Stalins Schwenkung. Die Aachwirkungen des Linkskurses in der fowjetrussischen Wirtschaftslage.
Die Wirtschaftskrise und vor allem die passive Resistenz der Bauern in der Form eines wirksamen Getreidelieferungsstreiks hatten Stalin zur teilweisen Kapitulation gezwungen. Der Rückzug vom Linkskurs wurde in der Form der Aufhebung aller Zwangsmaß regeln bei der Durchführung der Getreibebereit- stellung durchgeführt. Aber das berühmte Dekret vom 19. Juli, das das Einlenken Stalins besiegelt hatte, konnte das wirtschaftliche Unheil, das der verhängnisvolle Linkskurs angerichtet hatte, nicht auf einmal wiedergutmachen. � Der Rückzug vom Linkskurs kam zu spät. Das Vertrauen der Bauernschaft zur Rep., d. h. zur „Reuen ökonomischen Politik*, die von Lenin „im Ernst und auf die Dauer* proklamiert war, wurde gründlich erschüttert. Zweitens war der Rückzug vom Linkskurs zu schüchtern und mit Hinter- gedanken belastet. Die Zwangsmaßregeln wurden zwar auf dem flachen Lande aufgehoben, in der Stadt aber wird nach wie vor das Privatkapital und der Privathandel rücksichtslos verfolgt und verdrängt. Die Dorfmärkte waren zwar wieder er- öffnet und die Bauern erhielten wieder das Recht, ihr Getreide „frei* zu veräußern, aber die privaten Getreidehändler werden noch wie vor in ihrer Tätigkeit behindert und verfolgt— und so steht der Bauer auf dem Dorfmarkt dem monopolistischen Ein- k ä u f e r, d. h. den Staatsorganen, machtlos gegenüber und ist nach wie vor gezwungen, fein Getreide den Staatsorganen zu Unter- preisen zu entäußern. Drittens find die Nachwirkungen des Links- kurfes in der Industrie so unheilvoll, daß sie sich bis jetzt noch nicht erholen kann und eine tiefgreifende Krise durchmachen muß. Rußland bleibt trotz aller Industrialisierungsoersuche ein überwiegend agrarisches Land. Bon dem Ausfall der Ernte hängt das gesamte Wirtschaftsleben und vor allem die Entwicklungs- Möglichkeiten der Industrie ab. Wie sieht es mit der Ernte in diesem Jahre? Nach den offiziellen statistischen Angaben am 1. August wird die neue Ernte für die ganze Sowjetunion mit 115,6(die Mittel- ernte— 100), also als„über mittel* geschätzt. Die Ernte der Wintergetreide ist um 8 bis 13 Proz. niedriger, die Sommergetreide- ernte ist um etwa 30 Proz. höher als im Vorjahre ausgefallen. Diese offiziellen Schätzungen dürsten optimistisch sein. Das trifft insbesondere die technischen Kulturen wie z. B. Flachs. Das Wichitgste aber ist die ungünstige geographische Verteilung der Ernte. Gerade in den Exportgebieten, wie die Ukraine , die Krim und der Nordkautasus, ist in diesem Jahre der Winterweizen verloren gegangen. Die Getreideausfuhr aus dem Ural- und Wolgagebiet und aus Sibirien ist viel schwieriger und teurer. Die Getreidebereitstellung stößt auch jetzt auf große Schwierigkeiten. Im Juli(dem ersten Monat der neuen Kampagne) wurden nur 91 500 Tonnen durch die Staatsorgane und die verstaatlichten Genossenschaften eingekauft— das ist zweieinhalbmal weniger als im Juli des vorigen Jahres. Im August wurden 523 833 Tonnen eingekauft. In beiden Monaten Juli und August wurden 36,92 Millionen Pud eingekauft, was nur die Hälfte des vorgesehenen Planes ausmacht. I •m Die Vrotoersorgung der Städte ist noch