dürfen.
Die Moskauer Spartakiade ist am letzten Freitag zu Ende ge-| gangen. Mit großem Pomp eröffnet, sollte sie ein Gegenstück bilden zu der bürgerlichen Olympiade und zugleich die Ueberlegenheit der ,, Roten " gegenüber der Luzerner Sportinternationale beweisen. Weder das eine noch das andere ist den Veranstaltern gelungen. Bekanntlich strebt der Arbeitersport danach, an Stelle von Einzelleistungen die Massenleistungen zu heben. Nichts davon war in Moskau zu merken! Es herrschte eine ebenso
fchlimme Jagd nach Rekorden
wie bei der Amsterdamer Olympiade. Dabei wurde oft mit einer Rüdsichtslosigkeit gefämpft, die den bürgerlichen Sport tennzeichnet, dem Arbeitersport jedoch völlig fremd sein sollte. Ein Beispiel: im Entscheidungsspiel zwischen den Fußballmannschaften von Uruguay und Ukraine mußte ein Spieler schwerverlegt das Feld verlassen, zwei Spieler wurden bewußtlos fortgetragen, zwei weitere Spieler wurden wegen absichtlichen Schlagens dom Felde gewiesen. Noch viel schlimmer erging es der englischen Fuß balmannschaft. Nach der anstrengenden viertägigen Seereise mußte fie sofort nach der Ankunft in Leningrad direkt vom Schiff aufs Spielfeld marschieren meil die Plafate bereits angeschlagen und die Gastgeber auf den zu erwartenden hohen Berdienst nicht verzichten wollten! Natürlich wurden die Engländer fehr hoch( 0: 11) geschlagen. Doch das Schlimmste fam erst nachher: fie wurden auf eine Rundreise in die Provinz geschickt und mußten jeden zweiten Tag dazwischen die langen, ermüdenden Eisenbahnfahrten gegen stärkste Mannschaften ipielen. Als sie endlich nach einer Woche in Mostau anfamen,
waren
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fünf Mann total zerschlagen und befflägerig,
alle Spieler vollkommen erschöpft. Trogdem und trotz des eingelegten Protestes mußten sie gleich darauf im Rahmen der Spar tafiade fämpfen. Natürlich verloren die Engländer glänzend. Biele andere Mannschaften haben sich wegen schlechter Behand lung beschwert. Doch noch viel bedenklicher ist der Umstand, daß fein Sport der Massen, fein Sport der Arbeiter
überhaupt
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zu sehen war. Nur erbitterte Wettkämpfe aber feine Maffenvorführungen, fein Massenturnen, feine attive Teilnahme der Arbeiterbevölkerung, wie wir es bei den Festen etwa der deutschen Sirbeiterturner und sportler gewöhnt sind. Biele Tausende waren da, aber auf den Tribünen, nicht auf dem Sportrafen. Und dabei wurde die Spartafiade von der Sowjetregierung mit allen Mitteln unterſtüßt!
Die Zahl der aktiven Teilnehmer betrug 3700, davon 400 Ausfänder. Eine recht bescheidene Zahl! Doch noch viel trauriger ist es, daß davon
nur der vierte Teil Arbeiter
waren, und zwar genau 963!( Romsomolstaja Prawda" vom 23. Auguft.) Drei Biertel der Spartakiadeteilnehmer sind Studenten, Sportlehrer, Beamte, Rotarmisten usw. Gerade die legten Sportler waren feine Arbeiter! 3um Beispiel sind in der repräsentativen Moskauer Fußballmannschaft, die bei der Spartakiade den Sieg errungen hat, einschließlich der Erfagmannschaft nur drei Arbeiter! Ueberhaupt zählt Moskau , mo der Arbeitersport doch besonders auf der Höhe sein sollte, nur
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nur
14 Proz. Arbeiter unter seinen Spartakiadevertretern. Auffallend gering ist auch die Beteiligung der Bauern 15 Bauern, d. h. ein halbes Prozent aller Teilnehmer, beteiligten fich an den Veranstaltungen.
