Morgenausgabe
Nr. 409
A 208
45.Jahrgang
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Donnerstag
30. August 1928
Groß- Berlin 10 Pi Auswärts 15 Pf.
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Die Tagung der Minderheitsvölker
Aechtet die Vergewaltigung der Minderheiten!
Der 4. europäische Minderheitsfongreß wurde heute vormittag von seinem Präsidenten, dem slowenischen Abgeordneten im italienischen Parlament, Dr. Wilfan, in Anwesenheit von etwa 70 Delegierten eröffnet. Dr. Wilfan begrüßte die neu eingetretenen Gruppen der Bulgaren - Minderheit in Rumänien und der Utrainer in Polen und der Tschechoslowakei . Er bedauerte, daß die im vorigen Jahr ausgetretenen drei Minderheitengruppen aus Deutschland trop der unlängst in Berlin erfolgten grundfäßlichen Einigung dem Kongreß fernblieben. Der Hauptgegenstand der Tagung sei die Erörterung des Themas Minderheiten und Völkerbund". Die Schaffung eines Bertrauensverhältnisses zum Bölkerbund sei dringlich. Der Völker bund müsse angesichts der nationalen Unduldsamkeit ernsthaft an die Behandlung des Minderheitenproblems herantreten. Mit Nachdruck trat Dr. Wilfan für die auch unlängst auf der Weltunion der Völkerbundligen im Haag erhobene Forderung nach Errichtung eines ständigen Ausschusses für Minderheitsfragen im Völker
bund ein.
Der Deutsche Shiemann aus Lettland hob hervor, daß Besteuropa noch in der Zwangsjade des nationalen Machtgedankens ftecke und die soziale Frage nicht gelöst werden könne, bevor das Rationalitätenproblem verschwunden sei, indem man den Minder heiten die kulturelle Selbstverwaltung gestatte. Der Vertreter KataTonians beflagte, daß
der Völkerbund aus dem Beschwerderecht der Minderheiten ein Hindernisrennen gemacht
habe und daß die Regierungen die Wichtigkeit und Notwendigkeit einer allgemeinen Lösung des Minderheitenproblems noch nicht erfannt haben. Er wies den Bölkerbund auf die von tiefem Verständnis zeugende Stellungnahme des Brüsseler Sozia fiftentongresses zum Minderheitenproblem und auf die
megen
Die Tagesordnung der am Donnerstag beginnenden 51. Rats tagung meift als wichtigste Punkte den Bericht über den Stand der Berhandlungen zwischen Polen und Litauen und den Antrag Ungarn auf nochmalige Behandlung der Optanten angelegenheit auf. Der Rat hat weiter eine Anzahl Beschwerden der deutschen Minderheitin PolnischOberschlesien zu erledigen, von denen die Klage der Königs ihres hütter Kranfenfaffe der Enteignung Hospitals durch die Polen besonderes Interesse verdient. Die Opiumfonvention von 1925 hat durch neue Ratifikationen die für ihr Infrafttreten vorgesehene Anzahl von 25 Ratifikationen erreicht, so daß der Rat die in der Konvention vorgesehene Zusammenfegung eines Zentralfomitees zur Befämpfung des Opiumhandels vornehmen muß. An den ungarisch - italienischen Maschinen gewehrschmuggel erinnert der Abgang des Vorsitzenden der für Ungarn im Friedensvertrag vorgesehenen Investigationskommission des englischen Generals Cline. Er übernimmt ein Kommando in der englisch - indischen Armee. Dem Rat wird als Nachfolger der englische General Airman vorgeschlagen, der ge= wählt werden dürfte.
