1r. 453* 45. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Mittwoch 26. September-t 926
In keinem der deutschen Länder ist mit so ernster Absicht der Kampf um di« Enteignung des privaten Großgrundbesitzes geführt worden, wie in Hesien. Daß er ergebnislos war, liegt weniger an der angewendeten Taktik als an dem Krästeverhältnis zwischen Latifundisten und Bodenrechtsresormern. Es ist wenig bekannt, daß in Jessen 1919 rund 10 P r oz. der gesamten Fläche des Staatsgebiets fideikommissarisch gebunden waren. Allerdings waren dies 20 Proz. der gesamten Waldsläche und 5,5 Proz. der landwirtschaftlich benutzten Fläche des Staatsgebiets. Pkit dem Gesamtprozentsatz an gebundenem Boden marschierte somit Hessen unter den deutschen Ländern an der Spitze denn in Preußen betrug der entsprechende Prozentsatz 7,3 Proz. Das hessische Volk ist landhungrig. Der Bauernstand macht einen verhälwismäßlg großen Prozentsatz der Gesamt- bevölterung aus. Zwei Drittel aller Landwirtschaftsbetriebe um- fasten weniger als 2 Hektar. Die Bodenaufteilung ist so weit fort- geschritten, daß der ländliche Nachwuchs nur zu einem verschwinden- den Teil die Möglichtest hat, sich auf der heimatllchen Scholle seine Existenz zu gründen. Das staatliche Domäneneigentum hat sich von 1902 bis 1918 um 2730 Hektar vermindert und umfaßt heut« nur noch etwa 3000 Hektar.(Man bedenke, daß das Eigentum der Stadt Frankfurt an landwirtschostlich benutzter Fläche über doppett so groß ist.) Dagegen sind in den Händen der ehe- maligen hessischen Standesherren und sonstiger Privater ungeheure Flächen zusammengeballt. Die nachfolgende Liste gibt uns einen Begriff davon. Wir haben nur diejenigen privaten Eigentümer ausgezähst, die mindestens 1000 Hektar Gesamtfläche besitzen und bemerken dazu, daß 1000 Hektar in Hesten bei der dichten Bevölkerung etwas ganz» anderes bedeuten, als diese Fläche im östlichen Preußen. Die hessischen Dodeufürsten mit mehr als 1000 Hektar.
Namen de» Grundeigentümers Hr. von Dörth , Neckarsteinach Erbach -Erboch, b,w. Wartenberg . Crbach-Fürstenau.......
?rhr. Heyl surft von t fürst von S
u Herrnsheim. enburg-Birstei«. enburg-Büdingen
Die Entstehungsgeschichte dieser hessischen Riesenbesitzungen ist noch nicht geschrieben. Die wenigen Aktenauszüge, die bis heute veröffentlicht sind, zeigen das gleiche Bild wie anderswo. Eine hessische Gemeinde(Ostenheim) kann sich aus den Akten vergewistern, daß ihre Vorfahren den Wald dem Grafen Solms zum Geburtstage geschenkt haben. Eine andere Gemeinde(Langsdorf ) beschuldigt die Für- sten Solms-Braunfels, daß ihr Wald laut Prozeßakten auf nicht ganz einwandfreie Weise in den Besitz ihrer Familie ge- kommen sei. Im Odenwald und auch in anderen Gebieten de» hessischen Landes sind Dörserverschwunden und ihre Ruinen sind durch Wald bedeckt. Man weist immer darauf hin, daß es sinnlos sei, das groß« Grundeigentum zu befestigen, denn der Wunsch nach Besiedelung des Landes fände ja gar keine Vertreter. Dem widerspricht gerade in Hesten, daß auf Grund einer Umfrage des Staatsministeriums rund 2600 Familienväter die Zuweisung von Land zur Errich- tung einer Heimstätte oder zum Ausbau des Zweigbetriebs bc- antragten. Diese Tatsache deutet darauf hin, wie stark die Bewegung im Volk verankert war. Warum sie erfolglos verpuffte, vermögen wir aus Folgendem zu erkennen. Der herrenkampf um den Eigenstaat. Di« Agrarier errichteten in Bad Nauheim unter der Firma „Reformbund der Gutshöfe� eine Propagandazentral«. Diese überschwemmte die Zeitungen, die Stadtverwaltungen, die Behörden und die Reichsstellen mst Eingaben und Vorstellungen, mit Statistiken und falschen Anschuldigungen. In einer Riesen- auflag« wurde u. a. eine künstlerisch ausgestattete Broschüre an Private versandt, in der statistisch der Beweis geführt war, daß die Städte verhungern müßten, wenn man die landwirtschast- lichen Großbetriebe zerschlag«. Gerade diese Behauptung wurde so stark in die Köpfe eingehämmert, daß man ihr auch heut« noch überall begegnet. Der Trugschluß liegt auf der Hand. Man tut so, als ob das Großgrund e i g e n t u m unter allen Umständen die Voraussetzung des Großbetriebs wäre und man bekennt sich ferner als über- zeugt, daß jeder Großbetrieb ein Musterbetrieb sei und seinen Boden aufs intensivste bewirtschafte.
