Ein Rennfahrer-Roman von Andre Reuze. Obersetzt von F. A. Angermayer
Eben hatte es in Argenteul, unweit Paris , drei Uhr morgens geschlagen, und 160 Rennfahrer standen, in einen einzigen Farbklumpen zusammengeballt, am Start. Wie dressierte Schlangen wanden sich rote Ersatzstreiren um ihre Schultern, und mit ihren Hatten stützten sie die schlanken Stahlrahmen, auf denen sie ganz Fi ank reich durchroüen sollten. Dunkle Handschuhe vet bargen die Hände. Die Gesichter waren spöttisch oder ernst. Ravenelle, der Bericht erstatter eines groben Sportblanes, beg.eitet in einem Auto die„Giganten der Landstraße'. (3. Fortsetzung.) Dann wurden die Wagentüren zugeschlagen, Licht blitzte auf, die Motoren begannen zu rottern, die Kraftwogen fetzten sich lang- fam in Bewegung. Der Dicke sah auf seinen Chronometer und sagte dann, ganz einfach: „Los!" Die Räder rollten! Im Lichtsrwirbel sah man vorgereckte Köpfe, ein Meer von Schultern und das Gewoge tretender Beine. „Tiel Glück, Tampier!" rief eine helle Frauenstimme. Rasender Beifall tobte. Rovenelle war in den Wagen gesprungen: „Also, Baust, los!" Ein Rennfahrer war neben ihnen geblieben und tostet« mit der rechten Hand über die cholzleisten der Karosserie: Tampier. „Ich muh cholz anfassen!" erklärte er.„Irgendeine dumme Gans hat mir„Biel Glück" zugerufen. Unter Garantie ist das ein Bezugsschein auf fünftousendvicrhundert Kilometer Pech und Aerger! Gott , wie naiv doch manche Leute sind!" Und schon flitzte er durch die dichten Reihen der Einzelfohrcr und schlotz sich der Spitzengruppe an. Es war, als hätte dos Startsignal den Beginn eines Feen- Märchens angezeigt. Die mit riesigen Flammenaugen glotzenden Autos waren zu brüllenden Sagenungetümen geworden, die der wild dohinfliehenden Rädcrmeute nachjagten. Weiß« Insekten, die mit hellen Trikots und nackten Beinen dahinsausenden Rennfahrer, deren Maschinen nicht mehr zu sehen waren, durchquerten den grellen Lichtkegel der Scheinwerfer. Alle Bäume wurden zu flachen Silhouetten und sahen wie Opernkulissen aus. Ein langer, weißer Streifen, der wie die Fortsetzung der Landstraße aussah, stellte sich einige Sekunden später als eine Mauer heraus, der der Chauf. feur gerade noch ausweichen konnte. Das Ganze, Rennfahrer und Begleiter, klebte zusammen und war wie eine gigantische, aufge- schreckte Riesenschlange, deren feuriger Kopf bereits im Wald ver- schwand, indes ihr Ringelleib noch durch den Staub der Dörfer schnellt«. Und diese Schlang« rollte und kletterte und saust« bergab, dehnte sich und brüllte aus hundert metallenen Mündern, weckte die Schläfer und rief bei ihrem Borbeisaufen staunende Rufe und jauchzenden Beifall aus der Stille der Nacht. Dicht neben den Lichtstreifen der Scheinwerfer huschten auf beiden Seiten der Landstraße unzählige Schatten. Es waren jene tausende, meist doch dazu ohne Laterne dahinrasenden Radfahrer, die unter allen Umständen die Meute eine