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Morgenausgabe

Nr. 465

A 236

45.Jahrgang

Böchentlich 8533f, monatlich 3,60 2. im voraus zahlbar, Postbezug 4,32 m. einschl. Bestellgeld, Auslandsabonne ment 6,- m. pro Monat,

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Der Borwarts" erscheint mochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend", Illustrierte Beilagen Boll und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wiffen"," Frauen stimme"," Technit". Bücherwelt" und Jugend- Borwärts

Blid in bie

Vorwärts

Berliner   Bolksblatt

Dienstag

2. Oftober 1928

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die etnipaltige Nonpareillegeile 80 Pfennig. Reflamezeile- Reichs mart. Aleine Anzeigen das jeitges drudte Bort 25 Pfennig( zuläffig zwel rettgebrudte Worte), jedes weitere Bort 12 fennig. Steuengesuche das erste Bort 15 Bfennig, jedes weitere Bort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmartt Beile 60 Pfennig. Famillenanzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen annahme im Hauptgeschäft Linden fraße 3, wochentägl, von 81/2 bis 17 Uhr,

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Bartei Deutschlands  

Redaktion und Berlag: Berlin   SW 68, Lindenstraße 3 Borwärts Berlag G. m. b. H.

Fernsprecher: Donboff 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin  

Der Arbeitertag verboten!

Die Heimwehrprovokation bleibt erlaubt!

Wien  , 1. Oktober.  ( Eigenbericht.)

Der Leiter der Bundespolizei in Wiener- Neustadt   hat am Montag den Sozialdemokratischen Arbeitertag, der für den 7. Oktober als Antwort auf die Provokation des Heimwehreinmarsches vorgesehen war, berboten. Diese Nachricht hat in der Arbeiterschaft große Er.

regung hervorgerufen.

In der Vollversammlung der Arbeiterkammer  für Wien   und Niederösterreich   erklärte deren Erster Seketär Dr. Palla am Schluß seines Geschäftsberichts, daß die Einberufung der Heimwehrtagung als schwere Herausforderung der Arbeiterschaft empfunden werden müsse. Es wäre Pflicht der Regierung, den Heim. wehraufmarsch ebenfalls zu verbieten. Das jetzt erlassene Verbot des Arbeitertages zeige aber die parteiische Einstellung der Regierung und ihren mangelnden Willen zur Wahrung des inneren Friedens. Jedenfalls trage die Regierung die Ver Π portung für die weiteren Ereignisse.

Am morgigen Dienstag wird sich die Landesregie. rung von Niederösterreich, deren Vizepräsident der Sozialdemokrat Helmer ist, mit der Angelegenheit be schäftigen.

Schwere Verantwortung.

In der Begründung des Berbotes heißt es, aus dem bekannt gewordenen Programm der sozialdemokratischen Veranstaltung gehe hervor, daß die Sozialdemokratische Partei   die ganze Stadt mit Ausnahme des parts der Bundeserziehungs

Liquidierung der Zeno!

Gevering fireicht die Zechnische Nothilfe aus dem Etat.

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Boftichedkonto: Berlin   87 586.

Bankkonto: Banf der Arbeiter, Angestellten und Beamten Wallstr. 65. Diskonto- Gesellschaft, Depositenkasse Lindenstr. 3

Die Fragen der Reparation.

Bor den Beratungen der Sachverständigen.

Es sind in wenigen Wochen zehn Jahre, daß der Welt­frieg zu Ende ging. Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt werden anstalt( ehemalige Militärakademie) in Anspruch nehme und von die Sachverständigen zusammentreten, um über die Endlösung des Reparationsproblems zu verhandeln. Je mehr Zeit seit ihren Anhängern derartig besegen lassen werde, daß für die not­Ausbruch und Ende des Weltkrieges verstreicht, um so sach­wendigen Sicherheitsvorkehrungen fein Platz bleibe. Die morgige Arbeiter Beitung" schreibt zu dem Berlicher werden die Probleme erörtert, die sich aus seiner Liquidierung ergeben. bot: Der Landeshauptmann Buresch hat durch das Verbot die Lage außerordentlich verschärft. Von allen möglichen Lösungen der Krise ist diese die unmöglichste. Niemand kann glauben, daß es irgendeine Macht gibt, die die Wiener Neustädter Arbeiter und die Arbeiter des umliegenden Industriegebietes hindern tönnte, am 7. Oftober auf den Straßen von Wiener- Neustadt   zu sein. Das Berbot hat also nur die einzige Wirkung, daß dann eben eine un organisierte und undisziplinierte Masse da sein wird, und daß der Partei die Möglichkeit genommen wird, durch Ordnerdienst und durch Reden zu den Maffen gewaltfame Zusammenstöße zu verhindern.

