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Sonntag

2. September 1928

Unterhaltung und Wissen

Der alte Beit.

Bon Friedrich Natteroth.

Beilage des Vorwärts

Wie die Zeitung entstand.

Bon Artur v. Strom.

Durch ein Dußend Dörfer im Umkreise zog der alte Handels­mann und Lumpensánmmler Beit Hirschelmann. Wenn er durch unser Dorf fam, so war es verständlich, daß seine Pfeifentriller recht lange und ausgiebig vor. der Schulstube flangen. Da war es denn mit Selbst die Götter müssen Zeitungen gefannt haben, denn sie Lernen und Aufmerksamkeit vorbei, bei Schluß stürzten wir, eine brauchten Reklame. Aber dem Menschengeschlechte blieb dieser Rotte Korah  , diesen verführerischen Locktönen nach. Inmitten seiner göttliche Einfall, in dem sich die Heiterkeit unseres Zeitalters fund­lärmenden und drängelnden Freunde stand dann der kleine Mann, gibt, lange genug vorenthalten. Ein dumpfes Bewußtsein von der mit verschmitztem Lächeln in den ewig zwinkernden Augen, jedem Unerläßlichkeit aller Publikationen findet sich allerdings schon in von uns sein Attribut schenkend, ein buntes Bildchen zum Aus- frühen Jahrtausenden; denn was bezweckten letzten Endes Inschriften schneiden, eine ausgeschnittene rätselhafte Inschrift oder ein Bilder­aller Art auf Stein oder Pergament wenn nicht Bekanntgabe"? rätsel aus einer Zeitung, deren Lösung er uns geheimnisvoll bei Was sonst bedeuteten öffentliche Anschläge oder die Tätigkeit der seinem Wiederkommen versprach. Dafür erwartete er auch von uns, Ausrufer? Es sollte dem Publikum in einmaliger und unveränder­daß wir nunmehr daheim locker machten, was nicht niet- und nagel- licher Form etwas mehr oder minder Wichtiges mitgeteilt werden, fest war. Eo war er Aller Freund, der Jugend im Dorf und der vor Jahrtausenden wie heute. In den acta diurna der alten Römer Erwachsenen, besonders der jungen Frauen und Mädchen, die er mit nähert sich die Art dieser Mitteilung bereits dem Sammelbegriff manchem gewagten Scherz, aber auch mit manchem flugen Lebens- Beitung", aber der Gedanke glomm dann bis zum Ausgang des manchem gewagten Scherz, aber auch mit manchem flugen Lebens- Mittelalters unbestimmt und verstohlen dahin, um plötzlich in heller Flamme aufzulodern. Der Prometheus aber, der den Göttern dies ein Franzose und hieß Théophrafte

rai bedachte.

Einmal hielten wir die Kühe schon eingespannt, und der Groß­våter öffnete das Tor des Hofes zur Ausfahrt. Es begann das Ge­spräch zwischen den beiden Alten, auf dem Kirchturm schlug die Uhr die Biertelstunden dazu. Ich schlich mich hinter dem Wagen herum und hängte den Kühen die Seiterstränge aus. Mittag war es mittler­meile geworden, und die Kühe wurden wieder in den Stall zurück­geführt. Aber Herschelmann wurde ins Haus gebeten, denn der Großvater, dessen Güte und Klugheit weit über seinen bescheidenen Kreis hinausleuchtete, hatte seine Freude an dem Juden, mit dem er verständiger sprechen fonnte als sonst mit seinesgleichen im Dorf. Eine der hartgeräucherten Bratwürste mußte daran glauben, deren herrlichem Duft nach Rauch und Knoblauch selbst ein toscheres Jüdlein nicht widerstehen konnte.

Bei einer dieser Gelegenheiten war es, daß ich eine Anekdote nom alten Beit erzählen hörte, die mir noch heute wegen ihrer Deftigkeit mert als Perle des Boltsschwants im Gedächtnis ge­blieben ist:

Da war Beit mit seinem Eselsmägelchen das Dorf hinauf an der Kirche vorbeigefahren und war dem Pastor begegnet. Sie spannen beide fein gutes Garn zusammen, der fluge Jüd  , der das dörfliche Wesen anders und schärfer sah als der Seelsorger, der im jahrelangen Amt selbst wieder zum Bauern geworden war. Wenn es Beit ver­stand, unangenehmen Dingen aus dem Wege zu gehen, so stand er doch auch tapfer seinen Mann, wenn sie ihm wie jetzt der Pastor auf dem Wege begegneten. Sie hatten sich manchmal schon aneinander gerieben, und Beit hatte beschlossen, es ihm einmal gründlich heim­zuzahlen.