Zeitlang begleiten wollten. Die Chauffeure fluchten und brüllten sie an, drängten sie auf den neben der Straße herlaufenden Grasstreifen, fanden aber immer wieder neue Scharen, die ihnen den Weg versperrten. „Warum rasen denn die Rennfahrer gleich vom Start weg in diesem Höllentempo?" fragt« der sehr erstaunte Mainguy. „Um die„Einzelfahrer" und alle übrigen Radfahrer, durch deren Ungeschicklichkeit viele Stürze vorkommen, gleich zu Beginn loszuwerden." „Ich hätte mir nie träumen lassen, daß es in Poris so zahl- lose Radfahrer gibt," sagte der Maler. „Wir haben gegen sieben Millionen in Frankreich , lieber Freund!" Auf den Hügeln sah man nun zu beiden Seiten der Straß« sonderbar« Holzfeuer flackern, um die offenbar Wild« hockten. Bei- zender Rauch verbreitete Brandgeruch. Als dos rollend« Feld vor- übersauste, sprangen die hockenden Gestalten, deren Räder im Gras lagen, schreiend und beifallrufcnd vom Boden aus. Die Bcgleitautos ließen bald nicht nur die total erschöpften Radler, sondern auch bereits kleine Gruppen der Renirfahrer hinter sich, die im Dunkel untertauchten. „Allmählich sondert sich bereits die Spreu vom Weizen!" sagte Rovenelle. „Wie finden die nur den Weg im Finster»?" .Landstraheninstinkt, mem Lieber!" „Ein furchtbarer Beruf!" seufzte Mainguy. Plötzlich schrie Baust: „Blanc- Mesnil hat Defekt!" Schon stoppte er den Wagen, um dem Champion zu leuchten. Mainguy erkannte den prachtvollen Athleten wieder, den er vorhin im Cafä kennengelernt hatte. Seine Maschine lag mit ab- montiertem Vorderrad im Gras. Blitzschnell riß Blanc-Mesnil den alten Reifen lzeruntcr, nahm einen Ersatzreifen vom Körper und zog ihn auf die Felge, die er. wie eine Bäuerin ihr« Getreide» schwinge, gegen den Leib stemmte. „Ein erbaulicher Anfang!" sagte er dann ganz ruhig und warf einen Blick auf die davonjagenden Lichter des Rennens. Mit einigen kräftigen Stößen wurde der neue Reifen rasch auf. gepumpt. „Unheimlich, wi« di« vorn«, dreihundert Kilometer vor der ersten Etapp«, zu kurbeln anfangen!" sagte Ravenelle. Blanc-Mesnil zuckte die Achseln und«rwiderte: „Der..Rioa".Stoll führt, wi« besessen, um mich Neinzukriegen! Darauf war ich gefaßt! Das wird einen heißen Kampf geben!" Kaum war das Vorderrad mit zwei rasch:» Griffen auf- montiert, raste Blanc-Mesnll wcster. „Fabelhaft!" sagte Mainguy. „Jetzt müssen Sie einmal auf ihn achten! Sehen Sie. was unser Kilometerzähler zeigt: 38... 39... 40... 41... Sehen Sie nur. wie er fliegt! Er muß alles versuchen, um bald wieder an» Feld zu kommen, weil ihn das All«!n«fahren zu sehr ermüd«n würde! Und damit rechnen selbstverständlich die Gegner!" „Was meinte er denn vorhin mit dem.,Rioa"-Stall?" „Sehr einfach! Blanc-Mesnil, Tampier und Eheoillard fahren für„Brillaick". Darum nennt man sie ganz kurz: den„Brillant". Stall! Crousse, Gerardot, Dorbist, Le Dozec und viele ander« starte« für JÜn* mü» heiß« beaaefl« ganz«mjach»Riva".