wie vor bedroht. Der Handelskommiffar Mikojan erklärte auf der jüngsten Getreidekonferenz der Sowjetunion , daß die Mißernte der Wintergetreide den Zusatz von Mais- und Gersteumehl unentbehrlich mache. Unter diesen Umständen kann auch in diesem Jahr» von Ge» treideexporten kaum die Rede sein. Der fehlend« Export von Getreide hat auch die Währung schlecht beeinflußt. Nach der „Prawda* vom 26. August muh der ZVirischaflsplom auch für 1928/29 beschnitten werden infolge des Ausbleibens des Getreideexport». Zwar ist die Ausfuhr anderer Exportprodukte im Vergleich zum Vorjahre um 30 Proz. gestiegen, doch bedeutet das Ausbleiben des Getreideexports einen Verlust von 170 Millionen Rubel. (Getreide- export im vorigen Wirtschaftsjahr.) Der Gesamtumsatz des Außenhandels für zehn Monate des Wirtschaftsjahres 1927/23 an der europäischen Grenze und für acht Monate an der asiatischen Grenze betrögt 1356,1 Millionen Rubel gegen 1178 Millionen Rubel im Jahre 1926/27: dabei Export 606 Millionen Rubel gegen 627,7 im vorigen Jahre, Einfuhr 750,3 Millionen Rubel gegen 550,3. Die Handelsbilanz ist auf diese Weise mit 144,3 Millionen Rubel passiv. Die Realisierung der neuen Ernte wird kaum ohne Zwangs- maßnahmen möglich sein, da die Versorgung der Bauern mit Industriewaren nach wie vor sehr problematisch ist. Im Zusammenhang mit der Erhöhung der staatlichen Getreidcpreis« um 10 bis 20 Kopeken pro Pud wird die Kaufkraft der Bauernschaft nach den offiziellen statistischen Angaben um 8,8 Proz. steigen, was die Steigerung der Nachfrage nach den Industriewaren ungefähr um 4,6 Proz. bedeuten wird. Ungeachtet der hohen Industriewaren- preise und der Untauglichkeit der Worensortierung und Waren- qualität für die Bauern ist auch'' die Produktion der Industriewaren in quantitativer Beziehung noch ungenügend. Auch die Sowjet- presse stellt fest, daß nach dem Schachky-Prozesz die Industrieproduktion zerrüttet wurde, da die Arbeitsdisziplin un- gemein gesunken ist. Die Herstellungskosten sind in den letzten neun Monaten demgemäß nur um 5,3 Proz. statt der geplanten 6 Proz. gesunken, wobei auch diese Angaben von den Fachleuten noch be- zweifelt werden. Die Gesamtproduktion der Industrie betrug im Mai d. I. 453 Millionen, im Juni aber nur 423,2 Mil- lionen Vorkriegsrubel. Im Juli ist die Industrieproduktion wieder um 9,3 Proz. im Vengleich zum Juni gesunken. Dabei ist die Baumwollewaren- Produktion mehr als um 25 Proz. und die Leinenwarenproduktion um 70 Proz. gesunken. Obgleich die Gesamtproduktion der Industrie in den ersten zehn Monaten des Wirtschaftsjahres 1927/28 nach den offiziellen Angaben um 22,2 Proz. gestiegen ist, erregt die fort- schreitende Senkung der Produktion in den letzten Monaten eine große Beunruhigung in den maßgebenden Wirtschaftlerkreisen. Der Versuch, die Fabriken, besonders die Textilfabriken, auch im Sommer im vollen Gang zu erhalten, ist mißlungen. Und nicht nur, weil ein großer Teil der Arbeiter durch die Erntearbeiten abgezogen wurde, sondern auch weil in vielen Fabriken, besonders in den Leinenwebereien, ein großer Mangel an Rohstoff bestand. Die Ein- fuhr von Baumwolle ist durch die passive Handelsbilanz, d. h. durch den Ausfall des Getreiheegiorts behindert.