Im Borstand des Reformbunde« der Gutshöfe saßen Fürsten und Frecherren. Das hat aber nicht oerhindert, daß nach dessen Bankrott die Bauern den größten Teil der Zeche bezahlen mußten. Man hat auch hier, wie immer in der Geschichte. Bauern- fängerei getrieben Die Tatsache besteht jedoch, daß die Tätigtest dieser großagrarischen Propagandazentrale die Abwürgung der Ent- eignungsbewegung vermochte. Es sind ungeheure Gelder hier in Hessen , wie auch in Württemberg , wo die Zentrale ihreu Sitz in der fürsttichen Domanialkanzlei Wolfegg hatte, ausgebracht worden. Diese flössen nicht aus den Erttägen der württembergischen oder hessischen Latifundien, sondern strömten aus allen Teilen des Reichs- gebiets zusammen, denn Hessen ist das süddeutsche Schlesien.— Gleiche Sappe« überall. Wenn die hessischen Latifundien gefalle» wären, so wäre das das Signal für das ganze deutsche Reichsgebiet gewesen, denn mst dem Fall der S o l m s s ch e n Latifundien in Hesten waren auch deren Riesenbesitzungen in Schlesien , in der Provinz Sachsen , im Freistaat Sachsen und in Brandenburg bedroht. Bon den S t o l- b e r g e r n gilt das gleiche. Die Besitzungen der F ü r st e n Isen- bürg und Schenk von Schweinsberg greifen auf Hesten-Nastau über. Die Schenk von Stauffenberg sitzen in Württem- berg. Die Leiningen, Heyl, Frankenstein und Bertheim finden wir in Bayern und Baden wieder. Die Großagrarier in der Rhein » provinz waren zur Solidarstät veranlaßt, weil die Stolberg , Löwen, stein, Oettingen und Dörth auch in diesem Gebiet unter ihnen sitzen. Nach Württemberg übertrug sich die Gcgenbewegung, weil dort die Löwenstein , Oettingen usw. ebenfalls interessiert sind, und diese die Hohenlohe , Waldburg-Wolsegg usw. mst in den Kampf hineinrissen. Wenn man sich noch vergegenwärtigt, daß diese Familien alle mit- einander verschwägert sind, kann man sich erklären, daß die Kampf- front so rasch entstand und daß die ungeheuren Mittel zur De- seitigung der Enteignungsgefahr aufgebracht worden sind. Neben dem Großkampf ging ein erbitterter Klein- kämpf einher. Dies ersehen wir zum Beispiel aus einer kleinen Anfrage des Abgeordneten Maurer im Hessischen Landtag am 14. Dezember 1927. Er drängt aus die Beschleunigung des Ent- eignungsverfahrens über 40 Morgen Wald(10 Hektar) bei Lanzen- heim im Kreise Lauterbach und begründet dies damst, daß er auf den Bedarf an Ackerland hinweist, und andererseits feststellt, daß die frecherrlich Riedeselsche Verwalttmg diejenigen ihrer For st arbeite? nicht mehr beschäftigt, die Antrag aus Zuweisung des zu enteignenden Lande» ge- st e l l t haben! Man muß sich angesichts dieser Tatsache im Bewußtsein hallen, daß die Riedeselschen Liegenschaften in Hesten über 12 000 Hektar und insgesamt mindestens 20 000 Hettvr umfassen. Dieser Klein- kämpf tobt aber allerorts und in alle? möglichen Formen wester. Kleine Verbote, Kündigung von Zlrbests. und Pachtverträgen usw. sind die Mittel. Man erledigt die kleilnen Leute einzeln der Reih« nach, um durch abschreckende Beispiele das Aufflackern einer neuen Enteignungsbewegung von vornherein zu unterbinden. Wird das neue Deutschland noch lange an diesen vorflalfluMche» herrenstaoten achtlos vorbeigehen, die einer modernen DemokraNe und vernünftiger Agrarwirtschaft Hohn sprechen? Theodor Häbich.
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