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Morgenausgabe

Ar. 445

A 226

45.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Donnerstag 20. September 1928

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

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Briands erstaunlicher Optimismus Bruch mit dem Vorrecht!

In zwei Monaten Reparationsregelung- dann Räumung!

Frankfurt a. M., 19. September. ( Eigenbericht.)

Der Genser Berichterstatter der Frankfurter Zeitung " veröffentlicht im ersten Morgenblatt vom Donnerstag ein Inter­view mit Brian d. Zunächst beklagte sich der französische Außen­minister über die Haltung der deutschen Bresse. Er sei auf das heftigste fritisiert worden; man müsse jedoch die Dinge| sehen, wie sie feien. Das tue die deutsche Presse nicht, und das er­schwere die fachliche Arbeit.

In bezug auf das Rheinland problem führte Briand aus: ,, Man muß richtig verstehen, um was es sich handelt. Wir zahlen unsere Schulden an Amerika und werden sie weiter zahlen, unabhängig von dem, was in der Reparationsfrage erzielt werden wird. Aber das französische Bolk möchte gern end­gültig wissen, was es von Deutschland fest erwarten tann. Das Reparationsproblem ist eine Frage für sich. Es geht Amerita überhaupt nichts an, da wir ja weiter unfere Schulden zahlen werden. Es tann bei allseitigem guten Willen

in ganz furzer Zeit geregelt werden, vielleicht in einigen Wochen, vielleicht in zwei Monaten. Ist es geregelt, dann kann sofort die Totalräumung eintreten.

In Deutschland wird die in Aussicht genommene Kommiffion als Rontrolle angesehen. Man muß die Verträge fennen, ins besondere den Artikel 213 des Versailler Vertrages. Die Kon­trolle besteht bereits, und sie fönnte sehr unangenehm werden. Deshalb eben haben wir die Kommission vorgeschlagen, die im Bedarfsfalle alles auf das Bersöhnlichste erledigen soll. Es gibt solche Kommissionen ja auch anderswo, z. B. zwischen den Bereinigten Staaten und Kanada , wo sie aufs beste gearbeitet haben. Deutschland foll in der Kommission von Locarno ja auch feine Mitglieder haben. Auch sie können Beschwerden vorbringen.

Schitanen find von uns wirklich nicht zu befürchten."

Briand erklärte zum Schluß: Deutschlands Wünsche von Lo. carno, so wie sie mir damals vom Reichskanzler Luther präzisiert murden, habe ich alle erfüllt; ich habe sie erfüllt von A bis 3. Es ist tein Wunsch unerfüllt geblieben. Doch man muß Locarno nicht als einen 3auberhut behandeln, aus dem man immer wieder neue Dinge herausholen will, bald eine Ziege, bald ein Bamm, bald einen Hafen." Der Berichterstatter erwiderte: ,, Aber es fehlen doch die Wirkungen des Geistes von Locarno ?" Briand antwortete: ,, Gerade deshalb wollen wir uns jetzt daran machen, den Krieg mit seinen Rechtserscheinungen endgültig zu liquidieren. Das fann in sehr furzer Zeit geschehen, damit wir eine wirkliche Politit des Einvernehmens( Entente) treiben tönnen. Es liegt wirklich

tein Grund zum Pessimismus

nor. Aber jetzt haben wir einen Sturm in der deutschen Bresse, und er erzeugt bereits einen Sturm in den französischen Zeitungen. Die Publizisten müssen den Bölkern die Wahrheit sagen, dann werden wir es leichter haben."

Der Optimismus, mit dem Briand den Arbeiten der Sachverständigenkommission für die endgültige Regelung der Reparationsfrage entgegenfieht, ist geradezu erstaun lich. Man fann natürlich nur wünschen, daß er mit seiner Prophezeiung recht behalte, wonach die Kommission ihre Ar­beiten binnen zwei Monaten beendet haben könnte. Nur will es uns scheinen, daß er die Schwierigkeiten erheblich

Von der Kleinstaaterei.

Thüringer Danerfrife.

Weimar , 19. September.

Der Meltestenrat, der heute zur Beratung der durch die Fort dauer der Regierungsfrise notwendig gewordenen Bertagung der für Donnerstag einberufenen Landtagsfizung zusammentrat, beschloß, die Festsetzung der nächsten Plenarsizung des Landtages dem Prä­fidenten zu überlassen. Falls die Regierungsbildung in ben nächsten vierzehn Tagen noch nicht zustande. tommen follte(!), wird der Aeltestenrat in der ersten Oktober woche wieder einberufen.

Je kleiner das Land, um so häufiger die Krise. Das Miniaturland Medlenburg- Strelig hat wieber einmal eine Regierungstrife. Die Wirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft, der zwei Demokraten und vier Hand­merter angehören, broht bem fozialdemokratischen Minister Don Reibniz mit schärfftem Mißtrauen. Die Einwohner des Miniaturlandes haben turz hintereinander zweimal gewählt, dann haben sie mochenlang ohne Regierung gelebt es ging auch so­bis schließlich der Landtagspräsident den Sozialdemokraten Don Reibniz zum Minister ernannte.

