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Morgenausgabe

Nr. 451

A 229

45.Jahrgang

Böchentlich 85 Pt, monatlich 3,60 2. im voraus zahlbar, Boftbezug 4,32 m. einschl. Bestellgelb, Auslandsabonnes ment 6, M. pro Monat.

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Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Illustrierte Beilagen Bolf und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Unterhaltung und Biffen"," Frauen. Stimme"." Technit". Blid in die baerwelt" und Jugend- Borwärts

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Sonntag 23. September 1928

18er 1928

Groß- Berlin 15 Pf. Auswärts 20 Pf.

Die etapeittee Ronpareillegeile 80 Pfennig. Reflame eile& Reichs­mart. Aleine Anzeigen des jettge: brudte Bort 25 Bfennig( zuläffig ame fettgebrudte Borte), jebes weitere Bort 12 Bfennig. Stenengefuche das erste Wert 15 Bfennig, jebes weitere Wort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zahlen für zwet Borte. Arbeitsmartt Belle 60 Pfennig. Famillenanzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen. annahme im Hauptgeschäft Linden . Straße 3, wochentagl, Don 81%, bis 17 Uhr,

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Die Maske vom Gesicht!

Der Bontott des Krieges ist eine blöde Phrase. Die Kommunisten müssen an jedem reaffionären Kriege teilnehmen." ( Lenin 1922 über den Krieg. Stizze der Thesen zur Frage über die Aufgaben unserer Delegation im Haag. Siehe Lenin: Reden und Auffäße", Seite 98.)

Arbeiter, Volksgenossen!

Die Kommunisten rufen euch zum Volksbegehren. Indem sie sich den Anschein geben, einer begeisterten Friedensliebe, einem extremen Pazifismus zu huldigen, fordern sie euch auf, für einen Gesetzesantrag zu stimmen: Der Bau von Panzerschiffen und Kreuzern g zu stimmen: De jeder Art ist verboten."

Wie kommen die Kommunisten, die sonst für den Pazifismus als kleinbürgerliche Ideologie stets nur Spott und, Sohn übrig haben, wie kommen sie dazu, einen Anfrag zu ftellen, der die Forderungen selbst der erfremsten Pazififfen noch erheblich übertrümpff? Jetzt ftellen fie fich, als seien sie Feinde des Blutvergießens, feßt appellieren sie an die Kriegsgegnerschaft der Frauen und Mütter. Ganz anders aber klingt es aus ihren offiziellen Schriften, 3. B. aus der Broschüre der KPD . Mobilisierung der Frauen. Dorf heißt es auf Seife 40 ff.:

In einigen Ländern unterliegen leider immer noch zahlreiche Genoffen in unseren eigenen Reihen jener kleinbürgerlich- pazifistischen, von der Sozialdemokratie in den breiten Massen großgezogenen Auffassung, als ob es gegen den Krieg zu kämpfen gelte, wegen seiner schlimmen Folgen und Begleiterscheinungen auf wirtschaftlichem, kulturellem und moralischem Gebiete. Es gilt, jenen Widerspruch in den Köpfen der breiten Massen der Frauen zu überwinden, der sich ergibt aus der kleinbürgerlich- vazififfiichen Einstellung, in deren Gedankengängen die große Mehrzahl auch der proletarischen Frauen oroß ge­worden ist, nämlich den Krieg, jeden Krieg als Maffenmord, als Blutvergiehen, als Barbarei, als Gefahr und Schande für die Menschheit zu verabscheuen und zu bekämpfen, mit jenen unzulänglichen Mitteln, wie die Pazififfen vorschlagen.

Die Kommuniffen sprechen es offen aus, daß es ihnen gar nicht ernst ist, durch diesen Antrag den Bau des Panzerkreuzers zu verhindern, sondern daß er ihnen lediglich zur Ent­fesselung einer parteipolififchen

Hetze gegen die Sozialdemokratie

Birgt eine solche Epidemie nicht die gleichen Kriegsgefahren mit Millionen Toter in sich wie der Rüstungswahnsinn fapitalistischer Staaten!

