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Morgenausgabe

Nr. 415

A 211

45.Jahrgang

Böchentlich 85 B1. monatti 8,00 im voraus zahlbar, Bostbezug 4.32. einschl. Beftellgelb, Auslandsabonne ment 6,- m. pro Monat.

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Der Borwärts" erscheint mochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abend ausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Illuftrierte Beilagen Bolt und Zeit und Rinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wiffen", Frauen ftimme". Technif"." Blid in bie Bücherwelt" und Jugend- Borwärts

Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Sonntag 2. September 1928

Groß- Berlin 15 Pf. Auswärts 20 Pf.

Die eteipattige Ronpareillezelle 80 Pfennig. Reflamezelle 5.- Reichs mart. Kleine Anzeigen das lettge brudte Bort 25 Pfennig( zuläffig zwei fettgebruckte Borte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Bort 15 Bfennig, jedes weitere Bort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen. annahme im Hauptgeschäft Linden. Straße 3, wochentagl, von 8 bis 17 Uhr.

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Dem Parlament der Arbeit!

Partei und Gewerkschaft.

Dem Hamburger Kongreß zum Gruß!

Von Otto Wels .

schlagen suchen, werden neue Niederlagen erleiden. Ihre Ge­wiffenlosigkeit wird an dem Ernst und der inneren Festigkeit des Arbeitswillens für ein großes Ziel zunichte werden.

nur den Umfang der speziell gewerkschaftlichen Aufgaben, sondern auch die Fülle gemeinsamen Handelns mit der Sozialdemokratie auf. In allen Zweigen der Wirtschafts­und Handelspolitit, der sozialen Steuergesetzgebung weist es auf gemeinsame Aufgaben hin.

Große Bedeutung für die gesamte Arbeiterschaft tommt den Verhandlungen über die Demokratie in der Problem der demokratisch beherrschten Wirtschaft aufgerollt den Rongreß der Gewerkschaften mit brüderlicher Solidarität. Wirtschaft zu. Vom Hamburger Rongreß wird das So begrüßt die Sozialdemokratische Partei Deutschlands und zur Diskussion gestellt werden. Die deutsche Sozial- Wir sind seines Erfolges gewiß. Der Kampf der Gewerk­demokratie sieht in dem steigenden Einfluß der Gewerkschaften ist unser Kampf. Unser Rampf ist ihr Kampf. Die Notgemeinschaft der Interessen stand an der Wiege unserer gemeinsamen Bewegung. Sie begleitete unser bisheriges Werden und Wirken und wird uns unlösbar ver binden für alle Zeit.

Am heutigen Tage tritt in Hamburg das Wirtschafts­parlament der Arbeit zu wichtiger Tagung zusammen. Die fozialdemokratische Arbeiterschaft begrüßt den deutschen Gewerkschaftstongreß mit stolzer Freude und ruhiger Sicherheit. Sie ist überzeugt, daß seine Ber- schaften durch die gesetzliche Gestaltung der Wirtschafts- und handlungen dem Wohle der arbeitenden Massen dienen Betriebsführung eine wichtige Ergänzung für ihren eigenen werden. Sie fühlt mit der deutschen Gemertschaftsbewegung, politischen Einfluß im Staate. Das Jahrbuch der deutschen Gewerkschaften zeigt nicht meil sie Fleisch von ihrem Fleisch und Geist von ihrem Geifte ist.

In allen Kämpfen, die die sozialdemokratische Arbeiter­schaft durchfechten mußte, sah sie die Gewerkschaften an ihrer Seite. Geit in den sechziger Jahren des verflossenen Jahr­hunderts die organisatorische Gründung der Partei wie der Gemertschaften von den gleichen Personen erfolgte; seit die Gifenacher unter Führung Bebels und Liebknechts im Jahre 1868 die Gründung internationaler Gemerts genossenschaften beschlossen, Don Schweizer und Fritsche im gleichen Jahre die Gründung zentralisierter Gewertschaften in die Wege leiteten, ist der Weg von Partei und Gewerkschaften immer der gleiche gewesen. Als 1875 in Gotha die Einigung der sozialdemokratischen Parteien er folgte, frat auch der Zusammenschluß der Gemertschaften in Miriamfeit.

Die Schläge des Sozialistengefeßes, deffen Er­innerung jest nach 50 Jahren wieder besonders lebendig geworden ist, trafen Partei und Gewerkschaften mit gleicher

Härte

es

Im Feuer der Verfolgungen gestählt, waren immer und überall dieselben Personen und die gleichen Massen, die ihrer Ueberzeugung die Treue hielten und unter schwersten Opfern das Erstehen der politischen und wirt­schaftlichen Organisationen noch vor dem Fall des Schand­gesetzes tatkräftig vorbereiteten.