Deutsch - französische Besprechungen.

Bahn frei für Lernbegierige!

verschlossen bleiben.

Von Valtin Hartig.

- die Gemert­

Für die großen Massen des arbeitenden Volkes ist die unterschätzt. Wenn er insbesondere den Gedanken einer Lage auf dem Gebiete des Bildungswesens so unbefriedigend wie je. Das Bildungsprivileg der Begüterten Mitwirkung Amerikas an der Reparationsregelung mit besteht immer noch. Es muß gebrochen werden. Auch die einer leichten Handbewegung abtut, so begeht er anscheinend höheren Schulen müssen den Rindern der Unbemittelten zu­eine Verwechselung: die Regierung der Vereinigten Staaten hat in der Tat mit der Reparationsfrage nichts zu gänglich sein und das Hochschulstudium darf ihnen nicht länger tun und hat selbst betont, daß sie damit nichts zu tun haben will. Aber das amerikanische Finanztapital ist für alle im Organisatorischen stecken. Gewiß, die Verbesserung Reformen werden genug vorgeschlagen; aber sie bleiben eine erhebliche Mobilisierung der deutschen Schuld kaum zu ent- des Lehrplans, Verlängerung der Schulzeit behren, da es über einen erheblichen Teil des Weltvermögenschaften fordern mit Recht ein neuntes Schul­verfügt. Wiederum steht zu befürchten, daß die New- Yorker ahr, Aenderung des Aufbaus der Volks-, Berufs- und Banfiers nichts unternehmen werden ohne die Zustimmung Fachschulen sind äußerst wichtig und müssen betrieben werden. des Weißen Hauses . Daran sind schon vor zwei Jahren die Aber klar soll man sich darüber sein: feine dieser Schul­Pläne von Thoiry alsbald gescheitert, weil die inter- reformen wird baran wesentliches ändern, daß die höheren alliierte Schuldenfrage plötzlich hineinspielte. Schon damals Schulen und erst recht die Hochschulen das Privileg ber wurde Briands Optimismus enttäuscht. Deshalb erscheint es Begüterten bleiben. Hier müssen soziale Maß­angebracht, die Hoffnungen etwas zu dämpfen, die die neuen Aeußerungen des französischen Außenministers in Deutschland hilfen in großem Ausmaß. Schon immer fonnte theo­nahmen eingreifen, und zwar Erziehungsbei­erwecken fönnten. retisch jeder Boltsschüler in einem Gymnasium usw. Auf­nahme finden, er mußte nur die verlangte Begabung nach weisen. Praktisch tam aber das Kind eines Arbeiters sehr selten in die Lage, nach dieser Hinsicht geprüft zu werden, weil der Vater die nachfolgenden Schulfosten nicht zahlen konnte; praktisch wurde also der Geldbeutel der Eltern die Voraussetzung zum Besuch der höheren und erst recht der Hochschulen. Schlagend beweisen es die Zahlen: die Besucher der höheren Schulen stammen zu 6 Broz, die der Hochschulen gar nur zu 1 Proz. aus Arbeiterfreisen. Gewiß werden Schul gelb befreiungen den Minderbemittelten viel fach gewährt, und das Beispiel Berlins soll in dieser Hinsicht anerkennend hervorgehoben werden. Das hat zur Folge, daß in den unteren Klassen zwar Arbeiterfinder zu finden find, aber die Schule ganz absolvieren können sie nur in den feltensten Fällen. Uebrigens wird mancher Bater durch die Gewißheit, sein Kind das Studium doch nicht vollenden lassen zu fönnen, davon zurückgehalten, es in die höhere Schule zu fenden. Wenn der Durchschnittslohn des deutschen Arbeiters pro Woche 39 m. für einen ungelernten, 51 M. für einen ge lernten ohne die Abzüge beträgt, die sich ja auch noch auf 5 bis 6 m. pro Woche belaufen, dann ist für den Familien pater eine Mehrausgabe von einigen Mart für ein Kind, das in eine mittlere oder höhere Schule geht, schon eine starte Belastung. Selbst wenn er sie einige Jahre aushält, muß er seinen Sohn doch schließlich aus der Schule herausnehmen, die Kosten für dessen Unterhalt wachsen ja auch. 18 Jahren steht eben das Arbeiterfind im Erwerbsleben, das der Begüterten sist noch in der höheren Schule. Da hilft feine organisatorische Schulreform.

Genf , 19. September. ( Eigenbericht.) In den letzten Tagen fanden zwischen deutschen und franzöfifchen Delegationsmitgliedern in offizielle Verhandlungen über die Durchführung der am Sonntag zwischen den Besatzungsmächten und Deutschland getroffenen Vereinbarungen statt. Man er örterte die Frage, wie man am schnellsten zu den in der Verein. barung vorgesehenen offiziellen Berhandlungen gelangen tönnte. Coucheur, der außer Breitscheid und Staatssekretär Schubert an den Verhandlungen beteiligt war, ist am Mittwoch abend nach Paris gereift. Er dürfte bereits am Freitag nach Genf zurückkehren und dann für festere Vereinbarungen vor­bereitet sein.