Die Moskauer Spartakiade hat deutlich gezeigt, daß die Mosfauer Bolschemisten noch sehr viel in ihrer Roten Sportinternationale" zu tun haben, ehe sie den materiellen und ideellen Stand der deutschen Arbeitetsportbewegung erreicht hat. Aber schließlich refultiert ja daraus überhaupt nur der Kampf gegen die sozialistische Arbeitersportinternationale: die Russen und ihre jungen Leute in Deutschland möchten die sozialistische Internationale erobern, um sich in ein gemachtes Bett legen zu können. Das könnte ihnen so passen, aber fie dürften auch langsam zu der Ueberzeugung gefommen fein, daß es ihnen nie gelingen wird.
Wochende mit den Naturfreunden.
Der Touristenverein„ Die Naturfreunde"( Reisebureau) ver anstaltet am 8. und 9. September eine Wochenendfahrt durch den Fläming. Sie beginnt am Sonnabend, 8. September, und führt mit der Bahn über Belzig nach Niemegt. Sonntag morgen Wanderung zum Neuendorfer Rommel , Garrener Kessel, Burg Raben, zur Plane und zurück nach Belzig . Preis der Teilnehmertarte 8,50 M.( sämtliche Bahnfahrten, Quartier( Betten), Morgenkaffee und Mittagessen, Besichtigungen); für Teilnehmer, die erft Sonntag morgen fahren, Breis 6,50 m. Karten im Reisebureau des Touristenvereins, N 24 , Johannisstr. 14/15; Sinn, Stettiner Str. 30; Thomas, N 65, Luxemburger Str. 1; Walter, Neukölln, Siegfried straße 55; Schmidt, W, Ranfeſtr. 30; Meckelberg( Borwärts" Spedition"), Treptow, Graeßftr. 50. Zu den Wochenendfahrten 2. September nach Fürstenberg , Himmelpfort , obliglanal, Lychen mit Stadtbesichtigung sowie zu der Fahrt durch den Spreewald sind noch etliche Karten zu haben. Bertaufsstellen wie oben.
am
Letztes Abendrennen bei Rütt. Und am Freitag Boxen.
In dieser Saison findet am Sonnabend dieser Woche das lekte Abendrennen statt. Die Hauptnummer des Programms bildet die Herausforderung des Franzosen Louet an Ostar Zieß, die in einem Stundenrennen hinter Tandemführung in zwei Läufen über je eine halbe Stunde ausgetragen wird. Tiez hat bekanntlich die beiden bisherigen Stundenrennen hinter Tandemführung auf der Rütt- Arena gewonnen, aber viele bezeichnen den gerade auf diesem Gebiete so versierten Pariser als den moralischen Sieger beider Bett bewerbe, und da dieser selbst seine Niederlagen auf schwächere Führungsmannschaften zurüdführt, hat er diesmal zur Bedingung gestellt, daß jedem der beiden Teilnehmer fünf Tandemmannschaften zur Berfügung gestellt werden. Beitere intereffante Bettbewerbe umrahmen das Programm, darunter Rennen für die TandemFührungsmannschaften, ein Flieger- Hauptfahren und Amateur
rennen.
Für den nächsten Kampfabend des Ständigen Bog zinges" am Freitag auf der Rütt- Arena steht das endgültige Bra gramm jest. Es ficht fünf Treffen vor, für die befannte Borer
Der Berliner Turnlehrerverein veranstaltet wie alljährlich am Sonnabend, 1. September, ein Sportfest für die höheren Schulen Berlins . Die Kämpfe beginnen im Stadion Grunewald
verpflichtet wurden. Der durch seine Siege über Milenz, Matheus Dormittags mit Borkämpfen; die Nachmittagsveranstaltung beginnt
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um 14,15 Uhr.
