Mehr Freizeit für Jugendliche!
Ein Schritt des ADGB . bei der Reichsregierung.
Der Vorstand des ADGB . hat sich mit einem Schreiben an den Reichsarbeitsminister und den Reichsinnenminister gewandt, worin die Sicherung eines ausreichenden Urlaubs für Jugendliche im Arbeitsschutzgesetz mit besonderem Nachdruck gefordert wird.
Die deutschen Jugendverbände, die Wohlfahrtsorganisationen sowie die Fachvereine der Pädagogen, Hygienifer usw. haben sich die freigemertschaftliche Forderung nach gesetzlicher Sicherung genügender Freizeit für die erwerbstätigen Jugendlichen zu eigen gemacht. Bon den Vertretern früherer Reichsregierungen war wiederholt die Erfüllung dieser Forderung versprochen worden. Dabei wurde von den maßgebenden Etellen meistens auf das tommende Berufsausbildungsgefez hingewiesen, daß bereits eine teilweise Erfüllung der Freizeitforderungen bringt.
Der Vorstand des ADGB . macht nun die Reichsregierung darauf aufmerksam, daß der Entwurf des Berufsausbildungsgefetes feineswegs eine solche Erfüllung bringt.
Der Gefeßentwurf gebe den Jugendlichen keinerlei Anspruch auf Urlaub, sondern sehe lediglich vor, daß die gesetzlichen Berufsvertretungen( Handwerks- und Handelskammern) Anordnungen über Form und Inhalt der Lehrverträge, vor allem über das den Lehrlingen zu gewährende Entgelt, über Urlaub und Ferien treffen" tönnen. Damit werde fein Urlaubsanspruch geschaffen. Es werde vielmehr auch die Möglichkeit der genannten Körperschaften, Urlaubsbestimmungen zu treffen, auf die Lehr linge begrenzt; die ungelernten Jugendlichen mürden überhaupt nicht betroffen. Im übrigen habe der Entwurf zum Berufsausbildungsgesetz wenig Ausfihten auf baldige Verabschiedung.
Anders liegen die Dinge beim Arbeitsschußgefeß. Die Beratungen des Reichstages über das Arbeitsschußgefeß stehen un mittelbar bevor. In seinem Abschnitt„ Erhöhter Schuß für weibliche und jugendliche Arbeitnehmer" wird bereits versucht, durch Befchränkung der täglichen Arbeitszeit den besonderen Bedürfnissen der Jugendlichen nach freigewerkschaftlicher Auffassung in ungenügendem Maße zu entsprechen Gewährung einer längeren Freizeit am Wochenende über die Sonntagsruhe hinaus bringt der Entwurf nicht; ebenso wenig geht er auf die Urlaubsforderungen ein. Der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes fordert daher, daß, unbeschadet der in der Begründung zum Arbeitsschutzgesehentwurf angeschnittenen Frage, ob der Urlaub für Jugend: liche als öffentlich- rechtlicher Arbeitsschutz wofür sich triftige Gründe ins Feld führen lassen- oder nur als zwingendes Vertragsrecht gestaltet werden soll,
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bereits jetzt durch das Arbeitsschuhgefe eine Zwischenlösung für die Jugendlichen
erfolgt. Er meist darauf hin, daß der Vorläufige Reichswirtschaftsrat in seinem Gutachten zum Arbeitsschutzgesetz zum Ausdruck gebracht hat, daß fomohl der Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen wie auch der Erholungsurlaub für Jugendliche diesen durch das Arbeitsschutzgesetz gewährt werden soll.
Während der letzten 10 Jahre find, wie der Borstand des ADGB. in feinem Schreiben hervorhebt, auf dem Gebiete der Ur laubsgemährung an erwerbstätige Jugendliche in erster Linie durch tarifliche Regelung, dann aber auch durch freiwillige Gewährung is mesentliche Fortschritte erzielt worden, daß es jetzt an der Zeit und notwendig ist, in den noch rückständig gebliebenen Berufs- und Wirtschaftszweigen durch Gefes gleiche Verhältniffe zu schaffen.
Amtsgerichtsrat Held.
Eine Burechtweisung durch den Justizminifter.
Bor einiger Zeit wurde im Borwärts" mitgeteilt, daß der Amtgerichtsrat Held in Lichtenberg als Einzelri hter einen Breffeberichterstatter aus dem Gerichtssaal gewiefen habe mit der Begründung, er fönne, nicht objektiv berichten.