Stellungnahme der Interparlamentarischen Union hin. Mohlin ( jüdische Minderheitsbewegung) betonte, es sei unhaltbar, daß eine Minderheit zum Einbringen einer Beschwerde sich erst eine Ratsmacht als Protettor suchen müsse. So tomme es, daß Minderheitsfragen nicht behandelt werden, weil ihr Befürworter im Rat eine fleinere Macht ist, die bei der nächsten Ratswahl ihren Sit nicht wieder erringt, und so fomme es, daß die deutschen Minderheiten in Wirklichkeit nicht durch den Völkerbund, sondern durch die Ratsmitgliedschaft Deutschland beschützt würden. Margulies( tschechoslowakische Juden) erinnerte daran, daß Clemenceau von der Pariser Friedenskonferenz aus dem damaligen polnischen Ministerpräsidenten Paderewski in einem Brief die Minderheitenrechte als Grundsäge der menschlichen Gesittung Mello bezeichnet hat; die Assimilationstheorie, von Franco und Politis vertreten, der auch die Minderheitsabteilung des Böllerbunds sichtbar anhängt, sei im Jahrhundert der religiösen Freiheiten und der Koalitionsfreiheit eine Unmöglichkeit. Profeffor Schiemann ergänzte, mit denselben Gründen, mit denen man von den Minderheiten verlange, sich zu affimilieren, fönne man schließlich in einem Lande mit protestantischer Staatsfirche verlangen, leber die Forderung daß die Katholiken protestantisch werden. eines allgemeinen Minderheitenrechts hinaus ging nur Er sagte die loyale Mitarbeit der trainer aus Bolen. Ultrainer zu, aber die Ukraine behalte sich außerdem vor, mit allen Mitteln gegen die gewaltsame Berteilung des 40 Millionen starten ukrainischen Boffes auf Polen , Rußland , Ru mänien und die Tschechoslowatel anzutämpfen.
der
Der Kongreß, der drei Tage dauern wird, beschloß, an Staats fetretär Kellogg ein Telegramin zu senden, in dem der Hoffnung Ausdrud gegeben wird, daß er das Wert der Aechtung des Krieges durch die Aechtung der Bergewaltigung der euro: päischen Minderheiten frönen tönne.
Militär- und Zivilflugzeugen gemacht werden müsse. Bolen forderte, wie in dem Entwurf der Abrüstungskommission schon vorgefehen, daß auch für eine Konvention über die Baffenherstellung eine Ausnahme für die Rußland benachbarten Staaten gemacht werde, so lange Rußland dieser Konvention nicht bei trete. Rumänien und Finnland schloffen sich dieser Forderung an.
Aufregung über das Flottenbündnis.
London , 29. Auguft.( Eigenbericht.)
Aus Washington mird gemeldet, daß dort die Befürchtungen hinsichtlich des mahren Charakters des englisch - französis fchen Flottenabkommens ernst sind und es im höchsten Maße zweifelhaft geworden ist, ob Amerita an den weiteren Verhandlungen der Vorbereitenden Abrüstungs fommission teilnehmen wird. Es, verlautet, die weitere Mitarbeit der Bereinig ten Staaten werde davon abhängen, ob es Großbritannien gelingt, die Befürchtungen der amerikanischen Marinejachverständigen zu zerstreuen, daß hinter dem Flottenabkommen noch wei gen zu zerstreuen, daß hinter dem Flottenabtommen noch wei tergehende Abmachungen stehen.
Die Folgen des Obregonmordes. Untersuchung und Kongreßbeginn.
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Konflikt zwischen Nationalversammlung und Oberfommiffar Von Dr. A. Abeghian.