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Das 12. Spielfest der Groß- Berliner Bolksschulen veranstaltet die Turnvereinigung Berliner Lehrer am Mittwoch, 5. September, 12 Uhr, auf den Spielwiesen des Treptower Parts. Auf Anregung des Oberbürgermeisters Böß beteiligen sich auch die Mädchen, überhaupt erfreut sich die Beranstaltung in diesem Jahre der besonderen Förderung des Stadtamtes für Leibesübungen sowohl wie der Städtischen Schulverwaltung. Sämtlichen Kindern werden Milch und Zwieback zur Erfrischung gereicht. Die Eltern und alle Freunde
und Alex Kiausch sehr schnell nach vorn gekommene Dortmunder Franz Boja trifft auf den Mannheimer Hermann Scherle, der fich start verbessert hat und dank seiner aggressiven Kampfesweise große Sympathien genießt. Der schlagstarfe Saarbrüder Weltergewichtler Otto Lauer ist mit Willi Bolze Dortmund gepaart worden. Ganz besonderem Interesse sollte weiterhin die Begegnung des Hamburger Eugen Kündig mit dem Dresdener Weltergewicht ler Paul Richter begegnen. Mit diesem Treffen steht ein besonders harter und verbisfener Kampf zu erwarten. Vervollständigt wird das umfangreiche Programm durch zwei weitere Treffen, denen sich der Bremer Almin Bauste und der Bruder von Frisöhlichen Spiels unserer Jugend find bei diesem Volksfeste herzlich Roppel, der Federgewichtler Osfar Roppel einerseits und Bruno Müller Berlin und der Hirschberger Frizz Kühn andererseits begegnen. Bis auf den Kampf Roppel- Baulfe( 4 Runden) gehen alle anderen Treffen über 6 Runden Distanz. Als Ringrichter mer den auch diesmal wieder Samson- Körner und Hans Grimm amtieren.
H
willkommen.
Die Herbstkampagne des Vereins für Hindernisrennen wird morgen, Donnerstag, in Karlshorst fortgesetzt, 100 das Deutsche Jagdrennen im Werte von 10 000 Mart die Zugnummer des Programms bildet. Leider wird sich nur ein kleines Feld zum Kampf über 4400 Meter auf der Hauptbahn stellen: Rheinland ( Wolff), Gerwin( v. Göz), Parsifal ( v. Reibnitz) und
Arbeiterschützen- Tagung intracht II( W. Schniger). Aus dieiem Quartett lenkt fofort Rhein
Auf dem vierten Bundestag des Arbeiterschüßenbundes sprach nach der Erstattung des Kassenberichts und des Berichts des technischen Hauptausschusses Buck- Berlin von der 3entralfommiffion für Arbeitersport und Körperpflege über das Thema ,, Arbeitersport und seine Stellung zu den politischen Arbeiterparteien". Die geschwundene Volksgesundheit, betonte Bud, swinge auch den Staat, sich heute mehr als früher um die Förderung der Leibesübungen zu bemühen. Auch für die Arbeitersportbewegung müsse immer stürmischer die Forderung nach Spiel- und Sportplätzen für die Jugend erhoben werden.
Der Arbeitersport mustere heute bereits 1 300 000 mitglieder. In den Arbeitersportverbänden könne jeder nach seiner Neigung Leibesübungen betreiben, da jede Sportart gepflegt werde. Während der bürgerliche Sport start nationalistische Ten denzen verfolge, diene der Arbeitersport dem Gedanken des Völkerfriedens. Er sei dadurch ein wichtiger Faftor im Befreiungskampf der Arbeiterklasse geworden, und die Sozialdemokratie unterstütze deshalb mit ganzer Energie den Arbeitersport, während die Kommunisten bei ihrer Sportbetätigung allzusehr ein seitig ihren agitatorischen Bedürfnissen Rechnung tragen. 3m Reichstagsausfchuß für Leibesübungen jei bis zur Stunde noch fein Bertreter der kommunistischen Fraktion zu sehen gewesen. Der politische Richtungsstreit müsse verschwinden, da sonst die Einheit der Bewegung auf dem Spiele stehe.
