Einzelbild herunterladen
 
  

BERLIN  

Freitag, 7. September

1928

10 Pf.

Der Abend

Ericheint tåg lid außer Sonntags. Sugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Erpedition: Berlin   SW 68, Lindenstr.3

Spätausgabe des Vorwärts

45. Jahrgang.

Anzeigenpreis: Die einfpaltige Nonpareillezetle 80 Vf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Voßticheckkonto: Vorwärts- Verlag G. m. b. H., Berlin   Nr. 37536. Fernsprecher: Donboff 292 bis 297

Das Gesicht des neuen Berlin  .

Der Sinn der Vereinheitlichung des Verkehrs.

Wir haben vor einigen Tagen bereits von dem grundlegenden Beschluß Kenntnis gegeben, der die drei großen Berliner   Verkehrsinstitute einheitlich in Form einer Berliner   Verkehrs- A.- G." im Eigentum der Stadt zusammenfaßt. Angesichts der Wichtigkeit, die diesem grandiosen Projekt innewohnt, haben wir den Berliner   Verkehrs­bezernenten, Stadtrat Reuter, gebeten, unsern Lesern eine ausführliche Schilderung über die Ent­wicklung des Berliner   Verkehrswesens zu geben. Diese Darstellung lassen wir hier folgen.

Die faft einmütige Zustimmung, mit der in der Deffentlichkeit die Borlage über die Bereinheitlichung der Berliner  städtischen Bertehrsunternehmungen aufgenommen worden ist, berechtigt zu der Annahme, daß sie in ihren Grundsätzen von der Stadtverordnetenversammlung gebilligt und im Laufe des Monat Oftober angenommen werden wird. Die Deffentlichkeit hat fehr gut verstanden, daß diese Borlage teine willkürliche ist, sondern daß sie sich organisch aus der bisherigen Entwicklung des Berliner   Verkehrs ergibt, die durch unsere Initiative eine ganz be stimmte Form und ein ganz best mmtes Tempo angenommen hat.

Die Bereinheitlichung des Berliner   Berkehrs durch Schaffung der Berliner Verkehrs A.-G. ist der Schlußpuntt einer langen Entwicklung. Nur wer die jahrelangen Kämpfe u.. den Berliner  , Verkehr in der Vorkriegszeit in der Berliner   Stadtverordnetenver fammlung, im Zweckverband Groß- Berlin   usw mitgemacht hat, könnte die Geschichte dieser Entwicklung schreiben. Für uns war es verhältnismäßig leicht, nach solcher jahrzehntelangen Vorarbeit in furzer Zeit das Ziel zu erreichen. Die endgültig bevorstehende Ber­einheitlichung des Berliner   Berkehrs ist aber nicht nur Schlußpuntt einer langen Entwicklung, sondern ist der Ausgangspuntt für neue Arbeit. Um dieser neuen Arbeit willen haben wir fie erstrebt und endlich durchgesetzt.

Zunächt nur ein Rahmen...

Durch die Gründung der neuen Gesellschaft wird zunächst nur ein Rahmen geschaffen. Die zweckmäßige, durchdachte Orga­nisation der Vereinheitlichung entsteht nicht an einem Tag. ihre Durchführung segt eine lange Arbeit voraus; wenn sie mit Energie und zielflar angefaßt wird, muß sie zu beacht­lichen Erfolgen führen. Die einheitliche Verkehrsbedienung, die der weitere Sinn der Verschmelzung ist, stellt eine ununterbrochene Arbeit dar. Die Anforderungen und Bedürfnisse des Verkehrs werden sich stets ändern, ihnen werden sich die Methoden seiner Be­dienung anpassen müssen. Es wird aber erreicht werden, daß plan. mäßig und einheitlich ohne Bergeudung und überflüffige Konkurrenz eine ausreichende zweckmäßige Bedienung des öffent­lichen Berkehrsbedürfnisses stattfindet.

Die wichtigste Aufgabe liegt aber im Ausbau. Berlin   ist im Ausbau feiner Berkehrsmittel weit zurüdgeblieben. Wir müssen noch unendlich viel nachholen. Manchmal empfindet man diese Tatsache als einen Borzug, denn wir sind dadurch in die Lage verfeßt, viel planmäßiger und systematischer vorzugehen, als das in anderen Städten geschehen ist. Wir können auf Grund unserer und anderer Erfahrungen zwed mäßiger bauen, manche Kinder­frankheiten vermeiden und dadurch Anlagen schaffen, die, soweit wir heute übersehen können, voraussichtlich den verkehrlichen Bedürfnissen unferer Weltstadt in vorbildlicher Weise gerecht werden 3mmer hat sich im übrigen gezeigt, daß die Entwidlung schneller ging als ängstliche Gemüter annahmen, daß die Größenordnungen wuchsen und daß nur fühne und rücksichtslose Projekte den wirklichen Bedürfnissen entsprachen.

Die erste Aufgabe Schnellbahnen!

Alle Welt ist sich darüber einig, oder follte sich wenigstens darüber einig sein, daß die erste Aufgabe, die wir zu lösen haben, der Ausbau eines modernen leistung fähigen Schnellbahnnehes ist. Das Anwachsen der Autos, das Anwachsen des Oberflächenverfehrs zwingt uns, einen möglichst großen Teil des örtlichen Nahverkehrs unter die Erde zu legen. Nur dort lassen sich die beiden Vor­aussetzungen schaffen, die der moderne Berkehr erfordert: Schnel ligkeit und Sicherheit! Nur unter der Erde gewähr­leiftet die Technik des mit dem höchsten Ausmaß von automatischen

Sicherungseinrichtungen versehenen Schnellverkehrs einen Grad von Sicherheit, der beinahe als absolute Gefahrlosigkeit bezeichnet werden tann.