So ließ er den Pfarrer gar nicht zum Wort kommen, sondern verstand es schon von weitem, ihm das Gefühl zu fuggerieren, als hätte er heute allzu großen Kummer. Der biedere Pastor ließ sich von dem fläglichen Gebärdenspiel einfangen, fonnte aber von dem Handelsmann nicht mehr erfahren, als daß er die vorausgegangene Nacht schlecht geträumt habe und daß ihn dieser Traum tief be­

fümmere.

Der Pastor, nun erst recht neugierig gemacht, drang um so leb­hafter in ihn, seinen Traum zu erzählen. Veit hatte sich auf seinen Bagen hingehodt und hielt in tiefer 3ertnirschung die Hände vor das Gesicht. Zweimal ließ er sich versprechen, daß ihm der Pastor den Traum nicht verargen werde, denn der Pastor spiele in dem Traum ebenfalls eine Rolle. Und zweimal versprach es ihm der Und zweimal versprach es ihm der Paftor.

Beit hatte geträumt so erzählte er, er wäre gestorben und die Seele wäre geradenwegs vor das Himmelstor geflogen. Da hätte man von dem ungetauften Juden nichts wissen wollen und hätte ihn zur Hölle hingeschickt. Ich habe ihm immer gesagt," meinte der Pastor ,,, daß es ein­mal mit ihm fein gutes Ende nehmen wird!"

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Beit seufzte. Und so fuhr er der Absolution im voraus in der Erzählung seines Traumes fort: Als er vor der

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ficher Hölle anfam, hätte ihn niemand hineinlassen wollen. Da hätte er aber auf seinem Recht bestanden, denn einen Ort müßte die Seele haben, wo sie hingehöre, selbst dann, wenn sie von einem Juden täme. Mittlerweile hätte er vor dem Tor auch empfindlich gefroren in der dünnen Luft mit seinem dünnen Eterbehemd. Da hätte der Torwächter bei der Hölle im Register nachgeschlagen, doch sein Name märe nicht vermerkt gewesen.

,, st denn feiner da, der den Juden Beit fennt?" habe der Teufel in die Hölle hineingeschrien, doch auch da hätte ihn niemand gekannt. Zu seiner großen Freude wäre in diesem Augenblick ein Teufel mit einem Korb vell Seelen durch die Luft geflogen ge= tommen, und eine von den armen Seelen hätte Beit gleich als alten guten Bekannten wiedererkannt. Er hätte hinaufgerufen: Herr Pastor! Herr Pastor!---"

Den Rest des Traumes hörte sich unser Pastor nicht mehr an. Butschnaubend war er davongeeilt, und Beit Hirschelmann hatte feinen Weg fortgefeßt mit Ropfschütteln über den Pfarrer, der einen harmlosen Traum nicht zu Ende hören wollte.

Beim Amtmann   sahen sich der Jude und der Pastor wieder, denn der beleidigte Seelenhirt hatte den Haufierer verflagt. Der lebensfrohe Amtmann wollte der Angelegenheit einen pifanten Reiz verleihen, indem er sich in des Pastors Gegenwart nochmals den Traum erzählen ließ. Der Pastor trat ppr Ungeduld von einem Bein auf das andere, ihn reute es schon, daß er mit seiner Klage dem fetten Amtmann dieses Privatvergnügen bereitet hatte. Aber plötzlich horchte er auf, als sich der Amtmann die unbeendete Er zählung von dem Traum zu Ende. führen ließ.

,, Gott   soll mich schüßen, es war mir e Troum, e ganz dummer Troum!" mehrte Beit ab. Und doch bestand der Amtmann mit fluchen und Donnern auf seinem Recht.