Begen dieses Borganges hat sich der Reichsverband der deut schen Presse ( Bezirksverband Berlin ) beschwerdeführend an den preußischen Just iz minister gewandt. Dieser hat, wie uns die Justizpressestelle mitteilt, nach Anhörung des Amtsgerichtsrats fich dahin geäußert, die Annahme, der Richter habe den Berichterstatter aus der Sigung völlig ausgeschlossen, sei insofern nicht zutreffend, da er thm anheimgestellt habe, im allgemeinen Zuhörerraum Plaz 811 nehmen.
Gleichwohl hat der Justizminister erhebliche Bedenken gegen das festgestellte Borgehen des Vorsitzenden erhoben, da dieser gegen den Berichterstatter wegen der außerhalb der Sigung erfolgten Angriffe Maßnahmen zur Anwendung gebracht habe, die lediglich der Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sigung dienen fallen. Abgesehen davon sei auch das Vorgehen des Borsigenden geeignet gewesen, das erwünschte Vertrauensverhältnis zwischen Sustiz und Presse zu beeinträchtigen. Zudem hätte Amtsgerichtsrat Held den Berichterstatter vor der Verweisung aus dem vorderen Teil des Saales Gelegenheit zur Aeußerung geben follen. Es ift demgemäß im Auftrag des Herrn. Justizministers gegen Amtsgerichtsrat Held das Erforderliche im Dienst= auffichtswege veranlaßt worden".
Diese schnelle. Erledigung ist zu begrüßen und es ist anzunehmen, daß sich die Eröffnung im Dienstaufsichtswege" auch an anderen fleinen Gerichten auswirkt, wo bisher noch vielfach sehr patriarchalische" Verhältnisse vorhanden sind...
Carol will König sein.
Liberale Bersprechungen.
Butarest, 26. September.( Eigenbericht.) Am Dienstag wurde durch die Post in zehntausenden Exemplaren ein Manifest des Ertronprinzen Carol An das rumänische Bolt! verbreitet, beigefügt war eine Photographie des Ertronprinzen mit dem Faffimile seiner Unterschrift und dem Titel„ Ber. geßt den Sohn des Königs Ferdinand nicht!". Das Manifest ent hält ein politisches Programm, das Carol zu verwirklichen ver ipricht Er fordert u. a. freie Neumahlen, Aufhebung aller Birt fchaftsmonopole, Freiheit für das ausländische Kapital, Garantie einer freien parlamentarischen Oppofition zur Gicherung eines bemokratischen Regierungssystems usw. Es fällt auf, daß das Programm zahlreiche wirtschaftspolitische Forderungen enthält, die fich dirett gegen die Liberale Partei richten. Das Manifeft betont baß Carol feinerzeit gezwungen morden sei abzudanten. Er habe sich gefügt, da er hoffte, von feinem Bater bald wieder zurüdgerufen zu werden. In zwischen fei König Ferdinand gestorben und nunmehr wolle er durch den Millen des Boltes zurückkehren,
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Stahlhelm- Kundgebung.
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gab sich Mühe, blieb aber
gegen die militärischen Schwertmäuler wirkungslos.
Die Finanznot der Gemeinden.
Tagung und Beschlüsse des Preußischen Städtetages.
W. M. Breslau , 26. September. ( Eigenbericht.) Bersuchte der Deutsche Städtetag die gerade in den Großgemeinden immer schwieriger werdenden Fragen der Selbstpermaltung zu lösen, jah er in der Schaffung des dezentralifierten Einheitsstaates ein wesentliches Mittel, die hier auftretenden Fragen in einem für die deutschen Gemeinden günstigen Sinne zu lösen, so beschäftigte sich der Preußische Städtetag mit dem 3entralproblem der gemeindlichen Entwicklung, mit der Frage der Finanzierung der von den Gemeinden zu erfüllenden Aufgaben.
Professor Gertoff- Frankfurt a. M. behandelte in einem wunder voll flaren, von tiefster und umfassender Sachkenntnis getragenen Referat die schwebenden Fragen des Finanzausgleichs, der Bedarfsordnung und Bedarfsdeckung in Reich, Ländern und Gemeinden. Er forschte nach den Ursachen des ständig wachsenden Geld bedarfs der Gemeinden, den er auf die Verminderung des Geldwertes, auf die Bevölferungszunahme und den technischen, sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt zurückführte. Er schilderte die Verflechtung der öffentlichen Störperschaften untereinander und fam zu dem Schluß, daß an eine wesentliche Einschränkung der Tätigkeit der öffentlichen Hand nicht mehr gedacht mer den tönne. Zur Schaffung flarer Berhältnisse fordert er eine scharfe Abgrenzung der Aufgabengebiete zwischen Reich, Ländern und Gemeinden
Bei der Behandlung der einzelnen Steuerarten fennzeichnete ber Referent mit treffenben: Borten den geradezu tollen Zustand, daß das fatsächlich unbeschränkte Zuschlagsrecht der Kirchengemeinden zur Einkommensteuer zu einer Gefahr für diese Steuerart geworden ist.
eine Gruppierung der Städte nach der Höhe ihrer Einwohnerzahl vor und will den einzelnen Gruppen dann bestimmte Säße aus der Reichseinkommensteuer zugebilligt wissen. Städte, deren Einkommen unter dem Durchschnitt ihrer Gruppe liegt, sollen bann einen be stimmten Ausgleichsbetrag erhalten. Er forderte weiter, daß die indireften Steuern zur freien Verfügung der Gemeinden ständen.
