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Nr. 453 45. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Großfeuer in Tempelhof  .

Ein Filmfopierwerk in Flammen.

Von einem Großfeuer wurde geffern abend das Groß­Filmtopierwert der Afifa", Aktiengesellschaft für Film­fabrikation, in der Bittoriastraße 13-18 zu Tempelhof  betroffen. Die Feuerwehr war mit über 20 Fahrzeugen zur Stelle und hatte alle Mühe, eine Katastrophe zu verhindern. Glüd­licherweise ist von der etwa 150 Köpfe zählenden Belegschaft nie. mand ernstlich zu Schaden gekommen.

Die Filmtopierwerte liegen unmittelbar neben dem Materialien depot der Straßenbahn, unweit der Berliner Straße. Das Hauptfabritationsgebäude, ein einstödiger Bau, in dem gleich zeitig die Bureaus untergebracht sind, erstreckt sich in einer Länge von etwa 70 bis 80 Metern parallel zur Biftoriastraße. In der Mitte des Gebäudes, in den Räumen der Negativ fleberei, in der gestern abend gegen 47 Uhr gerade die Ar­beiterinnen und Arbeiter der zweiten Schicht beschäftigt waren, ent­stand aus noch ungeflärter Ursache plöglich Feuer. Die feuer­gefährliche Klebemasse war in Brand geraten, Stichflammen schossen nach allen Seiten hervor. Den Angestellten blieb gerade noch Zelt, den brennenden Raum eiligst zu verlassen. In wenigen Sefunden war das gesamte Personal alarmiert. In Hast wurde trog der riesigen Gefahr der größte Teil der Filme sowie die mich­tigsten Geschäftsbücher in Sicherheit gebracht. Inzwischen hatte fich das Feuer pom Mittelbau mit Schnelligkeit meiter ausge= breitet, und das ganze Gebäude mußte sofort geräumt werden. Einige Arbeiterinnen erlitten Nervenzusammenbrüche, tonnten sich aber bald wieder unter der Behandlung des Direktors des Städti schen Rettungsamtes, Dr. Paul Frant, der mit mehreren Ret tungswagen ausgerüft war, erholen. Nur eine Arbeiterin, Frau Sch. aus der Friedrichstraße  , die schwer mitgenommen war, mußte in das Urban Krankenhaus gebracht werden.

Nächste Werkstättenfahrt des Zeppelin.

Fahrt nach Berlin   am Sonnabend?

Die Arbeiten am Luftschiff Graf Zeppelin" find nunmehr so­meit fortgeschritten, daß ziemlich sicher am Mittwoch mit der nächsten Fahrt zu rechnen ist. Die Fahrt erstreckt sich nur auf die nafte Umgebung der Werft.

Die große Fahrt nach Berlin   und vielleicht noch weiter nach unter Umständen am Rord. und Ostdeutschland kann Sonnabend stattfinden. Daran würde sich in der nächsten Woche eine meitere größere Fahrt anschließen und das Schiff mürde dann für die Ameritafahrt bereit sein. Dr. Edener rechnet damit, daß die Blaugasproduktion so schnell fortschreitet, baß er spätestens am 10. Oftober, voraussichtlich aber früher, zur Ameritafahrt starten kann.

In diese Fahrtpläne kommt nun dadurch eine neue Note hin­ein, daß der Blan erwogen mird, auch eine Reise nach Aegypten  und dem Orient überhaupt zu unternehmen. Die Anregung da­zu stammt von den amerikanischen   Vertragspartnern der Luft­schiffbaugesellschaft, die sich für Amerika   das Monopol an den großen Reisen gesichert haben. Dr. Edener hat den Wunsch durch aus günftig aufgenommen und es gilt als wahrscheinlich, daß diese Reise eingeschoben wird. Schließlich find, mie aus Moskau  gemeldet wird, von der Aeroarktischen Gesellschaft in Moskau   die vorbereitenden Arbeiten für den Nordpolflug des Graf Zeppelin im Jahre 1929 in Angriff genommen. Der Antermast soll in Gloutff, 20 Kilometer von Leningrad   entfernt, aufge­

stellt werden.

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Die Stadtverordneten haben in dieser Woche teine Sigung, meil der Städtetag in Breslau   zusammentritt, an dem viele der Stadtverordneten teilnehmen.

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Der Fall Larcier.