Nur dort gestattet die Technit des Berkehrs bei richtiger ( Fortlegung auf der 2. Seite.)

Internationales vom Völkerbund.

Unser Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem Völkerbundsleben in Genf  , Angehörige aller Rassen und Religionen. Im Vordergrund links den Prälaten Seipel, der als österreichischer Vertreter anwesend ist.

Das Ende der Pussy Uhl.

Die Tragödie in der Grunewaldstraße.

Wie wir heute früh bereits berichteten, wurde die 57jährige Pussy| versuchte mehrmals, mit der Wohnung telephonischen An. Uhl und ihr 28jähriger Geliebter, der Flieger Edgar Beese, gestern abend in der Wohnung Grunewaldstraße 56 er­fchoffen aufgefunden. Die Ermittlungen der Mordkommission, die bis in die späte Nacht hinein am Tatort andauerten, haben er­geben, daß Frau Uhl von Beese erschossen worden ist. Der Täter brachte sich unmittelbar darauf selbst einen tödlichen Kopfschuß bei.

Es steht außer Zweifel, daß B. sich bereits seit Tagen mit dem Gedanken getragen hat, seine Geliebte und sich selbst zu er= schießen. Alle Anzeichen deuten jedenfalls daraufhin, daß Beese die Tat vorfäßlich und mit voller Ueberlegung aus= geführt hat.

Beese, der bekanntlich wegen der Schießerei in der Wohnung der Frau Uhl, wobei er den Borer Hein und auch Frau 11. erheblich Derlegte, festgenommen wurde und turze Zeit in Unter­fuchungshaft faß, war wieder entlassen worden, da ein Flucht verdacht nicht vorlag. Er erschien mehrmals in der Wohnung seiner Geliebten und erhielt wieder 3utritt. Auch am Donners tag fand sich Beese bei Frau Uhl ein, und es tam zu einer recht sachlichen Aussprache, die nach den bekannten Ereignissen vor etwa 5 Wochen schließlich scheinbar zu einer Aussöhnung führte. Man wollte sich aus diesem Grunde einen vergnügten Abend machen, und Beese schickte eine bei ihr wohnende Freundin fort, um die notwendigen Besorgungen zu erledigen. Als diese nach einiger Zeit zurückkehrte, erhielt sie feinen Einlaß. Sie nahm ah, das Paar jei auf furze Zeit fortgegangen und wartete vor dem Hause. Als es aber immer später wurde und die Uhr bereits die neunte Stunde anzeigte, stiegen ihr doch Bedenken auf. Sie

Eröffnung der Bureau- Ausstellung. Hermann Müller spricht in Genf  .

Berichte 2. und 7. Seite.

|

schluß zu bekommen, doch kam vom Amt jedesmal die Antwort, daß der Apparat ge stört sei. Schließlich benachrichtigte die Haus angestellte das nächste Polizeirevier, das fofort mehrere Beamte entsandte. Mit Hilfe eines Schloffers gelang es dann, die Wohnungstür unter großen Schwierigkeiten zu öffnen. Den ein­dringenden Beamten bot sich ein entsetzlicher Anblick.

Neben einem Stuhl sah man in einer großen Blutlache in sich zufammengefunken Frau Uhl. 3hr gegenüber lag auf dem Teppich langausgestreckt Beefe, der eine furchtbare Kopfverlegung aufwies.

Neben seiner Leiche fand sich eine fleine Mehrlabepistole, aus der zwei Schüsse abgegeben worden waren. Die Art der Ver letzungen läßt darauf schließen, daß der Tod bei beiden auf der Stelle eingetreten ist. Nach dem Tatbestand ist Frau Uhl von Beese hinterrüds erschossen worden. Auf dem Tisch lag eine Schulden aufrechnung und daneben eine ganze Reihe von Pfandscheinen. Man glaubt, daß Beefe, der selbst völlig mittellos war, nur um einen Vorwand zur Ausführung seines Borhabens zu haben, seine Geliebte aufforderte, ihre Schulden auf­Borhabens zu haben, seine Geliebte aufforderte, ihre Schulden auf­zurechnen, die er angeblich begleichen wollte.

Während Frau Uhl ahnungslos am Tisch faß und schrieb, traf Beefe unauffällig an sie heran, hob unbemerkt die Waffe gegen die linke Schläfe seiner Geliebten und drückte ab.

3u Tode getroffen, sant Frau Uhl vom Stuhl. Die Leiche hielt in der Hand den Bleistift noch fest umkrampft. Nach vollbrachter Tat schrieb Beese in aller Eile einige Abschiedsmorte auf einen Zettel, die diesen Wortlaut haben: Verzeih', id) tann nicht mehr fämpfen Liffy, habe Dank für alles! Edgar." Beese schoß sich dann eine Kugel in die Mundhöhle, die das Schädeldach durch­schlug und in der Zimmerdecke steden blieb. Bei der Sichtung des Zimmers wurde entdeckt, daß die Telephonschnur und ebenso die Leitung der Wohnungsglocke durchschnitten waren.

-