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Beilage

Sonnabend, 15. September 1928.

Der Abend

Spalausgabe des Vorwärts

Freigewerkschaftliche Wohnungsfürsorge.

Dewog- Arbeit im Bezirk Hamburg.- Friedrich- Ebert- Ehrung in

Altona  .

Bereits vor dem Krieg hat die Arbeiterschaft begonnen, durch Selbst. hilfe die Wohnungsnot zu bekämpfen. Aber erst im neuen Staat hat die gemeinnüßige Baugenossenschaftsarbeit oftmals dant der Unter­stützung der Kommunen starten Antrieb erhalten. Diese Feier hat gezeigt, daß Stadtverwaltungen, deren verantwortliche Persönlich­feiten von sozialem Berständnis und Interesse für die gemeinnützige

Im Mittelpunkt der Arbeit des Hamburger   Gewerkschafts. I mund den Namen ,, Arbeiterschloß" erhielt, mar eine Sensation für| fammenhänge zwischen Wohnungsnot und Bodenspekulation hin. fongresses stand die Aufgabe, die Probleme der Wirtschaftsdemo. die ganze Stadt. Heute zählt die Genossenschaft ungefähr 2000 Mit­fratie" einer endgültigen Lösung näherzuführen. Die Gewerkschaften glieder. haben erkannt, daß nach der Erringung der politischen Gleichheit aller Volksgenossen nun die einseitige Machtvollkommen­heit der Wirtschaftsführer gebrochen werden muß. Die Erfämpfung der wirtschaftlichen Freiheit in der kapitalistischen Republik soll ein Beg zur Errichtung der Gemeinwirtschaft und zum Aufbau eines fozialistischen Staates sein. Inzwischen sind jedoch die Gewerkschaften nicht untätig gewesen. Sie haben sich schon heute ihre eigenen sehr beachtlichen wirtschaftlichen Unternehmungen geschaffen. Neben der Schaffung der Arbeiterbank war eine der not­wendigsten und erfolgreichsten Taten die Gründung einer freigemert schaftlichen Wohnungsfürsorgegesellschaft, der Dewog, Deutsche Wohnungsfürsorge A.-G. für Beamte, Angestellte und Arbeiter., Berlin  . Die Dewog- Organisation hat mit Beendigung dieses Bau jahres, also in rund fünf Jahren ihres Bestehens, 10 000 Klein­wohnungen für die arbeitende Bevölkerung größtenteils in vorbild lichen Großwohnanlagen geschaffen. Davon befinden sich rund 5000 Wohnungen im Werte von etwa 45 Millionen Reichsmart in eigener Verwaltung der Organisation. Sie hat in furzer Zeit überall im Reich Tochtergesellschaften entstehen lassen, die ihre Bezirke, unter Leitung der zentralen Berliner   Gesellschaft intensiv bearbeiten. Die Dewog gibt auch eine eigene vierzehntäglich erscheinende Zeitschrift, die Wohnungs- Wirtschaft", heraus.

Gemeinnütziger Wohnungsbau in Hamburg  .

Eine Zweigstelle der Dewog ist auch in Hamburg  , der Stadt, in der schon immer der genossenschaftliche Gedante stärksten Widerhall gefunden hatte. Wirklich vorbildliche Arbeit ist hier geleistet worden. Es wurden nur solche Bauprojekte zur Ausführung gebracht, die Wohnungen für die minderbemittelte Bevölkerung enthalten und bei niedrigster Miete große Fortschritte in wohnungsfultureller Hinsicht bringen. Die Wohnungen enthalten zentrale Beheizungen, Warm wasserversorgung, zentrale Waschküchen mit Schnelltrockeneinrichtun gen, Kindergärten, Spielpläge usm. Sie bleiben alle als gemein james genossenschaftliches Eigentum, das nach den Grundsätzen der Gemeinwirtschaft verwaltet wird. Die in Hamburg  von den freigewerkschaftlichen Baugesellschaften errichteten Boh mungsbauten fönnen als große Baudenkmäler betrachtet werden, die weit über unsere Zeit hinaus von genossenschaftlicher Macht und gemeinwirtschaftlichem Bollen zeugen werden. Besondere Bedeutung hat in Hamburg   die von dem Gewerkschaftsführer John Ehren teit geleitete geleitete Kleinwohnungsbau- Gesellschaft Groß- Hamburg m. b. H., die eine halboffizielle Gesellschaft darstellt und in deren Aufsichtsrat der Senat drei Vertreter delegiert. Zurzeit werden von der Kleinwohnungsbau- Gesellschaft außerordentlich umfangreiche Bauvorhaben durchgeführt. Von der Dewog werden weiter neun andere Genossenschaften und Gesellschaften in Hamburg  , Wandsbed, Altona  , darunter die Baugenossenschaft freier Gemertschafter und die Allgemeine Deutsche Schiffszimmerer- Genossenschaft, betreut; ferner die Bauten der zwei Genossenschaften in Harburg, einer Ge­nossenschaft in Stade  , einer in Lüneburg  , zwei Bohmungsbauvereini gungen in Lubed, fünf Bauvereinigungen in Schleswig- Holstein  , darunter Flensburg  , Schleswig und Riel; dazu fonimen noch zwölf Bauvereinigungen in beiden Mecklenburg  ..