Botschafter v. Hoesch und Schacht beim Reichsfanzler Mittwoch vormittag empfing der Reichstanzler den deut. schen Botschafter in Paris , n. Hoesch, und im Anschluß daran den Reichsbantpräsidenten Sch a cht.

Sozialistische Bierländerkonferenz.

Brüssel , 19. September.

In der heutigen Sihung des Generalrates der bel gischen Arbeiterpartei wurde mitgeteilt, daß deutsche, französische, englische und belgische Sozia listen am 3. und 4. Oktober in Paris zu einer Sigung zusammentreten werden, um die internationale politische Lage zu prüfen.

Diese von BTB. verbreitete Meldung dürfte infofern den Tatsachen entsprechen, als am gestrigen Tage der Partei­vorstand der SPD. ein Schreiben des französischen Partei­sekretariats erhalten hat, das eine solche Anregung enthält. Der Parteivorstand hat bereits seine 3ustimmung zu einer solchen Konferenz nach Paris übermittelt. In dem Schreiben ist allerdings vom 3. und 4. november die Rede. Dieser Widerspruch mit der Brüsseler Meldung bleibt noch aufzuklären.

Jetzt spielen die sogenannten zwei Demokraten in Mecklenburg­Strelit Regierungsfrise. Sie schwaßen von einem sozialisti. fchen Diktator, von unmöglichen politischen Zuständen. von der Notwendigkeit einer Umwandlung der Regierung. Mit anderen Worten: es möchte einer von ihnen auch Minister werden. Man muß sich hüten. dies Spiel für politischen Ernst zu nehmen. Es hat nur die eine Bedeutung: es illustriert die Lächerlichkeit der Zwerg­staatenwirtschaft.

Mit

Das Bildungsprivileg der Begüterten muß im Interesse des deutschen Geisteslebens und besonders im Interesse des neuen Bolksstaates beseitigt werden. Da es eine n ü ch­terne Geldfrage ist, fönnte es ziemlich rasch und mit verhältnismäßig nicht einmal sehr großen Mitteln wesentlich eingedämmt werden. Prinzipiell hat diesen Weg die Reichs­verfassung anerkannt, indem fie in Artikel 146 Abs. 3 sagt: Für den Zugang Minderbemittelter zu den mittleren und höheren Schulen sind durch Reich, Länder und Gemeinden öffent­liche Mittel bereitzustellen, insbesondere Erziehungsbei. bilfen für die Eltern von Kindern, die zur Ausbildung auf mittleren und höheren Schulen für geeignet erachtet werden, bis zur Beendigung der Ausbildung.

Im diesjährigen Reichsetat sind demgemäß 600 000 m. für Beihilfen eingesetzt. Aber sie genügen bei weitem nicht. Sie müssen sehr erheblich für diese so bedeutsame und für die ganze Zukunft und den Charakter des Volksstaates geradezu entscheidende Aufgabe erhöht werden. Es ist des halb zu begrüßen, daß, wie Genoffe Severing in Hamburg ankündigte, im nächstjährigen Etat diese Summe sehr wesent­lich heraufgesezt werden soll.

Die Beihilfe tönnte etwa in dieser Weise gewährt werden: Begabte und bedürftige Kinder erhalten Schulgeldbefreiung und in den letzten vier Jahren der höheren Schulen einen fleinen monatlichen Zuschuß, um

Der Reichspräsident in Waldenburg. ihre Familie zu entlasten. Für das Hochschulstudium müßte

Die Not des Industriegebiets.

Der Reichspräsident besuchte auf seiner Schlesienreise gestern das Waldenburger Industrierevier. Oberbürgermeister teßner und Landrat Franz wiesen in Begrüßungsansprachen auf die brückende wirtschaftliche und kulturelle Not des Industriegebietes hin. Der Reichspräsident antwortete auf die Begrüßungsansprachen mit dankenden Worten, denen er hinzufügte:

,, Das Elend, das ich hier gesehen habe, erschüttert mich aufs tiefste. Ich verspreche Ihnen noch einmal per. fönlich, daß hier bald etwas geschehen muß. Was, darüber werden die betreffenden Herren zu verhandeln haben."

Im Anschluß an den Besuch in Baldenburg besichtigte der Reichspräsident das Kindererholungsheim eißftein.

ihnen auf vier Jahre das Stipendium verlängert und erhöht merden. Zur Durchführung des Blanes müßten an den höheren Schulen Stipendienausschüsse eingesetzt werden, in denen auch die Gemertschaften vertreten sein müßten. Man fönnte als eine Bedingung für das Sti pendium eine Einkommensgrenze der Eltern festseßen oder boch festlegen, daß dieses Stipendium nur für Kinder Don Lohnempfängern in Frage fäme.

Als ersten Einwand wird man natürlich sofort zu hören bekommen, das Intellektuellenproletariat und die Ata­demiferarmut sei schon groß genug. Wo solle denn die große Zahl der Studenten einmal ein Unterkommen finden? Aber fann das ein Grund sein, den Begüterten das Bildungs­privileg zu erhalten? Wäre nicht durch den Zubrang ber