Bon Tristan Bernard  . ( Einzig berechtigte Uebersetzung von N. Collin.) ,, Ihr Kamerad hat seinen alten Better ermordet Aber ich möchte über Berschiedenes Auskunft von Ihnen haben. Wir wollen hier nicht stehen bleiben; fommen Sie ins Haus. Wir gingen zusammen in das Eßzimmer. Der Rom­missar setzte sich an die Ecke des alteichenen Tisches, und nach­dem er seinem Sefretär zugeminft hatte, fich zu uns zu setzen, 30g er Papiere aus der Tasch. Er erzählte mir, daß er schon nach unserer Garnison telephoniert und der Oberst ihm die Abwesenheit des Unteroffiziers Larcier bestätigt habe. Der Kommissar wußte auch bereits, daß mein unglücklicher Freund Geld im Spiel verloren hatte. Es war leicht, sich die heftige Szene vorzustellen, die sich zwischen dem Vor mund und Larcier abgespielt hatte. In Herrn Bonnels Bureau waren Blutspuren gefunden worden, der Fußboden mar gewaschen; die Tür des Geldschrankes stand offen, der Schlüffelbund lag oben auf dem Schrant. Der Greis mußte in dem Augenblick, als er diesen Geldschrank geöffnet hatte, ermordet morden sein. Bis jetzt waren alle Bemühungen, feine Leiche zu finden, vergeblich gewesen. Nur die Klei­Seine dungsstücke des Mörders waren gefunden worden. Dragonerunteroffiziersuniform lag zusammengerollt hinter einem Eckstein in einer Gartenece.

Der Mörder mußte sich dann im Hause Zivilkleidung verschafft haben, um durch seine Uniform nicht aufzufallen. Das war wenigstens die erste Vermutung. Aber sofort tauchte eine zweite auf: nicht aus diesem Grund hatte sich Larcier feiner Uniform entledigt, sondern weil sie wahrscheinlich mit Blut befleckt war. Denn Rod und Beinkleid waren sorg­fältig gewaschen. Zuerst schien Larcier versucht zu haben, die Flecken herauszureiben, aber da die Kleidungsstücke zu feucht waren, hatte er wohl darauf verzichtet, sie anzuziehen. So hatte er fich dann wahrscheinlich entschloffen. einen An­zug feines Bormunds zu nehmen, der ungefähr seine Figur hatte.

Aber wohin war die Leiche des unglücklichen Bonnel verschmunden? Das hatte der Kommissar bis jetzt noch nicht ergründen können. Sorgfältig hatte man den Boden des Gartens untersucht, aber überall war die Erde hart, nirgends war sie aufgewühlt worden.

Dienstag, 25. Geptember 1928

diesem Augenblick an beschloß fie, ihn nicht mehr leiden zu lassen, sondern seinen Qualen noch in derselben Nacht ein Ende zu machen. Die ganze Nacht hindurch kämpfte sie hart mit sich selbst. Erst am frühen Morgen fand sie den Mut, den tödlichen Schuß ab zugeben. Trogdem Frau Mächler sehr niedergeschlagen ist, ist doch zu erkennen, daß sie im Innersten Befriedigung über ihre Tat empfindet. Ihre Darstellung ist demnach auch taum in Zweifel zu ziehen.

Die Frau wird morgen dem Untersuchungsrichter vor geführt werden, der über ihr weiteres Schicksal zu entscheiden hat.

Als die alarmierten Feuerwehren an der Brandstelle unter Leitung des Branddirektors Stiepelden an der Brandstelle eintrafen, stand bereits das Dachgeschoß in seiner ganzen Ausdeh­nung in einem Ausmaß von etwa 80 mal 60 Metern in hellen Flammen. Haushohe Flammengarben schlugen empor und erleuch teten die ganze Umgebung taghell. Zahlreiche Motorsprißen wurden Der Stahlhelm- Weberfall in Falkensee. in Betrieb gesetzt, und aus mehr als einem Duhend Schlauchleitun­gen allergrößten Kalibers wurden ungeheure Wassermengen in das Flammenmeer geschleudert. Nach einstündiger Löschtätigkeit fonnte der Brandherd völlig eingefreist werden. Große Befürchtun gen bestanden eine Beitlang für einen angrenzenden Bau, den so genannten Filmtresor, in dem eine Unmenge von Filmen lagern. Glücklicherweise konnte die Feuerwehr den Flammen nach dieser Seite rechtzeitig Einhalt gebieten.