Dieser Rohstoffmangel führt uns zur Landwirtschaftskrise zurück, die in großem Maße durch den Linkskurs verursacht wurde. Die neuesten Kontrollziffern des Wirtschaftsplans prophezeien die Steigs- rung der Gesamtproduktion der Landwirtschaft in den Iahren 1928/29 bis 1932/33 um 37,5 bzw. 44 Proz., gewiß unter der Vor- aussetzung, daß die Kapitalinvestierungen in der Landwirtschaft während diesem Fünfjahr 2 bis 3,2 Milliarden Rubel ausmachen werden. Nicht weniger als 150 000 neue Traktoren sind für
«---».--- IJL— MM F, ff tll I---- 1-- �-S- 9Cn V40" KDnDCIDty uTW tun Vd JUT Ofn 2KaTZJ t>*rjUTiUlucH XCU der Produktton tu fünf Iahren um 73 bzw. 97 Proz. zu steigern. wie es der„Gosplan* in seinen letzten Kontrollziffern beabsichtigt. Nach Berechnungen von Profesior Williams sind ungeheure Summen dazu nötig, um die russische Landwirtschaft auf das Niveau der westeuropäischen zu heben. Woher aber wird die Sowjetregie- rung diese Milliarden holen, wenn sie nach wie vor die Politik der wirtschaftlichen Selbstblockade und der V e r h i n d e- rung der Kapitalanhäufung auf dem flachen Land« mit aller Rücksichtslosigkeit oerfolgt? Vielleicht wird die augenblickliche Wirtschaftskrise in Sowjetrußland irgendwie überwunden werden. Die v o l le G e- sundung der russischen Volkswirtschaft scheint ober auch nach der Schwenkung Stalins wegen des grundsätzlich beibehaltenen Systems nicht denkbar. P. G.
Sparkassensorgen. Eine Vorstandssihung des Sparkassen- und Giroverbandes.
Der Deutsche Spartasien- und Giroverbond hat in diesem Jahre — dem.Luge zur Sparsamkeit bei den wirtschaftlichen Verbänden* folgend— auf eine große Tagung verzichtet und sich auf eine Vor- standstagung des Deutschen Spartassen- und Giroverbandes und seiner Mitgliederverbände in Kastel beschränkt. Präsident Dr. Klei- ner hat in seinem Tätigkeitsbericht sich über die Sorgen und Wünsche der Sparkassen geäußert. Er bedauerte die sogenannten Spar- kassenskandale der letzten Zeit, die zu Unrecht der gesamten Sparkasienorganisation angehängt und zum Ueberfluß seirsationell aufgebaut wurden. In allen Fällen habe es sich bisher um kleinere Organisationen gehandelt, in denen die an sich sehr wirk- same Kontrolle manchmal noch nicht in erforderlicher Weise sunktto- niert. Rückhalllose Aufdeckung der hier vorliegenden Schäden hält er für dos zweckmäßigste, und er erwartet, daß durch die neue Mustersatzung die zulässigen Kreditgeschäfte so scharf festgelegt werfcen, daß Mißgriffe in der Kreditgewährung oerhindert werden. Schuldige Personen müßten rücksichtslos beseitigt werden. Die letzten Ausführungen des Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht und des Reichsbankdirektors Hülse gegen die Einrichtung neuer Girosystem« glaubt Dr. Kleiner nicht gegen die Sparkassen ge- richtet, sondern gegen die Bestrebungen nach der Schaffung neuer Girosysteme für die Genossenschaften und durch die Großbanken unter sich. Dr. Kleiner übersieht unseres Erachtens dabei, daß Dr. Schacht in Köln ausdrücklich nur zwei Systeme genannt hat, die ihm zweifelsfrei genehm sind, nämlich das Reichsbanksystem für den großen und das Postgiro für den kleinen.Verkehr. In der Frage der Zentralisierung der öffentlichen Gelder verteidigte Dr. Kleiner energisch die Rechte des öffentlichen