Und Beit erzählte:

Da wäre er denn mit des Bastors Hilfe in die Hölle gekommen, und er habe sich dort am Feuer erst einmal richtig gewärmt. Nach Garfleisch hätte es auch gar lieblich gerochen und da er Hunger per­spürt hätte, habe er den Deckel von einem großen Kessel ein wenig gelüftet und fofort sei­ Na fei

und sei

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., habe der Amtmann den Kopf aus dem Kessel gesteckt und Nun hatte sich der Beit mit seinem Traum zwei Feinde gemacht. Rein, in Gegenwart eines Gebildeten fonnte der Amtmann den Borwurf des Juden nicht auf fich fizen laffen, daß er mit seinem Fett in der Hölle schmoren solite

Die Sache ftand nun zum Termin vor dem Amtsgericht,

neue Feuer stahl, war

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Prof. Wilhelm Ostwald  

der große Chemiker und Schöpfer der energetischen Naturphilo­sophie, begeht heute seinen 75. Geburtstag. Er war von 1878 bis 1906 Hochschullehrer in Dorpat  , Riga   und Leipzig  , wirkte als Aus tauschprofessor an der Harvard Universität in Cambridge   und an der Columbia- Universität in New York   und erhielt 1909 den Nobel­ preis für Chemie  . Seine chemischen Forschungen, besonders auf dem Gebiete der Farbenlehre, aber auch seine naturphilosophischen Werte haben ihm einen Weltruf verschafft.

Renaudot. Er wurde 1584 in Loudun   geboren und mit ihm scheint die moderne Zeitung in ihrer Urform in Erscheinung ge­treten zu sein, wenn auch genug andere Völker die Ehre der Bater­die bereits unter Jakob I.   eine Art von Flugblättern schaft dieses Fabelwesens für sich beanspruchen. So die Engländer, News" genannt herausgaben, die Italiener mit den veneziani schen Notizie scritte", die Holländer, die Ungarn   und nicht zuletzt

"

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- natürlich

stimmtere Formen an, bis endlich die Intelligenz und der Fleiß eines Mannes, der das Bedürfnis seiner Zeit erkannte, die erste wirkliche Zeitung ins Leben riefen; ein Blatt, das einen Namen trug und eine bestimmte Folge des Erscheinens aufwies. Und dieser Mann war Théophraste Renaudot  . Seiner Lebensarbeit verdanken wir jedenfalls das Dasein der Zeitung in ihrer modernen Begriffs­bestimmung.

Wo gleiche Ursachen einem gleich gerichteten Bedürfnis ent­sprechen, werden sie sicher ähnliche Wirkungen erzielen. Eine solche ebereinstimmung äußerer Notwendigkeiten fand sich in der Pflege der Handelsbeziehungen europäischer Länder, und einer der vielen Bege, die schließlich im Bereiche der Zeitung des Théophrafte Re­häuser... naudot mündeten, führte über die Kontore der großen Handels. Schon die Fugger gaben in der Mitte des

16. Jahrhunderts unter dem Titel Ordinari Zeittungen" geschäftliche Mitteilungen heraus. Diese Berichte, die man mit anderen Handelshäusern austauschte, wiesen inseratähnlichen Charak­ter auf und brachten solche politischen Ereignisse zur Sprache, die geeignet waren, Geschäfte günstig oder ungünstig zu beeinflussen. Bon allen geschriebenen Kundgebungen dieser Art, die man, wenn man will, als erste journalistische Versuche auffassen tann, miesen diejenigen des Hauses Fugger den größten Umfang auf und er­langten eine solche Verbreitung, daß man sie bereits mit einer Zeitung vergleichen kann. Fast täglich erschien ein Eremplar dieser Ordinari- Zeittungen", zu denen man unter dem Titel Extra­ordinari- Zeittungen" Ergänzungen mit den letzten Neuigkeiten herausgab. Die Nummer der Ordinari wie der Extraordinari foftete zu Augsburg 4 Kreuzer; auch fannte man bereits eine Art Jahresabonnement, das für die Ordinari und Extraordinari 25 Gulden, für die Ordinari allein 14 Gulden betrug. Anfänglich brachten diese Blätter, abgesehen vom rein faufmännischen Teil, nur politische Mitteilungen und erst nach und nach erschienen auch Be­richte über andersartige, besonders interessante Geschehnisse in fremden Ländern. Echte Inserate gab es zunächst nicht, und Deutschlands   erste Zeitung, die Straßburger 3eitung" vom Jahre 1609, enthält noch keinerlei Anzeigen. Auch die im Jahre 1660 gegründete, Leipziger 3eitung", die unter diesent Namen den Sturm von Jahrhunderten überdauerte, brachte lange feine Inferate.