Stall. Nun besteht zwischen diesen b«id«n großen Rodmarken eine, dem Scheine nach höfliche, im Grunde aber sehr erbittert« Konkur. renz, denn„Brillant" hat drei Jahre nacheinander die Rundfahrt und Bordeaux— Paris gewonnen, während„Riva" sich mit tleineren Rennen begnügen mußte!" „Dreiundvierzig Stundenkilometer!" schrie Baust.„Donner - weiter, der Junge fährt wie ein Löwe!" In der Tat schien Blanc-Mesnil ganz mühelos dahinzuroll«». Sein Oberkörper war unbewegt, und der Kopf log tief überm L«nker. Seine wundervollen Bein« traten mit der Gleichmäßigkeit
Im liiciiterwlroel aan maa vorgoreoaie Kopie einer Maschin«. Scheinwerfer und AutoHupe sorgt«» ausgiebig da- für, daß er stets freien Weg hatte. Pfeilschnell sauste er an den scharenweisen Vergnügungsrodlern vorbei und überholte auch viele abgefallene Rennfahrer, di« erst gar nicht versuchten, sein Tempo zu halten. „Aha!... Dort ist schon Bouarre, ein«r seiner Stallgefährten!" sagte Ravenell«.„Cr erwartet ihn unausfällig, um Ihn ans Feld heranzuziehen!" Bouarre wandte sich öfters um und begann dann schneller zu werden. Wie sich ein Ruderboot in die Strömung eines Dampfers wirft, warf nun Blanc-MesnU seine Maschine an Bouarres Hinterrad. Beide Räder schienen nun«in einziges Tan- dem geworden zu sein, auf denen gleich Zwillingen die Himmel- blauen Trikots leuchteten. Die Fahrt wurde immer schneller. Bei jedem Kilometerstein lösten sich die Stallkam«raden in der Führung ab und gewährten sich gegenseitig Windschutz, damit sich der zweit« etwas verschnaufen konnte.
An der Spitze des Feldes wurde offenbar wütend gestrampelt und auch olle Augenblicke abgelöst. Plötzlich gab es«inen Knall, das Tandem löst« sich wieder in zwei einzelne Räder auf, und schon war Blanc-Mesnil aus dem Sattel, während Bouarre, etwas lang- samer werdend, weiterfuhr. „Du hast ober ein Saupech!" schrie ihm Baust zu. Das Auto stoppte. Blanc-Mesnil eilte herbei und hielt den abgerissen«» Reisen vor den Scheinwerfer.„Aha!... Flachkopsnägel!... Sieh doch mal!... Die Dinger bleiben immer mit der scharfen Spitze noch oben liegen!... Die hat man für mich ausgestreut!... Die Ha- lunken wollen mich noch vor Tag fertigmachen!. Die Nägel sind aus irgendeinem Auto gewaricn worden!... Heb«n Sie doch einen als Beweisstück aus, Herr Ravenelle, und sausen Sie zur Spitze vor!.. Versuchen Sie, die Strolche zu er- tappen, denn da steckt todsicher die Konkurrenz dahinter.." Baust fuhr rasend schnell nach vorn. Als er von fern das rollende Feld gewahrte, blendete er die Scheinwerfer ab. „Es ist fast unmöglich, die w'rk- tich Schuldigen zu erwischen," sagte Ravenelle,„denn Sie können sich eicht denken, daß— wenn stch's wirklich um Leute aus einem an- oeren Stall handelt— die nicht selbst oie Nägel ausstreuen werden! Daß oie Konkurrenz einen so gefürchtet«» Gegner wie Blanc-Mesnil erledigen will, ist mir einleuchtend! Doch wie will man unter den dreißig Privat» autos, die rein als Zuschauer das Rennen begleiten, die Uebeltäter herausfinden?..." Und in der Tat saßen in den Wagen, di« sie nun unter immer dichteren Staubwolken überhollen, ganz friedliche Leute oder harmlos grölend« Nachtbummler, die die Fahrt gleichsam zur Ernüchterung mitmachten. Aus der Wogentür eines offiziellen Begleitautos beugte sich ein etwa fünfzigjähriger Mann heraus. „Kommt Blanc-Mesnil bald?" .„Zwei Reifendefekte, den letzten durch Nägel!" „Schön! Ich wart« auf ihn!" Und die Limousine blieb zurück. „Das war Bartholin, der Manager von„Brillant "," erklärte Ravenell«,„ein feiner, wohlerzogener, seine Umgebung weit über» ragender Mensch. Ganz gut, daß gerade Chouron,«iner der Renn- leiter, mit in seinem Wogen sitzt! Er dürste über die Nagelgeschicht« sehr erbaut sein! Jetzt aber. Baust, wollen wir mal versuchen, oa die Spitzengruppe heranzukommen!" Beim schrillen Signal der Hupe gaben die osfiziellen Wag«» frei« Bahn. In den Autos gewahrte man schlafende Gesichter. (Fortsetzung folgt.)'
