Lnierparlameniansche Llniou. Oer Aufgabenkreis des juristischen Ausschusses. Der juristische Ausschuß setzte eine Ilnterkommission ein, um die Frage zu prüfen, auf welchem Wege die Forderung der Resolution Heil«, juristische Mittel und Weg« zur Ausschaltung des Krieges zu finden, zur Wirksamkeit gebracht werden kann. Dem Unterausschuß gehören an: Professor Tchücking(Deutschland ), der belgische Senator La Fontaine und der italienische Senator di San Stefano. Ferner beschloß der Rechtsausschuß, daß sofort dos Problem der Bestrafung von Friedensbrechern in Angriff ge� nommsri werden soll. Auch für di«se Strafrechtsfrage wurde ein Unterausschuß eingesetzt und Professor Pella zum Berichterstatter bestimmt. Außerdem beschloß der juristische Ausschuß, die bereits be- stehende Kommission für Abrüstungsfragen durch die Zu- mahl»'Niger Juristen zu einem gemischten Komitee zu erweitern, das insbesondere die sogenannte Sicherheitsfragc erörtern soll. Als besondere Aufgabe wurde diesem gemischten Komitee die Prü- fung der Möglichkeiten für einen weiteren Ausbau des Ksllogg-Paktes überwiesen. Als deutscher Jurist soll dem Komitee Profcsior Schücking angehören. Schließlich lag noch ein Dorfchlag von Profefior Brunet.Paris vor. der Ausschuß solle sich mit der Frage der Einsetzung inter - nationaler Gerichte für prlvatrechtliche Streitigkeiten zwischen Angehörigen verschiedener Länder beschäftigen. lieber diese Frage wird Professor Brunei selbst dem Ausschuh in einer seiner nächsten Sitzungen ausführlich Bericht erstatten. Senator La Fontaine(Belgien ) wurde von dem juristi- schen Ausschuß erneut zum Borsitzenden für die nächst« Periode gewählt. Die nächste Session- Zwischentagungen in Genf . Der Interparlamentarische Rat hat beschloffen, die nächste Konjerenz der Interparlamentarischen Union , die stattfindet, noch der Tschechoslowakei . Rumänien oder Ungarn zu »erlegen. Es ist in Aussicht genonnnen, in den Jahren zwischen den Konferenzen interparlamentarische Sessionen in Genf abzuhalten, zu denen die Mitglieder des Rates und der Studienkommission einberufen werden sollen. Man will auf diese Weise eine engere Zusammenarbeit mit dem Bölkerbund erreichen. Erklärung der ungarischen Gruppe. Der Führer der ungarischen Gruppe der Jnterparlamen- torischcn Union legt in einer ungewöhnlich heftigen Erklärung Verwahrung gegen die gegen Ungarn gerichteten Anklagen de» rumänischen Delegierten ein, die zugleich scharf« Angriffe gegen Rumänien enthält._ Statt zur Audienz ins Kittchen! Froudnrechilerinnen, die den Präsidenten sprechen wottten. pari», 29. August. Während des Frühstücks, das Präsident Doumergu« den Dipinrvrten, die den Kellogg . Patt unterzeichnet haben, in Rambouillet gab, wollten einige Frauenrechtlerinnen unter Führung der Amerikanerin Doris Stevens dem Präsidenten der Re- publU ein Schrejbeu. üherreiche«, in dem sie um«ine Audienz vmn zehn Minuten boten. (Die Französinnen haben noch immer nicht da» politische Wahlrecht. Red. d. V.) Während des Frühstücks, so berichtet„Petit Parisien", wurden di« Frauenrechtle- rinnen auf der Polizeiwache fe st gesetzt. Diejenigen, die eine Berpilichwng, die Ordnung nicht zu stören, nicht übernehm« wollten, wurden bis nach der Abfahrt des Präsidenten auf der Prlizeiwoche fsstge halten. Um X4 Uhr sollen all« Frauen- rechtlerinnen wieder in Freiheit gesetzt worden sein. Nach der „Thieago Tribüne" sollen die Polizeibeamten die Fähnchen, in« die Frauen mitgebracht halten sowie dos Schreiben an den Präsi- denten zerrissen und aus den Boden geworfen haben. Die Frauenrechtlerinnen sollen den Versuch gemacht haben, A n- sprachen zu halten, seien jedoch von der Polizei daran gehindert worden. Oer knipsbereiie Militärattache. Seine Abberufung angeregt. helfingsor», 29. August. Die Sowjetregierung Hot in Heljingsors die Abberufung des jinnländischen Militöraüachös in Moskau . Oberstleutnant Aimclous-Aima, angeregt. Der Oberstleutnant ist auf Urlaub. Die finnlöndisch« Presse weist daraus hin. daß ein verhält- nismäßig geringfügiger Vorfall im Juni d. I. diesen Konflikt her- vorgerufen hat. Damals wurde Oberstleutnant Aimeläus bei einer Vorführung von Kriegsflugzeugen in Leningrad verhaftet, weil er einen photographischen Apparat bc! sich trug.(Roch russischer Angabc h a t er photographiert. Red. d. B.) Er wurde sofort wieder freigeloffen, doch scheint die Sowjetregierung darauf- bin feine Abberufung zu wünschen. Es gilt als sicher, daß der Militärottachä auf feinen Moskauer Posten nicht mehr zu- rück kehren wird. Zugleich wird bekannt, daß auch der fowjet- russische Militärattache in chelsingfors Woskonaw seinen Posten verläßt, doch erfolgt diese Abberufung ohne finnlandischen Druck.