Diese Begründung der von der Bersammlung gegen wenige Stimmen angenommenen Resolution zeigte, wie allgemein diese Entschließung des Preußischen Städtetages ift: Sie ist eben nur ein Rahmen, der die verschiedenartigsten Aus. legungen zuläßt.
Ein heiteres Zwischenspiel. lieferte wie, auf dem Deutschen Städtetag auch auf dem Preußischen Städtetag die KPD. , deren Redner diesmal der Berliner Stadtrat Menz war. Er legte der Versammlung gleich drei Entschließungen vor, von denen die erste mit einer Anzahl von Forderungen zum Finanzausgleidy durchsetzt ist, die die kommunistische Frattion von der Sozialdemo fratie entlehnt hatte, während die zweite Entschließung sich mit dem Wohnungselend beschäftigt und die dritte mit dem unvermeiblichen Panzertreuzer aufwartet: Der Breußische Städtetag sollte den Bau des Panzerfreuzers verhindern...
Der Berliner Stadtfämmerer Dr. Sange mondte sich mit großer Schärfe gegen die
ungeheuerliche Benachteiligung Berlins bei der Berteilung der signa Erträgnifie aus der Hauszinsiteuer,
Berlin fann mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln jährlich nur 24 000 bis 26 000 Wohnungen bauen, mährend es einen jähr. lichen Suzug von 34 000 Familien hat. Jährlich muß die Stadt Berlin 50 Millionen Mart aus der Hauszinssteuer für den Bau von Wohnungen in anderen Gemeinden, hergeben, mährend es feiner eigenen Wohnungsnot nicht Herr zu merden vermag.
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Es gibt Kirchengemeinden, die bis zu 50 Prozent 3uschlag zur Einkommensteuer erheben. Die Tatsache, daß in einer Stadt wie Breslau in einem Jahre 4500 Kirchenaustritte zu verzeichnen sind, Genosse Hirsch ertlärte in seiner überaus fachlichen und ruhigen sollte auch den Kirchenbehörden zu denken geben. Die Haus Art, daß die sozialdemokratische Frattion des Städtetages die Ent3inssteuer, die in ihrer jetzigen Form mir eine halbe Maß schließungen der Komumunisten ablehnen würde. Die zum Teil be regel ist, habe einen richtigen Grundgedanken. Es wäre ein Ber - rechtigten Forderungen verschwänden hinter einem Bust non For brechen, sie ohne weiteres preiszugeben. Man müßte sie( wie es brechen, sie ohne weiteres preiszugeben. Man müßte sie( wie es berungen, die nur Sache der Parlamente fein tönnten, die Sozialdemokratie fordert. D. Red.) auch auf landwirtschaftliche Schwierigkeiten des Finanzausgleichs, so erklärte Génoiſe Sirich. Bohngebäude ausdehnen. Es ist, so erklärte der Redner, außer weiter, beständen seit der Gründung des Reiches. Sie hängen zu ordentlich bebauerlich, daß durch das Gesez vom 9. April 1927 den sammen mit unserer ganzen staatsrechtlichen Konstruktion. Sie find Gemeinden das Recht auf Erhebung der Getränkesteuer genommen durch Krieg und die Röte der Nachkriegszeit nur gesteigert worden. murde. Eine Aenderung ist erst möglich durch eine Hebung der wirtschaftlichen Lage und durch Verminderung der Reparationslaften, und menn durch eine Berwaltungsreform eine Verbilligung der öffent lichen Berwaltung eingetreten ist.
Die Probleme des Finanzausgleichs find so eng verquidt mit den Fragen der Selbstverwaltung, der Staatsverwaltung, den Fragen der politischen Freiheit oder obrigkeitlichen Ordnung unseres Lebens, daß es außerordentlich schwierig ist, hier einen wirklich gangbaren Weg zu finden, daß es ganz und gar unmöglich ist, den archimedischen Punkt anzugeben, an dem die Lösung dieser Probleme zu beginnen hätte.