Das Feuer fonnte besonders aus dem Grunde einen so tata trophalen Umfang annehmen, weil der in dem Werk befindliche Feuermelder nicht funktionierte. Man nimmt an, daß das Zeitungskabel, das über das Dach hinwegführt, gleich bei Ausbruch des Feuers zerstört worden ist. Durch diese Verzögerung ver­gingen natürlich fostbare war der Brand schon sehr weit vorge­

Die amtlichen Ermittlungen.

Am Montag wurde die Untersuchung über den Stahlhelm­überfall auf Reichsbannerleute in Faltensee fort­gesetzt. Auf Beranlassung des preußischen Minifteriums des Innern und des Regierungspräsidenten find Berliner   kriminal­beamte mit der Bernehmung der Zeugen dieses Ueberfalls be­traut worden. Ueber den Abschluß der Untersuchung fann noch nichts gesagt werden.

melder alarmiert wurde, nuten, und als die Wehr durch Straßen davongetragen. haben. In der Erklärung des Reichsbanner- Gau

schritten.

Der Betrieb der ,, Afifa" ist auf etma acht Tage unterbrochen; dadurch find annähernd 450 Personen beschäftigungslos geworden. Von den auf der Brandstelle anwesenden Direktoren wurde das be­fonnene Bechalten der Belegschaft rühmlichst hervorgehoben. Hoffent­lich hat man für diese Besonnenheit, durch die große Werte er­holten worden sind, auch mehr als bloße Dantesworte übrig. Die Aufräumungsarbeiten an der Brandstelle dauerten die ganze Nacht hindurch an, und mehrmals trajen Ablösungszüge ein.

Motiv: Mutterliebe.

Die Tragödie von Karishorst.

Zur Aufklärung der Familienfragödie, die sich in der Prinz- Cifel- Friedrich- Straße in& arls horft abipielfe, wurde im Laufe des Tages die Mordkommiffion, die Kommissare Brasch­mih und 3 apfe mit ihren Beamten, an den Tatort entsandt. An Ort und Stelle wurden die Angaben der Frau Mächler nachgeprüft.

Das Leben der Familie scheint nicht glücklich gemesen zu sein. 3mischen Mann und Frau hatte schon vor längerer Zeit ein ge= spanntes Berhältnis begonnen. Der Mann hatte aber die eigentlichen Wohnräume verlassen und war nach dem Keller­Die unerträglichen Verhältnisse lasteten immer übergesiedelt. auf allen Angehörigen, so daß sie alle übernervös maren. Im Laufe des Nachmittags gab Frau Müder in einem ein­gehenden Berhör die Gründe an, die sie zur Tötung ihres Sohnes bemogen hatten. Sie erklärte, daß sie für ihren Sohn, der am 8. März geboren war, habe das Horoskop stellen lassen, und daraus hatte sie erkannt, daß er nie wieder in den vollen Besiz seiner Geistest räfte gelangen werde. Eine furchtbare Zukunft hätte ihm bevorgestanden. Seif fie das wußte, war ihr öfter der Gedanke gekommen, auf irgendeine Art den Sohn von seinem Schidjal zu befreien. Diese Frage wurde drängender durch den Streit, der in der Familie über den Berbleib des Sohnes ent­standen war. Einige Mitglieder maren dafür, ihn in einer An= st alt unterzubringen, während er selber sich mit allen Kräften dagegen sträubte. In flaren Augenblicken hatte er der Mutter offenbart, mie furchtbar er sich das Leben in solcher Anstalt denke. Auch die Frau wollte ihn bei sich behalten, da sie überzeugt war, ihn in der Häuslichkeit besser betreuen zu fönnen.

Das auslösende Moment zur Tat war ein Zwischenfall am Sonntagabend. Die Tochter hatte sich nach drei Jahren das erstemal wieder an das Klavier gesezt und gespielt. Der leidende Sohn hatte sich in das Zimmer geschlichen und hörte dem Spiel zu. In einem Spiegel beobachtete die Mutter das Geficht ihres Sohnes und erfannte in seinem Ausdruck eine tiefe Traurigteit. Bon

Der Kommissar forderte mich auf, noch einen Tag in Toul   zu bleiben, um dem Gericht Auskunft zu geben. Er bat übrigens den Oberst telephonisch um Urlaub für mich.