Wie die ersten genossenschaftlichen Arbeiterwohnungen in Hamburg   entstanden.

Wenige deutsche   Genossenschaften dürften eine ähnliche Ent. stehungsgeschichte und Fortentwicklung aufzuweisen haben wie die Allgemeine Deutsche Schiffszimmerer- Genossen­schaft in Hamburg  , deren Bauten gleichfalls von der Dewog- Zweig

Es geht fräftig vorwärts. Allenthalben regen sich in Hamburg   die Hände, um das Werk, das ein Stück praktischen Sozialismus darstellt, immer weiter aus­zubauen. Die Schiffszimmerergenoffen­schaft hat einen neuen umfangreichen Häuserblod mit 192 Wohnungen im Projekt fertig. Dieser Bauabschnitt wird zu Ehren des verstorbenen überaus ver­dienstvollen Hamburger   Bürgermeisters, des Sozialdemokraten Stolten, den Namen Otto Stoltenhof" führen. Auch die Gemeinnüßige Klein­wohnungsbau- Gesellschaft Groß- Hamburg plant große vorbildliche Bauvorhaben, die zum Teil ganz neue Stadteile dar­stellen werden. In Altona   wirkt die Tochtergesellschaft der Dewog, die Ge­meinnügige Wohnungsbau- Gesellschaft Selbsthilfe". Hier bildete kürzlich die Grundsteinlegung zu einem neuen Wohnhausblock mit 289 Wohnungen ein großes und durch die überaus zahlreiche Teilnahme der Behörden auch politisches Ereignis. Um auch nach außenhin zu dokumentieren, daß in diesen Häusern Menschen wohnen, die, von freiheit, lichem Geift durchdrungen, eine bessere Beit erstreben, gab man dem Blod den Namen Friedrich- Ebert- Hof;| gleichsam auch ein Appell an die hier aufwachsende Jugend, dem Manne nachzueifern, dessen ganzes Leben im Dienst der Arbeit und der Arbeiterbewegung stand.

Bei der Grundsteinlegung regnete es in Strömen. Trotzdem war eine große Menschenmenge versammelt, auch das Reichsbanner war eine große Menschenmenge versammelt, auch das Reichsbanner mar aufmarschiert. Die Regierung und die Stadtverwaltung waren ver­treten. Ferner waren in großer Zahl Abgesandte befreundeter Ge­nossenschaften, der Sozialdemokratischen Partei, der Presse und der Demog anmesend. Oberbürgermeister Brauer wies auf die Zu

RUND­FUNK

AM ABEND

Sonnabend, 15. September. Berlin  .

16.00 San.- Rat Dr. P. Frank: Medizinisch- hygienische Plauderei 16.30 Sport und Körperkultur. Major a. D. Frank Breithaupt: Turnen und Sport als Kulturbewegung".

17.00 Unterhaltungsmusik der Kapelle Gebrüder Steiner unter Mitwirkung von Viktor Schwannecke.

19.00 Leop. Lehmann: ,, Einrichtungen, die wir kennen müssen. III.: Die Werkstätte der Arbeitsvereinfachung. Das Reichs­kuratorium für Wirtschaftlichkeit.

19.30 Dr. med. Ernst Rothe: Vortragsreihe Die Macht der Suggestion". III.: Konzentration und Schlaf. 20.00 Staatssekretär a. Dr. Prof. Lutz Korodi  : ,, Auf Völker­straßen durch Südosteuropa  ".