Oberbürgermeister Dr. Lohmeyer- Königsberg begründete die folgende, nom Vorstand des Preußischen Städtetages vorgelegte Entfchließung:
Die Aenderung des derzeitigen Reichsfinanzausgleichs unter Berücksichtigung der berechtigten Bedürfnisse auch der Länder und der Gemeinden ist nach wie vor dringlichste Forderung. Auch -die Boraussetzungen für den zurzeit geltenden innerpreußischen Finanzausgleich hätten fich im laufenden Etatsjahr erneut zu ungunsten der Gemeinden verschoben. Während das Land Preu Ben eine starke Entlastung durch Uebernahme der Kosten der Erwerbslosenfürsorge auf das Reich erfahren hat, find die Ge meinden infolge der äußerst ungünstigen Auswirkungen der Arbeitslosenversicherung in außerordentlichem Maße neu belastet
morden.
Die Jahrespersammlung des Preußischen Städtetages erachtet es daher für bringend erforderlich, daß die preußische Staats regierung und der Preußische Landtag bie hieraus erforderlichen Folgerungen unverzüglich ziehen. Dabei werden besonders die zugunsten der Gemeinden sprechenden Ergebnisse der Reichsfinan statistit zu berücksichtigen sein, die den ständig sinkenden Anteil der Gemeinden am Gesamtsteuerauftommen ergibt. Der inner preußische Finanzausgleich, insbesondere die relative Garantie", haben sich als bringend abänderungsbedürftig erwiesen. Der Finanzausgleich ist mit der Neuregelung eines einheitlichen Lastenausgleichs zu verbinden."
Oberbürgermeister. Dr. Lohmeyer wies darauf hin, daß durch Uebernahme der Erwerbslosenfürsorge durch das Reich die Länder jährlich um 150 Millionen Mart entlafter find, während die Gemeinden bei biefer Regelung leer ausgingen. Er bezeichnete es als einen unhaltbaren Zustand, daß bas Reich die Gemeinden nicht beteiligt, wenn es gegenüber bem Etatanfag eine Mehreinnahme an Steuern habe. Der Redner forderte den von der Sozialdemokratie grundfäßlich abgelehnten unbeschräntten Steuerauschlag durch die Gemeinden zur Einkommensteuer. Gr jab aber zur gleichen Seit ein, daß diese Forderung im Augenblid nicht zu erfüllen ist, da die Gintommen bereits bis zur Grenze der Leistungsfähigteit besteuert werden. Er schlug ferner
Die Sozialdemokratie müßte an ihrer Forderung der Reichs steuerhoheit unbedingt festhalten.
Die Sozialdemokratie fordert weiter u. a. eine reichsgefeßliche Rege fung der Realsteuern durch ein Rahmengefeß. Die Hauszins. steuer follte auch auf ländliche und gewerbliche Gemeinden aus gedehnt werden. Die hierdurch freiwerdenden Mittel sollten von der öffentlichen Hand zum Wohnungsbau verwandt werden. Die Sozialdemokratie ist selbstverständlich ein unbedingter Geg ner jedes Gemeindeauschlagsrechts. Besonders scharf aber mandte fidh Genosse Hirsch gegen den Gedanten der Besteuerung des reichssteuerfreien Einkommens durch die Gemeinden.
Stadtverordneter Falf- Köln wandte sich ebenfalls sehr scharf gegen das Zuschlagsrecht der Gemeinden zur Reichseinkommensteuer, Ein solches Recht würde unerträglich sein und müßte Steuerdebatten in den Gemeindeparlamenten herbeiführen.
Nach einem Schlußwort des Referenten Profeffor Gerloff nahm die Bersammlung die vom Borstand vorgelegte Entschließung an und erklärte fich damit einverstanden, daß die übrigen von der kommu nistischen Fraktion eingebrachten Anträge dem Vorstand überwiesen würden. Oberbürgermeister Dr. Böß schloß die Tagung mit einem nochmaligen Dant an die Stadt Breslau , und einem Dant an die zum Städtetag Erschienenen.
Der Reichspräsident ist nach Abschluß seiner Schlesienreise gestern nach Berlin zurüdgefehrt.
Die Rote Fahne " ist für ganz Frankreich verboten worden. Umffurz in Guatemala . Der Präsident der Republik und die Regierung haben die verfassungsmäßigen Garantien für die Dauer von sechs Monaten aufgehoben, was die Verhängung des Kriegsrechts in ganz Guatemala bedeutet. Als Grund wird die lebhafte Tätigkeit der Opposition angegeben, die als aufrührerisch angesehen" wird.
Gemäß dem Abkommen zwischen Danzig und Polen bom August wurde der Nordteil der Westerplatte dem Hafenausschuß zur Aus nugung für allgemeine Handelszmede übergeben. Die llebergabe des reftlichen Teiles der Westerplatte steht bevor.