Der Versailler Vertrag machte Deutschland   und seine Berbündeten grundsäglich( Art. 231) für alle Verluste und Schäden verantwortlich", die die Alliierten und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den An­griff Deutschlands   und seiner Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben", und verlangte praktisch Ersatz für die gesamten Schäden der Zivilbevölfe­rungen und für die Kriegsrenten und-pensionen der alliierten Sieger. Dementsprechend setzten sie noch 1921 auf der Londoner Konferenz die deutsche Reparationsschuld auf 132 Milliarden fest zu 5 Proz. ohne Tilgung gerechnet bedeutete das eine ewige Reparationsschuld für Deutschland  in der Höhe von jährlich 6,6 Milliarden Goldmart. Der

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Der Landeshauptmann nimmt also eine ungeheure Berantwortung Banterott Deutschlands, der daraufhin folgte, zwang dazu, auf sich."

Der Artikel schließt mit der Erklärung: Wir machen auf den ganzen Ernst, die Tragweite und die schwere Ber antwortung für diese Entscheidung aufmerksam!

Im übrigen hat der Landeshauptmann am Nachmittag, nachdem das Berbot ergangen war, die sozialdemokratischen Mitglieder der Bandesregierung( die Regierungen der Bundesländer werden von den Landtagen durch Breporz gewählt. Red. d. 2.") zu einer Besprechung eingeladen. Die Gigung der Landesregierung am Dienstagmorgen wird über die Sache beraten und die endgültige Entscheidung auch über die Berufung fällen, die die Sozial demokratische Partei gegen das Berbot eingebracht hat.

Das britische Arbeiterparlament. Lansburys Eröffnungsrede.

Der Reichsminister des Innern hat dem Leiter der Birmingham  , 1. Oftober.( Eigenbericht.) Technischen Nothilfe unter dem 1. Oftober mitteilen In Anwesenheit von annähernd tausend Delegierten wurde der laffen, daß die bisher zur Verfügung gestellten Reichs- diesjährige Parteitag der Arbeiterpartei, der der Borbereitung der tommenden Neuwahlen gewidmet ist und der Partei ein Wahl- und mittel ab 1. April 1929 nicht mehr ausgezahltationsprogramm geben soll, eröffnet. Parteivorsigender George werden. Von diesem Termin an werden lediglich noch mittel Lansbury   begann seine Eröfnungsrede mit einem Ueberblick zur Abwidlung der Teno bereitgestellt. Der vom Reich über die Fortschritte der Arbeiterpartei und mit einem Appell für zur Unterhaltung der Technischen Nothilfe zur Verfügung ge- den Wahlfonds, der durch die Klauseln des Anti- Gewert zur Unterhaltung der Technischen Nothilfe zur Verfügung geschaftsgefeßes der fonfervativen Regierung in Mitleidenschaft ftellte Betrag beläuft sich auf rund 2% Millionen Mart. gezogen worden ist. Lansburn setzte sich dann mit den Kommunisten auseinander und erklärte im Namen der Partei, er würde es nur begrüßen, wenn ausgeschlossene Kommunisten ihren Weg zur Arbeiterpartei zu rüdfinden würden; das sei jedoch nur auf der Basis der Anerkennung des Prinzips der Demokratie möglich und feinesfalls, solange die Kommunisten die Führer der Arbeiterpartei für Scharlatane, Heuchler und Feiglinge erklären. Eine doppelte Loyalität gegenüber der sozialistischen   und der kommu­erklärte Lansbury, daß der Versuch eines Zusammengehens mit den in Bersetzung befindlichen Ueberbleibseln des Liberalismus zum Scheitern verurteilt sei. Die Arbeiterpartei wolle den Sozialismus, dem alle übrigen Parteien feindlich gegenüberständen. Daher sei zwischen den bürgerlichen Parteien und der Arbeiterpartei Zusam menarbeit oder Koalition unmöglich. Die Arbeiterpartei sei in einem bestimmten Sinne feine Klaffenpartei. Sie nehme