Es ist lächerliche Demagogie, wenn die Kommunisten behaupten, daß der Panzerkreuzer A sich gegen Gowjetrußland richte oder die Sowjetunion bedrohe. Kein ernsthafter und ver­nünftiger Mensch in Deutschland denkt an einen Krieg gegen Sowjetrußland.

Hat doch die Sowjetunion selber die relative Ungefährlichkeit von Schiffsbauten unter 10 000 Tonnen anerkannt, als die russischen Delegierten am 22. März 1928 dem Völkerbund einen Abrüftungsvorschlag überreichten, der bezüglich der Seestreitkräfte lediglich die Ver­nichtung der Kriegsschiffe über 10 000 Tonnen Gehalt forderte. Nach diesem offiziellen russischen Abrüstungsvorschlag würde die deutsche Floffe gänzlich unberührt bleiben, da fie laut Versailler Vertrag Schiffe über 10 000 Tonnen überhaupt nicht befizf.

Die russische Sowjetunion bat bisher keinerlei 3ntereffe an einer deutschen Auf­rüstung gegen die Bestimmungen des Versailler Vertrages bewiesen. Sie ist es gewesen, die für die Neichswehr die Granaten geliefert hat, die in Deutschland nicht hergestellt werden durften. Sie hat im Einverständnis mit den deutschen Militaristen jene Giftgasfabrik .Bersol" in Trohk errichtet, die für Rußland und Deutschland gemeinsam die Fabrikation von Giftgafen aufnehmen sollte. Damals träumten nicht nur russische, sondern auch deutsche Kommunisten von einem Waffenbündnis der Rofen Armee Sowjetrußlands mit der Reichswehr . So erklärte Alara Zetkin, die kommunistische Führerin, am 27. November 1925 im Reichstag:

Deutschlands Zukunft beruht auf einer engen Interessengemeinschaft in wirtschaft­licher, politischer und, wenn es fein muß, auch in militärischer Hinsicht mit der Sowjet­ union . Ich glaube fogar, im Gegensah zu Herrn Abgeordneten Wels, daß es nicht so aussichtslos ist, wie er sich das vorstellt, daß unter Umständen ein Zusammenwirken zwischen der Reichswehr und den Rotarmisten erfolgt.

In der Hoffnung auf dieses Zusammenwirken hat die Sowjetunion unter selbstver­ftändlicher Mitwirkung ihrer deutschen Hilfsgruppe der KPD. jahrelang die deutsche Aufrüffung begünstigt, und zwar durch die stärkste Taf, die es hier überhaupt gibt, durch

und ihrer Führer dienen soll. Hat doch die Rote Fahne gleich zu Beginn des kommu- die Lieferung von Waffen und Munition.

nistischen Agitationsfeldzuges geschrieben:

Der Volksentscheid ist nicht das Miffel der Beseitigung der Kriegsrüffungen der deutschen Bourgeoisie."

Noch deutlicher erklärte in einer öffentlichen Versammlung der Kommunistischen Partei in Halle der politische Bezirksleiter der KPD. , Schröter, nach dem Bericht des dortigen Bolschewistenblattes:

Wir zerstören alle Illusionen darüber, daß der Volksentscheid an sich die imperia­liftische Politik aufhalte und die Trustbourgeoisie an der Heranbildung eines neuen Mili­farismus hindern würde. Nur ein ausgesprochener Dummkopf kann annehmen, daß das die Erwartung der Kommunisten wäre."

Auch hier handeln die Kommunisten nach dem Grundsaß, den die Rote Fahne im August 1923 in Anlehnung an das bekannte Wort Lenins von der Lüge als Kampfmittel proklamierfe:

Was geschah damals? Mit Wufgekreisch und einem Hagel von Schimpfworten wurden die Sozialdemokraten überschüttet, weil sie den Schleier von der deutsch - russischen Giffgas­fabrikation und der ruffischen Granatenlieferung an Deutschland wegzog. Die gleichen Kommunisten, die damals Verrat" schrien, gebärden sich jeht als Anhänger der totalen Abrüstung, als Feinde jeglicher Schaffung von Kriegsmaterial in Deutschland !