Bautätigkeit erfüllt sind, den Genossenschaften fördernd zur Seite stehen können. Daß Altona   und seine leitenden Beamten in diesem Sinne erfolgreich mitwirken, kann vorbehaltlos anerkannt werden.

Die hier abgebildeten Wohnungsbauten zeigen besser als Worte die Leistungen der Dewog- 3weigstelle, die sich stets bemüht, moderne, großzügige Anlagen zu schaffen, weil sie weiß, daß nur auf diesem Wege preiswerte Wohnungen für die breite Masse der minderbemittelten Bevölkerung geschaffen werden können. Die Dele. gierten des Hamburger   Gewerkschaftstongresses tonnten mit Freude die Leistungen der gemeinnügigen Baugenossenschaften feststellen.

19.30 Regierungsreferendar Dr. H. G. Bölling: Frankreichs  Verfassung und Verwaltung ein rechtsvergleichender Beitrag zum Problem der deutschen   Reichsreform." 20.00 Oeffentliche Sendeveranstaltung der Funk- Stunde. Ueber­tragung aus dem großen Saal des Stettiner Konzerthauses anläßlich der Stettiner Funkschau. Konzert unter Mit­wirkung von Lotte Schöne, Sopran, und Konzertmeister Maurits van den Berg, Violine. Dirigent Bruno Seidler­Winkler.

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1. Weber: Ouvertüre zu der Oper Oberon". 2. Doni­ zetti  : ,, O diese Glut", Cavatine aus der Oper ,, Don Pas­guale"( Lotte Schöne). 3. Smetana  : Visehrad, sinfon. Dichtung. 4. Hubay: Variationen über ein ungarisches Thema, op. 72( Konzertmeister Maurits van den Berg). 5. Rich. Strauß: Don Juan, Tondichtung für großes Or­chester, op. 52. 6. Reznicek: Ouvertüre zu der Oper 8. Jos. ,, Donna Diana  ". 7. Glasunow  : Ballettszenen. Strauß: Dorfschwalben aus Oesterreich, Walzer( Lotte Schöne). 9. Jos. Strauß: Indigo- Marsch( Berliner   Funk­Orchester). 22.30-00.30 Tanzmusik( Gerhard Hoffmann). Königswusterhausen.

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stelle Hamburg   betreut werden. Durch Zehnpfennigftüde wurde der 20.30 Blasorchester- Konzert, ausgeführt vom Adolf- Becker- Or- 08.55, 09.00, 11.30, 14.00, 15.30, 15.45, 15.55, 17.00 Uebertragungen

Grundstock zu diesem Genossenschaftsbetrieb gelegt. Aus einem ge­nossenschaftlichen Schiffszimmereibetrieb wurde eine gewaltige Woh­nungsbaugenossenschaft. Eine Entwicklung, die auch dem stärksten

E

Bessimisten zeigen muß, daß im 3usammenschluß der Massen und im gegenseitigen Zusammenarbeiten eine ungeheure Kraft liegt, die zu weden eine wirtschaftspolitische Attion ersten Ranges ift. Am 18. November 1875 gründeten Hamburger Schiffs zimmerer eine Genossenschaft, die sich den Bau und die Reparatur von Holzschiffen als Ziel steckte. Bei der Umstellung der Schiffbau technit auf Eiſenbau erhielt die Genossenschaft einen schweren Schlag. Der genossenschaftliche Gedanke mar jedoch so start, daß man sich ent­schloß, die Genossenschaft nicht aufzulösen, sondern sie zu einer Boy genossenschaft zu machen. Der erfie Bau, der im Hamburger   Bolts

chester. Leitung: Obermusikmeister a. D. Adolf Becker  . 1. H. Heußer: Zwei Schweizer   Märsche: a) Locarno  , Marcia

ticinese; b) Feurig Blut. 2. A. Adam  : Ouverture zu der komischen Oper Die Nürnberger Puppe".- 3. G. Langey: Arabische Serenade. 4. G. Puccini  : Fantasie aus der Oper La Bohême  ". 5. J. Percy: Marrakesch  , Fantasie d'Afrique. 6. J. Ph. Sousa: Zwei amerikanische   Märsche: a) Unter dem Sternenbanner; b) Kadettenmarsch. 7. A. Reindel: Rhapsodie über ungarische Nationalthemen. 8. Krakowiak   aus Oesterreich  ( bearb. von F. W. Voigt). 9. A. Metra: Die Glocken von Corneville, Walzer. 10. Zwei deutsche   Märsche: a) K. Perner: Klostergraber Turnermarsch; b) J. Schwarz: Am wunderschönen Rhein  . 22.30-00.30 Tanzmusik. Kapelle Marek Weber  .