In der Aussprache wußten die Kommunisten nichts Besseres zu tun, als lang und breit in ihrer bekannten Manier gegen die Gewerkschaften und die Sozialdmofratie loszuziehen. Die Frage der Bereinigung der Sportinternationale wurde von Buck in seinem Schlußwort gründlich beleuchtet. Er mies an Hand unwiderleglicher dokumentarischer Beweise nach, daß die Rote Sportinternationale gar nicht an eine Bereinigung ernsthaft denke. Das habe ihr Verhalten bei der Arbeiterolympiade in Frankfurt bewiesen.
Bei der Borstandswahl wurde der jetzige erste, Bundesvorsigende Flegel Braunschweig wiedergewählt und die übrigen bisherigen Borstandsmitglieder bestätigt. Zum Siz des Bundesausschusses wurde Frankfurt a. M. gewählt. Der bisherige Beitrag wurde beibehalten. Beschlossen wurde die Erhebung eines einmaligen Extrapflichtbeitrages in Höhe von 50 Pf. Den Ortsgruppen wurde nahegelegt, für einheitliche Sommersportkleidung Sorge zu tragen. Die Bereine sollen als Abteilungen der Ortsgruppen geführt werden. Die Altersgrenze wurde für Jugendliche auf 18 Jahre herabgefeßt.
Leichtathletische Länderkämpfe.
Die beiden letzten Großveranstaltungen der deutschen Leicht athletit- Saison sind die Länderfämpfe gegen Frantreich und die Schweiz , die gleichzeitig am fommenden Mit den Vertretern jenseits des Rheines Sonntag stattfinden. messen sich unsere Abgesandten im Stadion zu Berlin , wäh rend die Eidgenossen in der Arena zu Frankfurt ( Main ) zum Rampje antreten.
land die Aufmerksamkeit auf sich. Die Sechsjährige hat in erster Linie Gerwin zu schlagen, der sich besser mit dem schweren Kurs abfinden dürfte als Parsifal. Voraussagen: 1. GoldlachsRubel; 2. Tantor- Amadeus; 3. Staroste- Arber; 4. BubiFranzia; 5. Rheinland - Gerwin; 6. Fonar- Genius; 7. Gawan Die Linde.
Bücherschau.
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Ende Oftober erscheint Körperbildung- Nadttultur, Blätter freier Menschen" He ft 4: Pubertät. ( Berlag Ernst Oldenburg , Leipzig , herausgegeben von Adolf Koch und Dr. Hans Graaz). Das Heft ist 60 Seiten start, darunter 8 Bildseiten mit Beiträgen von: Ada Beil, Dr. Graaz, Adolf Heft ist in allen einschlägigen Buchhandlungen und Kiosken zum Koch, Dr. Toeplit, Otto Weber, Friedrich Weigelt. Das Breise von 1 Mt. zu haben. Unsere Mitglieder bestellen bei der Berlagsgenossenschaft des Freien Körperkulturkreises, welche den Generalvertrieb für Berlin und Brandenburg hat. Zu gleicher Zeit erscheint das über 200 Seiten starke Buch: Adolf Koch , gymnastikbuch für die werftätige Bevölkerung, ebenfalls im VerRadtheit, Körpertultur und Erziehung, ein Nacktlag Ernst Oldenburg , Leipzig . Dieses mit mehr als 80 Bildern, im Ganzleinenband erscheinende Buch, wird der sozialistischen Freiförperkulturbewegung eine wesentliche wissenschaftlich begründete Grundlage für die Beiterarbeit geben. Für Mitglieder fostet das Buch etwa 4 M. zahlbar in Raten. Vorbestellungen nur in der Köröperkulturschule Adolf Koch .
Schwimmabteilung der FIGC . Heute nach dem Schwimmen Tagesordnung: Einteilung wichtige Bersammlung im Boftstadion. zum Schwimmfest.