Die Lüge um Tolstoi.
Verhaftungen in Viga. Wegen Anstistnng der Unruhen. Riga . 29. August. Die Polizei hat drei Personen festgenommen, die die Unruhen vom 22. August angestiftet haben sollen. Die Namen der Der- hafteten sind: Samoilom, Seligmonn und B a l o d i s. Sic fall die Menge zum Widerstand« gegen die Polizei angestiftet und zum Eirchruchsversuch in das Gebäude des Bezirksgerichte» ausge- fordert Hoden. Die Unabhängig-Sozialistische Partei ist ausgelöst worden Kommunistenprozeß. Liboo, 29. August. Das»ezirksgericht verhandelte gegen eine Anzahl Mitglieder einer in Libau vor zwei Jahren ins Leben gerufenen kommu- nistischen Organisation, darunter zwei aus Sowjetrußland. Das Gericht verurtellte diese beiden zu se sechs Jahren Zucht- Haus,«in« weibliche Angeklagte erhielt fünf, drei weitere An- geklagte, darunter«in« Frau. 4 H Jahre Zuchthaus .
Zur Feier von Tolstoi » hunderisöhrigem Geburtstag planen dt« Gowset-Ruffen eine Reuherausgabe seiner Werke. Seinem langjährigen Freund und Sekretär wurde die Einreise nach Rußland verboten.
»Tolstois Werke?- Na, das muß jawohl fein. Aber sein Geist muß erst von uns geläutert werde«, und dazu ist uns selbstredend dieser alte Freund und Kenner nur hinderlich.- Die Welt will Frieden. Internationale Kundgebungen.
Amsterdam . 29. August.(Eigenbericht.) Der Weltfriedenskongreß der Jugend in Cerde ist nach zehn- tägigen Debatten geschlossen. Wenn er nicht ganz das Ergebnis zeitigt«, das man sich davon versprach, so trägt die Obstruktion der Kommunisten daran Schuld. Nichtsdestoweniger wurde ernst« Arbeit verrichtet, die auch in den Entschließungen ihren Aus- druck fand. In bezug auf den Völkerbund wurde eine Entschließung gefaßt, nach der internationale Ordnung und Friede nur dann gesichert sind. wenn sie sich auf internationale Gerechtigkeit stützen. Hierzu sei ein« internationale Kontrollorganisation notwendig, wobei der Völkerbund al» deren Grundlage anerkannt werden könne. Wenn er jedoch al» Werkzeug gut funktionieren solle, sei es notwendig, daß er alle Rationen, also auch die Vereinigten Staaten und Rußland , umfaffe. Ein internationales Geld- und Banksystem sei ebenfall» notwendig, die absolute Abrüstung unerläßlich. Unter diesem Gesichtspunkt wurde auch die große Bedeutung des Kellogg -Abkommen» begriffen, dem man jedoch eine Verpflichtung aller Nationen, all« Streitfragen einem Schiedsgericht zu unter- werfen, hinzufügen müffe. Schließlich forderte man, daß an Stelle politischer Unterwerfung das Selbstbestimmungsrecht herrsche. Ee wurde die Errichtung eines Internationalen Sekretariats beschloffen, Sitz vorläufig im Haag. Niederland garantierte dafür sofort 1309 Gulden. Die Mitglieder des Sekre- tariots sollen von den Nationen noch bestimmt werden. Prag , 29. August. Der Weltkongreß für Friede und Freundschaft durch die Kirchen hat nach viertägigen Beratungen ein« Entschließung über die Abrüstung mit allen Stimmen bei einer Enthaltung gefaßt: sie fordert, daß alle Mitglieder des Völkerbundes ihr« bewafineicn Kräfte gemäß dem Völkerbunds p a t t einschränken und ein allge- meine» Schiedsgericht annehmen. Die Kirchen werden aufgesordert, ihren sittlichen Einfluß zusammen mit dem Völkerbund und den Regierungen dafür einzusetzen, daß mit aller Beschleunigung die dazu nötigen internationalen Abmachungen getroffen werden. Weiterhin müffen die Kirchen ihre Kräfte und ihren erzieherischen