Sigung des Reichsfabinetts.

In der gestrigen Sitzung des Reichskabinetts gebachte vor Eintritt in die Tagesordnung der Reichskanzler des 81. Ge­burtstages des Reichspräsidenten  , dem er die herzlichen Glückwünscheniftischen Bewegung sei unmöglich. Zur Koalitionsfrage der Reichsregierung übermittelt hat.

Das Kabinett nahm alsdann den Bericht des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes von Schubert über die Arbeiten der Bölkerbundsversammlung und des Bölkerbundsrats in der Zeit nach der Abreise des Reichskanzlers von Genf   entgegen.

Ferner beschloß das Reichskabinett die Ernennung eines Nach­folgers im Borläufigen Reichswirtschaftsrat für den ausgeschiedenen Reichsfinanzminister Dr. Hilferding in der Person des Leiters der Forschungsstelle für Wirtschaftspolitik Friz Naphtali. Als Termin für die Tagung des Ausschusses für Berfassung s=

in ihren Reihen Männer und Frauen aus allen Klaffen der Gesellschaft

und Berwaltungsreform wurde die Zeit vom 22. bis auf, und ihre Politik hätte zum Ziel, der Gemeinschaft aber Gesen

24. Oftober festgesetzt.

Abbröckelnder Faschismus.

Gajda entbindet vom Faschisteneid.

Prag  , 1. Oftober.

heit zu dienen. Der Geist des Klassenkampfes herrsche auf feite, bei den Bantiers, Monopolbeherrschern und Rapitaliften, zu deren Werkzeug fich Baldwin in seiner sozial­reaktionären Gesetzgebung gemacht habe.

Der Parteitag hat mit überwältigender Mehrheit eine vom Boll. zugsrat der Partei empfohlene Entschließung angenommen, die be­ftimmt, daß Rommunisten aus der Partei aus­geschlossen werden.

Zeppelin nach Berlin  !

Eintreffen gegen mittag.

Die Meinungsverschiedenheiten, durch die die faschistische Organisation in der Tschechoslowakei   in ihren Grundlagen erschüttert worden ist, tommen in einem Aufruf des tschechischen Faschisten­führers Gajda zum Ausdrud. Darin entbindet Bajda alle jene Mitglieder, denen der Faschismus nicht mehr gefällt und die den faschistischen Weg nicht mehr weitergehen wollen, bes Faschisteneibes, und fordert diejenigen, die der faschistischen Idee nicht mehr dienen wollen und seinen und den Befehlen ber Funktionäre nicht mehr nachfommen wollten, zum Berlassen der faschistischen Reihen auf. Der Aufruf schließt mit der Erklärung, baß Gajba aus der faschistischen Brüderfchaft eine Granitmauer 1 Uhr über Berlin   eintreffen. gegen alle Feinde des Staates errichten molle.

Der neue Zeppelin wird heute morgen 7 hr zu feiner großen Deutschlandfahrt in Friedrichshafen   auf fteigen. Er wird voraussichtlich heute zwischen 12 und ( Mäheres im totalen Teil.)