Die Einheit der Gewerkschaftsbewegung, der Kampf um die Form der Organisation berührte in gleichem Maße Partei wie Gewerkschaften. Jede Erschütterung in dem einen Körper der Arbeiterbewegung wurde in dem anderen mitempfunden. Ihre untrennbare Verbundenheit wurde dadurch der Arbeiterschaft immer wieder ins Bewußtsein gebracht.

Die großen Wirtschaftskämpfe der Vorkriegszeit die Tertilarbeiter in Crimmitschau , die Hafenarbeiter in Hamburg seien genannt riefen die Bartei ebenso auf den Plan wie die Gesamtheit der Gewerkschaften. Der Kampf gegen die Zuchthausvorlage, die das Koalitionsrecht zertrümmern sollte, war ein gemeinsamer Kampf. Legiens Streitschrift: Das Roalitionsrecht in Theorie und Pragis" sowie Ignaz Auers dreieinhalbstündige Meisterrede im Reichstag sind dokumentarische Nachweise für die Soli­darität dieses Handelns. Es war start genug, um Wilhelm II. zum Rückzug zu zwingen, der jede Streitbewegung durch zum Rückzug zu zwingen, der jede Streitbewegung durch Zuchthausdrohung zu unterbinden sich vermaß.

Im Zeichen des Aufstiegs.

Die Aufgaben des Hamburger Gewerkschaftskongresses.

tongreß im Hamburger Gemertschaftshaus, der mit einem Stüd Burst und einem Glas Bier zufrieden, Es ist nicht das erste Mal, daß der Gewerkschafts-| Kongresses. Das Wort Lassalles, der deutsche Arbeiter sei Waffenschmiede der Hamburger Arbeiterschaft, tagt. Bor man müsse ihm erst flar machen, daß seine wirtschaftliche zwanzig Jahren wurde hier der sechste Gewerkschaftstongreß Lage schlecht sei, ehe man ihm sagen fönne, wie sie zu abgehalten. Als die Generalfommission der Gewerkschaften beffern sei, ist im allgemeinen längst überholt. Die Gewerf­Deutschlands mit dem 1. Januar 1908 ihren Siß von Ham Schaftsbewegung bedarf heute gutgeschulter Kräfte, die das burg nach Berlin verlegt hatte, folgten ihr die einzelnen Wirtschaftsleben in seinen Zusammenhängen wie in seiner Verbände nach und nach, so daß Hamburg seine Bedeutung Gesamtheit überblicken und sich mit seinem ganzen inneren als Zentralpunkt der Gewerkschaften einbüßte, obwohl der Getriebe gründlich vertraut machen können. Neben ihrer Baugewertsbund und die Berbände der Zimmerer und organisatorischen bedürfen die Gewerkschaften auch der Maler noch heute ihren Siz dort haben. geistigen Macht ,,, um die Rechte der Arbeit gegen die Ueber­griffe des Rapitals mit allen Kräften zu sichern". Die Bundesschule des ADGB., zu der jüngst in Bernau der Grundstein gelegt wurde, wird um die Heranbildung dieser Kräfte mit in erster Linie bemüht sein.

Allein der brite und jüngste 3weig der deutschen Ar­beiterbewegung, die Genofferschaftsbewegung, ist in Hamburg bodenständig geworden und hat sich in un geahnter Weise entwickelt. Dabei ist ihre Entwicklung noch feineswegs abgeschlossen, sondern in vollem Fluß. Die GGG., die Großeinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine, der Zentralverband deutscher Konsumvereine, jeine Ber­lagsanstalt und die Gewerkschaftlich- Genossenschaftliche Ber­sicherungs- Attiengesellschaft Boltsfürforge" zeugen von der Arbeit, die in Hamburg auf genossenschaftlichem Ge­biete geleistet wurde.

Bor 60 Jahren hielt der Allgemeine Deutsche Arbeiter verein in Hamburg seine fiebente Generalversammlung ab, die nach einem Vortrage von Geib folgende Resolution be­schloß, die in ihrem zweiten Teil noch heute Beltung hat: Die Generalversammlung begrüßt in den englischen Trades Unions langjährige und treue Vorfämpfer der Arbeiterfache, welche auf Grund einer starten Organisation die sozialistische Ertenntnis ver­breiten, daß die Rechte der Arbeit gegen die Ueber griffe des Rapitals mit allen Kräften, insbesondere durch die Bertretung der Arbeiter in den gefeßgebenden Gewalten zu er­ftreben und zu sichern ist.