Einfluß gellend machen, damit di« Völker fortan ihre brüderliche Solidarität und ihre Verpflichtung zur zielbewußten Zusammenarbeit bejahen. Zum ersten Male haben sich führende Vertreter des kontinentalen und amerikanischen Protestantismus, der englischen Kirchen, der griechisch-orthodoxen und der Missionskirchen des Fernen Ostens z» einer gemeinsamen Erklärung über eine aktuelle politische Frage zusammcngeschlosien. Di« deutsche Delegation, 38 Mitglieder. unter Führung des Reichsgerichtspräsidenten Simons und des Marburger Professors Rade, ist einmütig dieser Erklöruyjl beigetreten. Die Forderung einer vollständigen Ab- r ü st u n g, di« von Holland gestellt wurde, Ist fallen gelassen worden. 4- Wenn die Entschließung des Weltkongreffes tatsächlich der ideologischen Einstellung der auf dem Kongreß ver- tretenen Kirchen entspricht, so wäre das dankbar zu be- grüßen. An dem ehrlichen Willen der Mitglieder der deutschen Delegation ist nicht zu zweifeln. Dafür bürgen die Namen ihrer Haupoertreter Simons und Rade. Leider hat der Protestantismus in Deutschland bisher allzusehr den Friedenswillen vermissen lassen, wie er auf dem Prager Kongreß proklamiert worden ist. Es ver- geht kein Kriegervereinsfest, keine militaristische Denkmals- enthüllung und kein Stahlhelmfest, auf dem nicht protestan- tische Geistliche einem Geist des Krieges und der Revanche das Wort reden, der im krassesten Gegensaß zu dem Prager Beschluß steht. Die amtlichen Stellen der protestantischen Kirche in Deutschland haben nur zu oft zu erkennen gegeben. daß sie sich auf die Seite jener Parteien stellen, die den Krieg und nicht den Frieden wollen, sie haben sich zu oft auf die kaiserlich- imperialistische Tradition berufen, als daß man ohne weiteres an einen allgemeinen Umschwung glauben könnte. Man wird also, soweit es die protestantische Kirche in Deutschland als solche angeht, abwarten müssen, ob den Worten auch die entsprechenden Taten folgen.
Die Vereinigten Staaten verttagt. Wegen rechtswidriger Ausweisungen. Rem Park, 29. August. Elf Schistohrtsgesellschoften haben einen Prozeß gegen die Re- gierung der Bereinigten Staaten angestrengt, von der sie 39 999 Pfund Sterling Entschädigung wegen ungerechtfertigter Ausweisung zahlreicher Einwanderer verlangen. Die Gesellschaften machen gellend, daß viele dieser Einwanderer, di« sie mit ihren Schiffen nach Amerika befördert haben, erst nach ihren Heimatländern zurückgeschickt worden seien, nachdem sie mehr als fünf Jahre in den Dereinigten Staaten, wo sie zu bleiben beabsichtigten, gelebt Höllen.____ � Kelloggs Irsandbefuch. Paris . 29. August. Staatssekretär Kellvzg hat in Begleitung des Präsidenten des irischen Freistaates Cosgravc heut sriih 8 Uhr Paris verlassen. Beide haben sich tn Le Havre an Bord des amerikanischen Kreuzers „Detroit " begeben, der nach Irland in See gegangen ist. llSA.-Nüstung. Washington , 29. August. Zu Beginn de» nächsten Frühjahres werden zwei von den acht tm Bau befindlichen leichten Kreuzern der amerikanischen Marine vom Stapel lausen. Sie werden Anfang Juli 1929 in Dienst gestellt werde»
Mandschuregierung gegen Moskau . Die Ermordung des Bahndirektors Lachevitsch. Paris , 29. August.(Eigenbericht.) Nach einem Telegramm des„Echo de Paris" aus Peking ist der russische Generaldirektor der Mandschu-Bahn, Lachevitsch, in Mukden verhastet und tm Gesängni» ermordet worden. Lachevitsch.«in ehemaliges Mitglied des Zentralkomitees der Tschcka, wurde bei der Beseitigung der Trotzki -Opposition noch Mukden ver setzt. Die Mnndschu-Regierung hat ihn unter der Anklage verhalten lassen, daß er einen A u f st a n d gegen sie organisiert und ihren Gegnern Waffen aus Rußland geliefert habe. Antikommunistengeseh in Indien . London . 28. August.(Eigenbericht.) Die britisch-indische Regierung hat dem Parlament in Delhi «inen Gesetzentwurf zur Bekämpfung der kommunistischen Agitation vorgelegt. Sollte das Parlament den Gesetzentwurf ablehnen, dann sollen die wichtigsten Bestimmungen aus dem Vcrordnungs- w e g Gesetzestrast erhalten! Die Siadlverordnelenversammlung in Frankfurt a. M. beschloß nach lebhafter Auseinandersetzung mit der Rechten ein neues Wohnungsbauprogramm, das 16 999 Wohnungen vor- sieht. Davon werden etwa 8999 als Kleinstwohnungen gebaut und zwar zu einem Mietzinssatz von 33 M. Die Wohnungen sollen mit modernen Kücheneinrichtungen, eingebauten Möbeln, Schränken und Betten oersehen werden. Die Baüsumme beträgt laut Voranschlag 169 Millionen Mark. Die Annahme der Vorlage ist als ein Erfolg der sozialdemokratischen Siadtoerordnetenfraktion zu buchen.