Bor zwei Jahren stand Syrien im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. Das war die Zeit des Drufenaufstandes; der lange Monate dauerte und der Mandatarmacht Frankreich viel Kopfschmerzen verursachte. Es gelang ihr dennoch, schließlich den Aufstand niederzuwerfen. Dies bedeutete jedoch für sie nicht viel mehr als einen Byrrhussieg. Dessen war sie sich auch bewußt. Hierdurch ist auch zu erflären, daß der in den letzten zwei Jahren in Syrien amtierende französische Oberfommissar Ponsot eine ver= hältnismäßig friedliche Politik verfolgt hat. Er ist bestrebt gewesen, mit milden Mitteln den Wünschen syrischer Nationalisten einigermaßen entgegenkommend, ein normales Verhältnis zwischen Mandatsvoll und Mandatsmacht zu schaffen. In dieser Hinsicht ist er in die Fußtapfen seines Borgängers de Jouvenel getreten und hat sich von den brutalen Methoden der früheren französischen Oberkommissare, der Generäle Gouraud, Weygand und namentlich Sarrail, entschieden abgewendet. Nach endgültiger Befriedung Syriens hat Frankreich den Syrern die Möglichkeit gegeben, durch allgemeine Wahlen zu einer ver= faffunggebenden Nationalversammlung ihre Bünsche zum Ausdrud zu bringen. Diese Wahl hat aber neuen Anlaß dazu gegeben, daß die französisch- syrischen Beziehungen verschärft worden sind. Syrien erlebt heute eine neue innere Gärung, allerdings eine Verfassungskrise.
Nationalversammlung und Oberkommissariat find in einen Konflikt geraten, der die Bertagung des Parlaments auf drei Monate zur Folge gehabt hat. Die syrische Nationalversammlung, die im Juni in Damaskus zusammenfam, zählt 72 Abgeordnete aus allen Teilen syrischer Landesgebiete außer dem Libanon, der von Anfang an eigenes Barlament und eigene Regierung hat( mit dem Siz in Beirut ). Bon den Abgeordneten find 60 Mohammedaner, 11 Christen und 1 Jude. Die überwiegende Mehrzahl der Abgeordneten find radikale Nationalisten, unter ihnen auch Führer des Aufstandes 1926. Sultan Atrasch, der Drusenführer, muß allerdings nach wie vor außerhalb Syriens , im Lande Ibn Sauds verweilen. Die Nationalversammlung hatte einen Ausschuß mit der Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfes beauftragt. Dieser wurde Anfang August vorgelegt und angenommen. Die Hauptpunkte lauten:
1. Syrien ist ein souveräner, unabhängiger Staat.
2. Sein Territorium besteht aus den sämtlichen syrischen Gebieten, die vom osmanischen Reiche getrennt worden sinb.
3. Syrien ist eine parlamentarische Republit, an deren Spize der Staatspräsident steht.
5. Die Staatsreligion ist der Islam.
6. Die Hauptstadt der syrischen Republif ist Damastus. Es folgen Artikel, die ebenfalls den Gedanken der; völ= Unabhängigfeit Syriens unterstreichen: ligen Eigenes Heer, eigene diplomatische Bertretun gen im Ausland, Eintritt in den Bölkerbund usm. Was die Beziehungen Syriens zu Frankreich anbelangt, so will die Nationalversammlung fie lediglich auf vertragsmäßigem Boden geregelt fehen. Die beabsichtigte Festlegung der republikanischen Staatsform widerlegt die Gerüchte, daß der Sohn Ibn Sauds , Emir Feisal, König von Syrien werden soll. England ermuntert nämlich Ibn Saud in seinen Ansprüchm auf Syrien .