Es war mir

Es war mir angenehm, nicht in die Kaserne zurückkehren zu müssen, wo der haßerfüllte Kreis der Feinde Larciers durch dieses entsetzliche Drama gewiß in große Aufregung versezt war. Aber vor allen Dingen hatte ich den Wunsch, den Mörder zu finden, mit ihm zu sprechen, von ihm zu hören, wie das Verbrechen geschehen war. unmöglich, zu glauben, daß Lareier jemand ermordet hatte... Nie fann er die Absicht gehabt haben, diesen Mann zu War er überhaupt fähig, in eine solche But zu töten... geraten, durch die impulsive Menschen imftande sind, einen jener fast unfreiwilligen Morde zu begehen? Es ist richtig, daß, feither Larcier fich dem Spielteufel ergeben hatte, eine Veränderung in seinem Charakter vorgegangen war. Aber war diese Beränderung so groß, um aus meinem Freund einen Mörder zu machen? Ich war überzeugt, daß sich irgendein 3mischenfall ereignet hatte. Während einer hefti­gen Auseinandersetzung war der Greis vielleicht gefallen, war bei dem Fall gestorben... und Larcier hatte die Leiche verscharrt aus Furcht. des Mordes angeflagt zu werden.

So hatte sich die Tragödie wahrscheinlich abgespielt. Aber ich war dessen nicht sicher... Ein entseglicher Zweifel pacte mich: menn Larcier doch fähig gewesen wäre, einen Menschen umzubringen...! Um diefen fürchterlichen Gedanken los zumerden, hätte ich zu gern meinen Freund wiedergejehen, um zu hören, wie sich alles zugetragen hatte.

Diese meine Gedanten teilte ich dem Kommissar mit. Aber er hörte mir nur zerstreut zu. Und seine Ungläubigfeit schüchterte mich ein. Ich fühlte, daß ich nicht eindringlich genug sprach. Ich war immer von dem Willen beseelt ge­mesen, meine Freunde zu verteidigen, aber es fehlte mir an Bei der nötigen natürlichen Autorität und Kampfluft. solchen Gelegenheiten machen die Menschen den Eindrud auf mich, als ob sie mir mit überlegener Nachsicht zuhören und sagen wollen: ,, Sie haben recht, daß Sie Ihren Freund ver­teidigen, es ist nett von Ihnen. aber mir glauben Ihnen nicht: diese Freundschaft macht Sie sogar selber verdächtig." Für den Polizeifommissar war die Angelegenheit sonnen­flar: Larcier hatte Geld im Spiel verloren und hatte seinen Bormund aufgesucht, um ihn um eine größere Summe zu bitten. Da dieser sich meigerte, fie ihm zu geben, hatte er ihn getötet. Es stand also fest, wer der Mörder war, man würde ihn faffen; es war entsetzlich.

Die Darstellung, die der gestrige Abend" veröffentlichte, scheint durch die Untersuchung bestätigt zu werden, auch insoweit, daß teine Reichsbannertameraden Schußverlegungen vorstandes wurden die Messerstichverlegungen nämlich versehentlich als Schußwunden hingestellt, weil noch teine genauen ärztlichen Be­richte vorlagen. Die eingehenden Untersuchungen der Verlegten haben diese erste Darstellung dann aber widerlegt. Die Untersuchung der Polizeibehörde erstreckte sich besonders auch darauf, wer von den Stahlhelmern die Schüsse abgegeben hat. Ob die angreifenden Stahlhelmer in haft genomment werden, entscheidet sich im Laufe des heutigen Tages.

Der Anführer des Stahlhelms, Dr. Hesse, ist nicht zum ersten Male in eine politische Schlägerei verwickelt. Wie uns von Reichs­bannerkameraden mitgeteilt wird, hat er seit Wochen seine Mit­glieder aufgemiegelt, über die Reichsbannerkameraden herzu fallen. Schon bei der Verfassungsfeier wäre beinahe eine große Schlägerei entstanden. Nur dem Eingreifen einiger besonnener Kameraden gelang es damals, zu verhindern, daß Reichsbonne deute auf die Provokationen des Heise antworteten.

Heute Bergmann- Jacoby- Prozeß.

Bier Wochen Berhandlungsdauer vorgesehen! Bor dem erweiterten Schöffengericht Berlin- Mitte   beginnt die Verhandlung gegen den früheren Bankier und Lombardhausinhaber Bergmann, Staatsanwaltschaftsrat Dr. Jakoby und Ge­noffen.