Bank- systems. Trotz Schacht, Curtius und der Stellungnahme des Bankier- tags in Köln lieg« diese scharfe Zentralisierung nicht im Interesse der Wirtschaft. Man solle der natürlichen Entwicklung ihr Recht lassen: die öffentlichen Geldinstitute würden in der Verteidigung ihrer An- spräche gegenüber der gemeinsamen Front des Reichswirtschafts- Ministers, Dr. Schachts und der Privatbanken im gesamtwirtschaft- lichen Interesse nicht nachgeben. Präsident Dr. Kleiner feierte das Wettbewerbsabkom- m e n.vom Monat Mai dieses Jahres zwischen Sparkassen und Privatbanken als einen Fortschritt. Ein solches Abkommen kann unter bestimmten Bedingungen, wenn wirklich unfaire Geschäfts- Methoden getroffen werden, sein Gutes hoben. Wir zweifeln aber
sehr, ob der von den Sporkassen jetzt zuzugestehende Verzicht auf öffentliche Bekanntgabe der Zinssätze schon zu diesen Methoden gehört und ob die öffentlichen Tanken durch diesen Der- zicht nicht schon ein wesentliches, volkswirtschaftlich begründetes Werbemittel gegenüber den Privatbanken preisgeben. Die Spar- kassen müssen sich sehr hüten, das faktisch bestehende Kartell der Privatbanken, das in seiner Tendenz durch das Depotgcsetz sogar ein zunftmäßiges Monopol anstrebt, durch überflüssige Zugeständnisse, aus purer Höflichkeit— die auch Schwäche sein kann— zu stärken. Daß sich die Sparkassen gegen überflüssige Neugründun- gen wehren, ist begreiflich, wobei festzustellen ist, daß in der Tat in den letzten Monaten spekulative Absichten sehr vielfach die Ursache von Neugründungcn waren. Festzustellen ist, daß der Tätigkeits- bericht zwar die Sparkassen der Konsumgenossenschaften und die Bank der Gewerkschaften nennt, daß aber nichts gegen sie g e s a g t wird. Wir würden es für richtiger halten, wenn die Sparkassenorganisation nicht kleinlicher wäre, als Dr. Goldschmidt auf dem Kölner Vankiertag, der die arbeitereigenen Sparkassen und Banken mit der Begründung begrüßte, daß sie aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln geschaffen und infolgedessen als Faktoren in der Kredit- und Bankwirtschaft anzuerkennen seien. Diese Anerkennung ist an sich nicht notwendig, schafft aber doch klarere Verhältnisse. Die Kasseler Vorstandssitzung forderte im übrigen die Durchführung einer laufenden staatlichen Kon- trolle der„privaten* Spareinrichtungen, wobei man eine genaue Definitton des Begriffs der privaten Sparkassen fordern müßte. Von besonderem Interesse war der Vortrag von Dr. Erich W e l- t e r(„Frankfurter Zeitung *) über die„W andlungen in der deutschen Kapitalbildung*. Weller schätzt die deutsch « Ka- pitalbildung im Jahre 1927 auf rund neun Milliarden Mark, also noch mehr als die Reichskreditgesellschaft in ihrem letzten Halbjahres- bericht. lieber die Spar- und Konsumgewohnheiten nach der Stabili- sierung, insbesondere über die Stärke des Dauersparens gegenüber dem Sparen für einen besonderen Ausgabezweck lasse sich heute noch nichts Endgültiges sagen. Bei den Sparkassen hätten im Jahre 1927 die Abhebungen nur 68 Proz. gegenüber 82 Proz. in den sieben Vorkriegsjahren betragen. In der Herkunft der Ersparnisse sei eine beträchtliche Verschiebung eingetreten, da mit dem Rückgang des Ein- kommens aus Kapitalrenten der Anteil des Arbeitseinkommens ge- wachsen sei.