RätsehEcke des„Abend".
Wo gerecht(dreisilbig): 1 Stadt a. d. Lein«: 3. Arbeiter- Vertretung: 4. Derfahren: 6. nördliche Spitze von Rügen . 7, Re- publikanische Korporation: 9. Abdruck: 10. Schristzeichen: 11. Poll» kommenheit: 12. Diszipliiionschcs Stroimitiel: 13. E«wa!tläiigcr Politiker: 14. cnglstcher Gemeinderai: 16 HaushrrU: 18. Tochter des Kadmos : 19. Zeitangabe: 21. Schreibtafcl.— Senkrecht(fünf» silbigst 1. Ernährungszweig: 2. Spitzname für den Friseur: 4. Stark- verzw-igler Berus: 5. Knall; 7. Niederschrist der Rechtsordnung; 8. Syf�m des lebenden Körpeis; 11. Volksvertreter: 14 Parlaments- senior: 13 Organisation der englischen Freihändler: 1(3. Derwandlung: 17. Lehrinstitut; 19. Geschäftsstelle: 20. Cheinisch« Operation.
Magisches Zahlenquadrat. Die Zahlen von 1 bis 16 sind so in die nebenstehende Figur einzutragen, daß die wagercchtcn und senkrechten Leisten, die beiden Diagonalen sowie die vier kleinen Quadrate di« gleiche Summe ergebe».
Zahlenrätsel.
Körperteil Smgstinim« Brennstoff Waldtier Heim Mädchenname Desinfektionsmitt«! Kopfschmuck b«i Tier«» Baum Römischer Kaiser
Oiamanträtsel.
Gl,
*1
6 B
B B I
DDE
E< E' E
E E! E E
III!
I
N N O O F
\ R| R j R
s i i r r
1
ITT
Die Buchstaben in der Figur sind so zu ordne», daß die wagerechten Reihe»»ennen: l. Mit» laut, 2. Verbiiidungs» strecke, S.Insekt, 4.Spiel» I zeug. S. Ueberlieferung, 6. Moderne Arbeiterver- lretung,?. Waffe. 8.Reich " �' R I Ii I jn zxsien, 9. Getreide- bündel, 10. Waschung. 11. Mitlaut.— Die mittelste senkrechte Reihe lautet ebenso wie die mittelste waacrechte. ab.
J
-JwJ (Auslösung der Rätsel nächsten Mittwoch.) Auflösungen der Rätsel aus voriger Kummer. Magisches Bielquadrot: 1. Siow: 2. Ares ; 3. Irma; 4 Milo; 5. Amor: 6. Igel: 7. Margarine; 8 Aga: 9. Äinironten; 10. Rigi : 11. Tube: 12. Eil«: 13, Eber; 14. Sole: 15. Rero. Z o h l« n r ö r se l: 1. Ecbt das Rheinland frei! 2. Ebert: 3. Berlin : 4. Taler; ö. vreo, 6. Anna; 7. Saal: 8. Regen: 9 Hein«; 1V. England-, 11. Zndien; 12. Nathan: 13. Leber: 14. Ananas; 15. Nansen; 16. Diana; 17. Jerien; 18. Riffe; 19. Elbe; 20. Irland. Leistenrätsel: Senkrecht: Senegal , Orleans. Engaduy moäcrcdiU Ztherou. *"•»■ y■« vnq