Ich erkläre von dieser Tribüne aus, daß weder unsere Kam
Frankreich verwirft die neue syrische Verfassung, die das Land als einen absolut unabhängigen und geeinten Staat proflamieren will; daher der Konflitt. In einer der letzten merito( über London ), 29. Auguft. Sigungen der Nationalversammlung hatte der Berichterstatter Am Sonnabend dieser Woche tritt der merikanische Kongreß zuder Verfassungskommission Fe wsi Ben Gasi gesagt: fammen. Die der Regierung nahestehende Zeitung„ El Univerfal Da Deutschland die obligatorische Schiedsgerichtsbarkeit des Grafico" erwartet, daß Calles' Rede fich auch mit den Folgen der miffion noch diese Konstituante die heutige Trennung Syriens ( in Haager Gerichtshofs für Rechtsfragen anerkannt hat, machte sich Ermordung des Generals Obregon befassen und einen Appellision noch diese Konstituante die heutige Trennung Syriens ( in an die militärischen Führer richten werde, sich an einer verschiedene Teile) anerkennen kann. Die Macht vermag zwar uns eine Benderung des deutsch - schweizerischen Schieds- und Vergleichsvor, 100 Jahre weiter im heutigen Zustande zu verbleiben, als die vertrags vom 3. Dezember 1921 nötig; nun haben Gesandter unparteilichen Lösung der Präsidentschaftsfrage zu be- törperlich zu bewältigen, nicht aber unser Gewissen. Wir ziehen Adolf Müller und der Vorsteher des Eidgen. Bolitischen De- teiligen. Die gerichtliche Untersuchung ist im wesentlichen abge- Teilung unseres Landes anzuerkennen. partements ein Protokoll unterzeichnet, wodurch die das Schieds- fchloffen. 15 Männer und Frauen und die Webtin des Teilung unseres Landes anzuerkennen. verfahren einschränkenden Vorbehalte aufgehoben und in den Ver- konvents von Espinito Santo sind unter der Beschuldigung der trag eine neue Bestimmung eingefügt werden soll, nach der jede Beteiligung an dem Attentat gegen Obregon verhaftet der beiden Parteien sich für den Fall unmittelbar an den worden. Wie schon gemeldet, werden sechs geflüchtete Teilnehmer Gerichtshof wenden kann, daß binnen zwei Monaten die Parteien in dem großen nördlichen Nachbarstaat, den USA., gesucht. sich über die Anrufung eines Schiedsgerichts nicht haben einig werden fönnen. Das Protokoll wird somit den Grundsatz der obligatorischen schiedsgerichtlichen oder gerichtlichen Erledigung aller rechtlichen Streitigkeiten zwischen der Schweiz und Deutschland ein führen. Das Protokoll bedarf zur Rechtskraft der Ratifikation. Die Kontrolle der Rüftungsfabriken. Genf , 29 Auguft.( Eigenbericht.)
Die Kommiffion für die Kontrolle der privaten Waffenfabrika tion hörte am Mittmoch eine amerikanische Erklärung zur Kontrolle der Flugzeugherstellung, in der sich Amerika auf den deutschen Standpunkt stellt, daß ein scharfer Unterschied zwischen
Kriegsfliegertod im Frieden. Zotenbilanz der britischen Militärfliegerei. London , 29 August.
Laut Mitteilung des Luftminifteriums wurde bei Abufir in Aegypten der Führer eines Militärflugzeuges durch Unfall getötet. Damit fteigt die Zahl der Todesunfälle bei den britischen Cuffffreiffräffen in diesem Jahre auf 57, das sind bereits zwei mehr als die Gesamtzahl der Todesfälle im Jahre 1927. Jm Jahre 1926 befrug die Zahl der Todesfälle 85!
Diese Ansicht vertritt die überwiegende Mehrzahl der Abgeordneten; die Vertreter der syrischen Minderheiten und des an Syrien angeschloffenen legandrette gebietes aber haben den Verfassungsentwurf für unbefriedigend erflärt. Nach Annahme der Verfassung durch die Nationalversammlung hat Oberkommissar Ponsot dem Parlament u. a. geschrieben:
Ich halte es für meine Pflicht, Ihre Aufmerksamkeit darauf zu richten, daß Sie nicht gegenwärtig Fragen erörtern dürfen, deren Lösung nicht der Nationalversammlung zusteht, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil sie mit der Mandatfrage in Berbindung stehen, wofür die französische Regierung dem Bölterbund ver antwortlich ift. Die mit dem Mandat verbundenen Rechte fönnen also nicht ohne die vorherige Zustimmung des Bölferbundes geändert
merden.