Die Gphinx der Konjunttur. Wie sie das Institut für Konjunkturforschung deutet. Das Institut für Konjunkturforschung hat in seinem zweiten diesjährigen Heft eine neue Charakterisierung der gegenwärtigen Wirtschaftslage versucht. Leider muß man sagen, daß beim besten Willen aus dieser Charakterisierung keine Erkenntniswerte für das, was ist, und für das, was wird, zu gewinnen sind. Das Institut stellt fest, daß der Tötigkeitsgrad der Wirtschaft, wenn man von Saisonmomenten absieht, sich weiter leicht a b g e- schwächt habe, und zwar verhältnismäßig am stärcksten in den wichtigeren Verbrauchsgüterindustrien. Zwischen den Zeilen wird zugsgeben, daß die Industrien für Produktionsmittel weiter gut beschäftigt sind: diese gute Beschäftigung stütze sich aber auf den erhöhten Auslandsabsatz. Die„an sich* starken d e p r e s s i- v« n Kräfte hätten sich seit der Abschwächung der wirtschaftlichen Tätigkeit m diesem Frühjahr sogar etwas vermindert. Wenn auch in den nächsten Monaten mit einer saisonmäßigen Versteifung des Geldmarktes zu rechnen fei, so mache die gegenwärtige Kredit- und Wirtschaftslage den Eintritt schärferer Rückschläge vor- erst nicht wahrscheinlich. Das Institut für Konjunkturforschung gibt hier in der Sache ziemlich deutlich zu, daß es sich in der ganzen Beurteilung der Wirt- schaftsentwicklung seit dem vergangenen Winter in der Hauptsache geirrt hat. Bedauerlicherweise— darin bleibt das Institut sich konsequent— sagt es das nicht. Fast alle Momente, die es anführt, sprechen zum mindesten für die bis heute noch ungebrochene Beibehaltung einer ziemlich starken wirtschaftlichen Tätigkeit und einer relativ guten Konjunktur. Zu diesen Momenten gehört die reichliche Beschäftigung der Produktionsmittelindustrie, die relativ hohe Auftragserteilung und Rohstoffeinfuhr, das noch immer nicht sinkende Preisniveau, die weitere Verringerung der Warenlager und ebenso mich die Erwartung der ganzen normalen saisonmäßigen Geldmarktanspannung im Herbst, die nach einer starken Depression, wie das Institttt sie vorausgesagt hat, zweifellos sehr abgemilderr sein sollte. Wir stehen also vor der Tatsache, daß das Konjunkturinstitut seit über neun Monaten von einer starken konjunkturellen D e- pression spricht, daß man nirgends erkennen kann, wo die der Depression vorhergehende K r i s i s— abgesehen von der normalen Abschwächung zur Jahreswende— gewesen ist und wie die jetzige immer noch gute, im ganzen sogar aufsteigende Beschäftigung zu erklären ist, die im Herbst sich noch weiter bessern muß. Di« wirt- schastliche Entwicklung hat also wieder einmal zu den Diagnosen und Voraussagen nicht gepaßt, die das Institut ge- macht hat. Wenn man die Dinge nüchtern betrachtet, so gibt es kaum andere als politisch« Faktoren, nicht ober eigentlich konjunkturelle, die seit dem vorigen Herbst die aussteigende Kon- junktur beeinflußt haben. Die Spannungszustünde, von denen immer die Rede war, waren entweder saisomnäßig— dann waren es keine Spannungszustände— oder politisch verursacht— dann wo reu es keine lonjunkturelleu. Es macht ganz den Eindruck, als
ob die Potittk der Beratungsstelle, die polftifchen Essenpreis, und Kohlenpreiserhöhungen und schließlich auch die Tariferhöhung der Reichsbahn' die hauptsächlichen Moment« waren, die zu einer Ein- beulung der Konjunkturentwicklung bzw. zur Absenkung der Kon- junkturblüte geführt haben. Von allen diesen Dingen weiß allerdings das Institut, dos sich auf sein Marktbarometer stützt, weiterhin sein geliebtes Konjunkturschema und das aus irgendwelchen Gründen von den politischen Einflußfaktoren nicht gerne spricht, nichts zu sagen. Wir wollen uns heute mtt der Feststellung des Be- dauern? begnügen, daß die Dinge leider so sind, wie sie sind. Konjuntturtheorettsch wollen wir nur noch unsere alte These unter- streichen, daß wir glauben, das Konjunkturinstttut liegt mit seiner Erundanschauung und seinen Beobachtungsmethoden schief, weil es die Konjunkturabläufe in ciner Wiederausbauperiode der Wirt- schcft als normale Vorgänge betrachtet. Das normale Kon- junkttirschema der Vorkriegszeit anzuwenden, geht eben in einer vollständig anormalen Wiederaufbauperiod«, die ihre eigenen Gesetze hat, nicht an. Das wird auch jetzt wieder bestätigt.