Der Berliner Hunde- Renn- Klub e. V. hat für Sonntag, 23. September, auf der Rennbahn Grunewald eine Reihe von Flach- und, Hürdenrennen, offen für deutsche Schäferhunde, Dobermannpinscher, Schnauzer, Airedaleterrier, Whippets, Greyhounds und Barfois ausgeschrieben. Die Rennen werden nach Amateurregeln gelaufen. Auch Nichtmitglieder können ihre Hunde melden. Offizielle Rennausschreibungen und Rennbedingungen fönnen unter Angabe von Raffe und Alter der Hunde ab 25. August, von dem Vorfizenden des Klubs, Berlin S. 42, Prinzessinnenstr. 20, angefordert werden.
Vereinskalender.
Areis für Freitörperkultur und Erziehung im Verband Boltsgesundheit, e. V. Terminkalender für die Freien Rörperkulturkreise Berlin und Brandenburg . Monat Geptember. Jeden Montag, 20 Uhr: Psychologie bei Artur Gehrke. Jeden Dienstag, 20 Uhr: Goziologie bei Friedrich Weigelt. Jeden Mittwoch, 20 Uhr: Anatomie bei Dr. Beffer. Jeden Donnerstag, 19½ Uhr: Massage lehrgang I bei Hermann Hellberg. Jeden Freitag, 18% bis 20% Uhr: Massagelehrgänge II und III bei Kurt Faltenhagen. Jeden Sonnabend, 17 bis 19 Uhr und 19 bis 20 Uhr: Zeichnen und angewandte Binchologie bei Adolf Stoch und Frans Karlewig. Montags bis Freitags, 16 bis 23 Uhr: Gymnastikunterricht. 3 Abende: Handschrift, Körperbau, Charakter. Referent: Dr. Karl Besser. Tage: Gonnabend, 1., 15. und 29. September, 20 Uhr. Ort: Körperkulturschule bolf Roch, Friedrichstr. 218. Unkostenbeitrag für Gäfte: 3 Abende 1 M., für Mitglieder der Gymnaſtilgruppen unentgeltlich.
Die Sefte? und 8 Der nadte Mensch" find zum Teil infolge der Ferien von den Kreisführern nicht abgeholt worden. Sie werden gemeinsam mit dem Die Septemberheft Nr. 9 ausgegeben, falls sie nicht vorher abgeholt find. Arbeitspläne der einzelnen Gemeinschaften find wegen des dazu erforderlichen Blakes hier nicht veröffentlicht.
Touristenverein ,, Die Naturfreunde" E. B., Ortsgruppe Berlin : Beteiligung aller Mitglieder am Umzug für die Voltsbühne am 1. September. Treffpunkte: Gewerkschaftshaus, Boddinstraße( Gemeindeschule). Treffpunkt 4, Abmarsch 4% Uhr.
,, Schiedsrichteritis olympica."
Naturgeschichte einer Sportkrankheit.
Unfer Mitarbeiter Dr. Friß Reuel behandelt in folgendem| Bewußtseinsstörungen befallen, die sich in Form von im Brustton Aufsatz das Schiedsrichterunwesen bei der Olympiade in 2 msterdam vom ärztlichen Standpuntt aus.
Die Schiedsrichteritis nimmt unter allen bekannten Krankheiten eine Sonderstellung ein. Denn es müssen durch sie mehr Gesunde als unmittelbar von ihr Refallene leiden. Ueber ihre Gefährlichkeit ist deshalb kein Wort zu verlieren. Sie kann als Geißel der porttreibenden Menschheit bezeichnet werden.
Man unterscheidet eine gewöhnliche Form: cotidiana vulgaris ( gewöhnliche, tägliche), und die periodische Abart: olympica quadriennis( pierjährige, olympische Schiedsrichteritis).