Um die Rechte der Arbeit geht es auch jetzt auf dem Hamburger Gewerkschaftstongreß, auf deffen Tagesordnung als wichtigste wegweisende Frage die Verwirklichung der irtschaftsdemokratie steht, nachdem bereits der Breslauer Gewerkschaftskongreß vor drei Jahren sich mit der Idee und dem Begriff der Wirtschaftsdemokratie befaßt Der interparteiliche Charakter der Unternehmerorgani hatte. Die freien Gewerkschaften wissen sich von Illufionen sationen führte mit Notwendigkeit zur Betonung der ge frei. Die Forderung auf Demokratisierung der werkschaftlichen Neutralität. Alle Arbeiter ohne irtschaft zieht praktische Schlußfolgerungen aus der Unterschied des Glaubens, der Rasse oder des politischen Be- Tatsache, daß zur Wirtschaft vor allem auch die Arbeiter fenntnisses zusammenzufassen, war Pflicht der Notwehr. und Angestellten und ihre Gewerkschaftsorganisationen ge­So wurden die Gewerkschaften insbesondere nach dem hören. Die Aufstellung dieser Forderung bedeutet für sie nach den Ausführungen, die der Referent über dieses Thema Kriege, im neuen Staat, zu der maßgebenden wirtschaft Genosse Friz Naphtali bereits in der vorbereitenden lichen Vertretung der gesamten Arbeiterschaft neben der Sigung des Bundesausschusses machte: weder einen Ber­Sozialdemokratie, ihrer politischen Sachwalterin. Die Berzicht auf das sozialistische Biel, noch einen Ersatz für den fonalunion in Gewerkschaft und Partei ermöglichte die Sozialismus, fondern eine Ergänzung der sozialistischen Wahrung der speziellen politischen Gewerkschaftsinteressen im Idee in der Richtung der Klärung des Weges zur Ver­Rahmen der sozialdemokratischen Parlamentsfraktionen wirklichung." wie innerhalb der Parteiorganisationen allüberall. Leipart betonte in dieser Sizung, daß die Demo Der Hamburger Gewerkschaftskongreß wird sich seinen fratisierung der Wirtschaft eine fonfrete Gegenwartsaufgabe Borgängern würdig anschließen. Die Einheit der Gemert- bildet: daß nicht ein Tatbestand, sondern ein Wachs tum s prozeß den Inhalt des Problems darstellt. In schaftsbewegung wird durch ihn neue Stärkung erfahren. zwangsläufiger Verbindung mit der Forderung nach Demo­Die Feinde der Sozialdemokratie, die auch die Gemert- fratifierung der Wirtschaft stehen die Bildungsauf schaften unter dem Ruf nach der Einheitsfront" zu zer- gaben der Gewerkschaften mit auf der Tagesordnung des

Der Kongreß wird ferner die Forderung der Gewerk­fchaften auf Vereinheitlichung der sozialen Versicherungseinrichtungen und deren Selbst­verwaltung durch die Versicherten erheben und diese Forderung begründen. Die Verheißung im Artikel 161 der Reichsverfassung, daß das Reich ein umfassendes Ver­sicherungswesen unter maßgebender Mitwirkung der Versicherten schafft, muß erfüllt werden.

Wenn Bömelburg den Stuttgarter Gewerkschafts­tongreß im Jahre 1902 mit den Worten schloß: Die deutsche Gewerkschaftsbewegung und die deutsche Sozial­demofratie sind eins", so ist das in ideeller Beziehung heute noch durchaus zutreffend. Und eben dies wird den Gewerk­fchaften heute zum schlimmsten Vorwurf gemacht von einer neuen Partei, die sich die Eroberung der Gewerk­schaften, d. h. ihres gesamten Verwaltungsapparates sanat Rassen zum Ziel gesezt hat und die reformistischen" Ge­werkschaftsorganisationen ihren politischen Zwecken dienstbar machen will, die in Moskau umschrieben werden. Der von der KPD. heraufbeschworene Gegensatz zwischen Gewerk schaftsmitgliedern der Amsterdamer und solchen der Mostauer Richtung fommt weniger in der Zahl oppositioneller Delegierten zum Gewerkschaftstongreß, als pielmehr in einer Reihe von Anträgen zum Ausdruck, die in der Parolenschmiede der KPD . ihren Ursprung haben. Die kommunistischen Anträge sind eingeleitet mit den Formeln: Der Rongreß miß billigt....", der Kongreß verurteilt....", der Kongreß stellt feft", fordert....", be­schließt....". Der Kongreß mißbilligt die Politit des Bundesvorstandes". Diese Politik wäre in dem Augenblick verkehrt, in dem sie von jener Seite nicht miß­billigt würde. Die Drohung, den Hamburger Gewerkschafts­fongreß unter einen unwiderstehlichen Massendruck der Arbeiter zu sehen", ist ebenso lächerlich wie demagogisch. Der Kongreß steht in Wirklichkeit unter dem Massendruck der Arbeiter", der Gewerkschaftsmitglieder der Amsterdamer Richtung. Der Kongreß wird sich durch alle Anwürfe der Opposition" in seiner Arbeit nicht beirren lassen, sondern seine Beschlüsse so faffen, wie es die Lebensinteressen der Gewerkschaftsgenossen erfordern.

Der 13. Gewerkschaftstongreß wird, dessen sind wir ge­wiß, eine weitere Etappe zum Aufstieg der deutschen Arbeiterschaft sein.

Friedrich Etzkorn.