Gegen das Seefisch-Monopol. Gegen die drohende Mo- nopolislerung der Hochseefischerei, über die wir kürzlich be- richteten, wird vom Seefischhandel und der Seefischindustrie bereits Front gemacht. So hat eine Vertreterversammlung von etwa 75 Seefischhandcls- und Fischindustriefirmen in Wesermünde beschlossen, die Gründung einer gemeinnützigen Ge- nossenschast vorzubereiten, die eine eigene Fischdampfer-Reederei schaffen soll. Außerdem sollen für den Absatz der eigenen Fänge von der Genossenschast Fischläden eingerichtet werden. Die Ree- derei soll verpflichtet werden, ihre Fänge nur auf dem Wesermünder Markt abzusetzen. Sollte dieser Plan aus Rentabilirätsgründen nicht durchführbar sein, so ist ein genossenschaftlicher Zu- sammenschluß für gemeinsamen Auktionseinkauf vorgesehen. Neue Pfandbriefe zur Finanzierung des Wohnungsbaues. Die Preußische Londespsandbriesanstall, die nach ihrer Satzung Dar- lehen zur Herstellung und Erhaltung von Klein- und Mittelwoh- nungen im Gebiete des preußischen Staates gewährt, wird in der Zeit vom 20. September bis 10. Oktober dieses Jahres nach einer Veröffentlichung im Anzeigenteil 3 Millionen Goldmark 8prozentigz Goldmarkpfandbriese zum Vorzugskurs von 97,50 Proz.(letzter Börsenkurs 98,25 Proz.) und 1 Million Goldmark 7prozeM'ge Gsld- morkpfandbriefe zum Vorzugskurs von 90 Proz.(letzter Börsenkurs 91 Proz.) zur öffentlichen Zeichnung auflegen. Sämtliche Werl « sind reich-mündelsichcr. Warum huqo Slinnes seine Aemler niederlegte, verrät jetzt eine amerikanische Korrespondenz. Die 25-Millioneu-Dollaranlcihe der amerikanischen Hugo-Ätinnes-Corporation hatte danach aus der New Forker Börse durch die Affäre mit dem Anleiheschwindel im Laufe eines Monats den für New Park beispiellosen Verlust von 5 Proz. zu verzeichnen. Ihr Kurs ist vom 17. August bis zum 14. Sep- tcmber von 93,50 auf 88,50 Proz. gefallen. Daraus hat man d*« Niederlegung der Aemter von Slinnes verlangt. Hugo Stinnes ist also in der Person der amerikanischen Kapitalisten ein zweiter— privater— Staatsanwalt erwachsen, der zwar keine Untersuchungshaft veranlaßt, dafür aber die Aufsichtsrats- und Vorstandsämter kassiert. Schade, die Niederlegung der Aemter durch Hugo Sttnnes sah so freiwillig und nobel aus.