Beide befallen, wie ihr Name sagt, ausschließlich Schiedsrichter, bis hinauf zu den internationalen Kanonen unter ihnen. Und beide werden hervorgerufen durch einen luft- und lichtscheuen Bazillus, der vorübergehende Sehstörungen, besonders nationale Uebersichtig= feit erzeugt. Man spricht dann von schiedsrichterlichem Bersagen, bam. von olympischen Fehlurteilen. Die olympische Form des Leidens, auf deren Beschreibung wir uns hier beschränken müssen, wird bekämpft außer mit träftiger Bantettnahrung und häufigen Seftinjektionen, durch Tragen scharf geschliffener Amsterdamer Kombination- Augengläfer, fogenannten olympischen Schiedsrichter Brillen. Dabei hat sich überraschenderweise herausgestellt, daß infolge einer bislang unerklärlichen Wechselwirkung ihre Linsen sich in furzer Zeit mit einem bunten Belag überziehen, der in allen Landesfarben schillert. Bebauerlicherweise ist diese phantastische Trübung mit teinem bekannten Mittel zu entfernen. Dadurch wird natürlich die Heilung ungemein erschwert.
Angesichts so seltsamer Symptome ist es begreiflich, daß auch noch andere Störungen auftreten. Seht man zum Beispiel die Kranten mechanischen oder akustischen Reizen aus, bringt man sie mit Berfonen fremder oder gar feindlicher" Nationalität zusammen, verrät man 3meifel oder übt unvorsichtigerweise Kritik an von ihnen gefällten Schiedsrichtersprüchen, so werden fie augenblicklich von
der Ueberzeugung hervorgestoßenen Bemerkungen äußern, wie ,, Je n'aimrien vu" ,,, I cannot find that", questo non è vero" ( davon habe ich eine andere Auffassung) usw. Ein verhängnisvoller Irrtum, der immer wieder neues unverständliches Unrecht verurfadit.
Der Hohe Olympische Rat" stand der rätselhaften Krankheit
lange Jahre völlig hilflos gegenüber. Die Sportärzte zuckten ver
legen die Achseln und schlugen weite Bogen um franke Schiedsrichter. Erst die fürzlich mit Enttäuschungen und bitteren Erfahrungen teuer erkauften einschlägigen deutschen Forschungsarbeiten gestatteten mit Gichterheit festzustellen, daß es sich bei dem Erreger des geheimnis. vollen Leidens um eine im Stillen hochgezüchtete nationale Abart des micrococcus egoisticus communis"( gemeiner egoistischer Bazillus) von unheimlicher Lebenskraft handelt. Das ist eine betrübliche Feststellung und ein entmutigendes Ergebnis, wenn man fich flar macht, daß gegen blejen gefährlichsten aller Bazillen kein Kraut gewachsen ist. Kann doch bekanntlich nicht einmal fonzentriertestes Elixier der blauen Bunderblume Idealismus auf die Dauer etwas gegen ihn ausrichten.
- In Anbetracht dieses ernsten, um nicht zu sagen tüdischen, ja hoffnungslosen Charakters der Krankheit, scheint sich das olympische Komitee allmählich zu dem schweren Entschluß durchzuringen, infizierte Schiedsrichter als aussichtslose Fälle ihrem tragischen Schicksal zu überlassen und sie fünftighin durch Stoppuhren, Zielbänder, ZeitJupen, Meßgeräte und Zielphotos zu ersehen. Und das sei die Hauptfache. Denn nun tönnten olympische Rämpfer nie mehr non vorübergehend geistig behinderten Schiedsrichtern ohne weiteres um ihren schwer verdienten Weltruhm gebracht werden. Ein Ziel, für das im Intereffe von Größe, Würde, Alter, Ruhm und neuem Ansehen der olympischen Spiele fein Opfer zu groß jei.
Aus allen diesen Gründen, sowie in Anbetracht des rationellen Geistes unserer Zeit, fann faum mehr daran gezweifelt werden, daß über furz oder lang mit völliger Mechanifierung und Rationalisierung des olympischen Sportbetriebes gerechnet werden muß.