Die Berhandlung dürfte drei bis vier Wochen dauern, da cine Unmenge von Zeugen geladen sind. Außerdem werden aber von allen Verteidigern in der Verhandlung noch sehr umfangreiche Beweisanträge gestellt und sehr viele weitere Zeugen benannt werden. Eigenartigerweise hat nämlich die Staatsanwaltschaft eine große Zahl der in der Boruntersuchung vernommenen Zeugen nicht geladen. Hier fehlen die prominenten Persönlichkeiten, die dauernde und erfolgreiche Mitarbeiter Bergmanns   waren, in­dem sie ihn durch Geldhingabe und Auskünfte über sein Unter­

nehmen unterſtützten.

Wie wir hören, wird Rechtsanwalt Dr. Aron die Ladung dieser prominenten Persönlichkeiten beantragen. Um nur einige Namen zu erwähnen, befinden sich unter diesen Geschäftsfreunden des Bergmann Major v. Hindenburg  , vorübergehend Leiter der Bergmannschen Filiale in München  , ein Graf Schwerin  ömig, der Rittergutsbesizer Dr. Löwenfeld- Hühnern, der Rechtsanwalt Friz Meyer, Syndikus der Deutschen  Revisions- und Treuhand A.-G., der Geh. Oberregierungsrat Dr. Sennewald, der frühere Syndikus Bergmanns   und andere mehr.

Der Umstand, daß in manchen Fällen Teile der Zeugenbank und die Bank der Angeklagten sich wenig von einander unter­scheiden werden, wird diesen Prozeß eine besondere Note geben.

Ich verstand nicht, weshalb die Polizei nicht sofort mit der Verfolgung begann, und ich entschloß mich, da das Ge­richt sich so lange Zeit ließ, um sich Larciers zu bemächtigen, mich selbst auf die Suche nach meinem Freund zu begeben ,. so schnell wie möglich zu ihm zu eilen, damit er mir alles erkläre. Als der Kommissar mit meinem Oberst telephonierte, bat ich ihn, mir einen etwas längeren Urlaub zu erwirten. Ich erbot mich, Larcier zu finden und ihn dem Gericht aus­zuliefern.

Der Kommissar unterstüßte meine Bitte, nicht weil ihm viel an meiner Hilfe lag und er sehr an den Nutzen meiner Nachforschungen glaubte, sondern er tat es aus Liebens­würdigkeit; zweifellos dachte er, daß ich gern Urlaub haben wollte und diesen Vorwand eifrig ergriff, um die Kaserne vierzehn Tage verlassen zu fönnen. Ich gab mir nicht die Mühe, diese beleidigende Auffassung zu widerlegen. Die Hauptsache war, daß der Oberst darein willigte, mir zmei Wochen Freiheit zu geben.

Jedoch beschloß ich, abends in die Kaferne zurückzukehren, um mir Kleidungsstücke zu holen, denn ich war nur mit den Sachen, die ich an hatte, nach Toul   gefahren. Uebrigens verknüpfte ich mit der Rückkehr in unsere Garnison noch einen anderen Zweck.

Aus Andeutungen Larciers mußte ich, daß er eine Freundin hatte. Eine Art sentimentaler Keuschheit hielt ihn davon zurüd, mit seinen Freunden viel von seinen Herzens­angelegenheiten zu sprechen. Diese Freundin war also eine junge Frau, jeit turzer Zeit Witme. Ich wußte, daß sie moralisch einwandfrei mar. Larcier hatte mir von ihr er­zählt; ich glaube, fie liebten sich sehr und hatten beschlossen, fich zu heiraten. Sie wohnte nicht in derselben Stadt wie mir, sondern in dem eine halbe Stunde von Nancy   entfernt Larcier fuhr liegenden fleinen Marktflecken St. Renaud. ein oder zweimal wöchentlich abends zu ihr. Sonntags fonnte er seine Freundin freilich nicht besuchen, weil sie dann mit ihrer ganzen Familie zujammen war.

Nachdem ich die Nacht in der Kaserne geschlofen hatte ich war zu müde gewesen, um mir ein Hotel in der Stadt zu suchen, ging ich morgens sehr zeitig fort. Ich hatte in der Kaserne nur meinen Stubentameraden gesehen. den Unteroffizier, der andauernd Statistiken machte. Er fragte mich über den Fall Larcier aus, hörte mir nachdenklich zu und begab fich topfschüttelnd wieder an seine überflüssigen Arbeiten; was dieses Kopfschütteln bedeuten follte, wußte ich allerdings nicht. ( Fortsetzung folgt.)