Die Fülle der Neuigkeiten, die in den Veröffentlichungen der Fugger enthalten war, erflärt sich aus den ausgedehnten Beziehun­gen dieses Hauses, das in allen Teilen der Welt seine Agenten hatte und mit allen großen Handelshäusern einen täglichen Briefwechsel unterhielt. Seine großen Darlehnsgeschäfte machten es zu einem gewichtigen Faktor in der politischen Welt und führten ständige Ver­bindungen mit Regierungsfreifen, Staatsmännern und Parteiführern herbei. Durch zahlreiche Dienste, die das Haus den Jesuiten   leistete, die sich damals über die ganze Welt auszubreiten begannen, hatten sich die Fugger das besondere Wohlwollen dieses Ordens erworben, der ihnen als Gegenleistung manche ,, vertrauliche Mitteilung" zu tommen ließ. Schon damals wurden literarische Neuigkeiten be sprochen und Auszüge aus interessanten Büchern gebracht. Mehr­fach findet sich die Erwähnung einer, anscheinend häufig aufge

führten Komödie. Ernteberichte, Preistabellen über Getreide und andere Lebensmittel waren üblich, und man stößt auf Ankündigun­gen, wo und zu welchen Preisen. dies oder jenes zu laufen sei.

Wenn wir eine moderne Zeitung betrachten, deren Bestehen fast ausschließlich durch den Gewinn bedingt ist, den die Inferate ab­werfen, wenn wir täglich die für uns zur Selbstverständlichkeit ge­mordenen ,, öffentlichen Anfündigungen" in Inseratform ins Auge fassen, ohne die unsere wirtschaftliche Entwicklung fofort

majestätisch dahinrauschende Strom des Gedeihens von einer so schmächtigen Quelle geboren wurde und sozusagen erst entdeckt werden mußte. Und dennoch war es so, besonders in Deutschland  . Während in England London   die große Zentrale war, in der die vielfältigen Intereffen des kaufmännischen Lebens zusammenlaufen mußten, gab punkt nicht. In den zerstreut liegenden Residenzen und Städtchen es in den zahllosen Staaten von Deutschland   einen solchen Brenn­fonnte sich keine auf sich selbst angewiesene Zeitung halten... Und dennoch mußten Angebot und Nachfrage in neuzeitlichem Sinne ge­regelt werden. Man half sich durch die Einrichtung der sogenannten

wahrscheinlich mit nicht geringerem Recht die Deutschen  ... Alles in allem müssen wir den Beginn des 17. Jahrhunderts als Ent- stocken müßte, so scheint es schwer verständlich, daß dieser heute so stehungsdezennium der modernen Zeitung auffassen, denn damals nahmen die bis dahin in fast allen handeltreibenden Ländern üblichen Mitteilungsblätter eine Form an, die sie rasch genug dem, was mir heute unter Zeitung" verstehen, nahebrachte. Was dieser Periode vorausging, läßt sich hier nur flüchtig sfizzieren. Es wäre eine Geschichte der Vervielfältigung". Im 15. Jahrhundert sorgten Chronisten, Dichter und Troubadours dafür, daß ihre Berichte und ihre Lieder unter die Leute kamen, indem sie Abschriften verbreiteten; auch griffen fie Tagesgeschehnisse und historische Ereignisse auf, um sie in Proja oder Bersen zu veripotten oder in den Himmel zu heben. Im 16. Jahrhundert waren es die starken religiösen Gegensätze, die jetzt in der Druckerpresse einen Bundesgenossen fanden. Flugschriften und Abhandlungen wurden in die Massen geworfen, um neue Menschen für neue Ideen zu ge minnen. Man druckte besonders Manifeste, Proflamationen und Satiren einseitig auf einzelne Blätter, die man sich verstohlen zu­Teichen oder während der Nacht irgendwo anschlagen fonnte. fanden sich genug Leute, die bei erfreulichem Gewinn gern dem Neuigkeitsbedürfnis und der Unterhaltung weiter Kreise zu dienen flußreichen Persönlichkeiten getragen und von oben herab" lebhaft