Es gibt nur eine Partei in Deutschland , die in ihrer Gesamtpolitik ehrlich und konsequent

für Abrüftung und Frieden

und die Vorbedingungen einer wirklichen Friedenspolitik, für Völkerbund und Schieds­verträge eintritt:

Die Lüge als bewußtes Kampfmiffel benufen, wie es die Kommunisten in den Tages das ist die Sozialdemokratie.

zeitungen fun, ist keine Lüge, sondern eine verfluchte reale Notwendigkeit." Wie sieht demgegenüber die Wahrheit aus? Sind die Kommunisten jemals für Ab­rüstung eingetreten? Nein! Sie sind durchaus überzeugte Militaristen und lassen sich in ihrem Militarismus von den erfremsten Alldeutschen und Deutschnationalen nicht übertreffen. Der schlagendste Beweis ist Sowjetrußland, das nicht nur eine Millionenarmee unterhält, sondern in dem sogar Frauen, Jugendliche, selbst Kinder in dem Gebrauch der Waffe und in militärischen Uebungen ausgebildet werden. Das sind keine Phantasien, sondern wieder­holt haben die illustrierten Blätter der deutschen Kommunisten, die Arbeiter- Illustrierte" usw. Doll Stolz Originalphotographien aus Rußland gezeigt, auf denen man die Schießübungen der Frauen, die militärischen Uebungen der Jugendlichen, nach der Natur aufgenommen, sehen konnte.

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Die militärischen Feldzüge, heißt es in den Jsweftija", die in der lehten Zeif

Gegenüber den kommunistischen Verleumdungen sei festgestellt, daß die sozialdemokratische Reichstagsfraktion in jeder Situation gegen den Bau des Panzerkreuzers A geftimmt hat, daß auch jetzt der Sozialdemokratische Parteiausschuß zusammen mit der Reichstagsfraktion einstimmig befchloffen hat, an dieser ablehnenden Haltung weiterhin festzuhalten. Die Sozial­demokratie wird den kriegerisch- militaristischen Geist bekämpfen, nicht wie die Kommunisten durch eine hohle und innerlich verlogene Agitation, sondern durch eine Außenpolitik, die diesem Militarismus seine Grundlagen entzieht. Dies ist die Politik der Völkerversöhnung und Völkerverständigung, wie sie der Reichskanzler Hermann Müller erft ießt wieder in Genf klar zum Ausdruck gebracht hat.

Die Kommunisten

fpontan Hunderttausende von Jugendlichen erfaßten, die am Sonntag ins Freie siehen find die Schrittmacher neuer Kriege.

zu taktischen Uebungen, haben den Charakter einer Epidemie angenommen." Diese militaristische Epidemie hat sich auch auf die deutsche kommunistische Jugend fiber­fragen. Heißt es doch z. B. in der Roten Fahne" vom 6. September 1928 wörtlich:

Der Kommunistische Jugendverband Berlin- Brandenburg hat als Chef des sowjet­russischen Kavallerieregiments Maikowski anläßlich des 14. Internationalen Jugendtages am 2. September in Berlin nachstehendes Telegramm an das Regiment in Tambow USSR. gesandt: Tambow . USSR .

« Kavallerieregiment Maikowski!

Jungkommunisten Berlins grüßen Chefregiment mif donnerndem Heil Moskau!*

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Sie verabscheuen den Krieg nicht, sondern erfehnen und erhoffen den neuen Weltkrieg, von dem fie die Vollendung der kommunistischen Weltrevolution" prophezeien. Gerade die Stellung, die sie gegen die Friedenspolitik der Sozialdemokratie einnehmen, enflarvf die Demagogie ihres Abrüstungsschwindels und ihres Gefchreis gegen den Kriegs­fchiffbau. Diese Saltung zeigt, daß der von den Kommunisten beantragte Volksentscheid innerlich unehrlich ist wie die gesamte kommunistische Politik. Getroffen werden soll durch ihre Agitation lediglich die Sozialdemokratie und die mit ihr untrennbar verbundene Politik der Aussöhnung und Verständigung aller Völker.

Deshalb laffe sich niemand einfangen für diefen fommunistischen Schwindel. Die Parole für alle wirklichen Friedensfreunde lautet:

Keine Eintragung für dieses durch und durch unwahrhaftige Volksbegehren! Keine Unterstützung der fommunistischen Doppelzüngigkeit!

Der Parteivorstand.