das Reparationsproblem von ,, unabhängigen" Männern- der Kommission unter dem Vorsiz des Amerikaners Dawes sachverständig untersuchen zu lassen. Nicht an Instrut­tionen ihrer Regierungen gebunden, gingen sie von ge­schäftlichen und nicht von politischen Gesichtspunkten aus". Da durch die Inflation die deutschen   Staats- und Kriegs­fchulden getilgt waren, ftellten sie den Grundsaz auf, der deutsche   Steuerzahler müsse mit einer Schuld belastet werden, die der Laft des franzöfifchen, englischen, italieni fchen und belgischen Steuerzahlers gleichwertig ist". Sie hielten sich dementsprechend nach einer Uebergangs­zeit, die am 1. September 1928 ablief für berechtigt, bie normale Leistung Deutschlands   auf 2% Milliarden Goldmart jährlich festzusehen, aber auch fie begannen schon den Unter schied zwischen Steueraufbringung im eigenen Lande und Uebertragung auf ein anderes zu erkennen und setzten den Transferschuß ein, der die Uebertragung zu großer Summen verhindert, falls sie die Währung gefährdet. Dies sind die Grundlagen des Dawes- Plans  , der die Nachkriegspolitik abschloß, zu Locarno   und Deutschlands   Aufnahme in der Bölferbund und den Bölkerbundsrat führte.

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Aber 1924 maren den Sachverständigen noch ,, poli­tische Schranten" gezogen, die sie verhinderten, die vollen Konsequenzen aus der internationalen Betrachtungsweise zu ziehen. Für die Festsetzung einer tragbaren Endsumme waren weder die Regierungen noch die Bevölkerungen der alliierten Länder reif. Der Dames- Plan begnügt sich daher. die Verzinsung und Tilgung der deutschen   Eisenbahn- und Industrieobligationen innerhalb von 37 Jahren vorzusehen, läßt aber offen, was später zu geschehen hat. Er blieb eine vorläufige Regelung, aber das nicht nur, weil die Kriegsstimmung gegenüber Deutschland   noch nicht genügend verzogen war, sondern auch weil es die finanziellen Berpflich­tungen der Alliierten untereinander erst noch zu regeln galt. Nur England hatte schon vorher sein Schuldenabkommen mit Amerifa getroffen. Erst nach der Dames- Regelung sind alle anderen Schuldenabkommen zustande gekommen. Sie be­ruhen sämtlich auf dem Grundsaß, daß in 62 Jahren Frankreich  , Belgien  , Italien   und fleinere Alliierte an Eng­land und an Amerika   das abzahlen, was sie während bes Weltkrieges an Geld, Kriegsmaterialien und Lebensmitteln Weltkrieges an Geld, Kriegsmaterialien und Lebensmitteln aus Amerifa bezogen. Nach einigen Jahren Uebergangszeit werden die von Europa   nach Amerika   gehenden Beträge die Summe von etwa 1600 Millionen Goldmark jährlich er­reichen. Die deutsche   Reparationslast deckt also nicht nur die Schuldverpflichtungen der europäischen   Staaten an Amerita, sondern geht weit darüber hinaus.

Daß die Vereinigten Staaten   in absehbarer Frist dazu bereit sein sollten, die interalliierten Schulden zu kürzen, ist vorläufig nicht anzunehmen. Zunächst deshalb, weil bis zum Amtsantritt des neuen Präsidenten im März die abtretende Regierung keine großen internationalen Verhandlungen in Angriff nimmt. Dann aber auch für längere Dauer, weil eine Herabsetzung der interalliierten Schulden die Lasten des amerikanischen   Steuerzahlers erhöht. Das Interesse des amerikanischen   Finanzkapitals freilich geht dahin, an der 11mwandlung der Schulden von Staat zu Staat in eine Schuld der Staaten an Privatgläubiger zu verdienen. Erst wenn dies Interesse übermächtig wird, ist eine Gesamt­regelung der internationalen Schuldenfrage, die auch die interalliierten Schuldenabkommen mit hineinzieht, zu er­warten. Damit ist vorläufig nicht zu rechnen. So werden bie Beratungen der Sachverständigen die Verpflichtungen ber Gläubiger Deutschlands   an Amerifa als die Grund­lage auch der deutschen   Reparationsneuregelung ansehen müssen. Aber auch auf dieser Grundlage, von der das Genfer  Kommuniqué vom 16. September ausgeht, haben die Sach