Königswusterhausen. 16.30 Geh. Rat Falkenberg: Die Mitwirkung der Beamtenschaft bei der Rationalisierung der Staatsaufgaben. 17.00 Uebertragung des Nachmittagskonzertes Hamburg  . 18.00 Wolfgang Schumann: Arbeiterschach. 18.30 Gertrud van Eyseren, Cesar Mario Alfieri: Spanisch für Anfänger.

18.55 Generalmusikdirekt. Knapstein: Das Kammerorchester( III). 19.20 Prof. Minde- Pouet: Goethes Nachwirkung bis in die Ge­genwart( III).

20.00 Uebertragung von Hamburg  .

Sonntag, 16. September. Berlin  .

09.00 Morgenfeier. 11.30 Platzmusik des Koslek'schen Bläserbundes E. V. Leitung: Obermusikmeister i. R. Albert Gleue. 14.00 Funkheizelmann ,, Brennecke und der Erdgeist."( Erzählt von Hans Bodenstedt  .) 15.00 Hans- Bredow- Schule, Abteilung Kurzschrift: Prof. Dr. 15.30-16.25 Für den Landwirt.

Amsel und Fritz Westermann.

15.55 Prof. Dr. Wundsch, Direktor der Preuß. Landesanstalt für Fischerei: Vortragsreihe ,, Fischerei und Fischzucht". 17.00 Unterhaltungsmusik der Kapelle Gebrüder Steiner. 19.00 Dr. Erich Urban: Einführung z. d. Uebertragung der Oper Der Prophet" aus Stettin   am 17. September.

aus Berlin  . 18.30 Emil Bischoff: Die Hilflosen( II): Kinder. 19.00 Dr. Johannes Pinsk  : Das Wesen der katholischen Liturgie., ab 20.00 Uebertragung von Berlin  .

Das Gesetz der Wilden."

Unter dieser Ueberschrift glossiert die" Prawda" den Beschluß eines Dorfvollzugsrats im fernen Dargest an. Im Protokoll der Vollzugsratssitzung heißt es: Da für die Mädchen fein bestimmter Staufpreis festgelegt ist, so fordern die Eltern vom Bräutigam große Summen und viele Gegenstände, und zwingen auf diese Weise die armen und unvermögenden Bürger, unverheiratet zu bleiben. Aus diesem Grunde beschließt der Bollzugsrat, daß in Zukunft folgender Kaufpreis gezahlt werde: Für das allerbeste mädchen dürfen nicht mehr als 120 Rubel, zwei Betten, zwei Decken und zwei Kissen gezahlt werden; alles Genannte geht in den Besitz des Mädchens über; für ein Mädchen niederen Standes, des. gleichen auch für eine Witwe ist der Kaufpreis je nach Bereinbarung, jedoch nicht höher als oben angezeigt.

Man glaube aber nicht, daß die Sitte des Brautkaufs bloß im fernen Osten fortbesteht: selbst in Moskau   ist sie unter den Dstvöl­tern noh gang und gäbe. So berichtet z. B. die Prawda" vom 12. August, daß unter 5000 in Moskau   lebenden Syriern heimische Sitten und Bräuche noch volle Geltung hätten. Frau und Kinder find nicht mehr als Sklaven des Mannes oder des Baters. Die Kinder werden einfach wie Ware verkauft. Ein 14, 15jähriges Mädchen wird an einen 60jährigen Mann verhandelt, der Preis für eine Braut schwankt zwischen 800 und 2000 Rubeln.

Das Interessanteste dabei ist aber, daß dies alles geschieht, ob­gleich das sowjetrussische Strafgesetzbuch erst am 3. April d. 3. durch einen besonderen zehnten Abschnitt ergänzt wurde, der den Bräuchen und Sitten der Ostvölker scharf den Kampf ansagt. Unter anderem wird Sie Erstattung eines Kaufpreises für die Frau mit einer Ge fängnisstrafe bis zu einem Jahre bedroht, und zwar für beide Teile. Das Leben ist eben mächtiger als das geschriebene Gesez und seit Jahrhunderten bestehende Bräuche und Sitten können nicht über Nacht ausgerottet werden.