Es

bereit waren. Um die Ware zugfräftiger zu machen, perfiel man bald darauf, mehrere Geschehnisse auf ein und demselben Blatt zu bringen oder in einem Heft zu veröffentlichen. Die Veröffentlichun­gen von Tagesgeschehnissen und Zeitereignissen nahmen immer be­

Ob der Herr Richter auch auf die Fortsetzung der Traumgeschichte bestand? Natürlich wollte der Richter, dessen Sympathie mehr auf seiten des Juden war als der Ankläger, die ihn wegen solcher Lappalien

belästigten.

Beit wußte also zu berichten, wie ihm weiter träumte, daß ihn in der Hölle die Hize mit der Zeit schläfrig gemacht habe. Da habe er sich nach einem Plätzchen umgesehen und in der Ede am Ofen hätte ein recht bequemer gepolsterter Lehnstuhl gestanden. Auf diesen hatte er sich gesetzt, doch in dem Augenblick, gerade als er ein­genickt sei, hätte ihn die rauhe Faust eines Teufels ergriffen und ihn vom Stuhl gestoßen:

,, Was fällt dir alten Jüd ein, dich auf diesen Stuhl zu sehen!, Das ist doch der Stuhl vom Herrn Amtsrichter!".

,, Na, sehen Sie, meine Herren," wandte sich der joviale Richter lachend an die Kläger ,,, nun gehöre ich doch selbst mit zu der Barfie. Mit meiner Gesellschaft werden sich die Herren Kläger   doch wohl zufrieden geben?"

Sprachs, griff in die Tasche und reichte dem alten Beit einen Taler. Dann hieß er ihn fich trollen. Und Beit mar glüdlich, so wohlfeilen Kaufs aus der Affäre gekommen zu sein.

ntelligenzfontore", Bureaus, in dener: Liften auslagen, in die fich jeder, der irgend ein geschäftliches Angebot wünschte, ein­tragen konnte. Die Umständlichkeit des Verfahrens führte zur Ber­einfachung: man vervielfältigte Angebots und Nachfragelisten und gab fie in zeitungsähnlicher Form heraus. Auf diese Weise ent­standen die Intelligenzblätter", ausschließlich Insertions­organe, deren Allgemeinnuhen so auf der Hand zu liegen schien, daß fie lange Zeit vom besonderen Wohlwollen der Behörden und ein­

unterstützt wurden. Denn hier erfuhr der Bürger genau das, was zu wissen ihm allein nottat: was es zu faufen und verkaufen gäbe, was Mehl, Butter und Eier fosteten. Nichts sonst. Keinerlei üble Meinungen von Staats- und gelehrten Sachen, feine von der be hördlichen Weisheit abweichenden und daher unnüßen Betrachtungen wurden verlautbart, und das war damals wichtig. Man sicherte daher den Intelligenzblättern das Monopol der Inserate und machte fie mit löblichem Bedacht zu einem Hemmschuh für die freie Ent­wicklung des Zeitungswesens. Es dauerte lange, bis die Presse diese Klippe umschiffen konnte. Noch länger dauerte es, bis aus den mühsam erworbenen Rechten eigene politische und kritische Meinungs­äußerungen ermuchsen, die man den Zeitungen bis weit in das 19. Jahrhundert hinein absprach. Biele Kämpfe spielten sich ab, viele Existenzen wurden vernichtet. Immer wieder triumphierte das Althergebrachte: 3opf und Clique, bis der moderne Weltverkehr auch diese mittelalterlichen Winkelschatten durch das sachliche Licht feiner Bogenlampen abtötete.

Lehrer lernen das ABC. Es ist nicht ganz einfach, eine voll­tommen neue Schrift in einem Lande einzuführen. Am 1. Ottober sollen die türkischen Lehrer damit anfangen, die ABC- Schüzen Das lateinische Alphabet zu lehren und sie selber haben meisten­teils teine Ahnung davon. Auf Beschluß einer Spezialkommission begann daher am 18. Auguft ein Kurjus für Wanderlehrer, die ihrerseits dazu bestimmt find, im Lande umherzureisen und die Lehrer der Schulen in die Geheimnisse der neuen Schrift ein zumeihen